Franz von Kobell
Gedichte in oberbayerischer Mundart
Franz von Kobell

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Oft hängt grad in an' Aug'nblick An' Mensch sei' Schicksal und sei' Glück.

        Es is a Diendl auf der Alm'
Gar lusti' gwest bei seini Kalbn,
Sie juchezt frua, sie juchezt spat,
Und gfreut hat's, wer sie g'segn hat.

A saubers Diendl, wie sie gwest,
Mit schöni Aug'n, frisch und fest
Und guat vo' Herzn aa' dabei,
Sie hätt' wohl gebn a rührigs Wei'.

Sei' Schatz, schon aar a' frischa Bua,
Der geht oft ihrer Alma zua,
A' guata Schütz und fast verwegn
Und hat an diem aa' wildern mögn.

Und daß er just so voller Schneid,
Dees hat die Senndrinn woltern gfreut,
Denn der grad loami lebe'n will,
Gilt bei di Diendln ninderscht viel.

Und wo ma aussicht von da' Höh'
Auf Schliers und abi auf'n See,
Da habn's oft grad gscherzt und g'lacht
Und Gsangln auf anande' g'macht.

O hätt' dees armi Diendl g'wißt,
Was sie no All's derlebn müeßt,
Und wie's an dieweil'n kemma ko',
Sie hätt' ja nie an' Juchzer tho'.

Amal, 's is gwest a Wetanacht
Und goßn hats und blitzt und kracht,
Da klopft's an ihra Hüttnthür,
»Thu' auf und laß mi ei' zu Dir!«

Wie froh springt sie von Kreister 'ra',
Dees is ihr Bua, ja er ist da,
»»Und bei den Weta kimmst zu mir,
»»Grüeß Gott, ah dees freut mi vu' Dir.««

Und lusti blast sie 's Feuerl o',
Er aber schaugt sie gar nit o',
»»Was is's denn, ho' di' nie so gsegn?««
»Sey staad, es is a 'n Unglück gschegn.«

»»Du liebi Frau, was hast da g'sagt,
»»Du hast ma jetz' an' Schricka g'macht,««
»Ja ja, an' Unglück, hör' mi o',
»Muaß no in dera Nacht davo':

»Bin ganga auf an' Zehnahirsch,
»Auf den i' woltern lang scho' birsch',
»Und wie i' schleich' aus d' Liecht'n für,
»Da steht der Förschta z'nachst bei mir,

»Und fahrt mi'n Stutz'n glei in' Wang,
»Natürli wart i aa' nit lang,
»Bei mir schnallt's eh', – du lieba Gott,
»Er rührt si' nimma, er is todt!«

Da' hebt da' Bua d'Händ für sei' Gsicht
Und 's Diendl woas nit, wie ihm gschicht,
D'rauf sagt er no: »Jetz' bet' für mi,
»Zun letzt'nmal heunt sich i di.«

Und stürzt davo' in Sturm und Reg'n,
Sie hat 'n weita nie mehr gseg'n,
Und seit der Stund, daß sie dees ghört,
Hat s' Sorg und Kumma schier verzehrt,

Und todt is 's worn auf der Alm',
Koa Kranz ziert mehr a Kuh a Kalbn,
Da juchezt koa Diendl auf den Platz
Und macht koa Gsangl auf sein Schatz.

Und sie, gar krank, werd nimma g'sund
Und bet' bis an ihr letzti Stund'
Für den, der s' in dersell'n Nacht
Hat vor'n Tod um's Leb'n bracht.

So hängt oft in an' Aug'nblick
An' Mensch sei' Schicksal und sei' Glück!


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