Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

So geriet Karl Maria Tredenius unter die fahrenden Leute, die dem Tag ihr bißchen Glück abgewannen und nicht weiter sorgten. Andreas Katzenkopf hielt ihn wie seinen Sohn, voll Seligkeit über die wiedererrungene Freiheit, die für seine alten Musikantenknochen wie ein laues Bad war. Zwei verbummelte Wiener Komiker, eine Provinzschauspielerin, ein schönes, wildes Mädel, das Herz und Jugend verschwendete, ein Nigger, der unanständig tanzte und amerikanische Kneiplieder brüllte, bildeten die Truppe, die auszog, mit ihrer neuen Kleinkunst zu siegen. In Frankreich stieß noch eine Amerikanerin dazu, die in Leipzig Musik studiert und dann irgendwie Schiffbruch erlitten halte. Sie vertrat die ernste Kunst und die deutsche Lyrik. Von ihr stammte auch der ganze Einfall, der ihr in Paris zugeflogen war. Katzenkopf besorgte das Klavier, und Karl Maria führte die Guarneri der Trix.

Von Frankfurt sandte der Ausreißer das erste Geld heim und zugleich einen langen Brief an die Mutter. Darin war ein Jauchzen und ein Schimmer der Freude, die ihn auf ihren Flügeln himmelwärts trug. An Meister Johann Sebastian schickte er eine seltene Miniatur von Friedemann Bach, die ein Herr dem Karl Maria geschenkt, als dieser ihm allein alte Italiener vorgegeigt hatte.

Darauf erhielt er liebe Worte von der Mutter und nachstehenden Brief des gestrengen Onkels: »Entarteter Neffe! Du hast den Staub des ›Blauen Herrgott‹ von deinen Schuhen geschüttelt und bist mit dem alten Narren davon gerannt. Ich hätte dir die Polizei aufs Genick setzen können, aber ich mag nicht, weil ich selbst der Esel war, dich dem Katzenkopf in die Mausefalle zu schieben. Jeder ist mit seinem Gott allein. Und so wandere auch du in seinem Schatten, nur verbummle dich nicht. Deine Mutter hat geweint, als dein Geld kam. Ich aber habe gelacht. Hast doch einen Tropfen vom Blute der Williguth. Und für das Bildchen muß ich dir sogar, widerwillig genug, danken. Mache es dem Schurken nicht nach, der seines Vaters Erbe vergeudete. Friedemann hatte den göttlichen Funken, aber er ließ ihn in den Wein fallen, den er allzugern trank. Giacomo, der zweite Narr aus meinem Blut, ist in Paris und verdient Geld wie Heu, derweil er andern die Knochen bricht. Halte die Musik heilig und bleibe gesund! Dein tieferzürnter Oheim Johann Sebastian Williguth.«

Darunter standen einige freundliche Zeilen von der Kundry. Als Katzenkopf das Schreiben las, meinte er bedächtig: »Er neidet uns das Glück.«

Und Karl Maria glaubte ihm und rannte einen wilden Weg mit wilden Gesellen.

 


 << zurück weiter >>