Ferdinand Gregorovius
Wanderjahre in Italien
Ferdinand Gregorovius

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Diodor hat uns den Tempel beschrieben, wie er ihn sah. «Es beweisen», so sagt er, «die heiligen Tempel und besonders der Tempel des Zeus die Pracht der Stadt zu jener Zeit. Die andern Tempel sind verbrannt oder zerstört, weil die Stadt oftmals erobert wurde. Das Olympion blieb dachlos, da ein Krieg dazwischenkam. Nach der Zerstörung der Stadt aber kamen die Agrigentiner nie mehr dazu, den Tempel zu vollenden. Er ist lang 340 Fuß, breit 60 (soll nach Winckelmann richtig heißen 160 Fuß), hoch 120 Fuß ohne die Untermauer. Er ist der größte von Sizilien, und in Rücksicht auf den starken Unterbau kann man ihn auch den auswärtigen dreist gleichstellen. Denn obgleich das Gebäude nicht vollendet ward, ist doch sein Plan deutlich. Indem sonst das Tempelhaus nur von Wänden allein oder das Heiligtum rings von Säulen umgeben ist, hat dieser Tempel beide Unterstützungen. Es sind nämlich in die Wände Säulen eingesetzt, von außen rund, im Innern des Tempels viereckig. Der äußere Teil der Säulen, deren Kehlen so weit sind, daß sich ein Mann hineinstellen kann, hat einen Umfang von 20 Fuß, der innere einen von 12 Fuß. In den ungewöhnlich großen und hohen Feldern ist ostwärts der Gigantenkampf in sehr großen und schönen Reliefs dargestellt, westwärts aber die Eroberung Trojas, und man findet die Figur eines jeden Helden dem Charakter gemäß.»

Die Trümmer und die Grundfläche des Olympion bestätigen vollkommen die Angaben Diodors. Der Tempel, auf fünf Stufen, also auf einem Piedestal aufgestellt, das seinen Verhältnissen entsprach, war von Osten nach Westen gerichtet, hatte eine Länge von 113,45, eine Breite von 56,30 m. Er war der einzige von der eigentümlichen Gattung Pseudoperipteros, d. h. ihn umfaßten nicht freistehende Säulen, sondern die Mauern selbst, in welche auf den Längen je 14 kannelierte Halbsäulen eingesetzt waren, deren Durchmesser 3,48 bei der enormen Höhe von 16,83 m betrug. Den Halbsäulen von außen entsprachen im Innern viereckige Pilaster. An der Ostseite, wo sonst der Eingang bei Tempeln zu sein pflegte, zählt Serra di Falco die ungleiche Zahl von sieben Halbsäulen, eine ungewöhnliche Anordnung. Seine Ansicht ist diese, daß der Eingang auf der Westseite gewesen sei und der Baumeister auf jener Seite also die ungleiche Säule der Mitte hinweggenommen habe, um die Türe zu gewinnen. Denn da die Breite derselben an dorischen Tempeln gewöhnlich größer gewesen sei als die doppelte Interkolumne, so ging das bei dem Pseudoperipteros nicht an, weshalb sich der Architekt in jener Weise geholfen habe. Den Fries gibt Serra di Falco auf 3,14, das Gesims auf 1,28 m an; die Höhe des Architravs sei nicht mehr zu ermitteln; indem er ihn aber etwa auf 2,62 m berechnet, bestimmt er die ganze Höhe des Tempels auf etwa 35,60 m.

Das Innere war der Länge nach in drei Teile geteilt durch zwei Reihen von Pfeilern, die durch Gemäuer verbunden waren, so daß die Mitte für die Zelle bestimmt war und die Seiten als Peristyl galten. Wo jene Giganten, von denen einige weibliche Figuren mit langem Haar vorstellen, ihre Stelle einnahmen, ob an den Pilastern, ob die Zelle stützend, kann man nicht mehr erkennen. Sie waren 14 an der Zahl. Da nun von den großen Reliefs in den Giebelfeldern nichts mehr übriggeblieben ist als die kümmerlichsten Fragmente, so ist jene eine Karyatide der einzige Skulpturrest des Olympion, von welchem auf die Bildhauerei Siziliens zu jener Zeit nicht geschlossen werden darf, da er eben im Stil der Karyatiden gearbeitet ist. Der Verlust jener Skulpturen ist unendlich zu beklagen; wären sie erhalten worden, so würden sie im Verein mit den Metopen von Selinunt für die Geschichte der Kunst ein großer Gewinn geworden sein. Vielleicht fördert noch ein Zufall einen ihrer Reste zutage.

Man findet heute in dem kleinen Museum des Malers Politi zu Girgenti die Modelle des Olympion nach jenen Angaben des Diodor und der neuesten Altertumsforscher hergestellt; sie geben eine deutliche Vorstellung von dem Bau, dessen Größe durch die ihn umschließenden Wandflächen noch bedeutender wird erschienen sein. Aber eben weil die Säulen nicht freistanden, wird ihm die Kühnheit und Schönheit gefehlt haben, welche das Olympion von Selinunt, wohl der prächtigste aller Tempel Siziliens, auszeichnete denn dessen Säulen standen frei. Wie sehr aber halbe oder auch nur an die Wand anlehnende Säulen in ihrer plastischen Wirkung sich abschwächen, mag man heute an den Säulen der plumpen Fassade des S. Peter sehen, welche den dorischen von Selinus und Agrigent an Umfang noch um ein Geringes überlegen sind.

Die Verhältnisse des Olympions von Selinunt, welches gleichfalls nicht vollendet war, sind nach Serra di Falco diese: Länge 113,24, Breite 50,05 m; Durchmesser der Säulen 3,41 m, und ungeheure Höhe von 18,2 m; 8 Säulen im Prospekt, je 17 auf den Längen. Stellt man sich demnach ein solches Gebäude in fehlloser Vollendung vor, so gibt es kaum einen Bau in der Welt, der jenem gleichkäme. Der Tempel des Zeus zu Olympia war nur 64,12 m lang; der Tempel der Diana zu Ephesus aber 133 m, der des Apollon zu Didyma 103 m lang; der Neptuntempel zu Paestum maß 60 m in der Länge, in der Breite 24,50 m; der große Tempel zu Edfu in Ägypten 95 m in der Länge.

Über das Olympion hinaus liegt weiter westlich der sehr malerische Überrest des Castor- und Polluxtempels; so hat nämlich Fazello diese Trümmer genannt, welche bis auf die neueste Zeit am Boden lagern. Denn die vier herrlichsten Säulen mit ihrem Gebälk haben erst Serra di Falco und Cavallari aus dem Schutt zusammengesucht und glücklich aufgerichtet. Sie sind dorisch, kanneliert und mit weißem Stuck überzogen. Der Tempel hatte 13 Säulen in den Längen, 6 an den Breiten, sie sind 6,45 m hoch und haben im Durchmesser 1,18 m. Da sich jedes einzelne Glied dieses schönen Baus in Fragmenten vorgefunden hat, so konnte man diese so zusammensetzen, daß der Charakter des Ganzen deutlich wurde. Er war polychromisch; man sieht Reste der Malerei noch am Gebälk. Das Gesims ist von überaus graziöser Arbeit; Löwenköpfe sind an den Rinnen angebracht. Serra di Falco hält den Tempel für unbezweifelt griechisch, aber doch für eine römische Restauration.

Das letzte Monument in der südlichen Reihe ist gegen Westen hin der sogenannte Tempel des Vulcan, ein Trümmerhaufen, aus dem noch zwei Säulenstümpfe aufragen, welche römische Kannelierung zeigen.

Geht man nun zum Herkulestempel zurück und durch den Einschnitt der südlichen Stadtmauer, welcher hier ein altes Tor (Porta aurea) nach der Meeresseite zu erkennen läßt, so hat man außerhalb der Mauer und in ihrer unmittelbaren Nähe das Grab des Theron vor sich. Es ist dies ein vierseitiges, aus Kalksteinquadern errichtetes Denkmal von zwei Stockwerken; das untere ungegliedert und durch ein Gesims vom oberen getrennt; dieses verjüngt sich und endet in einer Plattform. Jede Ecke hat eine kannelierte Säule mit ionischem Kapitäl und attischer Basis. Wahrscheinlich ist dies Monument irgendein Kenotaphium aus der römischen Zeit, und es möchten leicht diejenigen recht haben, welche behaupten, es sei das Denkmal eines Pferdes gewesen. Ölbäume, die es heute umstehen, machen es sehr malerisch, und indem der Beschauer von hier aus über sich die steile und rotbraune Felsenmauer mit den emporragenden Tempeln, unter sich aber die sonnige Flur des Akragas und das Meer erblickt, genießt er eines prachtvollen Schauspiels.

Es liegen noch südlicher nach dem Meere zu die Trümmer des Äskulaptempels, wo einst Myrons herrliche Statue des Apollo stand, welche Himilko nach Karthago bringen, Scipio den Agrigentinern wiedererstatten ließ, und die endlich Verres aus dem Heiligtum raubte.

Dies nun sind die Überreste des großen Agrigent auf jener Seite der Stadt und außerhalb der Mauern. Die lange Linie der Tempel, welche sich dort hinzogen, wie sie heute benannt sind, Juno, Concordia, der kolossale Herkulestempel, der noch größere des olympischen Zeus, der des Castor und Pollux und manche andere, die nun entweder zertrümmert oder gänzlich verschwunden sind, müssen den erhabensten Anblick gewährt haben; zumal für den, welcher von Heraklea, das heißt von der Meeresseite zur Stadt heraufkam, erst das üppigste Fruchtgefilde durchzog und dann vor sich über den Mauern die Tempel sah, gleichsam die heiligen Hüter der volkwimmelnden Stadt, die mit dem Gewirr ihrer Gassen und mit ihren sonstigen Prachtbauten weithin die Hügel hinanstieg und im Tempel der Minerva auf dem höchsten östlichen Felsenkamm, auf dem westlichen Gipfel aber mit der Akropolis endigte.

Bis auf wenige Trümmer ist von dieser innern Stadt alles verschwunden. Überall bedecken Weinberge oder Ölgärten den Boden, aus dem immerfort Münzen, Vasen und andere Antiken gezogen werden. Etwa in der Mitte des alten Stadtgebiets steht die Villa der Erben des Ciantro Panitteri, ein einfaches Gebäude in einem ländlichen Garten, welches einige Altertümer bewahrt, besonders ein schönes korinthisches Gesims römischer Zeit. In der Nähe dieser Besitzung zeigt man das sogenannte Oratorium des Phalaris, ein wunderlicher Begriff für diesen Tyrannen. Wie dem Theron, wollten auch ihm die Girgentiner ein Denkmal zuschreiben; aber das kleine Gebäude, ein Oblong von Pilastern mit attischen Basen und dorischen Kapitälern, ist unzweifelhaft römischen Ursprungs; die Mönche von San Niccolò haben es in eine christliche Kapelle verwandelt.

Vom alten Fischteich der Agrigentiner ist keine Spur anzugeben; einen neuen sieht man an jenem Oratorium angelegt. Und so ist dies das einzige Altertum zwischen dem Kamikus und der südlichen Stadtmauer. Denn in der elenden Stadt selbst ist kein dorisches Denkmal mehr vorhanden, außer den sogenannten Resten des Tempels des Jupiter Poleus, auf dessen Fundamenten die Kirche Santa Maria de' Greci gebaut sein soll. Sie liegen unter der Kirche im Boden. Mit Fackeln hinabsteigend, sieht man noch einige Stufen und Stümpfe von dorischen Säulen.

Aber den herrlichsten Schatz bewahrt schon seit langer, doch ungewisser Zeit die Kathedrale, ein ansehnliches Gebäude auf dem Kamikus. Dort dient nämlich zum Taufbecken der berühmte Sarkophag, dessen Reliefs Szenen aus der «Phädra» des Euripides darstellen; wie man annimmt, Kopie eines griechischen Meisterwerks von römischer Künstlerhand. Die römischen Museen sind ausgezeichnet durch schöne Sarkophage, aber in der Regel reizen ihre Reliefs aus nachgriechischer Zeit mehr durch den Inhalt des Vorgestellten als durch die Schönheit der Ausführung. Dagegen wetteifert auf dem Sarkophag von Agrigent der Bildhauer mit dem Dichter, und schwerlich läßt sich die schöne Szene des Trauerspiels, wo die verschmachtende Phädra in Ohnmacht hinsinkt, graziöser darstellen, als es der Künstler in diesem Relief vermochte. Man kennt die Vorliebe der sizilischen Griechen für Euripides; man weiß, daß Verse dieses Dichters hinreichten, die Syrakuser in Entzücken zu versetzen, und daß nach dem Untergang der athenischen Expedition viele gefangene Athener ihrer Deklamation die Befreiung verdankten. Schon hieraus darf man folgern, daß jener Sarkophag ein Werk sizilischer Kunst war. Der Wert der Reliefs auf den Seiten des Kunstwerks ist ungleich, so daß es scheint, die Seele des Künstlers sei nicht überall gleich teilnehmend gewesen. Wie wenige andere stellt dieser Sarkophag die Handlung in entwickelter Folge dar; sie beginnt mit der Jagd Hippolyts, wodurch auch Euripides den Haß der Venus motiviert. Der schöne Jüngling sitzt zu Roß, die Lanze auf den Eber schleudernd, welchen Hunde anfallen. Drei andere Jünglinge beteiligen sich mit Keule, Spieß und Stein. Ein vierter bringt einen Hund heran. Unter dem Laubwerk bemerkt man den Kaktus Siziliens. Es folgt die zweite Szene auf der rechten Kleinseite, Gipfel und Seele des Ganzen, ein Relief von der höchsten Schönheit und Anmut. Da ist Phädra auf den Stuhl gesunken, eine herrliche Gestalt idealen Ausdrucks; die Amme hinter ihr, sie entschleiernd; eine Dienerin hält ihren sinkenden rechten Arm; der linke scheint den bogenspannenden Eros abzuwehren, welcher an ihrem Stuhl herauf seine Geschosse rüstet. Herrlich drückte damit der Künstler die Ursache des Siechtums, das Liebesleid und zugleich den moralischen Kampf in der Seele Phädras aus, dessen Schilderung das Glänzendste ist, was auch dem Euripides gelang, und wo er lyrisch-graziös wird wie Calderon. Junge Mädchen, schöne Gestalten, halten vor der Liebekranken Zithern zum Spiel, und auch dies Motiv ist gar reizend, die Figuren aber sind leicht und zart wie ähnliche auf Fresken von Pompeji. Indem hier kräftige Gegensätze vereinigt sind, die schmachtende Gestalt der Phädra, die ihr zur Folie dienenden Frauen, die alte Amme, die jungen Zitherspielerinnen, wird das Ganze anmutig belebt. Vollends der Zug melancholischer Grazie in der Erscheinung Phädras ist hinreißend. Es ist das herrlichste Gedicht von der Macht des Eros und die Komposition dieses Reliefs dem Schönsten gleichzustellen, was wir aus Pompeji besitzen. Die dritte Szene stellt auf der vordern Langseite Hippolyt dar, die Lanze in der Hand, die Freunde mit Rossen und Hunden zur Seite, sein Haupt in wehmütiger Neigung abgewendet; die Amme offenbart ihm die verbrecherische Liebe der Stiefmutter. Am mindesten vollendet ist der Schluß auf der letzten Kleinseite: Hippolyt liegt am Boden, aus der Biga herabgestürzt; der Wagenlenker sucht die durchgehenden Rosse zu halten, das neptunische Ungeheuer starrt, nur leicht angedeutet, von hinterwärts herein.

Es sind manche Köpfe und Figuren an diesem schönen Werk beschädigt, im ganzen aber ist der Sarkophag wohlerhalten. Zwischen den grellen Fratzenbildern, welche in der Kathedrale umherhängen, die Lazarettmythologie des Christentums versinnlichend, steht dieser antike Sarkophag seltsam, verloren und fremd da, und er feiert den stillen Triumph des griechischen Genius über das Christentum.

Ich schließe mit ihm diese Fragmente von Agrigent. Ich warf verlangende Blicke auf das herrliche Uferland und wäre gern an der südlichen Küste gegen Noto hin weitergeritten, aber mein Ziel war erreicht; ich ritt quer durch die Insel nach Palermo zurück, in zwei Tagesmärschen xenophontischer Natur, von denen der erste durch den drückendsten Sciroccowind ausgezeichnet war, wie ich eines ähnlichen mich nicht erinnere. Hier in der nächsten Nähe Afrikas hatte ich ihn gleichsam aus erster Hand.

Sechs Millien weit von Girgenti liegt der berühmte Schlammvulkan Maccaluba in ganz öder Gegend, die von kahlen braunen Hügeln durchzogen wird. Er selbst ein kleiner Hügel, mit mehreren Öffnungen, aus denen Idrogen-Gas quillt, und bläulicher Schlamm niederrinnt – ein melancholischer Anblick. Wir ritten an Aragona vorbei, einem Ort, den ein stattliches Baronalschloß auszeichnet. Gegenüber liegt Comiteni, mit unerschöpflichen Schwefelminen. Es kamen uns viele mit Schwefel beladene Maultiere entgegen. Diese hochgelben in Quadern regelrecht geformten Schwefelstücke, welche sie tragen, sind schön anzusehen. Überall auf dem Wege verstreuter und zerbröckelter Schwefel und hie und da in den Bergen dichte Rauchsäulen der dampfenden Schwefelminen; die Atmosphäre selbst von Schwefelgeruch durchzogen; man empfindet es physisch, daß man auf der Ätna-Insel ist. Ihre größte Industrie, ja die wahrhafte Nahrungsquelle des verarmten sizilischen Landes ist nun der Schwefel, welcher in großen Massen, zumal nach England, ausgeführt wird.

Wir durchritten ungezählte Male den Fluß San Pietro, der in den Platani strömt. Er schlängelt sich in vielen Windungen durch ein melancholisches Felsental oder ergießt sich über stille Fluren, auf denen die roten Sonnenrinder weiden; nirgends führt eine Brücke über ihn. Es machte mir Vergnügen, ihn wiederholt zu durchreiten, und Giuseppe Campo versicherte mit arithmetischer Bestimmtheit, daß wir ihn sechsunddreißigmal passiert hätten. Die Sciroccoglut in seinem Tal war schwindelerregend. Wir schmachteten nach Labung, zumal nach dem erfrischenden Schlürftrank des Sorbetts, aber nirgends war ein Ort zu sehen. Nur zweimal rasteten wir in einsamen Häusern der Campagna, wo sich Hufschmiede angesiedelt haben, welche die Maultiere beschlagen. Das Gefilde wird bedeutender und malerischer in der Mitte des Wegs zwischen Girgenti und Palermo. Herrliche Pinien und Zypressen, mächtige Johannisbrotbäume durchbrechen die Einöde, die wir nun erschöpft und schweigend bei dem Schein des sizilischen Mondes durchzogen. Solche Mondnacht in solcher homerischen Wüste, da nichts hörbar ist als der Huftritt der Maultiere und hie und da der Klagegesang des Vogels der Minerva, wer kann sie mit Worten schildern? So zogen wir über kahle Berge nach den Schwefelminen von Lercara, wo wir Nachtrast nahmen.

Von dem kleinen Lercara geht die Fahrstraße nach Palermo, und man kann die Post benutzen. Ich ritt jedoch in der Morgenfrühe weiter. Der Tag war entzückend schön und klar, die Gegend herrlich und hie und da bebaut. Über Belle Fratte ging es weiter, vorbei an dem malerischen und verfallenen Schloß Palazzo Adriano nach Misilmeri, dem schönen Wohnort des wackern Mannes Campo. Der trefflichste aller Maultiertreiber bewirtete mich in seinem Hause mit Sorbett, lud mir auf das Tier einen Korb voll der köstlichsten Weintrauben, die er aus dem Garten des Prinzen Buongiorno geholt, und entließ mich in der Begleitung seines Sohnes, mit dem ich dann die neun Millien nach Palermo zurücklegte. Eine herrliche Straße führt durch die üppige Ebene der Stadt, durch ein paradiesisches Land, dessen Orangengärten bis vor die Tore der alten Panormus reichen.


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