Arno Holz
Dafnis
Arno Holz

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Er singt ihnen / während
deme sie drincken / in die Lau-
te / wordrauff sie ihm ümmer /
zum Clavicembalo / vergnügt
antworten.

Qwodlibet.

       

Dafnis:        

Ueberlege ich den Bau
dihser Welt mir gantz genau /
füllts wie frölig mir den Sinn /
daß ich noch kein Seraf bin.
Denn dan hätt ich tummes Hänßgen
Flittgens wie ein Pauren-Gänßgen /
darzu nichts wie Gloria schreyn –
Tebel / muß daß schrökklich seyn!

Die Pursche:        

Sihstu woll / sihstu woll /
mach nicht so vihl Boltriboll!
Gleich so ist man gantz verrazzt /
wenn man mahl erst ab-gekrazzt!

Dafnis:        

Dihses kan ich von mir sagen
mit dem größten Hertz-Behagen:
itzt so sizz ich durchauß da /
völler alß Gargantua!
Austern / Schild-Krot / Schnekken / Fische
miß ich ungern auff dem Dische /
Hirse-Brey und Arme Ritter
laß ich for die Hochzeits-Bitter.
Donkischot und Petersquentz
machen für mir Reverentz;
Nectar ist mir zu gemein /
es muß Bacharacher seyn!
Gern so gönn ich dir / Hannß Qwast /
deinen dikken Lorrbör-Ast /
wan ich dan durch Mund und Nase
angenehmsten Rauch verblase!

Die Pursche:        

Gott segne dich / Herr Bruder /
waß bistu for ein Luder!
Ümb deinen complaisanten Thon
beneidet dich sälbst Corydon!

Dafnis:        

Nie noch sah mich die Gedult
über ihrem Bücher-Pult;
auß Qwartanten / dikk verstäubt /
hab ich mir nichts rauß gekläubt!
Mit dihsem Krantz / der mich bezihrt /
hat Febus sälbst mich coronirt;
nichts nizzt for ein Teutsch Geticht
Pallas / die blohß Griechisch spricht!

Die Pursche:        

Pärlen fässt man blohß in Gold /
drümb so sind wir Dafnis hold!
Sein hippocrenisches Gesprudel
ist nicht blohß leeres Verß-Getudel!

Dafnis:        

Des Himmels franck / der Hölle lohß /
Trutz dir / du hämisches Gelichter!
Mein Hieber blizzt zu Stich und Stoß /
die Pesth auff alle Splitter-Richter!
Nur auff mich sälbst bün ich gestellt /
was kümmert mich die Affter-Welt?

Die Pursche:        

Jeder seiner Drillergin
nimbt uns fast uns sälbst darhin!
Gleich ist unser Hertz entführt /
kaum daß er die Säyten rührt!

Dafnis:        

Scheint mir heute alles schaurig /
sticht mich morgen mehr kein Floh;
unterweilen bün ich draurig /
unterweilen bün ich froh.
Zu Dorillgen ab und zu
muß ich mich schon dappen /
denn man kan doch ümmerzu
nicht blohß Weißheit schnappen!
Ümb ihr halb entblösstes Knie
lihß ich mich begraben;
for die Metaphysici
bün ich nicht zu haben!

Die Pursche:        

Sälbst die uns entfernte Griechen
müssen sich für ihm verkriechen!
Darzu gibt ihm frölig Krafft
Bachus und seyn Laster-Safft!

Dafnis:        

Stähts blohß sauer blikken macht
außgenommne Hirne!
Wahre Weißheit dantzt und lacht
bey entwölckter Stirne!
Wahre Weißheit ist ein Seim /
süsser noch alß Honig-Schleim!
Ich drinck sie / statt auß Platons Buch /
auß meiner liebsten linckem Schuch!

Die Pursche:        

Lasst euch alle durch sein Leben
ein verehrtes Beyspihl geben /
der mit seinem Dugend-Bracht
sälbst die Sterne schahm-roht macht!

Dafnis:        

Pereat der tumme Plato /
der / fast saurer noch alß Cato /
uns Cytherens Lust verwieß!
Brüder / sie allein verkehrte
dihse Welt / die schon verheerte /
wihder in ein Baradihß!
Nichts erfreut so meinen Mund /
wie ein sanfftes Duppel-Rund /
nichts verzükkt mir so die Finger /
wie die zahrte Silber-Dinger!
Das sind von allen Sachen
die schönsten auß der Welt /
darmitte kan man machen
durchauß waß blohß gefällt!
Schöss man doch mit solchen Ballen /
wo die Feld-Karthaunen knallen!
Gleich so bün und Kriegs-gesinnt /
wo die Kugeln Küsse sind!

Die Pursche:        

Als Pursche sind wir durchauß ehrlich /
die Mäntscher sind uns nicht entpehrlich!
Ein guhtes Bier / ein guhtes Buch
und Fillis ohne Busen-Tuch!

Dafnis:        

Gläubt mich eine rächt gefangen /
bün ich ihr auch schon entgangen;
nur zum Schein bün ich verlihbt /
biß ich ihr was abgedihbt.
Jupiter samt seinem Plizze
hat nicht halb so vihle Hizze /
drümb so sag ich rächt mit Fug:
Eine ist mir nicht genug!
Unterm Pusch und hindterm Zaun /
heute schwartz und morgen braun /
eh ein Jüngffrichin sichs dänckt /
ligts auch schon ins Graß geschwänckt!
Niemahls künt ich es versprechen /
dihses Volcks mich zu entbrechen /
for seine Honig-süsse Menge
sind meine Blättgens vihl zu enge!

Die Pursche:        

Pflükkt die Stunde / eh ihr sterbt /
weil euch noch die Jugend ferbt!
Titan sälber ligt verprasselt /
sind wir mahl erst abgerasselt!

Dafnis:        

Venus / du süsse Frau /
dein schlancker Marmol-Bau /
der nichts wie Zokker schwizzt /
hat mich dir gantz erhizzt!
Gärsten-Mehl und Eyer-klahr
mänckstu dir ins Purpur-Hahr /
deine mehr alß zarte Haut
gläntzt mit Rohsen unterbaut!
Will man dich mal baden sehn /
bräucht man blohß dorfatim gehn!

Die Pursche:        

Die Mäntscher auff dem Dorff
zihrt nichts alß Grind und Schorff /
weil waß in den Küh-Stall kräucht /
nur nach Mist und andrem räucht!

Dafnis:        

Dorindgen war so höchst verwegen
für Mittags sich ins Stroh zu legen.
Dafnander hielt das gantz verbohten
und schlich zu ihr auff Kater-Pohten.
Vorerst versuchte sie zu beissen:
Botz Schlapperment / waß soll das heissen?
Doch dan so hat sie ihm vergönnt /
waß ihr euch bey-nah däncken könnt!

Die Pursche:        

Charlottgen dhat nechst purschikos /
na / wirds dan endlich / Kerrel / lohß!
Schon manchen lihß sie bey sich ligen /
man bräucht ja nicht gleich Kinder krigen!

Dafnis:        

Cypripor / du kleiner Schlingel /
eben warstu noch ein Kringel;
kaum daß Chloe zu dir spricht /
bistu gleich ein Kirchen-Licht!
Nächtens erst um halber Vier
zogst du durch den Schwartz-Wald ihr /
fast beschehmbt so deine Krafft
sälbst Sankt Jörgens Lantzen-Schafft!

Die Pursche:        

Itzt melodiren wir die Weise:
wers hört / der zahlt drey Fleder-Läuse!
Dorindgen / fleuch in grosser Eil /
uns förcht sonst for dein Mutter-Teil!

Dafnis:        

Kaum daß Susilis empfand
meine Schertz-gewohnte Hand /
die ein Veilgen blaues Band /
nah am Knie / ihr löste /
gleich so stieß ein gantzes Stükk
ihre Hand mich jäh zurükk /
alß ihr Busen / mir zum Glükk /
gleichfalls sich entblöhßte!

Die Pursche:        

Wein und Bier sind da zum Drincken /
und zum Essen sind die Schincken!
Rund und voll sey ihre Brust /
wir sind nicht for Knochen-Lust!

Dafnis:        

Basilette stinckt nach Buder /
gleich so ist man ihr zu kühn /
nein / ümb so ein tummes Luder
würd ich mich nicht erst bemühn.
Fang dir Mukken / fang dir Mukken /
fang dir Mukken / süsses Kind /
hindterm Rukken / hindterm Rukken /
hindterm Rukken bistu blind!

Die Pursche:        

Himmlisch lächelnde Cythere /
dihse zwikke schlau und scharff!
Waß nizzt uns eine Dabbati ère /
wenn man auß ihr nicht schnupffen darff?

Dafnis:        

Grittgen greinte / nein / ich dhus
nicht mahl ümb ein Linsen-Muhß!
Six / man muß sie blohß mahl sehn
for die Gänßgens Nudeln drehn!
Susa / Memfis und Korint
überwände dihses Kind;
süsser lächelt / zährter spricht
die verlihbte Sapffo nicht!

Die Pursche:        

Sälbst die göttliche Belise
ist kaum halb so schön wie dihse!
Wollen-weich und Butter-glatt
ist waß sie forn und hindten hat!

Dafnis:        

Göldner alß das Glükks-Land Gosen /
ümb und ümb auß Boesie /
Tau-besprizzte Morgen-Rohsen
sind nicht himmlischer wie sie!
Dafnander ist ein Trommethar!
Allein auff ihre schwartze Wimpern
bey sonst fast blond gelokktem Hahr
künnt ich drey duzzend Lidgens klimpern!
Leider hält ihr Händgen fäst
waß sich mit nichts vorgleichen läßt!

Die Pursche:        

Auß Furcht vor die bekandte Wochen
hat schon Lukrezie sich erstochen!
Amanden ging es dorch und dorch /
sie gläubt noch an den Klapper-Storch!

Dafnis:        

Ein muntres Kind ist auch Marie /
ich meine nur / von wägen!
Mit voller Brust und rundem Knie
dratt sie mir offt entgägen;
doch weil das Luder ümmer schrie /
kunt ich sie noch nicht lägen!

Die Pursche:        

Nie noch hat uns waß versagt
unsres Pfund-Wirths dikke Magd –
neinnein / man wagt es nicht zu nennen /
Rosildgen lihbt das Ringel-Rennen!

Dafnis:        

Barbaris misst sihben Ellen /
nirgends basst ihr keine Banck;
kan man sich da zährtlig stellen?
Nein / sie ist for mir zu lang!
Sälbst der Regenspurger Strudel
reicht ihr kaum biß übers Knie /
dudel / didel / didel / dudel /
dudel / didel / di!

Die Pursche:        

Krispingen ist darfor zu kortz /
daß macht / es fehlt ihr die Proportz;
drümb flieht sälbst der kleinste Floh
ihr bedrühbtes Wittwen-Stroh!

Dafnis:        

Clelie ist schon nicht mehr jung /
doch for ihren alten Strunck
scheint sie mir fast schade;
ihre Bäkkgens sehn nicht blaß
und ihr duppelter Parnass
hebt sich noch gantz grade.
Blohß mir scheint / sie stäkkt voll List
fast noch mehr alß ein Chimist.
Ich gläub / sie hat waß hindtrem Ohr /
für solche Thiergens sih dich vor!
Die mich so zährtlig küsste /
alß wärs ümb sie geschehn /
letzt hab ich ihre Brüste
in Megalanders Hand gesehn!

Die Pursche:        

Lüderlich / lüderlich /
lüderlich sind alle Weiber!
Nechst als Stax zu Chloen schlich /
küssten sie drei Ocksen-Dreiber!

Dafnis:        

Mein Gott / da bocht ja der Bapa!
Klorinde bebt für Schrekken.
Man muß sich / waß schon offt geschah /
im Kleider-Schranck verstekken.
Man weiß / er macht nicht erst Fikk-Fakk /
sein Hündgen hört man krazzen
und zählt noch schnell in seinem Sakk
die Dodten-Gräber-Bazzen!

Die Pursche:        

Sälbst Rohsen hören auff zu räuchen /
wenn fremde Kefer sie bekräuchen;
bey Stambols halbem Mohnd –
wir sind daß nicht gewohnt!

Dafnis:        

Margaris hat drey Amanten /
drey ist keine grade Zahl /
drümb for solche Leib-Drabanten
wär ein vierter kein Skandal.
Keine küsst so fäst wie sie /
Grübgens zihren ihre Knie /
über ihre hindre Sachen
siht man gleich-falls solche lachen.
Nein / ich hätte nichts dargägen /
ab und zu halt ichs for Pflicht /
daß mahl ohnversehns mein Dägen
einem durch die Därmer sticht!

Die Pursche:        

Dafnis / Dafnis / du Filou!
Drinckt ihm einen Rund-Drunck zu!
Seine angebohrne Gaben
lässt er auch noch Andre laben!

Dafnis:        

Sic vivamus / ihr und ich /
Brüder / wir sind lüderlich!
Ich würd sonst würcklich nicht so lärmen
auff den gedrehten Zihgen-Därmen!
Dihß Bresend von meinen Musen
hab ich nie noch nicht entweiht:
ächtzt ich wo an einem Busen /
ächtzt ich nie auß Draurigkeit!

Die Pursche:        

Serenaten for Kastraten
sind ihm ümmer noch mißrahten!
Noch in Charons schwartzem Kahn
pfeifft er nach dem Venus-Schwahn!

Dafnis:        

Zerschlizzte Sylvia /
mein Gott / waß hastu da?
Daß hat dich manche Nacht
wohl schon vergnügt gemacht?
Hüll nicht in Boy und Flohr
dihß süsse Rohsen-Dhor!
Dort lacht for jeden Mann
das schönste Canaan!

Die Pursche:        

Schon manche worff sich ihm ins Graß
auß lautter Hage-Steltzen Haß!
Schon manche lihß von ihm verstohlen
sich ihre Tudel-Sakk besohlen!

Dafnis:        

Bün ich gleich auch nie zu faul /
knakkt fast stäts die Diele:
for dihß eine eintzge Maul
gihbt es fast zu vihle!
Befeuchtet die gelährte Lunge
und singt / seys sälbst bey schwerer Zunge:
Alle / ob das Hertz auch bricht /
alle lihben kan man nicht!

Die Pursche:        

Ists nicht Fillis / ists Klorinde /
danckbar sind wir jedem Kinde /
wenn ihr kleines Feigen-Blatt
blohß mit uns Erbarmniß hat!

Dafnis:        

Alle Augen! Alle Guscheln!
Alle nichts alß Purpur-Muscheln!
Alle rund-gewölbte Hüfften /
die Jeßmin und Rohsen düfften!
Früher oder später
werden wir mahl Väter!
Pakkt die Krüge ümb die Henckel:
Auff das Wohl-seyn unsrer Enckel!

Die Pursche:        

Auff das Wohl-seyn aller Waden /
die mit Milch und Schnee beladen!
Vihl zu schön sind solche Engel
for die tumme Kauffmanns-Bengel!

Dafnis:        

Einst / ich weiß / daß dihß geschicht /
rafft mich Clotho auß dem Licht;
einst / so ist es mir bekant /
däkkt mich mahl der schwartze Sand;
einst so lig ich hin-gesträkkt /
biß mich die Posaune wäkkt!
Keiner Brüste Kugel-Rund
wird mich dan mehr laben /
Cerberus / der Hellen-Hund /
beisst mich in die Waben!
Dan erst wird so rächt mir klahr /
waß ich for ein Scheu-Saal war!

Die Pursche:        

Itzt so lebstu höchst vergnügt;
drinckt / weil sich noch alles fügt!
Alle Scheiben splittern eyn /
wenn wir Licht weck / Licht weck schreyn!

Dafnis:        

In hundret Jahren sind wir taub.
Waß blihb von uns dan? Nicht mahl Staub!
Saufft und singt in die Diorben:
Sälbst die Götter sind gestorben!

Die Pursche:        

Biß Aurora wihder lacht /
sizzen wir die gantze Nacht!
Nichts reisst unsern Fürsazz eyn /
lasst uns drümb ein Drinck-Lied schreyn!

Alle:        

Bachus / wer sich dir verpflicht . . . . .

Und so fort. Biß an den Morgen.        

CUM GESTIBUS!        


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