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Er ist krank.


Krank ist er, krank! Und ruft vielleicht voll Schmerz
Nach mir vom rauhen Boden drüben her.
Es flog die düstre Botschaft übers Meer
Und drang wie Schwertesklinge mir ins Herz.

In Fiebernächten, ohne Schlaf und Ruh
Glaubt er vielleicht am Lager mich zu seh'n,
Und kindlich ruft durch Qual und Angstgestöhn
Er meinen Namen immerzu.

O könnt' ich zu ihm stürzen, unverweilt
Und legen meine reine Hand ihm leis
Ein Augenblickchen auf die Stirn, ich weiß,
Wie durch Bezaub'rung würde er geheilt.

Doch bleib' ich hier, unthätig, still und matt;
Mein Heim zu lassen hab' ich nicht den Muth,
Noch meine alte Mutter, fromm und gut;
Ich wag' mich nicht auf ungewissen Pfad,

Durchs wilde Meer, durch laute Städte hin
Aufs gute Glück toll in die Welt hinein,
Durch fremde Völker, über Berg und Rain,
Auf Zügen, die entfesselt, pfeifend ziehn,

Bis hin zu deinem Bett! … – Ich unterdrück'
Die Thränen, daß die Mutter nicht erwacht
Aus sanfter Ruh, das Schrei'n, das mich voll Macht
Durchtobt, das Schluchzen halte ich zurück;

Auf nacktem Boden knie ich, zitternd, trüb,
Die Hände auf der Brust gefaltet dann
Zuflüsternd ihm, der mich nicht hören kann,
Den ich vielleicht nie wiederseh': Vergieb. –


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