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St. Niklaus.

6. Dezember.

 

I. Am Vorabend.

Zur Zit, wenn d'Tage kirzer werde
Und d'Sunne mit der liebe Erde
Au gar zu vil Verstegglis macht,
Do dyßelet in stiller Nacht,
Wenn d'Kinder gschloffe sind in's Bett
Und jedes scho si Träimli het,
E Greis mit langem, grauem Bart,
Doch frommem Sinn und sanfter Art,
Vo Ort zu Ort, vo Huus zu Huus
Und suecht sich sini Litli uus.
Er treit e Stab in siner Hand,
Dä stammt, so wie si Pilgergwand,
Us alter Zit. So wandlet er
Die Stroße hi, die Stroße her;
Jetz blibt er an 're Huustir stoh
Und bepperlet, seit Hoschehoh! –
»'S blibt Alles still, me hert mi nit,«
So sait er; doch mit stillem Schritt
Kunnt Epper schnell der Huusgang fire,
Um hibschli z'lustre an der Tire.
»»Wer ist do uß? – wer kunnt so spot?««
Sait 's Mieterli, das dinne stoht; –
Und wie es sinnt, wer's au mecht sy,
Kunnt d'Antwort scho zum Spältli y:
»Du liebi Frau, du kennsch mi jo,
I bi jo vorigs Johr au ko
Und ha dir in der Winternacht
Zu glycher Zit e Bsiechli gmacht.«
»»Der Santi Klaus««, rieft d'Mueter uus
Und sait Willkumm und effnet 's Huus,
Der Mond schynt grad in Huusgang ine
Und glänzt uf ihrer haitre Myne.
»Still,« sait der Klaus, »mer wend nit mache,
Daß d'Kinder usem Schlof erwache,
Denn ihne gilt mi spote Gang;
Was lebe si? – Es isch scho lang,
Daß i si gseh ha selbi Nacht,
Wo ais het grinne, 's andre glacht
Und wo si alli doch am End
Mir nyt als Guets versproche hend.
Sag, hend si's ghalte, flyßig glehrt,
Brav gschafft und betet, wie 's is gheert?« –
Ob diser Frog luegt 's Mieterli
Mit stillem Bsinne fir si hi;
Es isch, als ob's ere tät gruse
So z'rugge mit der Wohret use;
Doch sait si zletst: »»I will nit klage
Und alti Sache nochetrage;
Der lieb Gott macht's mit uns au so,
Sunst kennt jo währli Niemed bstoh.
E Johr isch lang und gscheh isch vil,
Das i nit widerhole will.
Nai Klaus, i will dir lieber brichte
Die guete, als die beese Gschichte.
Sag, bsinnsch di no an's Liseli,
Das vorigs Johr so griseli
Si gwehrt het, dir si Händli z'geh'?
Du hesch's fast welle ibel neh. –
Das het im Friehlig, spot bi Nacht,
Fir mi e Kommissieenli gmacht,
Und wie 's so goht de Hysere noh
Blibt's bime Fenster pletzli stoh,
Dur das e Ton vo Klag und Schmerz
Dem Kind isch drunge tief in's Herz.
Es wartet lang; doch wil das Grine
Nit ufheert, tritt's in's Hysli ine.
Do findet's denn im schlechte Bett,
Das kuum e rechti Deggi het,
En armi Frau in Todesnot,
E Kinderschaar, die 's Bett umstoht,
Wo Jedes sini Händli ringt
Und nüt als Träne fire bringt.
Im Schmerz verrinnt ne Stund um Stund,
Si achte 's nit, wer ine kunnt,
Und hätte si au Eppis z'ässe,
Si wirde 's iberm Laid vergesse.
Der Todeskampf isch schwer und lang,
Mim arme Kind wird's angst und bang;
Doch endli isch mit sanfte Hände
En Engel ko das Lyde ende. –
Das Loos isch ihre lieblig gfalle,
Doch wer soll dene Kindre alle
Vo jetz a Hilf und Stitze sy?
Fast alli sind no schwach und kly,
Si kenne nit ihr Brod verdiene
Und rychi Vettre hend si niene.
Do mueß me helfe, dänggt mi Kind;
Es druggt ein ältste Biebli gschwind
E goldig Stiggli Geld in d'Hand –
'S het's gspart gha fir e Bsuech uf's Land –
Und sait: I will bald wider ko.
Druff het's von Alle Abschid gnoh.
Am nächste Morge isch's go wandre
Von ainer Frindin zu der andre,
Het Geld und Klaider zemme glait
Und 's frehlich in selb Hysli trait,
Bis d'Kinderli versorgt gsi sind.«« –
»Scheen«, sait der Klaus, »doch sag mer gschwind,
Was hend die andre Kinder to?
Hend si au tätig Ateil gnoh?«
»»O jo, si hend sich's nit loh neh,
E Jedes het si Schärfli geh;
D'Sparhäfe hend in selber Zit
Recht glichtet; doch das macht jo nit;
'S isch besser, 's Herz schlieg warm und mild,
Als daß me sini Kasse fillt.««
Druff sait der Klaus: »Jetz kan i goh,
I ha jo guete Bricht bekoh;
Und wär i nit so dirr und alt,
Wahrhaftig, d'Träne käme bald.
Grieß dini Kinder scheen und sag,
I bsuech se morn am Niklaustag
Und bring e Sagg mit guete Sache,
Doch muesch se nit zu glustig mache.
Denn Zuggersächli bring i nit;
I gib's, wie's Gott vom Himmel git:
E Hampfle Nuß, en Äpfeli,
Au Bireschnitz und Hutzeli,
Und hechstens noch e Honigkueche
Gib i dem glaine Volgg z'versueche. ...
Soll i ächt d'Ruete dusse lo?« –
»»O nai««, sait d'Mueter, »»'s ka nit goh,
Denn d'Kinder mieße frieh scho lehre,
Daß Ernst und Gieti zsämme gheere
Und 's nur druff a kunnt, wie si's trybe.««
»Jo Frau, es soll bim Alte blybe!«
Furt isch der Klaus, und d'Mueter goht
Jetz au in's Bett, denn 's isch scho spot.

 

II. Am Niklaustage.

»Rote, liebi Kinderli,
Wer isch nächte bi mer gsi,
Wo ihr alle gschlofe hend? –
Bsinnen i, es wird's am End
Doch wohl Ains errote kenne
Und mir schnell der Name nenne.«
»»Fryli««, riefe Alle gly.
»»'S wird der Santi Klaus gsy sy;
Denn wo hit, am friehe Morge
'S Liseli will 's Wische bsorge
Vorem Huus, so het's im Schnee
Großi, braiti Fueßtritt gseh;
Und do sait 's is schnell in's Ohr:
Gebet acht, 's goht Eppis vor,
I vermuet, in stiller Nacht
Heb der Klaus si Bsiechli gmacht.««
D'Mueter sait: »Jo, 's isch eso,
»Nächte isch er zue mer ko
Und het vo mir wisse welle,
Wie's sig mit eich junge Gselle:
Het mer gsait, i soll eich grieße,
Und 's werd wenig Zit verfließe,
Bis er käm im lange Rogg
Mitem Sagg und mitem Stogg,
Mit der Ruete digg und lang ...
Nitwohr, Fritzli, 's wird dir bang?« –
»»Mueter, nai, i fercht mi nit««,
Sait der Fritz, »»doch was i bitt,
Sag is au, was isch der Grund,
Daß er zue de Kinder kunnt
Alli Johr, um si mit Gschängge
Und mit Andrem no z'bedängge?«« –
»Gern«, sait d'Mueter, »will i 's tue,
Kemme nur und lose zue«!

 

'S isch gsy zur Zit vom Kaiser Konstantin,
Daß in Klain-Asie zu Patara
En Ehpaar glebt het still mit frommem Sinn,
Die hend en ainzig, lieblig Biebli gha,
'S het Niklaus ghaiße, und vor alle Schätze
Hend si sich kenne an dem Kind ergetze.

Si hend's erzogen au in Ehr und Zucht
Und 's hechste Vorbild im vor Auge gstellt;
Drus isch erwachse bald e gueti Frucht,
Die besser isch, als alli Schätz der Welt:
No Gottes Wort und scheene, hailige Gschichte
Het frieh es glernt si Wort und Wandel richte.

So het das Biebli zuegnoh an Verstand,
An Alter, Wyshait und an Gottes Gnad,
Und au als Jingling isch er an der Hand
Vo sim Erleeser blibe, schlicht und grad.
So isch er worde Jederma zum Sege,
Der Eltre Fraid und Hoffnig allerwege.

Und won er druff ins Kloster treten isch,
Wo's gsellig Lebe gege d'Ainsamkait,
Der Rychtum gege Zelle, Bett und Tisch
Vertuuscht hed mieße werde: er het's trait
Mit seltner Kraft und sich so ganz im Stille
Der Armuet ibergeh um Gottes wille.

'S fiel Mängem schwer, eso si Hab und Guet
Z'verwalte nur im Sinn vom Himmelrych;
Denn wenn men au den Arme Guetes tuet
Und selber herlig lebt, es isch nit 's glych.
Arm isch er gsy bi Gold und ryche Gobe,
Het tusig Lyde gstillt: isch das nit z'lobe?

Am liebste het er in Verborgehait
Do won er gwißt het, daß me helfe mueß,
Si rychi Gob ganz haimli umegleit,
Daß si erschine isch wie Himmelsgrueß
Und au der Dangg nur Dem het kenne werde,
Der Alles bsitzt im Himel und uff Erde.

Dernebe isch er au e Kinderfrind,
E treie Frind vo junge Lite gsy;
Er het si glehrt, und gferschlet, ob er find,
Was eppe mecht e Zug zuem Guete sy.
Es het en gfrait, wenn er mit volle Hände
Der Kinderwelt het kenne Sege spende.

Drum het ihm Gottes Segen au nit gfehlt
Und all si Wergg e guet Gelinge gha;
Mer het en gliebt und ihn zuem Bischof gwählt,
Do isch er gstande fest als Gottesma.
Doch endli het au ihm si Stindli gschlage,
Si hend en gsenggt in d'Gruft mit Schmerz und Klage.

Und sit der Zit erschynt er alli Johr
Als alte Kinderfrind am Niklaustag,
Im bruune Pelz, mit grauem Bart und Hoor,
Bi jedem Kind, das ordli folge mag;
Und findt er's guet, so loßt er sich's nit wehre
De brave Kindre Allerlai z'beschere.

*

»Jetzt, Kinder, han i denn verzellt
Em Santi Klaus si Lebesgschicht ...
Doch lose, lose, het's nit gschellt? –
Jetz wider? – Zind Ais mitem Licht!
Was gilt's, er selber isch nit wit;
Es kunnt mer vor, i heer si Schritt. –

Willkumm, willkumm, du liebe Ma!
Du findsch e jungi Gsellschaft do;
I hoff, du hesch e Gfalle dra,
Je mehr je lieber isch's der jo;
Und au di Schritt isch ziemli schwer,
I glaub emol, du kunnsch nit leer.

Es dudderet e Mängem do,
Wenn du wit gnaue Bricht verneh;
Doch dängg i, du wirsch 's eppe scho
Mit glainem Volgg so gnau nit neh.
Nur mecht i bitte: Loß mer's hit
Jo ame Zuespruch fehle nit!«

J. J. Schäublin (Basel).

*

 


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