Walther von der Vogelweide
Gedichte
Walther von der Vogelweide

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Verlegenheit

L. 115. Hêrre got, gesegene mich vor sorgen.

    Herr und Gott, bewahre mich vor Sorgen,
Daß ich kummerlos in Wonne lebe!
Will mir niemand seine Freude borgen,
Daß ich andre ihm im Austausch gebe?
      Balde find ich die, ich kenn den Ort:
      Wunderviele ließ ich dort,
      Und mit klugen Sinnen
         kann ich ein Teil gewinnen!

    All mein Glück verdank ich einem Weibe:
Ach! ihr Herz ist aller Tugend voll,
Und geschmückt ist sie an Seel und Leibe,
      Daß wohl jeder gern ihr dienen soll.
      Ich erwerb ein Lächeln hold von ihr;
      Nicht mißgönnen wird sies mir.
Wie sie sich auch hüte –
         ich freu mich ihrer Güte.

   Wenn ich einen Sitz bei ihr gewinne,
Aber mit der Holden plaudern soll,
So verwirrt sie mir so ganz die Sinne,
      Daß sich alles mit mir dreht wie toll.
      Wenn ich dann zu sprechen Mut gewann –:
      Sieht sie mich nur einmal an,
      Gleich ist mirs entfallen –
         was hab ich von dem allen?


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