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An einem Sonnentage.

1832

Gewischt vom Himmel ist der trübe Flor,
Das Heer der Regenwolken ist verstoben,
Smaragden steigt der Berg ins Blau empor,
Mit einem Netz von Sonnenglanz umwoben,
Von goldnen Wipfeln schallt der Vögel Chor,
Klar sind die Bäche, wie der Himmel droben;
Durch alle Schöpfung ging ein blühend: Werde!
Du seliger Planet – bist du die Erde?

Solch Wunder thut noch immer die Natur,
Verklärt sich mitten in den trübsten Tagen;
Der Welt der Geister, der verdumpften, nur
Soll keine Stunde der Erlösung schlagen?
Vom Blitz gezeichnet, von des Hagels Spur,
Soll stets dies Reich in schwarze Lüfte ragen?
Hört unsre Zeit, noch taub von einem Wetter,
Schon wieder eines nahenden Geschmetter?

Wo ihr ihn sucht, da findet ihr ihn nie,
Den reinen Himmel und den heitern Frieden.
Sucht nicht beim Leben! Nacht und Kampf ist hie,
Nie wird die Finsternis vom Licht geschieden!
Doch wendet einmal euch zur Poesie,
Die ihr, im Drang nach Tag, so lang gemieden:
Vertraut euch ihrer Dämmernacht und träumet!
Dort wohnt die Klarheit, die hier immer säumet.

Im Quell der Dichtung wird euch viel beschert,
Da sprudelt Freiheit, Liebe, Glück und Jugend;
Ein Becher ohne Hefe wird geleert,
Sein lautrer Trank hat seltne Kraft und Tugend;
Der Blick ins Leben selber wird verklärt:
Nicht mehr mit hohlem Aug ins Schwarze lugend,
Bringt einen Strahl ihr von erträumter Sonne
Ins Erdendunkel aus des Liedes Bronne.

Und dieser Strahl durchschimmert alle Welt,
Und dieser Strahl durchleuchtet die Geschichte.
Wohin ein Streiflicht seines Glanzes fällt,
Wird alles Grau der Schatten schnell zum Lichte.
Sie taucht empor, von Rosenglut erhellt,
Die Hoffnung mit dem Engelangesichte –
Drum nahn in finstrer Zeit euch unsre Lieder:
Aus ihnen funkle jene Sonn' euch wieder!


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