Edward Bulwer-Lytton
Die letzten Tage von Pompeji
Edward Bulwer-Lytton

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Erstes Kapitel.

Eine Kneipe in Pompeji und die Gladiatoren.

Wir versetzen uns nunmehr nach einem jener Theile von Pompeji, der nicht von den Herren, sondern nur von den Dienern und Opfern des Vergnügens bewohnt wurde – dem Aufenthaltsorte der Gladiatoren und Lohnkämpfer, des Lasters und der Armuth, der Rohheit und Gemeinheit, mit einem Worte nach der AlsatiaAlsatia – ein Bezirk von London, der unter Karl II. als ein Schutzort für alle Arten von Verbrechen und gesetzwidrigen Schurkereien seine höchste Blüthe erreicht hatte. Anm. d. Uebers. einer Stadt des Alterthums.

Es war ein großes Zimmer, das sich auf eine enge und volkreiche Straße öffnete. Vor der Thürschwelle stand ein Haufen Männer, deren eiserne, kräftig gespannte Muskeln, kurze und herkulische Nacken, kühne und verwegene Gesichtszüge für sie als Kämpfer der Arena bezeichneten. Auf einem Brette außer halb des Schoppens stand eine Reihe von Wein- und Ölkrügen, und unmittelbar darüber war ein plumpes Gemälde über der Wand angebracht, das trinkende Gladiatoren vorstellte, so alt und ehrwürdig ist der Brauch der Wirtsschilde! Im Innern des Zimmers waren mehre kleine Tische zwischen einigen Verschlägen aufgestellt, an denen Einige tranken, Andere Würfel spielten, und Andere einem mehr Nachdenken erfordernden Spiele oblagen, das man duodecim scripta nannte und das Manche irrthümlich für das Schachspiel hielten, obgleich es mehr Ähnlichkeit mit dem Brettspiele hatte, und gemeiniglich, wenn auch nicht immer, mit Würfeln gespielt wurde.

Es war noch früher Morgen, und vielleicht konnte nichts so gut, als gerade diese unzeitige Stunde, den eingefleischten Müßiggang der Gäste dieser Kneipe beweisen. Dennoch bot dies Haus, trotz seiner Lage und dem Charakter seiner Bewohner, nicht jene garstige Unreinlichkeit dar, die ein derartiges Etablissement in unsern modernen Städten charakterisiren würde. Die natürliche Lebenslust der Pompejaner, die selbst da, wo sie den Geist vernachlässigten, den Sinnen zu schmeicheln suchten, zeigte sich in den blühenden Farben, welche die Wände zierten, und in den phantastischen, aber nicht ungefälligen Formen der Trinkbecher und sogar der gewöhnlichsten Hausgeräthe.

»Beim Pollux!« sagte einer der Gladiatoren, indem er sich gegen einen Thürpfosten lehnte, »der Wein, den Du uns verkaufst alter Silen, wäre im Stande, das beste Blut, das in unsern Adern rinnt, zu verdünnen.«

Mit diesen Worten schlug er einen Mann, der neben ihm stand, auf die Schulter. Der auf diese Weise Begrüßte, dessen entblößte Arme, weiße Schürze und nachlässig in den Gürtel gesteckte Schlüssel und Serviette den Wirth der Schenke anzeigten, war bereits in den Herbst seiner Jahre eingetreten; aber seine Glieder waren noch so kräftig und athletisch, daß er sogar die nervigten Gestalten an seiner Seite hätte beschämen können, außer daß seine Muskeln ins Fleisch übergegangen, seine Wangen geschwollen und aufgedunsen waren, und der dicke Bauch die große und massive Brust beinahe ganz in Schatten stellte.

»Mache keinen Deiner Scherze mit mir,« sage der riesenmäßige Wirth mit dem dumpfen Brüllen eines gereizten Tigers; »mein Wein ist gut genug für ein Skelet, das bald den Stand des Spoliariums einsaugen wird.«Der Ort, wohin die Todten oder tödtlich Verwundeten von der Arena geschafft wurden.

»Krächzest Du so, alter Rabe,« versetzte der Gladiator mit verächtlichem Lächeln, »Du wirst Dich noch aus Ärger hängen, wenn Du mich die Palmenkrone gewinnen siehst, und wenn ich im Amphitheater die Börse bekomme, was unfehlbar geschehen wird, so soll mein erstes Gelübde dem Herkules sein, daß ich Dich und Dein niederträchtiges Gesindel auf immer verschwöre.«

»Hört ihn doch! hört ihn, diesen bescheidenen Pyrgopolinices! Er hat sicherlich unter Bombochides Cluninstaridysarchides Miles gloriosus, Akt. 1. Dies ist so viel, als wenn wir heutzutage sagen: er hat unter Bombastes Furioso gedient. gedient,« rief der Wirth. »Sporus, Niger, Tetraides, er behauptet, er schnappe Euch den Preis weg. Jede Eurer Muskeln ist , bei den Göttern! stark genug, den ganzen Kerl zu erdrücken, oder ich müßte nichts von der Arena verstehen.«

»Ha!« schrie vor Zorn erröthend der Gladiator, »unser Lanista könnte Euch eine ganz andere Geschichte erzählen.«

»Welche Geschichte könnte er gegen mich erzählen, prahlerischer Lydon?« sagte Tetraides, die Stirne runzelnd.

»Oder gegen mich?« brüllte Sporus mit funkelnden Augen.

»Ruhig!« rief Lydon, indem er seine Arme kreuzweise über einander legte und seine Nebenbuhler mit herausfordernder Miene ansah; »die Zeit der Prüfung wird bald da sein. Sparet bis dahin Eure Wuth.«

»Dies rathe ich Dir,« sagte der Wirth mürrisch, »und wenn ich den Daumen einschlage, um Dein Leben zu retten, so sollen die Parzen meinen Lebensfaden abschneiden.«

»Deinen Strick willst Du sagen,« entgegnete Lydon foppend; »hier ist ein Sesterz, um einen zu kaufen.«

Der titanenhafte Weinschenk ergriff die ihm dargebotene Hand und drückte sie so kräftig, daß das Blut zu den Fingerspitzen heraus den Umstehenden auf die Kleider spritzte. Alle schlugen ein wildes Gelächter auf.

»Ich will Dich lehren, Du junger Großsprecher, den Macedonier mit mir zu spielen. Ich bin kein schwacher Perser, das versichere ich Dich. Habe ich nicht zwanzig Jahre lang in dem Cirkus gekämpft, ohne jemals die Arme sinken zu lassen? Und empfing ich nicht aus des Editors eigener Hand den Stab als ein Siegeszeichen und als Genehmigung, auf meinen Lorbeeren auszuruhen? Und jetzt soll ich mich von einem Lehrjungen meistern lassen?«

Mit diesen Worten stieß er die Hand verächtlich von sich.

Ohne eine Miene zu verziehen und mit denselben lächelnden Gesichte, mit dem er zuvor den Wirth gehöhnt hatte, ertrug der Gladiator den schmerzlichen Händedruck. Aber kaum war seine Hand frei, als er sich einen Augenblick niederduckte wie eine wilde Katze; sein Kopf- und sein Barthzaar sträubte sich empor, und mit einem wilden und durchdringenden Schrei rann er so gewaltig auf die Kehle des Riesen los, daß dieser, so stark und handfest er auch war, das Gleichgewicht verlor. Der Wirth stürzte mit dem Lärmen eines Felsstücks zur Erde nieder und über ihn auch sein grimmiger Feind.

Wahrscheinlich hätte der Wirth des Strickes, den ihm Lydon so freundlich anempfohlen hatte, nicht bedurft, wenn er drei Minuten länger in dieser Stellung geblieben wäre; durch das Geräusch des Falles aber zu Hülfe gerufen, stürzte ein Weib, das sich seitdem in einem inneren Gemache aufgehalten hatte, auf den Kampfplatz. Diese neue Verbündete hätte allein dem Gladiator die Spitze bieten können. Sie war von einem hohen Wuchs, mager und mit Armen versehen, die andere, als sanfte Umschlingungen zu geben vermochten. Wirklich hatte, wie er selbst, die liebenswürdige Gefährtin Burbo's, des Weinwirths, in den Schranken,Nicht bloß Weiber aus dem niedrigen Stande fochten bisweilen in dem Amphitheater, sondern selbst Frauen von edler Abkunft theilten dies sanfte Ehrbegierde. ja sogar vor dem Kaiser gefochten. Und Burbo selbst, der Unbefugte auf dem Schlachtfelde, mußte dem Gerüchte zufolge hie und da seiner sanften Stratonice die Palme überlassen. Dieses reizende Geschöpf sah kaum, in welch dringender Gefahr sich ihre schlechtere Hälfte befand, als sie ohne eine andere Waffe, als diejenige, welche ihr die Natur verliehen, auf den obenliegenden Gladiator losstürzte, ihn mit ihren langen, schlangenartigen Armen um den Leib faßte, ihn mit einem plötzlichen Drucke von dem Körper ihres Mannes wegriß, so daß Lydon bloß noch mit seinen Händen seinen Gegner an der Kehle festhielt. So sieht man bisweilen einen Hund an den Hinterbeinen, aus dem Kampfe mit einem gefallenen Nebenbuhler gerissen, in den Armen eines neidischen Stallknechts, so daß die eine Hälfte des Thiers ruhig und harmlos in der Luft schwebt, während die andere, Kopf, Zähne, Augen und Pfoten, in den besiegten und zerfleischten Feind eingegraben und eingerammelt zu sein scheint. Indessen drängten sich die an Blut gewöhnten und dadurch entzückten Gladiatoren voll Wonne um die Kämpfenden; ihre Nasenlöcher öffneten sich weit, die Lippen grinsten, ihre Augen hafteten stur auf der blutigen Kehle des Einen und den ausgespannten Krallen des Andern.

»Habet! (er hat's!) habet!« schrien sie mit brüllendem Tone, indem sie ihre nervigen Hände rieben.

»Non habeo! (ich hab's nicht!) Ihr Lügner!« rief der Wirth, als er sich durch eine ungeheure Anstrengung von seines Gegners grimmigen Händen losmachte und athemlos, keuchend, zerfleischt und blutig auf die Füße sprang. Mit rollenden Augen wandte er sich gegen den stieren Blick und die grinsenden Zähne seines besiegten Feindes, der sich jetzt, aber nur mit einer gewissen Verachtung, gegen die handfeste Amazone wehrte.

»Ehrliches Spiel!« riefen die Gladiatoren, »Einer gegen Einen!« Sie umringten Lydon und das Weib und trennten unsern liebenswürdigen Wirth von seinem höflichen Gaste.

Aber Lydon, der sich über seine gegenwärtige Lage schämte und sich vergebens von diesem wilden Weibe loszumachen suchte, fuhr mit der Hand in seinen Gürtel und zog ein kurzes Messer; so drohend war sein Blick, so klar funkelte die Klinge, daß Stratonice, die nur an den Faustkampf gewöhnt war, voll Schrecken zurückwich.

»O Götter!« schrie sie, »der Bösewicht! Er hat Waffen verborgen! Ist das auch recht! heißt das wie ein Mann von Ehre und als Gladiator handeln? Nein, wahrhaftig, solche Burschen verachte ich!«

Mit diesen Worten wandte sie dem Gladiator höhnisch den Rücken zu und eilte, den Zustand ihres Gattten zu untersuchen.

Aber dieser, der an eine derartige Übung so gewöhnt war, wie eine englische Dogge an den Kampf mit einem zarteren Gegner, hatte sich wieder vollkommen erholt. Die Purpurtinten verschwanden von er karmesinrothen Oberfläche seiner Wangen und die Adern seiner Stirne traten in ihre gewöhnliche Größe zurück. Er schüttelte sich mit behaglichem Grunzen, zufrieden, daß er sich noch am Leben wußte; hierauf betrachtete er seinen Gegner von Kopf bis Fuß mit einem Ausdrucke größerer Würdigung als zuvor.

»Beim Kastor! Du bist ein stärkerer Bursche als ich glaubte,« sagte er; »ich sehe, Du bist ein Mann von Verdienst und Tugend; reiche mir Deine Hand, mein Held!«

Die Gladiatoren zollten der edelmüthigen Anrede Burbo's lauten Beifall und drangen in Lydon, ihm die Hand zu reichen.

»Sehr gerne,« versetzte der Gladiator; »doch jetzt, da ich einmal sein Blut gekostet habe, möchte ich gerne das Ganze einfangen.«

»Beim Herkules!« rief der Wirth, ohne aus der Fassung zu kommen; »das ist echter Gladiatorsinn. O Pollux! was kann gute Zucht aus einem Manne machen; ein Tiger könnte ja nicht wilder sein!«

»Ein Tiger? o Unsinn!« rief Tetraides; »wir nehmens mit Jedem auf.«

»Gut! gut!« sagte Stratonice, die damit beschäftigt war, ihre Haare zu glätten und ihre Locken in Ordnung zu bringen. »Wenn ihr wieder alle gute Freunde seid, so empfehle ich Euch, ruhig und ordentlich zu sein; denn einige junge Herren, Eure Patrone und Gönner, ließen sagen, sie wollen hieher kommen und Euch besuchen. Sie wünschen, ehe sie ihre Wetten auf das große Gefecht im Amphitheater abschließen, Euch hier mit mehr Bequemlichkeit zu betrachten, als in den Schulen möglich ist. Sie kommen gewöhnlich deswegen immer zu uns, weil sie wissen, daß wir nur die besten Gladiatoren von Pompeji aufnehmen. Unsere Gesellschaft ist, Dank den Göttern, sehr ausgesucht.«

»Ja,« fuhr Burbo fort, indem er einen Becher oder vielmehr einen Eimer Wein austrank, »ein Mann, der so viele Kränze gewonnen hat, wie ich, kann nur die Tapferen aufmuntern; Lydon, trink, mein Junge! Mögest Du ein so ehrenvolles Alter haben als ich!«

»Komm her,« sagte Stratonice, indem sie ihren Man auf jene liebkosende Weise, die Tibull so angenehm beschrieben hat, zärtlich an den Ohren zog; »komm her!«

»Nicht so hart, Du Wölfin, Du bist schlimmer als der Gladiator,« murmelte der ungeheure Rachen Burbo's.

»Stille,« sagte sie leise; »Kalenus hat sich so eben verkleidet durch die Hinterthüre hereingeschlichen; ich hoffe, er hat die Sesterze mitgebracht.«

»Oho!« versetzte Burbo, »ich will zu ihm gehen. Siehe unterdessen scharf auf die Becher und merke aufs Kerbholz. Laß Dich nicht hintergehen, Weib. Es sind Helden, das gebe ich zu, aber auch durchtriebene Schurken. Kakus war nichts gegen sie.«

»Habe keine Angst für mich, Du Narr!« war die Antwort der Ehehälfte, und Burbo, mit dieser zärtlichen Zusicherung getrieben, durchschritt das Gemach und begab sich in die Penetralia seines Hauses.

»So, diese zarten Herren wollen also kommen, unsre Muskeln zu betrachten,« sagte Niger; »wer hat Dich davon in Kenntnis gesetzt, meine Herrin?«

»Lepidus; er bringt Klodius, den sichersten Wetter von Pompeji, und den jungen Griechen Glaukus mit.«

»Eine Wette auf eine Wette!« rief Tetraides. »Es gilt zwanzig Sesterze, Klodius wettet auf mich.«

»Er wettet auf mich,« sagte Lydon.

»Nein, auf mich,« brummte Sporus.

»Ihr Thoren! glaubt Ihr denn, er werde irgend Einen von Euch dem Niger vorziehen,« sprach der Athlet, sich selbst auf diese Weise bescheiden nennend.

»Nun,« sagte Stratonice, indem sie eine große Amphora für die Trinker anzapfte, die sich eben um einen Tisch setzten; »weil Ihr nach Eurer Meinung so große und so tapfere Männer seid, so saget mir, welcher von Euch mit dem numidischen Löwen kämpfen will, im Falle man keinen Verbrecher findet, der Euch die Wahl erspart?«

»Ich,« sagte Lydon, »der ich Deinen Armen entkommen bin, stolze Stratonice, glaube auch dem Löwen ohne Gefahr die Stirne bieten zu dürfen.«

»Aber sage mir,« fiel Tetraides in die Rede, »wo ist Deine hübsche Sklavin, das blinde Mädchen mit den glänzenden Augen; ich habe sie schon lange nicht mehr gesehen.«

»Oh! die ist zu zart für Dich, Du Sohn Neptuns,«Sohn Neptuns – eine lateinische Phrase für einen polternden und wilden Gesellen. sagte die Wirthin, »und ich glaube sogar für uns. Wir schicken sie in die Stadt, um Blumen zu verkaufen und den Damen Etwas zu singen. Sie bringt uns auf diese Art größere Summen ein, als wenn sie Euch aufwartete. Außerdem hat sie noch andere Geschäfte, von denen man nichts sprechen kann.«

»Andere Geschäfte?« sagte Niger; »dazu ist sie doch zu jung.«

»Still, Du Bestie!« versetzte Stratonice; »Du glaubst, es gebe kein anderes Spiel als das korinthische. Wenn Nydia auch noch einmal so alt wäre, so würde das arme Mädchen sich doch eben so gut für den Dienst der Vesta eignen.«

»Aber höre einmal, Stratonice,« hub Lydon an, »wie bist Du zu einer so sanften und zarten Sklavin gekommen? Bei einer reichen römischen Dame wäre sie besser an ihrem Platze.«

»Ganz richtig,« antwortete Stratonice, »und ich werde auch durch ihren Verkauf einmal mein Glück machen. – Du fragtest mich, wie ich zu der Nydia gekommen sei?«

»Ja.«

»Nun, siehst Du, meine Sklavin Staphyla .... Du erinnerst Dich der Staphyla, Niger?«

»Ja wohl. Ein großhändiges Weibsbild, mit einem Gesichte, wie eine komische Maske. Wie sollte ich sie vergessen haben, beim Pluto, dessen Dienstmagd sie jetzt wahrscheinlich ist.«

»Ruhig! Du Tölpel! Staphyla starb also eines Tags und war für mich ein großer Verlust, und ich ging auf den Markt, mir eine andere Sklavin zu kaufen. Aber, bei den Göttern! die waren, seitdem ich die arme Staphyla gekauft hatte, alle so theuer geworden, und das Geld war so rar, daß ich schon hoffnungslos heimkehren wollte, als ein Kaufmann mich an meinem Kleide zupfte. ›Frau,‹ sagte er, ›möchtest Du um einen billigen Preis eine Sklavin kaufen? Ich habe da ein junges Mädchen zu verhandeln; zwar ist sie nur klein und fast noch Kind, aber sie ist behend und still, gelehrig und geschickt, singt hübsch und stickt, und ist überdies, wie ich Dich versichern kann, von guter Abkunft.‹ – Aus welchem Lande? fragte ich. ›Aus Thessalien.‹ Nun wußte ich, daß die Thessalierinnen flink und sanft sind, und sagte also, ich wolle das Mädchen sehen. Ich fand sie ganz, wie Ihr sie jetzt sehet, kaum kleiner, und dem Äußern nach nicht viel jünger. Sie sah geduldig und ergeben genug aus, mit ihren auf die Brust gekreuzten Armen und zu Boden gesenkten Augen. Ich fragte den Kaufmann nach dem Preise; er war mäßig, und so kaufte ich Nydia auf der Stelle. Der Kaufmann führte sie in mein Haus und verschwand sogleich. Denkt Euch mein Erstaunen, meine Freunde, als ich fand, daß sie blind sei. Ha! ha! dieser Kaufmann war ein sauberer Bursche. Ich eilte vor Gericht, aber der Spitzbube war schon nicht mehr in Pompeji; ich mußte also wieder nach Hause zurückkehren, und zwar, wie Ihr wohl denken könnt, übel gelaunt, was das arme Mädchen wohl zu fühlen bekam. Aber es war nicht ihre Schuld, daß sie blind war, denn sie ist es seit ihrer Geburt. Allmählig trösteten wir uns über unsern Handel. Sie ist zwar nicht so stark als Staphyla und nützt uns ihm Hause sehr wenig; aber sie wußte ihren Weg in der Stadt so gut zu finden, wie wenn die hundert Augen des Argus ihr zu Diensten gestanden wären, und als sie uns eines Morgens eine Handvoll Sesterze heimbrachte, die sie, ihrer Angabe nach, aus einigen, in unserm kleinen Garten gepflückten Blumen gelöst hatte, so zweifelten wir nicht, daß sie uns von den Göttern selbst zugesendet worden sei. Wir lassen sie nun von jener Zeit an nach Belieben mit einem Korbe voll Blumen ausgehen, aus denen sie nach der thessalischen Art Kränze windet, was den jungen Herren Spaß macht. Die vornehmen Leute scheinen überhaupt Gefallen an ihr zu finden, denn sie bezahlen ihr für ihre Blumen immer mehr als andern Blumenmädchen, und sie bringt uns den ganzen Erlös nach Hause, was keine andere Sklavin thun würde. Darum verrichte ich mein Geschäft im Hause selbst; aber was sie mir schon eingetragen hat, wird bald zum Ankaufe einer zweiten Staphyla hinreichen. Ohne Zweifel hat der thessalische Seelenverkäufer die junge Blinde vornehmen ElternDie thessalischen Sklavenhändler waren dafür bekannt, daß sie Personen von Geburt und Erziehung raubten, und sie verschonten hiebei sogar ihre eigenen Landsleute nicht immer. Aristophanes verspottet dieses, wie schon das Sprichwort sagt, verrätherische Volk aufs Bitterste wegen seiner eingewurzelten Sucht, durch den Handel mit Menschenfleisch Geld zu verdienen. gestohlen; außer ihrer Geschicklichkeit im Kränzewinden singt sie und spielt die Zither, was auch viel Geld einbringt, und seit einiger Zeit ... doch, dies ist ein Geheimnis ...«

»Dies ist ein Geheimnis! Was!« rief Lydon, »bist Du eine Sphinx geworden?«

»Eine Sphinx! nein ... Warum eine Sphinx?«

»Höre auf mit Deinem Geschnatter, gute Frau, und bring uns zu Essen, ich bin hungrig,« sagte Sporus ungeduldig.

»Und ich auch,« rief der schreckliche Niger, indem er sein Messer auf der flachen Hand wetzte.

Die Amazone ging also in die Küche und kehrte bald mit einem Brette voll großer, halb roher Fleischstücke zurück; denn durch solche Speisen glaubten die Herren des Lohnkampfes damals, wie noch heutzutage, ihre Stärke und Wildheit am besten zu erhalten. Sie setzten sich um den Tisch mit den Blicken hungriger Wölfe; das Fleisch verschwand, der Wein floß. So verlassen wir diese bedeutenden Personen klassischen Lebens, um den Schritten Burbo's zu folgen.


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