Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Hans Geßner hielt Wort.

Zwei Tage vor dem ersten Quartettabend kroch er ins Bett und behauptete, sterbenskrank zu sein. Mit mürrischer Scheu verbarg er seine Guttat und knurrte, als wäre er längst ein verdrießlicher Ofenhocker. War er allein, seufzte er wohl und hieb mit den Fäusten um sich. Kam aber Karl Maria ans Bett, lag er still und tat, als ob er fieberte.

»Gib mir meine Geige!«

Er hielt sie in der Hand und fingerte auf und nieder: »Nimm sie weg!«

Plötzlich fragte er: »Hättest du den Mut?«

»Ich soll geigen?«

In aller Überraschung ein versteckter Jubel.

»Hast du etwa Angst?«

Und war eine Bitte: Sage doch ja!

»Nein!« sagte Karl Maria Tredenius. Herb lag der Mund, schier alt, und fand keinen Dank. Zuviel Licht kam auf einmal.

Hans Geßner lächelte. Unheimlich gesund und gütig sah er drein, wie ein Großvater, der seinen Enkel in die Welt schickt.

»Mir ist nicht bange um dich.«

Da riß sich Karl Maria aus dem Rausch: »Aber die drei anderen?«

»Schweige und sammle dich!«

Das war Geßners Rat, und Karl Maria hielt sich daran. So erfuhren die Leute vom »Blauen Herrgott« nichts, nur Gundl bekam eine Karte für das Konzert.

Es galt die letzte Probe.

Hans Geßner lag in den Kissen, den Kopf aufgestützt, und horchte.

Dann sagte er leise zu seinen drei Genossen: »Versucht es nur mit ihm!«

Die drei alten Herren blickten nachdenklich in das Flackern der Kerzen und schüttelten mißtrauisch die grauen Köpfe, wie es stets geschieht, wenn etwas Junges heiß und keck in den Kreis des Alten tritt.

Karl Maria hob die Geige.

Hans Geßner schloß die Augen und horchte.

Die Geigen schwirrten.

Der junge König trug die alte Krone und trug sie, als gehörte sie zu ihm.

 


 << zurück weiter >>