Arno Holz
Dafnis
Arno Holz

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Er ligt alt und kranck und
kombt sich für geschlagner
denn Hiob!

Ode Jambica.

         

Nun bün und fast schon siebtzig Jahr /
das Leben hat mich wie zerschmissen;
bald weiß kein Mäntsch mehr / wer ich war /
kaum drohstet nachts mich noch mein Kissen.
Der Welt ihr Seiffen-Ball zersprang /
mein Lauten-Spihl ward Harffen-Klang!

Ich bün auß Staub und muß vergehn /
kein Bisam-Büxgen wird mir nizzen.
Was soll mir Rom noch und Athen?
Von Fern her sah ich Salem blizzen!
Nur Eins wird noch von mir gepreisst:
Die große Kunst / die Stärben heisst!

Mein Leib / dihß für so fäste Hauß /
ligt spakk darnihder / fast zerbrochen /
die Ahdern trukkneten ihm auß /
ich hänge kaum noch in den Knochen.
Mich krümmt der Grieß / mich narbt die Gicht /
erbärmlich bün ich zugericht!

Allnächtlich dappt er sich schon für /
der alte außgefeimte Rakker.
Bald knaxt die Diehle / bald die Dhür /
der Wind heult hohl vom Stoppel-Akker.
Itzt bocht es an und will herein –
mir grähst ins innerste Gebein!

Was würde strakks mir mit geschehn /
wan meine Augen itzt verrönnen?
Der allerweiseste Galen
hat nichts darvon verrathen können.
Da hülfft kein Jammer / kein Geschrey /
mein Hertz ist gantz davon entzwey.

Eins ist mir sicher und gewiß:
acht Bretter werden mich ümbhägen /
Egyptens schwartze Fünsterniß
wird wie auß Sonne seyn dargägen!
Mein Fleisch / das lüderlich geprasst /
fäult dan alß Wurm- und Schlangen-Mast!

Zwar das geehrte Testament
verheisst uns dröhstlich die Posaune;
uns wekkt / wenn alles sich gewendt /
die gleichsahm himmlische Karthaune.
Sey sein Gebein auch lengst zerstäubt /
der wird erhöht / wer dran gegläubt!

Doch sälbst gesezzt / daß dihß geschicht /
ich war ein arger Satans-Brahten /
vihlleicht so hält sich das Gericht
an meine nichts wie Frefel-Dhaten.
Die Zunge kläbt mir und verdorrt /
dan schlukkt mich ein der Schwefel-Port!

Ein Rabe draussen krokkt crass crass /
wer weiß / ob ich ihn rächt verstehe?
Ob ich dihß volle Stunden-Glaß
noch ein-mahl abgeloffen sehe?
Ob sich das blancke Morgen-Licht
noch ein-mahl ümb mein Lager flicht!

O Herr / wie drükkt auff mir Dein Joch!
Nein / nein / ich will nicht läppisch flennen!
Nur ein-mahl / ein-mahl / ein-mahl noch
laß mir Dein lihbes Früh-Roht brennen!
Der Himmel schnarcht / die Hölle wacht /
verlisch mir nicht / du Glaubens-Dacht!


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