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Die Fluth.


Sie steigt und steigt. – Mit schauerlichem Schall
Im Dunkeln Wellen sich auf Wellen thürmen,
Kohlschwarze Fluthen an das Ufer stürmen,
Und scheu erbebt die Luft beim Widerhall.

Die Fluth der Bettler ist es. – Und sie steigt. –
Rings Lumpen, Wunden, Züge bleich vom Harme,
Hungrige Münder, arbeitslose Arme,
Herzen von Angst geschwellt. – Sie steigt und steigt;

Und bringt mit sich den Moderduft der Noth,
Den Moderduft der ungesunden Hütten;
Und aus der Brust dringt Allen, die da litten,
Der Angstschrei. »Gebt uns unser täglich Brot.« –

Doch taub und blind bleibt Alles bei dem Ton. –
Die Stille, die voran den Blitzen schreitet
Des Ungewitters, schwer aufs Land sich breitet,
Und größer wird der Strom, naht trotzig schon;

Die riesigen, granit'nen Dämme fällt
Er, blutbefleckt, von Thränen bleich und Sorgen.
Im Namen eines heil'gen Rechts wird morgen
Er brüllend überschwemmen alle Welt …

… Die Stund' ist heilig. – Nur ein liebend Herz,
Unendlich wie die Schöpfung und unsterblich,
Ihr Starken, heilt, was trostlos und verderblich
In dieser Anhäufung von Noth und Schmerz;

Ach! es genügte, wären nur bereit
Die Sieger, den Verlassenen entgegen
Zu schreiten, schluchzend und auf blüh'nden Wegen
Zum Segen ausgestreckt die Arme weit.


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