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Der Winter.

Jez ist de Winter wider da;
Er hät scho s' Laub vun Bäume gnah.
Zerst reist er artig ummenand
I sim yschalte wyße Gwand;
Me kännt e scho, de grüsli Ma,
Er hät so groß Pelzhändschen a
Und großi Finken a de Füeße,
Me setten, dänk, nüd ghöre müeße;
Dänn plötzli fahrt er wild dur's Land,
Er schüttlet starch sis wullig Gwand,
Da chunnt vum Himel Schnee uf Schnee,
Me gseht kei Bitzli Bode meh.
D' Chind springet hurtig under's Dach,
Doch d'Buebe laufet ganz alsgmach;
Sie watet gern im tüüffe Schnee
Und säget nu: Das tuet nüd weh.
Si juchset na und fänd a lache:
»Jetz wämm mer emal en Schneema mache!«
Si hüüffet hurtig Schnee uf Schnee,
Me cha de Schneema wachse gseh.
Si mached em so dicki Bei,
Dänn stoht de Schneema ganz ellei,
Und Chopf und Arm, das mueß er ha,
Sust wär er ja kein gförmte Ma.
Die tusigs schlimme Buebe gänd
Ihm no en große Stock i d'Händ;
Er sett di Andere z'fürche mache,
Damit si tüchtig chönntet lache.
Doch ach, de Schneema cha das nüd;
Und hett er Bei so dick wie Stüd,
Er ist en styfne, totne Ma
Und luegt ein dumm und dochtig a.
Da gönd s', die Glyche, wo ne gmacht,
Und werfet, 's ist e wahre Pracht,
Mit Puff und Stoß, mit Stei und Stock
Dä mißli Schneema über Bock.
Jez aber machet's andri Männdli:
Si liget ase mitem Gwändli
In Bode use, wien e Mus
Und strecket d'Bei und Ärmli uus
Und troolet i dem tüüffe Schnee,
Me gseht nu fast kei Buebe meh.
Und dur und dur sind s' füecht und naß –
»Gönd tröchned i, es ist kei Gspaß.«
Si springed heime zue; und d'Chind,
Die scho vom Stoh erfrore sind,
Mit ihre Gsichtre grüen und bla
Sind s' bi dem Springe vornen a.
Si chömet hei: »U schoch, schoch, schoch,
O Müeterli, wie frürt's mi doch,
Wie gstabet sind mi Fingerli, –
Ach Mueter, huuch mer s' au e chli!«
Jez sind di warme Finkli guet,
Wänn's ein a d'Füeßli früre tuet.
So sind s' deheim jez, Chind und Buebe,
Und händ derzit, dur d'Schibe z'luege,
Und fönd am Änd no z'chlagen a:
»De Winter ist en böse Ma,
Er hät is alli Herrlichkeit,
Hät Laub und Gras und Bluest verschneit.«
Doch er, so bös er mängsmal tuet,
Meint's mit de Chinde herzli guet:
Er goht, wänn de Silväster chunnt,
Um Mitternacht in stiller Stund,
Ganz lislig i sim Wullegwand
Mit Tannebäumli umenand.
Die Bäumli alli sind voll Glanz,
Mit Sachen überschüttet ganz,
Mit Obst und Spilzüg um und a,
Es cha's kän König schöner ha.
Und all die Sache sind für d'Chind,
Die folgsam, still und artig sind.
Er treit s' ganz still in jeders Hus,
Goht lysli zu der Türen uus,
Und erst vorusse uf der Straß
Da gügglet er no gschwind dur's Glas;
Und gumpet d'Chind um's Bäumli här,
Dänn goht er furt und 's freut en sehr.
Drum stimmet, Chinde groß und chly,
Mit Freude i mis Versli y:
»Wie wild er mängsmal struble cha,
»De Winter blybt en bravne Ma.«

Marie Ammann (Zürich).

*

 


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