Ferdinand Gregorovius
Wanderjahre in Italien
Ferdinand Gregorovius

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Wir sind in Agrigent, und ich habe meine Aufgabe zu lösen, eine kurze Darstellung dieser großen Stadt und ihrer Denkmäler zu geben. Hier ist es gut, einen Standpunkt zu wählen, der einen übersichtlichen Anblick gewährt. Ich nehme ihn in der Mitte, vor dem Tempel der Juno, auf der südlichen Stadtmauer Agrigents. Die Natur der Gegend ist diese, daß sie sich als eine schiefe Ebene von felsigen Hügeln in großen Linien heruntersenkt bis zu dem nur zwei und eine halbe Millie entfernten Meer. Diese Schiefebene umfassen ost- und westwärts zwei Flüsse, dort der Akragas (heute San Biagio), hier der Hypsas (heute Drago genannt). Sie begrenzen das Stadtgebiet von beiden Seiten und vereinigen sich unter der südlichen Stadtmauer, als Fluß Akragas in das nahe Meer sich zu ergießen. Es liegt also der ganze Umfang des alten Agrigent innerhalb der beiden genannten Flußarme in einem unregelmäßigen Dreieck, dessen hochgelegene Basis, dem Norden zugekehrt, von zwei schroffen Felsenhügeln gebildet wird, vom Kamikus, auf welchem das heutige Girgenti steht, und von dem Felsenhügel der Minerva zu seiner Seite. Dort stand der Tempel des Zeus Polieus, hier der des Zeus Atabirius und der Minerva. Es war also dies die eigentliche Stadt Agrigent; nun aber dehnten sich ihre Vorstädte oder Neapolis, die Neustadt, wie Plutarch sagt, unter dem Kamikus niedersteigend aus und umfaßten die ganze felsige Hochebene. Deren natürliche Felsabstürze und labyrinthische Zerklüftungen bildeten zugleich die Stadtmauer. Am deutlichsten erkennt man sie noch ostwärts und südwärts. Und hier oben auf der südlichen Stadtmauer sitzen wir, in der Mitte jener Reihe von dorischen Tempeln, welche einer hinter dem andern emporragen, mehr oder weniger aufrecht, ein Anblick, von dessen melancholischer Schönheit und Größe zu schweigen besser ist, als in vielen Worten zu reden. Blicken wir nun zum Meer, so senkt sich hier plötzlich und tief das Land, braun und öde, eine Landschaft vom tiefsten Ernst der Formen, welcher mit den dorischen Tempeln machtvoll übereinstimmt. Überall große Massen, lange Linien, himmlische Weite und der blaue Spiegel des Meers; ein rotbrauner Farbenton von wärmster Glut, eine fast afrikanische Wüste, still durchbrochen vom Silbergrau der Olivenhaine. Rings, wo die Tempel stehen und Hunderte von Gräbern, Loculi und Nischen um uns her zerstreut sind und hier und dort Säulen ragen, oder riesige Architrave und Triglyphen den Boden bedecken, eine so mächtige Ruhe und ernste Majestät, daß kein anderes Gefühl in der Seele aufkommt als schweigende Bewunderung, und wenn sie weichere Stimmungen überschleichen, so ist es nur die freudige Liebe zu Hellas und seinem Geist.

Es ist nicht leicht möglich, eine zertrümmerte Stadt zu betrachten oder von ihren Denkmälern zu reden, ohne den Gang ihrer Schicksale in Gedanken zu übergehen. Deshalb will ich hier, zwischen jenen Tempeln sitzend, erst ein flüchtiges Bild von der politischen Erscheinung des alten Agrigent entwerfen, in der Hoffnung, daß die Leser dieser Blätter bei einer so weltberühmten Stadt gern verweilen und, was ich andeute, sich ergänzen werden. Es gibt auch im Leben Agrigents eine Fülle von merkwürdigen, von schönen, großen und glänzenden Gestalten, deren Namen in aller Munde lebt. Denn diese Stadt war eine der herrlichsten unter den hellenischen, wenn auch nicht so mächtig wie Syrakus, so doch ebenso reich, so üppig und nicht minder geistvoll und glücklich begabt.

Schon lange vor den Griechen war sie ein Hauptort der Sikaner. Deren König Kokalus hatte, nach dem Bericht des Diodor, den aus Kreta flüchtigen Dädalus bei sich aufgenommen, und dieser für ihn auf jenem Hügel Kamikus, den wir vor uns sehen, eine Burg angelegt, zu der man nur durch einen engen und künstlich gewundenen Weg gelangen konnte. In dies unbezwingliche Schloß brachte Kokalus seine Schätze. Es erhob sich also auf dem Kamikus eine feste sikanische Stadt, ehe die Griechen Akragas anlegten. Das hellenische Agrigent entstand erst im zweiten Jahr der 49. Olympiade (589), eine Pflanzstadt des nahen Gela, welche bald ihre Mutter an Größe und Reichtum überragte: denn der Handel mit Karthago gab ihr ein schnelles Wachstum.

Es hatten die Agrigentiner wie die Geläer zuerst eine oligarchische Regierungsform unter den Gesetzen des Charondas von Katana, bis sich Phalaris zum Tyrannen aufwarf. Dieser außerordentliche Mensch war Kretenser von Geburt. In Agrigent mit dem Bau des Tempels des Zeus Polieus beauftragt, benutzte er dies Unternehmen, welches ihm Geld und Leute wie den festesten Punkt der Stadt zur Verfügung gab. Er mietete Söldner, bewaffnete die Gefangenen und, während man in der Stadt das Fest der Ceres feierte, überfiel er die Bürger und machte sich zum Tyrannen von Agrigent. Den Griechen war die Monarchie so sehr verhaßt, daß sie aus Phalaris ein fabelhaftes Ungeheuer gemacht haben und seine Grausamkeit sprichwörtlich wurde. Allen ist die Sage vom bronzenen Stier bekannt, den Perillus für jenen Tyrannen verfertigt haben soll, Fremdlinge und ihm verhaßte Personen darin an langsamem Feuer zu rösten. Diese Sage ist durch ihr Lokal sehr bedeutend. Denn der Stier von Agrigent deutet auf Kreta und das Stiergebilde des Dädalus zurück und wieder auf das nahe Karthago, wo dem Moloch in glühender Stiergestalt Menschen geopfert wurden. Es scheint, als sei hier ein Mysterium des asiatischen Saturn verhüllt. Daß der Stier des Phalaris wirklich vorhanden war, sagt Diodor. Er erzählt, Himilkon habe ihn nach der Eroberung von Agrigent nach Karthago geschickt, Scipio aber 260 Jahre nach der Zerstörung von Karthago den Agrigentinern zurückgegeben. Der Stier des Phalaris hat noch dem Lucian zu zwei satirischen Dialogen gedient, worin er Abgeordnete des Tyrannen in Delphi auftreten läßt, welche dem Gott jene Höllenmaschine zum Geschenk antragen und den grausamen Tyrannen als einen gerechten Mann darstellen; er läßt hierauf durch Priestermund die Gabe des Wüterichs als gottseliges Opfer erklären. Es ist nicht leicht möglich, die Bosheit gegen die Kirche, um in unserer Sprache zu reden, weiter zu treiben, als es hier Lucian getan hat.

Phalaris war gewalttätig und grausam; aber auch er, in einer frühern Zeit, etwa um die Mitte des sechsten Jahrhunderts vor Christi Geburt, herrschend, zeigt sich, wie alle griechischen Tyrannen, als ein geistvoller Mensch, der den Umgang mit Weisen und Künstlern liebte. Es werden Züge hochherzigen Edelmuts von ihm erzählt, wie von Dionys, zumal die Geschichte von Menalipp und Chariton, die an Damon und Pythias erinnert, und jene, die von dem berühmten Poeten Stesichorus berichtet wird. Phalaris, der so viele Städte mit tapferm Schwert unterworfen hatte, trug einst den Himeräern ein Bündnis an; sie sollten ihn zu ihrem Anführer wählen, damit sie sich an ihren Feinden rächen könnten. Dies verhinderte Stesichorus, indem er vor das Volk trat und ihm eine Fabel erzählte. Das Pferd, so sagte er, weidete einst allein auf einer Wiese, da kam der stärkere Hirsch und vertrieb es. Jenes eilte zum Menschen; es bat ihn, den Hirsch zu züchtigen. Gut, sagte der Mensch, aber du mußt mich auf deinen Rücken nehmen. Das Pferd willigte darein, es rächte sich wohl am Hirsch mit Hilfe des Menschen, aber es trug nun für immer dessen Zügel und despotisches Joch. «So», sagte Stesichorus, «wollet auch ihr, o Männer von Himera, dem Pferde gleichen, weil ihr gesonnen seid, das Joch des Phalaris auf euch zu nehmen.» Die Himeräer wurden nachdenklich und standen vom Bündnis mit dem Tyrannen ab, aber Phalaris war über Stesichorus tief ergrimmt. Nun fiel der Dichter bald darauf in seine Hände und wurde vor den Tyrannen gebracht. Er tat ihm nichts zuleide, sondern bot ihm Gastfreundschaft und reiche Geschenke, ergötzte sich an der Weisheit seines Mundes und an dem himmlischen Klang seiner Lieder und entließ ihn mit Ehren, weil er ein Sänger war.

Höchst eigentümlich erscheint überhaupt das Verhältnis der Philosophen zu den Tyrannen Siziliens, welches in Syrakus besonders auffallend ist. Wie in der fabelhaften Zeit die Heroen durch die Länder wandern, um Ungeheuer auszurotten, so reisen später die Philosophen in der Welt umher, um sie von den Tyrannen zu befreien. Dies ist freilich die Aufgabe der Philosophie, die Menschheit von jeder Art Tyrannei zu erlösen; in den Berichten des Altertums von jenen merkwürdigen Reisemissionen der Pythagoräer und Eleaten ist sie klar und schön ausgesprochen. Es reisen zu Phalaris Demoteles, Zenon von Elea und Pythagoras selber, um ihn zu ermahnen, von der Alleinherrschaft abzustehen und zur Tugend zurückzukehren. Jamblichus erzählt, obwohl fabelnd, davon im Leben des Pythagoras und erdichtet manches weise Gespräch, welches dieser Philosoph mit Phalaris führte. Er verglich, so sagt er, die gute mit der schlechten Lebensweise, enthüllte die Fähigkeiten, die Gebrechen und die Leidenschaften der Seele, offenbarte die Allmacht Gottes aus ihren Werken und überführte damit den ungläubigen Phalaris. Er schwieg nicht von dem Strafgericht, das die Frevler an den Gesetzen erwarte, und so sprach er vieles über die göttliche Vernunft und die Tugend, über den Wechsel des Glücks und die Begier der Menschen nach dem Besitz und der Alleinherrschaft.

Auf die Zureden der Philosophen entgegnete der geniale Tyrann: mit der Alleinherrschaft sei es wie mit dem Leben. Niemand würde geboren sein wollen, wüßte er die Qualen des Lebens voraus; aber sobald man geboren sei, wolle man nicht mehr sterben. So also würde auch niemand Tyrann sein wollen, kennte er im voraus die Pein, welche Tyrannen erleiden; sobald man's aber geworden, könne man nicht mehr aufhören, es zu sein.

Ich erinnere mich des geistvollen Worts, welches ein Syrakusaner dem Dionys sagte. Als dieser einst im Zweifel war, ob er die Herrschaft niederlegen sollte oder nicht, sagte einer seiner Freunde: «O Dionys, die Tyrannis ist doch ein schönes Sterbekleid.»

Unsere Gegenwart, so scheint es mir, bringt lebhaft wieder jene Zeiten der Tyrannis durch ein augenfälliges Beispiel in die Erinnerung: sie zeigt, daß die menschliche Natur ewig dieselbe sei. Wenn man nun die beiden großen Perioden der Tyrannis, die hellenisch-sikeliotische und die italienisch-mittelalterige, welche sich durchaus gleichen, mit unserer jüngsten Erscheinung der Tyrannis in ihren Intrigen und Machinationen vergleicht, so sieht man, daß es wirklich nichts Neues unter der Sonne gibt. Nur hat die alte Freiheit der philosophischen Rede aufgehört, und unsere Philosophieprofessoren machen und bekämpfen nur noch Hirngespinste und Systeme, die auf das Glück der Völker keinen Einfluß haben.

Die Fabel sagt, daß Phalaris durch ein Gleichnis des Pythagoras sein Leben verlor. Einst redete der große Philosoph in seiner und der Bürger Gegenwart von der Furcht der Menschen vor den Tyrannen und bewies, wie grundlos sie sei, durch das Beispiel der Tauben, welche furchtsam vor dem Sperber fliehen und ihn doch in die Flucht treiben würden, wenn sie kühn sich gegen ihn wendeten. Diese Rede erhitzte einen Bürger dergestalt, daß er einen Stein aufnahm und ihn nach dem Tyrannen warf; andere folgten dem Beispiel, so daß Phalaris zu Tode gesteinigt ward. Andere erzählen von Zenon dem Eleaten, daß er die Agrigentiner gegen ihn zur Empörung aufgestachelt habe.

Das Andenken an Phalaris hat sich in der Welt erhalten, und so sehr merkwürdig erschien dem Altertum dieser Mann, daß man ihm 140 Briefe moralischen und philosophischen Inhalts unterschob, über deren Echtheit die Gelehrten lange Krieg geführt haben.

Nach seinem Tode wurde die Demokratie wiederhergestellt; an die Spitze der Stadt traten zwei weise Männer, Alkmenes und Alkander, unter deren Leitung die Republik erblühte und so reich ward, daß die Bürger anfingen, in Purpur getränkte Gewänder zu tragen. Die Üppigkeit und das allzu geistreiche sophistische Wesen scheint überhaupt ihr Verderben gewesen zu sein.

Zur Zeit des Gelon von Syrakus erlangte jedoch ein sehr kräftiger Mann, Theron, die Tyrannis in Agrigent. Er hatte sich mit jenem verschwägert, und beide, nun die Häupter Siziliens, unterstützten ihre gegenseitigem Pläne. Es begann damals die kurze und schöne Blütezeit Siziliens, nachdem die Karthager bei Himera im Jahre 480 die tödliche Niederlage erlitten hatten. Die meisten karthagischen Gefangenen hatte Agrigent gemacht, und mancher Bürger hielt 500 Gefesselte in seinem Hause. Aber die größte Zahl Kriegsgefangener wurde der Gesamtbürgerschaft zugeteilt; sie mußten nun die Steine hauen, aus denen damals die Tempel Agrigents gebaut wurden, und auch an den unterirdischen Kanälen arbeiteten sie, welche der berühmte Architekt Phäax erbaute. Außerdem legten die Agrigentiner einen Fischteich an, um für ihre üppigen Mahlzeiten köstliche Fische zu mästen; er gewährte ein malerisches Bild, so sagt Diodor, weil sich viele Schwäne auf ihm niederließen. Ihr ganzes Land bepflanzten die Bürger mit Reben und mit Fruchtbäumen jeder Art.

Therons Herrschaft war die Glanzperiode Agrigents. Handel und Feldbau machten die Stadt reich; sie strahlte von Prachtwerken der Architektur, der Bildhauerei und der Malerkunst; pomphafte Feste ergötzten das Volk, und am Hofe des milden Herrschers sah man die Weisen und die Dichter von Hellas. Pindar, Bacchylides, Aeschylus waren ab und zu in Agrigent, und als eine Spannung zwischen Hieron und Theron zum Krieg zu werden drohte, vermittelte der große Dichter Simonides den Frieden. Pindar dichtete damals seinen olympischen Siegesgesang auf Theron den Agrigentiner, der mit dem Wagen gesiegt hatte, und pries im isthmischen Lobgesang auf Xenokrates Akragas als die schönste unter den Menschenstädten.

Sechzehn Jahre lang herrschte Theron. Als er im Jahre 472 starb, errichtete ihm das Volk ein prächtiges Grabmal und gab ihm die Ehre der Heroen. Sein Sohn Thrasydäos ähnelte ihm nicht; den Bürgern verhaßt, wurde er verjagt und später in Megara hingerichtet. Die Agrigentiner hatten also die Tyrannis abgeworfen und für ganz Sizilien das Zeichen zur Befreiung von der Alleinherrschaft gegeben. Während nun überall in den Städten die Demokratie eingeführt wurde, setzte Empedokles in Agrigent eine gemischte Verfassung ein, die den Aristokraten wie dem Volk gleiche Rechte verlieh.

Es scheint, daß die politischen Grundsätze des großen Philosophen auf die Gleichheit aller Bürgerklassen hinausliefen; sich selbst aber hielt er, wie von ihm berichtet wird, für einen Gott. Er kleidete sich in Purpur und trug einen goldenen Kranz auf langwallendem Haar; wenn er feierlich einherschritt, folgten ihm schöngeschmückte Knaben. So schildern ihn die Alten als einen Heros, in welchem die Natur ihre höchste Würde entfaltet habe. Empedokles ist eine der glänzendsten Gestalten, in denen die Griechen das Genie angeschaut haben; spätere Lebensbeschreiber legten in ihn das höchste Bewußtsein von der Göttlichkeit des menschlichen Genius und lassen ihn selber von sich diese Verse sagen:

Die in der ragenden Burg ihr wohnet des gelblichen Stromes
Akragas, Freunde, und wohl euch übt in den trefflichsten Werken,
Seid mir gegrüßt! Ich nimmer ein Sterblicher, sondern ein Gott euch,
Wandle von allen geehrt, denn dies ja ziemet mir also,
Schön mit der Binde gekränzt und mit blumig erschimmernden Kronen;
Schreit' ich daher in dem Schmuck durch ruhmvoll prangende Städte,
Mich dann preisen die Männer und Weiber; unzählige folgen
Mir, so viele bewegt des Gewinns Antrieb, und Verlangen,
Sich zu erforschen das Heil in der Zukunft klärlicher Deutung,
Jeglicher Krankheit auch zu erkennen die künstliche Heilkraft.

Die Naturphilosophie, deren Meister Empedokles war, blieb bei ihm nicht abstrakt, sondern er wandte seine Ideen auf das Leben an und war einer der größesten Ärzte. Die Selinunter hatte er von der Pest erlöst, und so wunderbar waren seine Heilungen, daß man von ihm fabelte, er habe selbst Tote erwecken können. Die Medizin war eine der Lieblingswissenschaften der Sizilianer geworden, und große Namen hatten sie darin aufzuweisen, wie neben Empedokles seinen Freund Pausanias und seinen Nebenbuhler Akron von Agrigent. Später war Herodikus, der Bruder des Gorgias, in der Arzneikunde berühmt und zur Zeit des Aristoteles Menekrates von Syrakus. Dieser ahmte aus Eitelkeit dem Empedokles nach, und es werden die spaßhaftesten Geschichten von ihm erzählt. Er nahm keine Bezahlung für seine Heilungen, sondern verlangte nur, daß seine Patienten sich seine Sklaven nennen sollten. Nachdem er zwei gefährliche Kranke mit großer Kunst geheilt hatte, mußten sie ihm überall folgen; er nannte den einen Herkules, den andern Apollon, sich selbst aber Jupiter. Im Athenäus wird erzählt, daß er einst an Philipp von Mazedonien folgenden Brief geschrieben habe:

«Menekrates Jupiter dem Philippos seinen Gruß. Du herrschest in Mazedonien, aber ich herrsche in der Medizin. Du kannst diejenigen, denen es wohl ist, sterben lassen, und ich kann machen, daß die Unwohlen sich gesund fühlen, bis sie altern, wenn sie mir gehorsamen. Deine Leibwache sind die Mazedonier und meine die, so ich geheilt habe. Denn ich Jupiter habe ihnen das Leben zurückgegeben.»

Hierauf antwortete Philipp:

«Philippos wünscht dem Menekrates gesunden Verstand. Ich gebe Dir den Rat, eine Reise nach Anticyra zu machen.»


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