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Diesmal hockte Gideon Italiener noch länger als sonst vor seinem Kaffee. Scheltend fuhr Frau Charlotte durchs Zimmer: »Du bist ein unverbesserlicher Nachtschwärmer.«

So grollte sie und warf grimmige Blicke auf den versonnenen Gideon, der die ganze Nacht, wie leider allzuoft, in einem Kaffeehause vor dem Schachbrett verbracht hatte. Sie stemmte die Arme in die Hüften: »Sag' mir, Gideon, schläfst du?«

»Ich halte Zwiesprach mit dem Schicksal,« murmelte dumpf der würdige Schlemihl, goß aus Versehen Wasser in den Kaffee und streifte die Zigarrenasche fein säuberlich in das blaue Töpfchen mit dem Gänseschmalz.

Die Kinder eilten zur Schule oder zur Arbeit. Selbst der bequeme Jacques machte sich unwillig auf den Weg. Die Miriam ließ sich Zeit, wanderte singend durchs Haus und warf ihren Schulranzen klatschend gegen die Wände, fing ihn geschickt wieder auf und begann das Spiel von neuem. Sie wollte allzugern wissen, was mit dem Vater los war.

Der Kaffee ward kalt, Frau Charlotte heiß vor Zorn: »Geh mir aus den Augen, Gideon, und schlaf' dich aus. Ich hab' Ärger genug im Geschäft.«

»Bleib da, mein Gold, bleib! Ich hab' zu reden mit dir.«

»Daß mir der Isaak alles zu billig verkauft,« eiferte die arbeitsame Frau.

Doch Gideon strich den braunen Bart: »Das hat alles Zeit, alles hat Zeit.«

Er seufzte.

Da dachte Frau Charlotte, ihr Gatte habe im Kartenspiel viel Geld verloren, kreuzte die Arme und räusperte gar bedenklich.

»Ist eine Menschenseele, Charlotte, nicht tausendmal mehr wert als unser Altkram?« begann der wackere Gideon.

»Hast du Karten gespielt mit dem Meierstein?« forschte Mutter Charlotte mißtrauisch.

Gideon wurde rot. »Ein Königsgambit ist kein Kartenspiel.«

Und plötzlich brach er los: »Der Tredenius hat sein Kind – – –.«

Er fand nicht gleich das rechte Wort. So schlug er mit der Faust auf den Tisch und jagte die neugierige Miriam hinaus.

 


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