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Vorwort.

Die vorliegende neue Ausgabe von Gustav Schwabs Dichtungen ist im Vergleich zu den bei Cotta erschienenen sowohl eine verkürzte als eine bereicherte. Ich glaubte nämlich dem Andenken des Dichters einen Dienst zu erweisen, wenn ich einige unbedeutende Stücke ausschied und dafür mehrere Gedichte, die der Verfasser selbst, wie mich dünkt mit Unrecht, nicht in die »Neue Auswahl« (1838) und die dritte Auflage (1846) aufgenommen, dieser Sammlung einverleibte. Von denselben fehlten in den Ausgaben der Gedichte bis jetzt ganz: Der Burgbau, König Johann von Böhmen bei Crecy, Das Archiv, Die versunkene Burg und die dreißig » Fündlinge«; aus der ersten Auflage (1828, 1829) sind wieder aufgenommen: Im Tempel, Vermächtnis, Lied in der Mark, An einen Freund, Kaiser Heinrich und Die seltene Kur; aus der neuen Auswahl: An Ludwig Uhland und Die Kammerboten in Schwaben.

Die »Lust zu fabulieren« war in unserm Dichter, wenigstens in früheren Jahren, sehr stark und trieb ihn zuweilen auch zur Abfassung unbedeutender Reimereien; er selbst sah das recht gut ein, und daraus erklärt es sich, daß in den Sammlungen, die er selbst von seinen Gedichten veranstaltete, bei weitem nicht alle seine poetischen Produkte enthalten sind. Kann nun demnach überhaupt nicht eine Gesamtausgabe im eigentlichen Sinn des Wortes rätlich oder nützlich erscheinen, ja müßte eine solche geradezu als den Intentionen des Dichters widersprechend bezeichnet werden, so wird auch kein Einsichtiger tadeln, daß ich, wie schon bemerkt, noch einige Gedichte – meist Gelegenheitspoesien – ausgeschieden habe, die nicht dazu dienen können, den Ruhm ihres Verfassers zu erhöhen.

Was die Anordnung der vorliegenden Ausgabe betrifft, so habe ich die »Zeitgedichte«, da mir die begriffliche Scheidung von den »vermischten Gedichten« nicht klar durchgeführt und auch nicht durchführbar schien, mit unter die »Lieder und vermischten Gedichte« gestellt. Innerhalb der so entstehenden drei Rubriken sind die einzelnen Nummern nach den Entstehungsjahren geordnet, abgesehen von den drei umfangreicheren epischen Dichtungen, die ihre Stelle am Ende des Bandes erhalten haben, und den aus Klüpfels Biographie entnommenen »Fündlingen«, welche der ersten Abteilung als Anhang folgen, teils weil sie besser im Zusammenhang als zerstreut betrachtet werden, teils weil es mir nicht möglich war, sie chronologisch genau zu bestimmen. Die vier Cottaschen Ausgaben und die meisten in Almanachen, Zeitschriften und andern Büchern zerstreuten ersten Drucke habe ich verglichen, um einen möglichst korrekten Text herzustellen. Trotzdem sind leider ein paar Druckfehler übersehen worden, die ich gleich hier berichtige: das Gedicht S. 352ff. heißt »Die versunkene Burg«, das auf S. 130 »Die Feuerwerkerstochter«; S. 298 Z. 11 ist das Komma am Ende zu tilgen. Ferner bitte ich zu den Anmerkungen S. 187, 197 f., 209, 249, 254, 266 u. 276 die Worte »Anm. Schwabs« und hinter die Jahreszahlen S. 294 ff., 350 und 352 ein Fragezeichen zu setzen. Ob in dem Gedicht »Den Naturforschern« in der sechsten Strophe statt »Hütte«, wie in allen Drucken steht, das naheliegende »Hülle« gesetzt werden muß, ist zweifelhaft und wird sich nur aus der Originalhandschrift entscheiden lassen. Die sogenannte neue Orthographie habe ich unbedenklich durchgeführt, natürlich aber nicht dann, wenn die abweichende Schreibung des Dichters auch auf eigentümlicher Aussprache beruht, z. B. in trof statt troff, Bickelhaube statt Pickelhaube u. s. w. Noch mag bemerkt werden, daß der Setzer auf den ersten Bogen von dem freilich recht überflüssigen Apostroph wohl einen etwas zu sparsamen Gebrauch gemacht hat.

Die in der Einleitung gegebene kurze Biographie des Dichters hinzuzufügen hielt ich nicht für überflüssig, da die Bedeutung Schwabs sich erst aus einer zusammenhängenden Betrachtung seines ganzen Lebens, Wirkens und Dichtens vollständig ermessen läßt. So mangelhaft auch meine Skizze sein mag, so wird doch aus ihr erkannt werden können, daß Schwab einer jener seltenen Männer war, in denen sich die drei wesentlichen Grundbestandteile der modernen Geisteskultur: Antike, Christentum, Vaterland, nicht nur im Dichten und Denken, sondern auch – was mehr ist – im thätigen Leben zu wohlthuender Ganzheit harmonisch vereinigen. Die Hauptquelle für die Einleitung war Klüpfels Buch »Gustav Schwab« (Leipzig 1858); wer dasselbe kennt, dem wird hier wenig neues geboten. Auch aus den Nekrologen von Gustav Pfizer (im Schwäbischen Merkur) und Ullmann (in der Allgemeinen Zeitung) habe ich manches dankbar entlehnt. Nachträglich sei bemerkt, daß die von Klüpfel besorgte Auswahl von Schwabs »Kleinen Prosaischen Schriften« (s. S. 49 Anm.) inzwischen bereits erschienen ist. Eine zweite Auflage der »Neckarseite der schwäbischen Alb« gab Ed. Paulus (Stuttgart 1878) und die vierte Auflage der »Wanderungen durch Schwaben« Klüpfel (Tübingen 1880) heraus. Letzterer ließ auch die kleine Schrift »Gustav Schwab als Dichter und Schriftsteller« (Stuttgart 1881) erscheinen. In meiner Einleitung ist S. 20, Z. 4 zu lesen »seiner frühesten Schüler« und S. 36, Z. 22 »Geniesucht«.

Zu einigen Gedichten sind kurze Anmerkungen zum Zweck eines leichteren Verständnisses gegeben. Daß diese ebenso wenig wie die Bemerkungen am Schluß der Einleitung Erschöpfendes bieten wollen, brauche ich wohl kaum zu bemerken.

Deidesheim, im September 1882

Dr. G. L. Klee


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