Arno Holz
Dafnis
Arno Holz

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Er gedänckt seiner Lieben
und daß sie ihme alle
gestorben sind.

Ode Jambica.

       

Vergänglichkeit! In deinen irren Garten
verlihrt sich ümmer tieffer mir mein Fuhß /
lengst starb des lezzten Fehder-Singers Gruhß /
der Eppich traumt auß duncklen Mauer-Scharten.
            Das sonst so zahrte Graß
            hängkt schwehr und Tropffen-naß /
grün-fahle Creutze mohdern weit und breit –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Wölbt sich im Lentz die Linde
noch ümmer über meines Vatters Tach?
Durch Schaum-Kraut klukkerte der kleine Bach /
ich schnizzte Schiffgens mir auß Knüppel-Rinde.
            Do schry mir rächt ins Hertz
            der Gukguk seine Tertz.
Ich horchte zu; das war die Göldne Zeit –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Wo blieb die süsse Stunde /
do ich mit Fillis unter Bluhmen saß?
do ich zuerst der ersten Lust genaß?
Ich hingk verzukkt an ihrem rohten Munde!
            Ihr Hahr / gantz auff-gerollt /
            war wie auß Serafs-Gold /
weiß wie auß Lämmer-Wölckgen war ihr Kleid –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Wie kreisste froh der Becher
in drauter Brüder Wein-ümblaubtem Runde?
Do schien das Leben mir noch Eins so bundt /
Printz Bachus hieß der ädle Sorgen-Brecher!
            Hier Schellendaus! Ma vie!
            Kriescht alle Gikkrikri!
Wer weiß / schon morgen ligen wir gemeyt –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Ich sehe noch das Stübgen /
die Lampe brännt / ans Fenster stürmt der Nord /
du spihlst mir für auff unsrem Clavichord /
im Traum noch lallt und lächelt unser Bübgen.
            Itzt lehnstu dich zurükk /
            so sah mich an das Glükk!
Im Ofen knallte lustig Scheit ümb Scheit –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Ein Grauen sonder Gleichen
durchgrieselt mich; so war ich nie allein.
Die Welt ist nichts alß Schatten-Werck und Schein /
der Grund / drauff däm ich dantzte / gährt von Leichen!
            Sie ligen hin-gesträkkt /
            kaum / daß der Sand sie däkkt /
ihr Abseyn sälber predigt stumm mein Leid –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Du scheussliches Gerippe /
für dem noch jeder schaudrend sich entsezzt /
du hast mir alle Mitleids-lohß gemezzt /
von ihrem Mord-Bluht dräuffelt deine Hippe.
            Nun schafft mir nur noch Grauß /
            mein Leib / dihß Erden-Hauß.
Häu zu! Zermattsch auch mich / ich bün bereit –
                        Vergänglichkeit!


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