Walther von der Vogelweide
Gedichte
Walther von der Vogelweide

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Trost im Leide

L. 42. Wil ab ieman wesen frô

    Wird denn Keiner wieder froh,
Daß wir ewig nicht in Sorgen müssen leben?
   Ach, wie tun die Jungen so,
Die vor Freuden sollten in den Lüften schweben?
   Wüßte nicht, wen ich sonst tadeln sollt,
Nur die Reichen schelt ich und die Jungen:
Die sind unbezwungen,
Drum steht Kummer ihnen schlecht, doch Frohsinn ihnen hold!

    Wie das Glück schlecht walten kann,
Daß es Armut mir verliehn bei frohem Mut;
   Aber einem reichen Mann
Gibt es Anmut: ach! was nützt ihm nun sein Gut?
    Wie doch Frau Fortuna sich versehn,
Daß sie mir nicht gab zum frohen Mute
Von des Reichen Gute;
Besser würde meine Not zu seinem Unmut stehn!

    Wen da preßt ein heimlich Leid,
Der gedenke guter Fraun – er wird erlöst –
   Denke auch der heitern Zeit:
Stets hat solch Erinnern Trost mir eingeflößt.
   Ängstigt mich in finstern Tagen Not,
Nehm ich mir ein Gleichnis an der Heide,
Die sich schämt im Leide:
Sieht sie prangen grün den Wald, so wird sie immer rot!

    Herrin, wenn ich denk an dich.
Was dein reiner Leib für keusche Tugend birgt,
   O laß ab, du rührest mich
Bis in Herzensgrunde, wo die Liebe wirkt.
   Lieb und lieber, nein das mein ich nicht;
Du bist mir das liebste, das ich meine:
Du bist mir alleine,
Herrin, doch vor aller Welt stets Trost und Zuversicht!


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