Ferdinand Gregorovius
Wanderjahre in Italien
Ferdinand Gregorovius

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Ich habe nun dem Kaiser gegeben, was des Kaisers ist, und will auch den Elbanern geben, was ihnen ist. 20 000 sind sie an der Zahl, ein friedliches Volk mit ausgeprägt toskanischer Sitte und Sprache und ohne Eigentümlichkeit nationaler Art. Die Insel ist zu klein (sie umfaßt etwas mehr als 7 Quadratmeilen) und liegt zu nahe an der toskanischen Küste, als daß sich ein selbsteigener Volksgeist in ihr hätte entwickeln können. Man findet keine korsischen Gebräuche auf diesem Korsika so benachbarten Eiland, und von der Blutrache, versicherte man mir, habe es wohl in alter Zeit Fälle gegeben, heute aber sei sie unerhört. Nur in höchster Not flüchtet sich der korsische Bandit nach Elba, wo er sich nicht halten kann. Einen Zug haben beide Inselvölker gemein, die Gastlichkeit.

Folgende Orte zählt Elba: Porto Ferrajo (der Eisenhafen), die Festung Longone und deren Marina Porto Longone, Marciana mit Marina, Poggio, Campo, Capoliveri, Pila, Sampiero, Rio und Marina, Sant Hilaro.

Die Orte sehen braun und finster aus, wie die korsischen, weil sie aus dem natürlichen Gestein gebaut sind. Auch sie stehen auf den Höhen, der Barbaresken wegen, und mit Türmen bewehrt. Wo das Meer nah ist, haben sich an den Buchten Hafenorte angesiedelt, welche man eben Marina nennt. Fruchtbar und schön ist das Talland, welches sich von den Bergen von Marciana rechts vom großen Golf bis zum Hafen Longone niedersenkt und, indem es die Insel quer und in beträchtlicher Länge durchzieht, einen herrlichen Gegensatz zu der wilden Großartigkeit der Berge bildet. Denn diese erheben sich wüst und ernst und vielgestaltig, und erreichen über Marciana ihre höchste Höhe in dem Cavannaberg, der etwa so hoch ist wie der Vesuv. Nach der Küste von Italien senkt sich die Insel. Steht man daher auf dem Ufer von Korsika, so erscheint Elba nur als ein einzelner gigantischer Felsenberg von prächtiger doppelter Pyramidenform, weil sich die Felsen von Marciana gegen Korsika kehren; von der italienischen Küste aber übersieht man die niedrigere gegen Piombino ausgestreckte Hälfte, auf welcher sich die größten Schätze der Insel zusammenfinden, das Eisen und die Früchte.

Die Berge von Marciana haben eine Fülle von köstlichem Granit, von Marmor, Alabaster, Kristall und von andern Steinen. Der Ort Marciana hat die besten Kastanien. Oliven gibt es wenig und schlechte, wie der Holzmangel der Insel überhaupt groß ist. Limonen wachsen überall, besonders gesucht sind die von Campo. Auch der Wein ist in großer Fülle vorhanden; den besten hat Capoliveri, wo man einen Aleatico zieht, welcher jenem von Toskana gleichkommt. Im großen Tal wächst viel Mais. So fehlt dem Volk nichts zum Leben in seinem reizenden und milden Lande, denn außer dem Fruchtsegen der Gärten und der Felder gab ihm die Erde auch die unerschöpflichen Eisenlager von Rio, und das Meer sein Salz und seine Fische. Bei Porto Ferrajo holten schon Etrusker und Römer Sardellen und Thunfische, welche dort in erstaunlicher Menge gefangen werden. Die Fische und das Eisen machten Elba überhaupt schon im Altertum allen seefahrenden Völkern begehrlich, und wie Korsika wurde die Insel heimgesucht von Phöniziern, Karthagern, Tyrrhenern und Römern. Sie hieß im Altertum Aethalia, dann Iloa, Ilva im Mittelalter, woraus das heutige Elba entstanden ist.

Es führt ein guter Fahrweg von Porto Ferrajo durch das Tal über Capoliveri gegen Longone, quer durch die Insel weg an die andere Seite des Meeres. Man umgeht den Golf bis nach San Giovanni, einem kleinen Ort mit einer Fischerkapelle, von wo die Barken nach Porto Ferrajo überfahren. Wir setzten uns in eine solche Barke, und mit aufgespanntem Segel fuhren wir pfeilgeschwind durch den bewegten Golf hinüber nach San Giovanni. Von dort steigt man eine Höhe an, welche voll ist von römischem Mauerwerk, und dann ins Tal nieder an die andere Seite des Golfs. Hier steht am Meer ein Landhaus, die Besitzung eines Beamten Demidoffs, und kaum erinnere ich mich, ein heimlicheres Plätzchen irgendwo gesehen zu haben. Das zierliche Haus ist von einem Blumen- und Orangengarten umhegt, von Rebenhügeln umstellt und sieht auf den schönen Golf und das gegenüberliegende Porto Ferrajo, welches von hier aus ein ungemein freundliches Bild gewährt. Geht man ins Tal hinunter, so ist es wie ein Wandeln im Garten, in einer so reichen und lachenden Landschaft, daß man gern in ihr länger weilen möchte. Überall üppige Felder, grüne Berge, blühende Gebüsche, und hier und da das hereinstrahlende Meer.

Ein Streifregen zwang uns, mitten im Tal von Capoliveri in ein Bauernhaus zu flüchten. Wir fanden dort eine zahlreiche Gesellschaft von Campagnolen, Männer wie Weiber, beschäftigt, Feigen zum Trocknen zu rüsten. Sie waren flink, uns Brot, Trauben und jungen Wein vorzusetzen, und da uns der Most nicht behagte, holte ein Alter ein großes Steingefäß herbei und schenkte uns daraus einen schwarzen Wein. Es war vortrefflicher Aleatico, an Ort und Stelle gezogen. Wir setzten bald bei dem heitersten Sonnenschein (es war September) unsere Wanderung nach Porto Longone fort und erreichten diesen kleinen Hafen zur Mittagszeit. Die zweite Stadt Elbas liegt an einer kleinen Bucht unter dem schroffen Felsen, auf welchem die Festung sich großartig erhebt. Ein paar Straßen stehen hart auf dem Strande, über den die Wellen nahe bis zu den Häusern schlagen. Da herrscht große Stille und Verlassenheit; einige Schiffe schaukeln auf dem Wasser, Matrosen oder Fischer bessern umgestürzte Barken aus und singen ein eintöniges Lied. Überall Blumenscherben vor den Fenstern und auf den Balkonen, und die kleinen Häuser verlieren sich weiterhin ganz und gar in die üppigsten Gärten, wie die Häuser auf dem Eiland Procida. Die Natur erscheint um Porto Longone südlicher als um Porto Ferrajo. Dort wächst die Aloe in einer Pracht und Fülle, die mich in Erstaunen setzte; denn eine ganze Allee von Aloestauden zu beiden Seiten der Fahrstraße führt über eine Höhe zum Hafen von Longone. Da ihre hohen Blumenschäfte, welche großen Kandelabern gleichen, in voller Blüte standen, war ihr Anblick prächtig und feierlich. Noch nie zuvor, selbst nicht in den südlichsten Gegenden Korsikas, hatte ich so viel Aloe beisammen gesehen, und ein gleicher Anblick sollte mir erst in Sizilien werden, wo eine Reihe dieser blütenvollen Gewächse, in absichtsloser Ordnung der wilden Natur, auf den einsamen Tempel von Segesta führte. Auch Palmen wachsen hier.

Zur Festung Longone klimmt man auf einem steilen Pfade. Sie ist auf dem Plateau eines mächtigen Felsens gebaut und sieht mit ihren Mauern und verwitterten Türmen altertümlich und majestätisch aus. Die Spanier haben sie gebaut unter Philipp IV. und Philipp V. Es ist eine wunderliche Tatsache, daß dieses kleine Elba zu ein und derselben Zeit unter drei Herren geteilt war; denn während die Insel dem Fürsten von Piombino gehörte, trat derselbe Porto Ferrajo im Jahre 1537 an Cosmus ab, der König beider Sizilien dagegen besaß Porto Longone. Nun fiel im Jahre 1736 Elba samt Piombino an Neapel, kam aber 1801 an das Königreich Etrurien, bis die Insel 1805 mit Frankreich vereinigt wurde.

Weil die Spanier so lange Zeit in Porto Longone lagen, hat sich die Erinnerung an sie dort erhalten, und die Longonesen gebrauchen noch heute das «Don» bei der Anrede.

Die Festung soll stark sein, was ich wohl glauben will, da ihre Lage sie unzugänglich macht. Sie schließt die eigentliche Stadt ein, ein wüstes Bild von Trümmern, Zerstörung und Verlassenheit. Ein großer Teil der Werke selbst wurde im Jahr 1815 auf Befehl Napoleons gesprengt, nachdem er die Insel verlassen hatte. Manchen Sturm hat übrigens diese Festung erleiden müssen, als die Franzosen zur Zeit Ludwigs XIV. auch hier die Spanier bekriegten. Ein Offizier der toskanischen Besatzung, in dessen liebenswürdiger Familie wir einen schönen gastlichen Tag verlebten, zeigte uns, was sehenswert war. Er war Rektor der Strafkompanie, aus der er die hoffnungsvollsten Sträflinge zu einer Militärschule vereinigt hat. Er überzeugte uns mit großer Freude von den Fortschritten seiner Zöglinge im Schreiben, Lesen, Rechnen und den Elementen der Wissenschaften. In der Festung fanden wir ein Häuflein toskanischer Veteranen, von welchen einige aus der napoleonischen Zeit her Deutschland kannten und die Schönheit seiner Gegenden wie die Reinlichkeit seiner Städte rühmten. Was uns unser Wirt von der innern Einrichtung seiner Kompanie, von ihrer Bewirtschaftung, ihren Verhaltungsmaßregeln, ihrem Code pénal zeigte, war ein wahres Muster von Soldatendressur; da hatte alles sein Gesetz, und jedes Ding, bis auf die Eisen zum Krummschließen und den fatalen Prügelstock, seinen angewiesenen Ort.

Auch in Longone hatte Napoleon einen sogenannten Palast, ein unansehnliches Haus, in welchem er abstieg, so oft er aus seiner Hauptstadt hinübergeritten kam. Die Umgebung dieser Festung sagte ihm besonders zu, und er pflegte unterhalb des Bergs auf einem angenehmen Ort im Freien zu speisen, wie Valery in seiner Beschreibung von Elba erzählt, auf einem in den Fels gehauenen Sitze (Canapé genannt), um welchen her er in einem Halbkreis Maulbeerbäume gepflanzt hatte. Dort betrachtete er mit seinem Fernrohr die Umgebungen, die Schiffe, welche vorübersegelten, und die Küsten von Italien.

Dem Golf von Longone gegenüber liegt das kleine Fort Fucardo mit einem Hafenlicht für die einfahrenden Schiffe. Malerische und grandiose Ufer ringsumher, und nach der Landseite zu die wildesten und schroffsten Berge, die an manche Felspartie in Capri erinnern, ohne freilich jene südliche Wärme des Farbentons zu haben. In diesen romantischen Wildnissen, hart am Wege zu den Eisengruben von Rio, liegt unter Zypressen und im Gebüsch die Einsiedelei Monserrato, eine Stiftung der Spanier. Die Phantasie kann sich nichts Wilderes denken als die Eremitenschlucht in der starrenden Felsenwüste.

Wir wanderten mit unserem Wirt die Felsen hinunter, um nach Rio zu gelangen. Der Weg führt durch schweigsame Gegenden über Heiden und über Quellen, welche üppiger Pflanzenwuchs überrankt. Eine dieser Quellen führt den Namen Barbarossa, aber nicht von dem deutschen Kaiser, sondern von dem berühmten Meerkorsaren, der im Jahre 1544 Porto Longone überfiel. Sein Name lebt noch auf mancher Insel des Mittelmeeres, vielleicht wird man sagen dürfen auf jeder einzelnen, denn es gibt wohl keine in jenen Gegenden, welche der kühnste aller Piraten nicht heimgesucht hätte.

Über manche Heide und über manchen Felsenhügel gingen wir also fort, immer erfreut durch wechselvolle Ansichten von Fels, Tal und Meer, bis wir nach Rio hinabstiegen. Hier braust von den Höhen ein Bach hinunter, um sich in den Hafen zu ergießen. Von ihm hat der Ort den Namen Rio. Man sagt von diesem lebendigsten Bach Elbas, daß er nicht auf der Insel entspringe, sondern von Korsika herkomme, wo er in unterirdischen Kanälen unter dem Meer fortströme, bis er in Rio zutage kommt. Kastanienblätter und Zweige, die Wasser mit sich führt, zeigten deutlich seine korsische Herkunft. Wie dem auch sei, diese neue Arethusa scheint sich mit poetischem Sinn auf Napoleons Schicksal deuten zu lassen.

Noch eine andere Beziehung knüpft die Eisenminen von Rio an Korsika; hierher flüchtete einst Petrus Cyrnäus, wie er nach seinem Geschichtswerk genannt wird, der eleganteste Geschichtschreiber der Korsen, aus dem 15. Jahrhundert, dessen vielbewegtes Flüchtlingsleben einem Roman gleicht; seinem Stiefvater entflohen, kam er als Kind nach Rio und fristete sein Leben in jenen Eisenminen, indem er die Eisenerde auf Eseln nach dem Hafen bringen half.

Schon verriet der rote Boden, auf dem wir gingen, daß wir uns auf der eisernen Erde befanden – überall nichts als dieser eiserne Staub, die Hügel ringsum schwärzlichbraun oder rötlich, mit unzähligen Aloestauden überdeckt, welche mit ihren straffen, stahlbläulichen Blättern, die in lange Dornspitzen auslaufen, ebensoviel Bündel von Dolchen oder Schwertern zu sein scheinen. Alles, was uns begegnete, trug diese Eisenfarben, die Arbeiter von Rio, rot gefärbt an Kleid, Gesicht und Händen, selbst die Hunde, die uns entgegenliefen. Auch der Hafen, zu dem wir hinabstiegen, ist rot von Eisenstaub, und am Ufer liegen Haufen von Eisenerde, welche dort in die Schiffe verladen wird.

Wir suchten den Direktor der Werke auf. Er ist ein Deutscher, und daß er es war, machte mir eine doppelte Freude. Der Deutsche allein ist der wahre Bergmann unter den Völkern; er allein versteht es, in den Schacht des Lebens zu steigen und in den dunklen Herzkammern der Natur ihren tiefsten Sinn zu spüren. Da gräbt er nach, bis er das lautere Erz gefunden hat, und selbstvergessend versäumt er den schönen Frühling draußen. Manchmal schläft er in der Tiefe ein wie Epimenides, oder wie der Kaiser Barbarossa im Kyffhäuser, jener alte deutsche Bergmann mit der goldenen Krone und dem langen durch den Tisch gewachsenen Bart oder wie der Tannhäuser im Venusberg.

Nun trat uns Herr Ulrich entgegen, ein eisenhaltiger deutscher Mann von echtem Schrot und Korn; auch sein Händedruck war eisern, seine Rede kurz und positiv und seine Stimme wahrhaft gewaltig. Er nahm uns als seine Landsleute gastlich und herzlich auf, führte uns in die Werke und erklärte uns ihre Beschaffenheit. Erst seit kurzem stehen die Eisengruben von Elba, welche eine toskanische Kompanie für ihre Rechnung bewirtschaftet, unter seiner Leitung. Er übernahm sie in verwahrlostem Zustande, hat sie aber in wenigen Monaten so weit gefördert, daß schon jetzt der jährliche Gewinn mit Sicherheit auf 35 000 Tonnen berechnet wird, während die Gruben sonst nur 22 000 Tonnen lieferten. Täglich werden 120 000 Pfund Eisen herausgezogen, aber im Sommer stockt die Bewirtschaftung, weil der Ackerbau die Arbeiter, größtenteils Männer aus Rio, in Anspruch nimmt. Im Winter werden die Werke eifriger betrieben.

Seit grauen Zeiten ist der Eisenberg von Rio ausgebeutet worden, ohne seine Unerschöpflichkeit zu verlieren; ein Berg von etwa 500 Fuß Höhe, welcher ganz Eisenmaterial ist. In seiner Nähe gibt es noch andere nicht minder reiche Flöze, die von Terra Nera, von Rio Albano, und den Calamita, einen wahrhaften Magnetberg. Schon die Etrusker beuteten die Werke aus; sie schafften das Material nach Populonium, in dessen Gebiet die Insel gehörte, und dort wurde das Eisen herausgeschmolzen. Der Holzmangel in Elba erlaubt hier keine Schmelzwerke, und auch heute wird das Eisen nicht auf der Insel geschmolzen, sondern drüben in Fabriken in der Nähe des alten Populonium, oder das Material wird nach Neapel, Genua, Marseille und nach Bastia verladen.

Herr Ulrich belehrte uns über die verschwenderische Wirtschaft, welche die Alten und ihre Nachfolger mit dem Eisenlager getrieben haben. Ganze Hügel von Eisenerde hat man unbenutzt aufgehäuft und die Erzflöze mit ihnen verdeckt. Diese vergeudete und weggeworfene Erde ist aber so stoffhaltig, daß sie immer noch ein vortreffliches Material gibt. Herr Ulrich griff eine Handvoll Erde von dem Boden auf, über dem wir standen, zeigte sie uns und sagte: «Sehen Sie, Erde, die ich hier von der Oberfläche aufgreife, gibt immer noch ein besseres Eisen, als die Franzosen in der Auvergne aus dem schwersten Erz gewinnen.» So liegt also hier das Mineral eigentlich auf der Oberfläche, und millienweit in der Runde steht und geht man auf Eisen. Die Minen von Rio sind reicher als die berühmten Werke Demidoffs in Sibirien, und vielleicht möchte ihresgleichen überhaupt nicht gefunden werden.

Noch hält sich der Bau an der Oberfläche, und unterirdische Werke gibt es keine als ein paar Galerien; doch sieht man die prächtigsten Erzlager frei zutage ausgegraben. Wer sich unter den Werken von Rio Bergschachte und Stollen mit allem romantischen Zubehör von Bergknappen und Grubenlichtern denkt, hat also Falsches sich gedacht, wie ich es mir vorstellte, ehe ich diesen merkwürdigen Eisenberg sah.

Ich warf einen Blick in seine Umgebung; weit und breit erscheint sie öde und melancholisch, und die Werke selbst, diese rötlichschwarzen Hügel, der eisenfarbige Grund, der glitzernde Eisenstaub erzeugen das Gefühl des Öden und Wüsten, wie die Lava- oder Aschenfelder eines Vulkans. Eine grau verwitterte Burg, vielmehr ein verwitterter Turm, blickt düster vom hohen Gipfel eines Felsens geradeüber auf die Eisenwerke herab. Dies ist der Turm des Jupiter. Vor diesen schauerlichen Minen, von woher die Furie des Kriegs fort und fort Schwerter, Speere und Kugeln in die Welt getragen hat, und von denen das eiserne Zeitalter ausgegangen zu sein scheint, wie es die Dichter besungen haben, sollte man Napoleon ein Denkmal errichten, ganz aus Eisen, einen Koloß von Elba, und man sollte auf das Piedestal jenen Befehl des Etruskerkönigs Porsenna schreiben, daß fortan das Eisen nur zu Geräten des Landbaus und der Industrie zu verwenden sei.

Diese schöne Sage, die menschlichste des eisernen Rom, erinnert mich an ein geschichtliches Faktum aus dem hellenischen Altertum, an eine andere Friedensbedingung. Als Gelon von Syrakus den Karthagern nach der Schlacht von Himera den Frieden diktierte, war eine seiner Bedingungen diese, daß sie fortan aufhören sollten, dem Moloch Menschenopfer zu schlachten. Auch dieses Gebot sollte man auf das Piedestal jenes projektierten Eisenkolosses von Elba schreiben, daß die Völker aufhören sollen, dem Moloch Menschenopfer zu schlachten.

Aber ich weiß nicht, ob je ein solches Ikarisches Zeitalter eintreten und ob die Oliven Elihu Burritts Wurzel schlagen werden. Denn kaum scheinen mir die Völker moralisch größer geworden, als sie es zur Zeit des Porsenna und des Gelon von Syrakus waren. Dem politischen wie dem religiösen Moloch zu Ehren schlachten sich die Nationen heute wie gestern, und die Blüte ihrer Jugend läßt sich vom Schwert so ruhig niedermähen, als könnte das Menschenleben wie die Hydra hundertköpfig und hundertfältig sich erneuen. Doch scheiden wir von der Eiseninsel, und wahrlich, wir tun es mit einer Anklage an die Menschheit, wenigstens mit einem ironischen Lächeln über die enthusiastischen Lobredner unserer Gegenwart, mit dem Ruf Porsennas: Keine Schwerter und Speere mehr, Industrie, Ackerbau, und keine Menschenopfer irgendeinem Moloch!


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