Arno Holz
Dafnis
Arno Holz

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Es hält darfor / daß der
Frühling so rächt die Zeit
zum Lihben ist.

Qwodlibet.

                     

Der Himmel lacht lasuren
auff Florens bundte Fluren /
So sanfft rauscht itzt der Bach;
ümb seine Gräsgens schnellen
die zittrichten Libellen /
der Wald wölbt grün sein Dach.
Nelcken / Scharlach / Amaranth
und waß sonst noch wird benannt /
Wegwartz / Augentrost / Salvey /
Tausendschön und Akkeley /
Sonnen-Würbel / Meusedorn /
Hertzgespan und Rittersporn /
Kellerhaltz und Koriander /
alles blüht itzt durcheinander.
Sylvan die Ohren spizzt /
das Wasser-Volck selbst lauscht /
wie süß der West-Wind itzt
durchs Läublein rauscht.
Mars pflükkt sich seinen blancken Hut
voll Engelsüß und Wohlgemuth /
Pan bläst auff seinem Zihgen-Rohr
den Veilgens vor.
Amouretten / drall und nakkt /
schlagen rund ümb mich den Dakkt /
auff das Volck mit dikken Waden
bün ich durchauß wie geladen!

In jedem Arm ein Grübgen /
im Kinn gar ihrer zwey /
mahlt mir das Flügel-Bübgen
die schwartze Elß-Marey.
Theils an Schönheit / theils an Länge /
gleicht Dianen ihr Gepränge /
Lilgen stehn für ihre Haut
nur wie schlächtes Körbel-Kraut.
Noch wo ward mir nichts bewußt
Ründeres alß ihre Brust /
ihrer Wangen Purpur-Pracht
hat Aurora sälbst gemacht.
Zween Arme / deren Krafft
offt Leuen hin gerafft /
zween Schänckel auß Porfir
daß wer so waß for mir!
Auch / ich kan mich ihretwegen
kaum mehr schlaffen legen!

Filorindgen /
lihbstes Kindgen /
dein wie Goldt gewundner Zopff
bringt mich deto ümb den Kopff.
Ich schau dich / waß ich kan /
mit steiffen Augen an:
du bist so süß / so klein /
du Turttel-Täubelein!
Alles ist an dir geründet /
wordrauff sich mein Vergnügen gründet;
worhin man dir auch blikkt /
man ist durchauß erqwikkt.
Rächt ein Dapps ist dein Menalk /
seine Bakken sind aus Kalck /
seine Waden / muß man wissen /
hat ein Draut-Hahn abgebissen!
Willst bei dem alten Pauren
deine schönste Zeit versauren?
Lengst blagt ihn das Zipperlein /
gihb ihm zum purgiren ein;
rächt vermischt auß Ruch und Stanck /
einen Apotheker-Tranck!

Brunette / laß daß seyn;
mein Hertz ist nicht von Stein /
mein Hertz ist gantz auß Wacks /
es brännt wie Flacks!
Deine Augen wie Violen
sind zwo auß geleschte Kolen /
dein angenehmer Mund
steht ahrtlig Zirckel-rund.
Du läst durch dihse Dhür
blohß Purpur-Sylben für /
dreyn sind in jedem Falle
die Zähne Berg-Kristalle.
Dein runder Haltz /
dein weisses Knie
macht keines-falls /
daß ich dich flieh.
Auf deinen Brüsten schwimmt dein Hahr /
Frau Potifar / Frau Potifar!

Sußgen kam von ohngefehr
drällernd durch die Wihse her /
alß ich nechst mein Lämmer-Volck
unter einer Büche molck.
Lab-Kraut / Gundermann und Holler
bund sie mir ümbs Hirten-Goller.
alles / waß ihr Händgen fund /
Rohsen lachte mir ihr Mund.
Drauff so schob ich ihr mein Fläschgen
freundlich in ihr Hirten-Däschgen /
sie wusste kaum / wie ihr geschah /
mein Gott / waß machstu da?
Itzt läßt sie von frembden Hirten
sich so Hertz wie Mund bewirthen!

Mechthildgen führt mit großer Eyl
mich hindter sich am Narren-Seil.
Kaum klopff ich an ihre Thür /
ziht sie gleich den Fürhang für.
Mägdgen / rukk dein Mihder /
stell dich nicht zurwihder /
der gebührt allein der Preiß /
die mich rächt zu lihben weiß!
Laß dich endlich drümb erbitten /
stell dich endlich nach Gebühr /
Sylvius geht mir nicht an Sitten /
Thyrsis nicht an Tugend für.
Läßt dein Sinn sich nicht erweichen /
gläubstu dan / ich werd verbleichen?
Dihses sag ich rund und frey:
solches wäre Kälberey.
Meine Tauer-haffte Gluht
ist for viel waß Bässres guht!

Margrittgen dhut sich zu commun /
sie dukkt gleich nihder wie ein Huhn;
daß sie nechst lag in den Wochen /
kam nicht blohß vom Klöhße-Kochen.
Wars der Kaspar / wars der Melcher?
Ach / sie weiß es nicht mehr / welcher!
Sälbst Hannß Tapps schihßt nicht vorbey –
ja / so kombt man ins Geschrey.

Ambrette wüntscht sich waß.
Ein Kleid auß Spihgel-Glaß.
Mit allem / waß ein Mägdgen zihrt /
ist sie fürtrefflig auß staffirt.
Amor schoß ihr eine runde /
ach / so reitzend kleine Wunde;
Stechwurtz und Fünff-Finger-Kraut
stehen darfor auff gebaut.
Der Himmel wird es schon so fügen /
daß wir uns beyde noch vergnügen!
Mit ihr an einem Dischgen /
daß wer so rächt mein Gout /
ein sälbst gebakknes Fischgen
reicht sie mir kikkernd zu.
Mit einem Reveräntzgen
schihb ichs ihr zahrt zurükk:
for dich / mein Kind / das Schwäntzgen /
for mich das Mittel-Stükk!

Panompfe ist mir zu sever /
sie stellt sich würklich rächt contrair /
ein ohnvernünfftger Stein
kan nicht härter seyn.
Greifft man ihr in ihre Sachen /
ümb sich mahl belihbt zu machen /
gleich so ziht das Mäntsch nicht faul
ein wohl-gerümpfftes Maul /
auß dem es manchmahl / wie mir däucht /
empfündlich nach der Küche räucht.
Ich bün bey keinem Drachen
for Complementgens machen /
drümb so sag ich unverfroren:
dihse laß ich ohngeschohren!
Süssre Lippen gihbts alß deine /
ründre Arme / ründre Beine /
Jungffern sind ein gantzes Heer /
Jungffern sind wie Sand am Meer!

Lihbstes Lisimindgen / heunte
bistu bey-nah schon die Neunte /
die mir heymlig wohl-geneigt
ihre Lilgen-Brüste zeigt.
Wie sie dantzen! Wie sie hipffen!
Wenn sie ihrem Flohr entschlipffen!
Kaum so fühlstu dich bekränckt /
wenn man sie zusammen-mänckt!
Rosillgen nimbt mich offt bey Seit /
Rosillgen ist polit /
Rosillgen ist for Höffligkeit /
zurmahl / wenns nihmand siht.
Zurweilen macht mich fast zu Stein
die Schönheit ihrer Waden /
sorbald sie mit dem lincken Bein
ihr rächtes Knie beladen!
Darff ich / darmit andre prassen /
solches ohnbegriffen lassen?
Mein / waß wer ich for ein Wicht /
for solch Systema bün ich nicht!
Falls mir Chloe dihß vergunt /
küß ich ihr nicht blohß den Mund /
auch die Biehtzgens / die mich laben /
wollen solch Erqwicksel haben.
Sälbst das Schönste / waß sie zihrt /
fühlt sich nicht dardurch aigrirt;
gleich so däkk es wihder zu /
daß ich nichts Galantes dhu!
Die reitzende Salinde
bleibt offt allein zu Hauß;
darmit ich nicht erblinde /
lescht sie das Lämpgen auß.
Insgeheim / insgeheim
schläkken wir dan Honig-Seim!
Florillgen zehlt zum Venus-Orden /
for so ein Mäntsch lihß ich mich morden.
Daß macht / es ist mir einverleibt
die Leber / die zum Lihben dreibt!

Berillgen lihbt noch erst im Traum /
sie ist von fünffzehn Jahren kaum /
mit Dütgens voll Rosinen
läßt sie sich noch bedihnen.
Ihre Psyche-Brüstgens bochen /
Rohsen-Knospen ohnerbrochen /
doch scheint sie mir die letzte Zeit
schon voll erwüntschter Lihblichkeit.
Offt so sieht sie manchen Mann
bey-nah schon zu zährtlich an.
Ihr noch fast zu kleiner Mund
spizzt sich gleichsahm kußlich /
alles ist an ihr lengst rund /
alles schon genußlich!
Sie sagt nicht ja / sie sagt nicht nein /
sie lacht sich blohß ins Fäustgen dreyn!

Amor / kleiner Pfiffikus /
die bey dir nicht will / die muß /
sälbst die durchauß Spröde;
ligt sie noch so dikk ümbflaumt /
kaum daß heymlig ihr waß traumt /
dhut sie nicht mehr blöde!
Hält sie gleich ihr Händgen
fürs gelobte Ländgen /
dräut sie dreist zu schreyn –
schon in zwo Minuten /
ohne dich zu sputen /
wirstu Sieger seyn!
Keine Jungffer ist auß Stein /
alle sind auß Fleisch und Bein /
du bräuchst nur / willstu sie gewinnen /
auff nichts alß ihr Vergnügen sinnen!

Drusillgen kükkt mich lachend an:
Na / süsser Schazz / wie ist daß dan?
Entpöhrt so dreh ich ihr den Rükken.
For dihses bißgen Jugend-Krafft
ist sie mir vihl zu mangelhafft /
ümb mich nach ihr zu bükken.
Zum Lihben dhustu mir zu leid /
Nigrette / altes Rumpel-Scheidt!
Du räuchst nicht nach Jeßminen
auß deinen Mund-Rubinen.
Zwey schauckelnde Moräste
sind lengst an dir das Bäste;
den Rokk befalbelt und bepaspelt /
büst du mir vihl zu abgehaspelt!
Bald so däkkt dich kühl der Sand /
ach / mir wird gantz bleumourant /
bald so ligstu vixus paxus
unterm Taxus!
Vier Bretter und sechs Brettgen
sind dan dein letztes Bettgen /
denn dihses eine bleibt gewiß:
zu Staub sanck sälbst Persepolis!
Laß uns für allen Stükken
drümb auß einander rükken /
denn ach / nicht ümmer hat man lihb /
waß Naso mit Corinnen drihb!

Lohrchen legt sich keusch zu Bett /
plätter alß ein Nudel-Brett.
Wems für der nicht grähst und graut /
stäkkt nicht in der bästen Haut.
Mindestens for dreyzehn Groschen
kläbt sie ihr Gesicht voll Moschen;
statt Schänckel hat sie ein paar Staaken /
ihr Näsgen ist ein Feuer-Haaken.
Ihr Bukkel krümmt sich schon vor Gicht /
sie wattscht wie eine Ente;
sie leidets nicht / sie leidets nicht /
es sey denn ein Studente!
Erst nechst besuchte sie gantz spat
Crumpificus / der Advokat;
ihr Himmel-blaues Mündgen
wihgt mindestens drey Pfündgen.
Fünff Bazzen bot for ihren Kuß
ümbsonst Herr Quindecimpilus;
an seinem Kopff zerbrach schon vihl /
zwo Schüsseln und ein Bähsem-Stihl –
Flattaris / du loser Sakk /
lach dich nicht zu Schnupff-Thobakk!

Doris / kleiner Hertzens-Dihb /
hastu mich auch würcklich lihb?
Würcklich? Gantz wahrhafftig?
Und sie küßt mich / daß es knallt
durch den dikken Dannen-Wald /
Himmel / war der safftig!
Deine auffgeblehten Brüste /
die ich dausendmahl beküsste /
denen hundret Hirten
Lihbes-Lider girrten /
deine Brüste sind mein Preiß /
Venus sälbst ist nicht so weiß!
Heute / heute strehlt ihr Sohn
dir noch deine Hahre /
morgen / morgen ligstu schon
auff der Thoden-Bahre!
In das schwartze Grab
mußtu dan hinab!
Wenn dich erst die Würmer frässen /
wird dich keiner an sich prässen;
lihbe mich drümb gantz und gar
mit Haut und Hahr!

Itzt so ist die schönste Zeit /
kükk / wis auff uns Blühten schneyt!
Sie leuchten durch das Graß
so zahrt / so Silber-blaß /
ein Bächlein mit Gerisel
springt über bundte Kisel.
Blüzz-blinckernd auß Demant /
so kömbt es her gerannt /
die kleinen Feldheuschrekken
begihrig auß ihm lekken.
Das Qwellgen klikkt und klukkert /
dein Hertzgen tikkt und tukkert /
gantz weck reichstu mir hin
dein Schnäbelgin.
Nein / waß hastu doch blohß / Schlünglein /
for ein süsses Zukker-Zünglein!
Venus sälbst hat es verwichen
mit Amber und Zibeth bestrichen!
Nichts läßt sich so tieff verstäkken /
Amor weiß es auff zudäkken.
Schon so zihlt er / hoch zu Roß /
mitten auff dein Muschl-Schloß!
Die schlaue Cypris lacht:
"Baß auff / gihb Acht!
Sie wird noch gantz mit ihrem Rükken
den kleinen Ehrenpreiß zertrükken!" –

Itzt so kränckt mich nicht mehr vihl /
Zoilus / dein Stichel-Kihl!
Febus peittscht auff seine Gäule /
Midas sälber fliht entsezzt /
wenn dein grohbes Dorff-Geheule
sein behahrtes Ohr verlezzt.
Weiser bün ich alß Aesop /
der schon lengst zu Staub zerstob /
herrlicher alß Democrit /
der itzt nichts mehr hört und siht /
göldner saß auff seinem Thron
kaum der König Salomon!
Blüht es / ist das kleinste Gras
klüger wie Pythagoras!
Noch so bün ich frohen Sinns /
Weiber / Wein und Würffelgins!
Noch so melck ich stripp strapp strull
meine Muse wie Tibull!
Mars verlih mir seine Flinte /
Clio ihre aedle Dinte /
Pallas sälber plinckt mir zu:
Dafnis / andrer Febus du!
Sans flatterie / im spanischen Habit
sing ich verlihbter alß Ovid:
Ich bün ein Jungffern-Jäger /
ich bün ein Venus-Sohn /
Volcan / der Hörner-Träger /
kännt mich seit langem schon!
Drümb / bin ich einst gestorben /
so greifft in die Theorben
und würgt auff meinem Grab
drey-hundret Ocksen ab!
Ein Bau auß ädelsten Porfiren
soll mich dan Zirckel-rund bezihren /
drauff schreibt mit Gold-Schrifft und Bedacht:
Cupido hat ihn ümb gebracht!


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