Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

VIERTES KAPITEL.

CORNELIE UND KATHRINE.

Andreas hatte mit diesem Arrangement nur das Beste seiner jungen Frau gewollt. Er war fest überzeugt gewesen, daß er eine bessere Wahl gar nicht treffen könne. Aber er hatte vergessen, welche Wandelungen seine Schwester in den letzten zehn Jahren zu erleiden gehabt, daß sie in dieser ganzen Zeit nur sich selbst gehorcht, auf die Einreden Fremder aber nie auch nur das geringste Gewicht gelegt hatte. In seinem Hause sollte sie Beschließerin sein, im übrigen aber doch, wie billig, unter Cornelie stehen. Letztere war ebenfalls dieser Meinung gewesen, und da sie wußte, wie sehr Andreas die wirthschaftlichen Eigenschaften seiner Schwester schätzte, so glaubte sie, es werde sich ein recht angenehmes Zusammenleben und Zusammenwirken mit ihr ergeben.

Kaum aber hatte Kathrine festen Fuß im Hause ihres Bruders gefaßt, so trat sie mit der ganzen abstoßenden Schroffheit ihres bereits völlig unbeugsam gewordenen Charakters ihrer schönen Schwägerin entgegen. Sie wollte damit nicht eigentlich beleidigen oder auch nur anstoßen, keineswegs! Ihr ganzes Streben ging einfach dahin, Ordnung zu machen. Ihrer Ansicht nach gab es nämlich gar keine Ordnung im Hause des Bruders. Kathrine fand alles vernachlässigt, nichts auf der gehörigen Stelle. Es war daher ihr erstes Geschäft, das Haus aufzuräumen. Da sie dies unmöglich allein thun konnte, so requirirte sie dictatorisch jede nur irgend disponible Kraft. Selbst der Jägerbursche mußte wider Willen mit Hand anlegen, obwohl er sich ungern genug dazu entschloß.

Cornelie erfuhr diese Umgestaltung ihres eigenen Hauses erst durch das Lärmen und Poltern, das dabei nicht zu vermeiden war. Auch die laute, befehlshaberische Stimme ihrer Schwägerin, die sich bald nah, bald fern, bald ruhiger, bald wieder heftiger vernehmen ließ, sagte es ihr, und nun glaubte sie nur ihre Pflicht zu thun, wenn sie sich persönlich nach den Arrangements der nahen Verwandten erkundige. Sie stellte daher die beinahe fertige Landschaft, die sie eben tuschte, und die einen recht anmuthigen Platz im Walde darstellte, behutsam beiseite, sah nach der kleinen, ruhig schlafenden Hildegarde und verließ geräuschlos das Zimmer.

Eine Wolke von Staub schlug der überraschten Cornelie entgegen, als sie den Vorplatz betrat. Hier fand sie ihre Schwägerin, hoch aufgeschürzt, barfuß in alten Schuhen stehend, um den Kopf ein roth und blau carrirtes Tuch geschlungen, beschäftigt, mit einem Besen die Wände abzufegen. Alle Schränke waren abgerückt und eine Menge Spinngewebe dabei sichtbar geworden.

»Aber mein Gott, liebe Kathrine,« sprach die junge, in schwarze Seide fein gekleidete Frau, die ein zierliches Mützchen mit blauem Bande kokett auf ihrem reichen dunkelblonden Haare trug, »was fällt dir denn ein?«

Die Schwägerin kehrte sich sehr unwirsch um und fuhr mit dem Besen nach der nächsten Ecke, indem sie etwas wegwerfend erwiderte:

»Was ich anfange, fragst du? Thu’ die Augen auf, so siehst du’s! Reines Haus will ich hier machen, denn ein an Ordnung und Reinlichkeit gewöhntes Menschenkind kann in solchem Stalle nicht leben!«

»Ich bin wirklich auch reinlich, liebe Kathrine!« versetzte Cornelie sanft, mit ihrem Spitzentaschentuche den herabrieselnden Staub so gut es gehen wollte von ihrer eleganten Kleidung abstreifend.

»O ja, man sieht’s!« lautete die barsche Antwort der Schwägerin. »An vornehmen Fahnen ist kein Mangel und an diesen ist auch nichts auszufegen; aber, daß Gott erbarm’, was am Leibe zu viel glänzt und glitzert, davon ist in Zimmern und Kammern, in Küche und Keller zu wenig zu sehen! – Geh’ mir aus dem Wege, Cornelie! Wenn rein gemacht wird, kann man sich nicht in Acht nehmen. Ich weiß schon, du magst nichts davon sehen und hören, darum hat der Bruder zu mir geschickt. Von jetzt an soll’s hier ganz anders blinkern!«

Sie fuhr fort, mit ihrem Besen die Wände abzufegen, und Cornelie zog sich schweigend, im Herzen aber tief beleidigt, in ihr alterthümliches, doch sehr wohnlich eingerichtetes Zimmer zurück, das die Aussicht auf den nahen Forst und die höchsten Kuppen des Gebirges hatte.

Sie versuchte nicht, die Schwägerin in ihrer Beschäftigung ein zweites mal zu stören; erst als Andreas gegen Abend aus dem Forste kam und sie, wie gewöhnlich, mit Herzlichkeit begrüßte, nahm Cornelie Gelegenheit, ihre Verwunderung über das höchst seltsame Auftreten Kathrinens an den Tag zu legen. Sie schloß mit der Bitte, Andreas möge doch sein Recht gebrauchen und der Schwester, die es gewiß gut meine, dies entsetzliche Rumoren untersagen.

Andreas fand, Cornelie habe recht, und versprach Abhülfe. Er war seiner Schwester beim Eintritt ins Haus nicht begegnet, und da bereits die abgerückten Mobilien wieder an Ort und Stelle geschafft worden waren, so hatte er gar nichts von der Unruhe bemerkt, die Kathrine in ihrem ordnungseifrigen Bestreben anrichtete.

Auf mehrmaliges Rufen erst tauchte die Gestalt der Schwester aus dem finstern Kellerhalse auf. Sie trug noch ihr malerisches Reinigungscostüm, nur führte sie jetzt statt des langstieligen Besens eine Harke, an deren Zinken die Ueberbleibsel verstreuter Kartoffelkeime hingen.

»Da bin ich, was gibt’s?« sprach Kathrine, die Harke wie einen Stock aufstemmend und die linke Hand in die Hüfte drückend.

»Muß das sein, lieb Käthchen?« fragte Andreas. »Meine Frau kann das arge Lärmen und Poltern nicht vertragen. Ihre Nerven sind so angegriffen!«

»Nerven!« versetzte die Schwester laut auflachend. »Wenn man tüchtig arbeitet, wie’s das Wort Gottes von jedem Christenmenschen verlangt, incommodiren die Nerven niemand! Deine Frau sitzt zu viel und faulenzt, wie das vornehme Volk, das nichts zu thun hat. Das macht sie eingebildet, und dann müssen die Nerven dran schuld sein. – Laß mich nur machen, Bruder! Die Cornelie soll bald anders werden. In einer Stunde ist das Abendessen fertig. Was Gut’s, Andreas, und zubereitet, wie du’s gern hast!«

Damit fuhr sie wieder wie ein Kobold in den Keller hinunter, und Andreas sah sich genöthigt, unverrichteter Dinge zu seiner Frau zurückzukehren.

Cornelie machte die betrübende Erfahrung, daß ihr Gatte nicht Energie genug besaß, um seine herrische Schwester in gebührende Grenzen für ihr Wirken zu weisen. Diese riß mit außerordentlicher Schnelligkeit alle Herrschaft im Hause an sich, beachtete weder Bitte noch Wunsch ihrer Schwägerin, und ward dieser dadurch wie durch die ganze rauhe Art ihres Wesens im höchsten Grade zuwider.

Es konnte Kathrine unmöglich entgehen, daß sich das Herz Corneliens immer mehr von ihr abwandte, sie kümmerte sich aber nicht darum. Es geschah nichts ohne ihren Willen im Hause, und da Andreas, um Streit zu vermeiden, nur selten etwas sagte, so ging auch die Wirthschaft ihren Gang so fort, wie seine überaus thätige Schwester dies für gut hielt. Versuche, welche Cornelie machte, der unangenehmen Schwägerin ihr Haus zu verleiden und sie auf solche Weise daraus zu vertreiben, scheiterten an Kathrinens unbeugsamer Festigkeit. Auch hier hielt sie mit ihrer Meinung nicht zurück. Sie trat entschlossen vor Cornelie hin und erklärte der vor Entrüstung darüber fast ohnmächtig werdenden Frau, daß sie nur der Gewalt weichen werde. Sie hoffe jedoch, ihr Bruder werde einsehen, was er an ihr habe, und seine Hand nicht von ihr abziehen.

Unter diesen Umständen mußte Cornelie sich fügen. Sie verlor über das Walten ihrer Schwägerin kein Wort mehr, ging auch Andreas mit keiner Bitte um Entfernung derselben mehr an. Aber sie setzte der Herrschaft Kathrinens einen passiven Widerstand entgegen, dem zu begegnen es dieser eisenharten und unnahbaren Natur an jeder Waffe fehlte. Je mehr die Schwägerin ordnete, reinigte, räumte, lärmte und befehligte, desto eifriger betrieb Cornelie ihre sie zerstreuenden und erheiternden Studien, die Kathrinen ein wahrer Greuel waren. Sie spielte und sang, so oft die Schwägerin in einem der Nebenzimmer beschäftigt war; sie zeichnete oder malte, wenn die ewig Thätige zur bestimmten Minute den Kaffee auftrug, und saß Kathrine strickend oder Strümpfe stopfend abends am Tische, noch ehe Andreas von seinen Berufsgängen zurückkehrte, so amusirte es die junge Frau, ihrem plaudernden Kinde phantastische Märchen zu erzählen, in denen es an verdammenden Anspielungen auf das rohe Walten der Schwägerin niemals fehlte. Diese ergrimmte dann regelmäßig über die geschickt beigebrachten Stiche, die sie in ähnlicher Weise Cornelien nicht zurückgeben konnte, und so bestand denn von früh bis spät zum Abend, vom ersten bis zum letzten Tage im Jahre zwischen beiden so ganz verschieden gearteten Naturen ein Kriegszustand, der je nach den Umständen die betrübendsten Folgen haben konnte.

Durch eine weise Einrichtung der Natur gibt es zum Glück auch für die unleidlichsten Verhältnisse leis ausgleichende Mittel, die in der Regel von den davon Berührten instinctmäßig benutzt werden. Etwas Aehnliches fand zwischen Cornelie und ihrer Schwägerin statt. Beide so ganz verschieden geartete Frauen fanden bei Gleichdenkenden Ersatz für die Leiden, welche ihnen das Haus tagtäglich bereitete. Kathrine hatte im nahen Orte, der kaum eine Viertelstunde von der Försterei in breiter Thalsohle an den bebuschten Ufern zweier sich vereinigender Gebirgsbäche lag, mehr als eine gleichgestimmte Seele, mit der sie verkehren und sich stundenlang über die ›unsinnige‹ Schwägerin, wie sie sagte, aussprechen konnte, und Cornelie fand wider Erwarten in der Gattin des Barons von Kaltenstein eine Freundin, in deren mitfühlenden Busen sie ihr Herz ausschüttete, so oft sie das Bedürfniß zu ungezwungener Mittheilung fühlte.

Die Baronin war einige Jahre älter als Cornelie Frei, aufgeweckten Geistes, bildungsbedürftig wie die junge Förstersfrau und, was einen sehr festen Kitt für die Freundschaft beider Frauen abgab, bürgerlicher Herkunft. Der lebensfrohe Baron hatte Clotilde einige Jahre vor Corneliens Vermählung geehelicht, und zwar im Auslande. Sie war eine Süddeutsche, hübsch, ungemein beweglich und ohne allen Familienanhang. Im Volke liefen über diese Ehe des gnädigen Herrn mancherlei Gerüchte um, die mehr abenteuerlich als wahrscheinlich klangen. Cornelie achtete nicht auf diese Reden, obwohl sie sehr bald davon Kenntniß erhielt. Das Verhältniß ihres Andreas zu dem Baron, das auch nach der Vermählung des erstern keine Veränderung erlitt, führte Cornelie bald mit der Baronin zusammen. Beide Frauen sprachen einander an, und ein enges Band wahrer Herzensfreundschaft war das nächste Ergebniß öftern und vertrautern Umgangs.

Der Baron von Kaltenstein hatte keine Kinder; auch schien es, als wolle die Ehe mit Clotilde unfruchtbar bleiben. Um nun aber nicht ohne Erben zu sterben, nahm er angeblich den einzigen Sohn eines entfernten Verwandten, der ebenfalls in Süddeutschland lebte und dort frühzeitig verstorben war, an Kindesstatt an. Die böse Welt meinte nun freilich, der junge Adolar sehe seiner Adoptivmutter zum Sprechen ähnlich, und diese behandle und verziehe ihn ganz wie eine rechte Mutter, die ihr einziges Kind wie ein Spielzeug betrachte, laut und offen aber wagte doch niemand mit einer so gefährlichen Behauptung hervorzutreten.

Ob Cornelie in die Vergangenheit ihrer jetzt adelichen Freundin eingeweiht war, blieb allen, die sie kannten, verborgen. Selbst die spionirende Kathrine, welcher die Festsetzung der Schwägerin in der Gunst der Baronin durchaus nicht behagte, führte nicht völlig zum Ziele. Dagegen erhielt Cornelie eine höchst achtungswerthe Stütze in Clotilde von Kaltenstein. Diese theilte mit der gebildeten Förstersfrau dieselben Neigungen und Liebhabereien, und versäumte natürlich nicht, ihre Freundin darin zu unterstützen.

Beide musicirten jetzt zusammen, zeichneten und malten um die Wette und thaten in jeder Beziehung gerade das Gegentheil von dem, was Kathrine für den Inbegriff aller Tugenden einer musterhaften Hausfrau erklärte.

Nach denselben Grundsätzen wurde denn auch später Hildegarde erzogen. Das niedliche, aufgeweckte Kind wußte schon mit zehn Jahren trefflich zu repräsentiren, machte die Honneurs, als sei es in einem hochgräflichen Hause geboren worden, spielte Piano, sang mit glockenreiner Stimme einige der beliebtesten Lieder, welche damals gerade en vogue waren, tanzte nach der Behauptung aller Sachverständigen wie ein Engel, blätterte in den gelesensten Modejournalen, wußte auffallend gut Bescheid in der Taschenbuchsliteratur, hatte aber keinen Begriff von dem, was einem jungen Mädchen bürgerlichen Standes neben Geistes- und Herzensbildung zur wahren Ehre gereicht.

Andreas blieb wenig Zeit übrig, um sich von allem, was in seinem Hause vorging, genau zu unterrichten. Zum Theil ignorirte er auch die ihm persönlich unangenehmen Zustände, weil er einsehen mochte, daß eine gründliche Umgestaltung derselben nicht in seiner Macht liege.

Cornelie blieb stets gleich freundlich gegen ihn und hatte nie ein Wort der Klage über die Willkürherrschaft der Schwägerin, seit ihr intimes Freundschaftsverhältniß sie fast täglich nach dem Kaltenstein führte. Hildegarde begleitete dann die Mutter. Gewöhnlich wurden beide durch die Equipage der Baronin abgeholt.

Kathrine war innerlich voll Aerger über dies ›verruchte Schlaraffenleben‹ der eingebildeten Schwägerin, wie sie es nannte, und suchte an der ihr jetzt verhaßten Cornelie sich dadurch zu rächen, daß sie während deren Abwesenheit von der Försterei in die Zimmer derselben drang, um daselbst aufzuräumen. Es geschah dies so gründlich, wie überall im ganzen Hause, wo Kathrinens scharfer Blick hindrang. In Corneliens Wohnzimmer war aber schwieriger damit zu Stande zu kommen als anderwärts; denn da gab es außer den gewöhnlichen Mobilien zuerst den unnützen ›Klimperkasten‹, ferner ein paar niedliche Staffeleien, zwei oder drei Stickrahmen, Tusch- und Farbekasten, Reißbreter, Mappen mit Zeichnungen und Kupferstichen, Nippsachen, wie man sie damals liebte, in großer Auswahl, und endlich eine ausgesuchte kleine Handbibliothek. Das alles ließ sich nicht behandeln wie Tische, Stühle, Bänke und Schränke, sondern mußte behutsam von Ort zu Ort transportirt werden. Und dann erregte der unsagbare Staub auf Büchern und Noten, der durch nichts zu vertreiben war, den Aerger der staubfeindlichen Kathrine in so hohem Grade, daß sie an sich halten mußte, um nicht den ganzen ›Narrenkram‹ zum Fenster hinauszuwerfen. Dulden konnte sie diese Unsauberkeit nicht, also ward jedes einzelne Stück von ihr selbst gereinigt. Dabei brachte sie aber Bibliothek wie Noten in die gründlichste Unordnung. Kehrte nun Cornelie von ihrer Freundin zurück, so kam es zwischen den Schwägerinnen zu heftigen Scharmützeln, die in der Regel mit einer Trennung auf mehrere Tage endigten.

Zum Unglück war Hildegarde stets Zeuge dieser häuslichen Zänkereien. Sie stand natürlich ganz entschieden auf seiten ihrer Mutter, die das aufgeweckte Mädchen ebenso verehrte, wie die Mutter ihr Kind zärtlich liebte. Kathrine, einmal zum Sprechen gebracht, holte dann das halb gezwungene Schweigen mehrerer Wochen nach und erleichterte ihr übervolles Herz. Es gab nichts, was sie der Schwägerin nicht vorgeworfen hätte. Sie nannte Cornelie träg, träumerisch, eingebildet, phantastisch, dumm, vornehm, eitel, putzsüchtig, kalt gegen ihren Mann und eine sündhafte, gottlose Mutter! Alles, was Cornelie trieb, war ihr verhaßt und galt ihr für unnütze, ja verderbliche Spielerei. Auch die Baronin, die sie ›hergelaufen‹ titulirte, kam bei Kathrinens Charakteristik sehr übel fort. Zuletzt wandte sich die Zürnende an Hildegarde, kanzelte das entsetzte Kind tüchtig ab, und schloß mit der Behauptung, es werde nie etwas aus dieser verwöhnten und verzogenen Zierpuppe werden, und ihr armer, unglücklicher Bruder könne es noch mit brechendem Herzen mit ansehen, daß das gewissenlos in Grund und Boden verdorbene Geschöpf ihm und seinem Namen Schande mache.

Cornelie pflegte sich kürzer zu fassen, und wenn sie in ihren Entgegnungen auch Worte mit einfließen ließ, welche das Auftreten Kathrinens sehr richtig bezeichneten, so geschah dies doch mit einem so vornehmen Wesen und in so gemessenem Tone, daß die Försterin gegenüber der keifenden Schwägerin stets im Vortheil war und Hildegarde fester denn je an sich knüpfte.

Diese bedauerlichen Verhältnisse im Försterhause besserten sich nicht mit den Jahren. Die Entfernung der rechthaberischen Kathrine hätte denselben allerdings auf der Stelle ein Ende machen können; allein zu diesem äußersten Schritte, der freilich einer vollkommenen Hausrevolution gleichgekommen wäre, mochte von sämmtlichen Betheiligten sich keiner entschließen. Gutwillig wäre die herrschsüchtige allwaltende Kathrine auch nicht fortgegangen. Das wußte Cornelie ebenso gut wie Andreas. Sie aber mit Gewalt zu entfernen, konnte man schon deshalb nicht wagen, weil sie in gewisser Hinsicht trotz ihrer schrecklich störenden Eigenschaften doch wieder nicht zu entbehren war.

Cornelie hatte sich in der That ein Leben eingerichtet, wie es für einen einfachen Revierförster durchaus nicht paßte. Das Wenige, was sie vom Haushalten verstand, hatte sie längst völlig vergessen, und Hildegarde wußte noch weniger davon Bescheid. Es war also jedenfalls am besten, wenn man keine Neuerungen traf, sich fügte, so gut es gehen wollte, und Kathrine in ihrem Reiche die unbeschränkteste Herrschaft ließ.


 << zurück weiter >>