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SECHSTES KAPITEL.

GELDERN’S TOD.

Von dem frühlingsartigen hellen Wetter gelockt, war Geldern noch vor dem Zusammentreten der drei Männer in der Trinkhalle nach dem Park gegangen, wo er sich gern und viel aufhielt, weil er sich ungestört wußte. Die gute Laune des Lieutenants außer Diensten, der bisweilen sein rothes Ordensband mit vielem Anstande trug, war ihm neuerdings in erhöhtem Grade zurückgekehrt. Zerline, die aalglatte, spionirende Schmeichlerin, die selbst ein geborener Unhold und Grobian nicht unhöflich behandeln konnte, wenn sie alle ihre Künste spielen ließ, hatte dem Vater so viele unterhaltende und erfreuliche Nachrichten zugetragen, daß sich dieser wohl eine kleine Erholung und ein gemüthliches Ausruhen von belästigenden Gedanken gönnen durfte.

Zerline begleitete den Vater in den Park und rückte ihm unter der halboffenen Mooshütte, deren Dach auf einem abgesägten einzigen Baumstamme ruhend, die Gestalt eines riesigen Pilzes hatte, den Lehnsessel so zurecht, daß Geldern von der Sonne nicht incommodirt ward und doch die wohlthuende Wärme ihrer Strahlen genießen konnte.

Der steife, kraftlos gebliebene Arm des Abenteuerers, den er scherzend sein liebstes Andenken an den guten Schwager nannte, hielt das Weichselrohr einer Tabackspfeife, denn seit einiger Zeit rauchte er abwechselnd bald Manillacigarren, bald sehr guten Kanaster. Als er sich recht behaglich fühlte und sein Auge bald auf den farbensprühenden Feuerregen der Fontaine ruhte, welche den schönen, tiefen Weiher des Parkes speiste, bald auf die in schönster Beleuchtung sich zeigende Gebirgskette hinüberschweifte, sagte er mit dem ihm eigenen schlauen und fröhlichen Lächeln:

»Ist noch mehr Besuch gekommen, Jüngferchen?«

»Ich würde es dir nicht verschwiegen haben, Papa,« versetzte Zerline, zu seinen Füßen niederhockend und die feinen, seidenweichen Härchen über der Stirne, die sich nicht recht fügen wollten, auf ihren runden, spitzen Fingern in Löckchen drehend. »Außer dem Stiftssyndikus ist nur noch ein Herr angekommen.«

»Du kennst ihn nicht?«

»Zu meinem tiefsten Bedauern! Aber du darfst dir deshalb keine Sorgen machen, Papachen. Zum Geliebten wäre er mir zu alt, und zum Manne zu griesgrämig. Gewiß gehört er der weitverzweigten Rasse zweibeiniger Lastthiere an, die uns von je her gerechtes Entsetzen eingeflößt hat.«

»Sonst nichts Neues oder Unterhaltendes?« setzte Geldern sein Examen fort. »Es ist merkwürdig, daß gezwungene Unthätigkeit immer wißbegierig macht.«

»Onkel Baron ist auf die Jagd gegangen.«

»Alt, veraltet!« unterbrach sie der Vater.

»Mein hübscher Vetter dagegen, der mich zu seinem eigenen Schaden viel zu wenig ansieht, blieb daheim.«

»Ein sehr solider Edelmann, sans comparaison, nur etwas zurückhaltend für seine Jahre.«

»Und siehe da, Papachen, sie steckten die Köpfe zusammen und hielten einen Rath!«

»Alle?«

»Tante Baronin ist nicht invitirt worden.«

»Aber der Mann im langen schwarzen Rocke, den ich nicht sehen soll, obwohl ich seine heilige Nähe schon längst wittere?«

»Er declamirt sehr gut, Papa!«

»Ein Talent, das jeder Schauspieler ausbilden muß. Und wer, mein Kind, wer auf dieser von Täuschungen, Intriguen, gut und schlecht gemischter Gesellschaft zusammengesetzten Welt wäre nicht Schauspieler! Ist sein Vortrag classischen Stücken gewidmet oder hält er sich mehr an das Moderne?«

»Nach dem, was du mir über das Wesen der Romantik mitgetheilt hast, Papa, halte ich diesen Unsichtbaren, der seine Gegenwart nur durch Sprechen, bisweilen auch durch recht lamentables Seufzen verrieth, für einen eifrigen Anhänger der Romantik.«

»Der bündigste Beweis, daß wir uns geistig nahe verwandt sein müssen.«

Zerline schwieg auf diese letzte Aeußerung ihres Vaters, sah ihn aber mit Blicken an, in denen sich mehr als eine Frage verbarg. Geldern beugte sich etwas mehr herab zu der Knienden und fuhr in flüsterndem Tone fort:

»Ich möchte gern etwas von der Kunst des Abbé Ludomirsky profitiren, dem es gelungen ist, eine der ärgsten Sünderinnen dieser Erde zur Einkehr in sich selbst und zu gänzlicher Trennung von ihren nächsten Blutsverwandten zu vermögen.«

»Wenn ich ein Vöglein wäre oder eine Brummfliege ... wie ewig schade ist es doch, daß gerade die allerschönsten Märchen die dümmsten Lügen enthalten!«

»Sage das nicht, mein Kind!« erwiderte Geldern. »Aus diesen von dir leichtfertig geschmähten Märchen schlürfen wir Lehren tiefer Weisheit; man muß sie nur zu deuten verstehen! Also, Gazelle, da dir Gott die Gabe der Verwandlung nicht verliehen hat, so strenge deine fünf Sinne etwas mehr als gewöhnlich an, und ich werde eine Tochter besitzen, an der ich Wohlgefallen habe!«

»Bleibst du hier, Papachen?« fragte Zerline, sich leicht erhebend.

»Ich werde mich hier in der Nähe dieses stillen, blauen Wasserspiegels, den nur der fallende Regen des Springbrunnens in leicht zitternde Bewegung setzt, aufhalten und meine entymologischen Kenntnisse zu vermehren suchen. Es ist dies für mich eine Beschäftigung, die meinen Gedanken genug Freiheit der Bewegung läßt, um in fernen Gefilden, in längstvergangenen Tagen sich ein wenig umzusehen, damit das Wichtigste gemachter Lebenserfahrungen nicht zum Nachtheile von uns selbst verloren geht.«

Zerline entfernte sich, um den Auftrag ihres Vaters womöglich zu erfüllen. Dies war jedoch schwerer, als sie selbst vermuthet hatte. Adolar befand sich nicht bei den Herren in der Trinkhalle, was sie doch glaubte, und gerade das Fernbleiben des jungen Edelmanns, das sie sich nicht erklären konnte, machte das Mädchen unschlüssig. Eine Berathung, an welcher ihr Cousin, der für sie selbst die wichtigste Person auf Kaltenstein war, nicht theilnahm, konnte nach ihrem Dafürhalten unmöglich von großer Beideutung sein.

Augenblicklich bildete sich in dem Köpfchen des schlauen Mädchens ein anderer Plan, der sie viel leichter dem ersehnten Ziele näher führen konnte. Schon die raschen Bewegungen Adolar’s sagten ihr, daß er aufgeregt sei. Er sprach sogar bisweilen mit sich selbst! Wenn es ihr nun gelang, den Vetter festzuhalten und durch ein geeignetes Wort ihn zum Sprechen zu bewegen, sollte sie dann nicht hinter das Geheimniß kommen, das in der Trinkhalle verhandelt wurde und um das Adolar offenbar auch wissen mußte?

Unbemerkt verließ Zerline durch dieselbe Pforte, die sie eben erst in das Schloß geleitet hatte, dies abermals, durcheilte die nächsten Sandwege und trat durch das Wiesenthor, welches aus dem Park aufs freie Feld und zunächst auf eine umfangreiche Wiese führte, ins Freie, um durch das eigentliche Schloßthor in den Hof zu gelangen, wo sie ihrem Cousin zu begegnen hoffte.

In der Eile vergaß Zerline das Wiesenthor zu schließen, auch bemerkte sie nicht, daß an der Mauer des Parks ein Mann lehnte, der in tiefe Gedanken versunken zu sein schien. Hätte sich die Tochter Geldern’s umgekehrt, so würde ihr das dem Schlosse zugewendete Gesicht dieses Mannes wahrscheinlich aufgefallen sein. Er trug einen kurzen grünen Rock wie die Jäger, führte aber weder Büchse noch Hirschfänger.

Beim Betreten des Schloßhofs fand Zerline den ganzen Raum menschenleer. Nur der leichte Korbwagen, in welchem der Fremde angekommen war, und die Kalesche des Stiftssyndikus standen so dicht nebeneinander, daß sie sich fast mit den Achsen berührten. Zu ihrem Bedauern sah sie Adolar gerade in das Schloß treten, und der Landpostbote, der kurz vor ihr aus dem Thore getreten war, ließ sie vermuthen, der Vetter möge wieder einmal einen jener Briefe erhalten haben, die ihn noch immer unruhig gemacht und für mehrere Tage heftig verstimmt hatten.

In der Hoffnung, es könne ihr doch wohl gelingen, den Vetter durch eine anziehende Miene festzuhalten, schlich das gewandte Mädchen ihm durch Gänge und über Treppen, die sie bereits sehr genau kannte, nach, ohne sich doch zu weit in unmittelbare Nähe der von ihm bewohnten Zimmer zu wagen. Sie zog es vielmehr vor, aus dem mit bunten Ziegeln gepflasterten Vorsaale, welcher den südlichen Flügel des Schlosses in zwei Hälften theilte und die Appartements der kranken Baronin von denen des Sohnes trennte, in den halbrunden Treppenraum zutreten, der vom ersten Gestock zum zweiten geleitete. Von diesem Raume aus übersah man einen großen Theil des Parks bis zum Weiher. Die Mooshütte, unter welcher Geldern sich ausruhte und über hunderterlei Dinge nachgrübelte, war nicht mehr zu erblicken. Es vergingen indeß nur einige Minuten, und Zerline gewahrte ihren Vater, wie er von der Mooshütte her dem Weiher sich näherte und langsam das Ufer entlang wandelnd wiederholt stehen blieb, um unverwandt ins Wasser zu sehen.

Zwei- oder dreimal hatte Sandomir Geldern etwa den dritten Theil des Teichufers, hin und wieder gehend, umschritten, als Zerline die schattigen Umrisse eines Mannes auf dem gelbrothen Sande des breiten Ganges gewahrte, der in weitem Bogen, bisweilen unter überhangendem Gebüsch gerade nach der Mooshütte führte. Nur ein paar kurze Augenblicke erfaßte sie die Figur des Mannes an nicht beschatteten Stellen des Weges, und da sie dessen grünen Jagdrock gewahrte, kam sie auf die Vermuthung, es könne Förster Frei sein, der im Auftrage ihres Onkels irgend etwas im Park zu besorgen habe. Daß der Mann keine Büchse trug, fiel Zerline nicht auf, da sie es überhaupt gar nicht bemerkte.

Adolar blieb lange aus, die Tochter Geldern’s hatte jedoch Zeit und wollte nicht ganz unverrichteter Dinge wieder vor den ihrer harrenden Vater treten. Ein paar mal schlüpfte sie unhörbar über die Ziegel des Saales und legte ihr feines Ohr lauschend an die nur angelehnte Thür des Corridors. Der gleichmäßige Tritt des Vetters, der rasch im nächsten Zimmer auf- und abging, war alles, was sie vernahm.

In den Treppenraum des Fensters zurückgekehrt, bemerkte sie, daß ihr Vater den Weiher wieder verlassen hatte. Auch der Mann in Jagdkleidung, dessen Schatten ihr momentan aufgefallen war, ließ sich nicht weiter blicken. Sie stand am offenen Fenster, durch das ein sommerlich lauer Wind strich, noch mehrere Minuten. Der einströmende Luftzug drehte die Thür unhörbar in ihren Angeln und schloß den Treppenraum so von dem Vorsaal ab, daß eine in jenem sich aushaltende Person nicht wissen konnte, was auf letzterm vorging.

Das harrende Mädchen hatte das leise Zugehen der Thür nicht bemerkt, ebenso wenig das Fortgehen Adolar’s, der ein Blatt Papier in der Hand, in großer Eile, aber doch vorsichtig, um kein Geräusch zu machen, sein Zimmer verließ und die zum Erdgeschoß führende Wendeltreppe wieder hinunterglitt. Da glaubte Zerline ganz vernehmlich einen lauten Ruf zu hören, wie ihn Schreck oder Ueberraschung wohl einer menschlichen Brust entlocken.

In sehr kurzen Zwischenräumen wiederholte sich dieser Ruf, und zwar ängstlicher, lauter. Zerline erkannte die Stimme ihres Vaters! ...

Trotz der Entschlossenheit des jungen Mädchens, die sie noch niemals verlassen hatte, überfiel Zerline jetzt doch eine nie zuvor gefühlte Angst, die sie an den Boden fesselte und ihr die Brust zusammenschnürte. Sie konnte nicht zweifeln, daß ihrem Vater etwas Unerwartetes, etwas Schreckliches begegnet sein müsse, und der körperlichen Machtlosigkeit desselben gedenkend, gerieth sie in die grenzenloseste Besorgniß.

Ihr erster Gedanke war Adolar. Es gelang ihr, die Thür zum Vorsaale aufreißend, den Vetter laut gellend zu rufen. Aber nur zweimal hatte sie seinen Namen in den hallenden Saal hineingeschrien, als das Fenster von einem starken Knall erdröhnte, der offenbar aus dem Park drang. Mit fast übermenschlicher Kraft wiederholte die Geängstigte noch mehrmals ihren Ruf, bis sich Schritte näherten und Adolar, von Joseph am Ort begleitet, der Entsetzten auf den obersten Treppenstufen begegnete.

»Zerline!« rief Adolar der Zitternden entgegen, deren anmuthig schalkhafte Züge jetzt die Angst entstellte. »Was ist geschehen? ... Bist du der Baronin begegnet?«

Ohne Antwort auf diese Frage zu geben, erfaßte Zerline mit krampfhafter Heftigkeit die Hand des Vetters und schrie:

»Adolar! Hülfe! ... Mein Vater!«

»Wo ist dein Vater?«

Zerline deutete nach dem Park.

»Der Schuß!« stammelte sie. »Ich sah den Förster! ... «

»Andreas Frei?« sagte Adolar, und auch seiner bemächtigten sich Furcht und Entsetzen; denn er vermuthete, daß sein eigener Vater schon lange mit dem sehr still gewordenen Förster in geheim gehaltenen Unterhandlungen stehe. Rasch indeß beruhigte er sich wieder, da er ja Andreas wie den Baron ein paar Stunden von Kaltenstein entfernt wußte.

»Ein Zufall hat dich getäuscht,« sprach er, ein Lächeln mühsam erkünstelnd. »Den Knall habe auch ich vernommen. Gewiß rührt er von einem Schusse her, welchen meine Arbeiter drüben im Steinbruche hinter dem Parke, wo sie einen Felsblock sprengen sollen, abgefeuert haben.«

»Nein, nein, nein!« rief Zerline, den Vetter mit sich die Treppe hinabreißend. »Er galt meinem Vater! ... Ich hörte den Wehrlosen angstvoll um Hülfe schreien! ... «

Adolar fühlte sich von Joseph am Ort angestoßen, dessen Blicken er begegnete. Obwohl er den vielsagenden Ausdruck, der in den Augen des Cousins lag, nicht verstand, feuerte ihn dieser doch zu Beschleunigung seiner Schritte an. An der hintern Schloßpforte überholten die beiden Begleiter Zerline’s den Abbé mit dem Stiftssyndikus, die einander noch einige wichtige Mittheilungen gemacht hatten. Zerline achtete beider nicht. Sie flog an ihnen vorüber und eilte den ihr folgenden Männern, denen sich auch der Abbé und der Stiftssyndikus anschloß, weit voraus.

Bald verloren das von unaufhaltbarer Gewalt getriebene Mädchen auch Adolar und Joseph am Ort aus den Augen. Noch vergingen einige Secunden, dann ließ sie gellender als je ihren Hülferuf erschallen.

Die letzte Biegung des Wegs umschreitend, lag der seltsam geformte Moostempel vor den Blutsverwandten. An dem abgehauenen Baumstamme, auf welchem die Bedachung ruhte, lehnte Sandomir Geldern, den Zerline leidenschaftlich umarmte, ohne ihre gellenden Schmerzensrufe zu mäßigen.

Joseph am Ort blieb einige Schritte von dem Tempel stehen. Er weigerte sich, Adolar noch weiter zu begleiten.

»Sie haben’s erreicht,« sprach er leise. »Gehen Sie nur weiter; wir sprechen uns später wieder!«

Adolar trat unter die Bedachung, während Joseph am Ort dem Stiftssyndikus einige Schritte entgegenging.

Sandomir Geldern blutete stark aus einer Brustwunde, die von einer aus großer Nähe abgefeuerten Kugel herrührte. Zerline löste ihr schönes Haar, um das hervorquellende Blut zu stillen.

Beim Eintritt Adolar’s schlug der Verwundete die Augen auf und ein ironisches Lächeln umspielte seine welken, bleichen Lippen.

»Der Kerl hat mich gut getroffen,« raunte er dem Neffen zu, »aber ein Schuft bleibt er doch! ... Wo treibt sich denn der Baron herum? ... Ich möchte ihm jetzt ... noch einmal in sein ... Schelmenauge sehen. . . blos aus Neugierde ... Still, Närrchen!« fuhr er, zu Zerline gewendet, fort, »was nützt Rufen und Weinen, wenn der Teufel mit seinen falschen Karten glücklich Va banque! spielt? ... Sieh dich um nach kleidsamen Geweben und trauere um deinen Vater so anmuthig, daß jeder Mann von gutem Geschmack dich bewundert! ... Mir hilft weder beten noch pflastern ... einen Spaß aber will ich noch haben, ehe ich sterbe ...«

Die Blicke Geldern’s ruhten einige Secunden auf Joseph am Ort und dem Abbé, die jetzt nebeneinander standen.

»Wie gerufen!« fuhr er fort. »Ich werde als guter Katholik sterben, eingesegnet von ... einem nahen Verwandten ...«

Schwächer werdend, winkte Sandomir Geldern dem Abbé. »Sie sind ein Priester ... ich weiß es ... Hören Sie ... meine Beichte! ... «

Der Abbé erfaßte die Hand des zum Tode Getroffenen und beugte sich zu ihm nieder, Worte des Trostes sprechend.

»Hilft nichts, Vetter Abbé,« unterbrach Geldern den Priester. »Du siehst meiner Mutter zu ähnlich, als daß du deine Abkunft von den Ludomirsky mir gegenüber verleugnen kannst! ... Quäle mich jetzt nicht mehr drum ... Eben deshalb will ich dich vollends ... klug machen ... Die Kugel ... die ihr da in dem pfeifenden Blasebalge ... dem der Athem schon ausgehen will ... finden werdet ... stammt aus ... einer bekannten Fabrik ... Geschickt hat sie mir ... der nachtragende alte Schalk, der Baron! ... Zuwarf sie mir ... Clotildens Geliebter! ... Adolar! ... Erinnere dich der letzten Worte in ... deines Vaters ... letztem Schreiben an mich ... und der ... Allerheiligennacht! ... Sie hießen: ›Wärst du einer Kugel werth, ich könnte sie dir entgegenschicken, wenn ich nur wüßte ... wo ich dich träfe! ...‹«

Die Augen schließend legte sich auf Sandomir’s Antlitz ein leises Lächeln, das er auch beibehielt, solange er fortathmete.

Es war nicht zu ermitteln, ob er noch Bewußtsein hatte. Der Stiftssyndikus richtete wiederholt Fragen an ihn, die indeß alle unbeantwortet blieben. Joseph am Ort und Liebner verstanden den Sterbenden vollkommen. Als die Schelle aus dem Schloßthurme von Kaltenstein die Mittagsstunde verkündigte, war Sandomir Geldern eine Leiche.


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