Johann Gabriel Seidl
Bifolien
Johann Gabriel Seidl

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IX.

Des Lebens Preis.

          Im Hause drinnen ist Hochzeit,
Vorm Hause lehnt ein Mann;
Er führt nichts Gutes im Sinne,
Man sieht's in den Augen ihm an.

Sein Liebchen ist ja das Bräutchen,
Und er nicht Bräutigam;
Wohl mag es schwer ihm fallen,
Daß sie so leicht es nahm.

Ein Lebehoch schallt drinnen,
Und außen fällt ein – Schuß. –
»Ei, – daß sich der Träumer doch eben
Da draußen erschießen muß!«

Es gibt eine kleine Pause,
Bis man ihn fortgebracht,
Dann wirbelt's und wogt es vom neuen
Recht toll und voll durch die Nacht.

Das gab ein Gespräch am Morgen,
Wie's lang im Städtchen nicht gab; –
Man zeigt in der Friedhofecke
Noch jetzt dem Wandrer sein Grab.

Und gab er auch nichts zu fühlen,
Wie er es vielleicht begehrt,
So gab er doch etwas zu reden; –
War das nicht ein Leben wert?

 
Böser Zweifel.

            Mein Kind, solang' ich bei dir bin,
Bist du, das fühl' ich, mein;
Da schleicht sich wohl in deinen Sinn
Kein fremdes Bild hinein.

Da bist du mir vom Herzen gut,
Tust alles, was ich will,
Verleugnest dein bewegtes Blut,
Wirst ernst und weich und still.

Doch wenn dein Auge mich vermißt,
Wenn andre nach dir sehn,
Und du dir überlassen bist,
Was mag wohl dann geschehn? –

Drum fährt mir manchmal durch den Sinn
Der böse Zweifel hin:
Ob ich wohl dann auch bei dir bin,
Wenn ich nicht bei dir bin?!


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