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Rings um mich her die große Stadt erwachte
Beim ersten Morgenroth.
Die große Stadt, die Arbeit giebt und Brot,
Sich an das Riesenwerk des Tages machte.
Zu lautem Lärm die klaren Stimmen schwollen,
Voll frischer Munterkeit,
Balkons und Thüren öffneten sich weit;
Maschinenpfeifen rings und Wagenrollen;
Zusammenströmte heiter und voll Leben
Viel tücht'ge Menschenkraft
Der Arbeit zu, die Brot und Heil verschafft,
Und Fahnen ohne Zahl im Winde schweben.
Wie Festesschimmer sah man rings es liegen
Im Morgensonnenschein,
Beflügelt schien ein jedes Ding zu sein,
Und Freud' und Hoffnung lachten auf den Zügen,
Als ich ihn sah. – Kraftvoll. – Von den Gedanken
Erblaßt sein Antlitz war,
Das, edel und im Ausdruck stolz und klar,
Der bronz'ne Hals trug, frei von allen Schranken.
Stiernackig, breit die Brust, voll heißer Triebe
Und Blick und Worte kühn;
In diesen Adern welch ein Lebenssprüh'n,
Die Flammengluth des Muthes und der Liebe! …
Lautschallend, wie mit eines Siegers Schritten,
Kam näher er im Licht,
Mein Herz rief laut; ist dies ein Herrscher nicht? …
Besiegt vielleicht in lauten Lärmes Mitten
Der Werkstatt er, im schlichten Kleide schön
Die Ungethüme alle,
Die von dem Menschengeist mit Klau' und Kralle,
Stahlmuskeln, Feuerseelen sind versehn? …
Wird wohl aus ihm die frische Quelle brechen
Der Energie und Kraft,
Die neues Leben bringt dem, was erschlafft
In dieser Zeit von Laster und Gebrechen? …
Wie süß, wie süß, wär' man sein trautes Liebchen
Und könnt' am Abend ihn
Beim schlichten Mahl erwarten, mit dem Glüh'n
Sehnsücht'ger Liebe, in dem stillen Stübchen;
Ihn küssen, wie die Lilie küßt im Schweben
Die goldne Biene heiß
Als eine, die von Kampf und Arbeit weiß;
Sein Liebstes sein und einen Sohn ihm geben;
Und in dem Sohn, dem unschuldsvollen, schönen,
Der kräftig wie sein Vater nun,
Ein Hoffen hegen, ein Gelübde thun;
Des Alters Freud' und Glück in ihm ersehnen;
Und träumen, daß durch ihn bestehen werde,
Bis in die fernste Zeit,
Der Reinen, Ungebändigten Geschlecht, geweiht
Zu lichten Tagen schon auf dieser Erde;
Erlöster Sklaven rein Geschlecht, das später
Einheimst bei frohem Sang
Die Ernte goldner Freiheit, die entsprang
Den Thränen und dem Herzblut ihrer Väter.