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'S krangg Briederli.

»So lang e guete Schlof nit käm
Und ihrem Krangge d'Fieber nähm,
So lang kann er nyt mache;
E Schlof fiehr d'Krysen erst herby,
Und d'Krangget gang derno vorby;
Doch wenn durch länger Wache
Erschepfung zue dem Puls sott ko,
So kenn's gar licht der letz Weg goh.«

So het er gsait, der Doggter, und
Was d'Mueter fir e Schregg akunnt
Isch gar nit mügli z' bschrybe;
Si grynt und jomeret am Bett
Und au der älter Brueder het
Kai Trost, ihr Angst z' vertrybe.
'S krangg Briederli frogt wol, worum?
'S bekunnt kai Antwort. Baid sind stumm.

Und endtli stehnt's: »Ach, git's denn nyt,
Du, Brueder, fir di langi Zyt?
I mecht si gern vergesse.
Verzell mer au e Märli, gelt?
I heer nyt Liebers uff der Welt
Als Gschichte vo Prinzesse
Wie die us Tausend und ainer Nacht.
Kumm, sitz zum Bett – i gib gwiß Acht.«

Der Brueder isch derzue berait,
Doch d'Mueter glyslet: »Seig au gscheidt!
Was wurd der Doggter sage?«
»»Seig ohni Sorge, 's schadt em nyt,
Was i erzell; di langi Zyt
Isch no vil schwerer z'trage.««
Di gueti Mueter isch no bang,
Doch sait si: »Mira, – mach nit z' lang.«

Si goht; Jetz sitzt der Brueder hi:
»Emolen isch e Keenig gsi
Vor lange, lange Johre.
Dä het mit siner liebe Frau
Lang blangt und ghofft, 's werd enen au
Emol e Kind gebore.
Vergebe; Baid händ d'Hoffnig scho
Verlore – do isch's endtli ko.

Das isch e Fraid gsi im Palast!
Mit Gschengge iberschittet fast
Isch's Kind von alle worde;
Denn zue der Taufi bringe d'Gäst
An Kostbarkaite 's Scheenst und 's Best
Und us de fernsten Orte.
Und Alles, was nur Fieß het, lauft
Zuem Kind – »Dornreesli« het me's tauft.« –

So fahrt er furt: Mer kenne jo
Das Mährli, und mer wend en lo
Erzelle vo de Fraue,
De wyse, vo dem Fluech, wo zletst
No aini nydig usefletscht
Und Alli füllt mit Graue –
Wie's Dornereesli endtlig au
Zum Turn kunnt und der alte Frau.

Wie dert die beesi Spindle stoht
Und wie sich's sticht, und wie's em goht,
Und Allem was nur Lebe
Im Schloß het, d'Fliegen an der Wand
Sogar vom Schlof sind ibermannt
Und d'Spinne nimme webe
Und d'Tube dusse, d'Pferd im Stal,
– 'S schloft Alles, Alles, iberal.

Und's seig kai Schlof gsi nur wie z'Nacht,
Nai, Kaine seig meh drus erwacht;
Meng Johr seig unterdesse
Vergange. – So, us Brueders Mund
Quillt's frisch; er molt so raizend und –
Hätt bald der Krangg vergesse.
Und won er endtli sitwärts bliggt,
So – hert er uff und isch entziggt.

Denn lueg men au, der Krangg lyt do
In gsundem Schlof. – 'S isch an en ko
– Der Brueder ka sich's dängge –
Wo au im Märli in der Rund
Der Schlof uff alli Wese kunnt
Mit Zaubermacht sich z'sengge.
Das isch e Fraid. »Verwach mer nit!«
Der Brueder goht mit lysem Schritt.

Und d'Mueter kunnt, au hibschli, wacht
Am Bett vom Kind die ganzi Nacht,
Lost hundertmol sim Otem,
Und endtli sait si: »Gott sei Dangg!
I glaub, er isch jetz nimme krangg,
Si Fieberhitz vergoht em« –
Und won er wacht, isch's hell am Tag
Und 's goht em, wie me's wünsche mag.

Er luegt si um und stuunt: »Herrje!
I han im Traum 's Dornreesli gseh.«
– »»Und jetzen isch's der besser?««
Frogt d'Mueter, und ihr Bligg isch fycht,
»Jo, Mueter, 's isch mer wohl und lycht,
Au 's Mul isch wider nässer.
Durst han i nimmemeh eso,
Ach! loß mer ebbis z'esse ko!«

J. Mähly (Basel).

*

 


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