Ferdinand Gregorovius
Wanderjahre in Italien
Ferdinand Gregorovius

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Castel del Monte

Schloß der Hohenstaufen in Apulien

1875

Von den Bergen Apuliens zieht sich eine lange Hügelkette südostwärts in die Terra di Bari und hinweg über Altamura und Gravina bis gegen das Vorland des Golfs von Tarent. Dieser Gebirgszug steht auf der Grenze der Basilicata. Man nennt ihn Le Murgie: ein einförmiges und ödes Bergland, teils mit Eichenwäldern bedeckt, teils baumlos und kahl. Die Abhänge der Hügel bieten die trefflichsten Weiden dar, und hier sind seit uralten Zeiten Hirten und Jäger umhergewandert. Die Murgie stehen dem Meer parallel, von dem sie nur wenige Meilen entfernt sind.

Von der Küste wie vom Flachlande aus sieht man überall, schon auf Meilenweite, aus jener niederen Bergkette einen pyramidenförmigen, baumlosen, grünen Hügel sich erheben, auf seiner Spitze ein einsames Schloß tragend, denn kein anderes Gebäude steht auf ihm. Dies berühmte Castel del Monte erscheint, von weitem gesehen, kreisrund und zeigt keine Türme. Nur die tiefen Schlagschatten oder Falten dieser Rundmasse von Mauerpfeilern lassen auch aus der Ferne schließen, daß es ein Oktogon sei, mit stumpfen Türmen an jeder Ecke. Als weithin sichtbares, die unermeßliche Ebene beherrschendes Wahrzeichen nennt es das Volk das Belvedere oder den Balkon Apuliens. Man könnte es noch passender die Krone Apuliens nennen. Denn gleich einer Mauerkrone ruht dieses gelbe Schloß auf jenem Hügel. Wie das Diadem des Hohenstaufenreichs, das herrliche Land krönend, erschien es mir, wenn es die Abendsonne von Purpur und Gold funkeln ließ.

Herr Marchio, Exsyndikus Andrias, hatte uns eine Einladung geschickt, mit ihm das Schloß Friedrichs II. zu besuchen und zu diesem Zweck auf sein Landgut Palese hinauszukommen, wo er den Monat Mai mit seiner Familie zubrachte. Seine Meierei liegt in den Murgie und nur eine Stunde von Castel del Monte entfernt. Mit Freuden dieser Einladung folgend, fuhren wir in der Morgenfrühe des 12. Mai von Andria ab, begleitet von einigen Herren der Familie Spagnoletti zu Pferde.

Die Fahrt ging erst durch Kulturland und auf gebahnter Straße fort, dann auf schwierigen Landwegen durch Gebüsche und Wildnisse, wo wir Reste der Via Appia vorfanden. Nach kaum zwei Stunden erreichten wir Palese, ein vereinzeltes Gehöft auf der Absenkung der Murgie, mitten im Eichengebüsch und zwischen Wiesen- und Ackerland. Die Familie begrüßte uns am Eingange mit großer Herzlichkeit: kraftvolle Menschen, von blühender Gesundheit strahlend, einfach und naturwüchsig; wir fühlten uns da sofort zu Hause.

Ein Blick aus dem Hofe Palese in die stillen Wildnisse umher zeigte mir, warum Friedrich II. diesen Ort zu seinem Lustschloß gewählt hat. Indes Lustschloß ist nicht das richtige Wort dafür, vielmehr war Castel del Monte offenbar ein Jagdschloß. Die Natur ist hier nicht in dem Sinne schön zu nennen, daß sie einlüde, fürstliche Luxusvillen mit Parks zu bauen, wie an den Golfen Neapels. Es ist ein monotones, fast schwermütig zu nennendes Heideland, worin grüne Täler mit öden zerrissenen Hügeln abwechseln, ganz geeignet für die Falkenjagd. Wir besitzen noch das Werk, welches der große Kaiser selbst über diese damals edelste aller Weidmannskünste verfaßt hat; er hat darin als ein Ornithologe ersten Ranges das Leben und Wandern und kurz die ganze Natur der Vögel meisterhaft dargestellt. An diesem Buche schrieb er in seinen Mußestunden auf irgendeinem seiner Jagdschlösser. Er besaß mehrere solcher in Apulien und Lukanien, bei Foggia und Gioja, bei Apricena und Avigliano. Wo er sich immer befinden mochte, führte er seine Falken und Falkenierer mit sich. Da nun Castel del Monte das großartigste aller seiner Jagdschlösser war, so wird der Kaiser hier wohl am häufigsten gejagt haben.

Der Ritt nach dorthin gehört zu meinen schönsten Wandererinnerungen. Wir bildeten eine Kavalkade von sieben Personen auf stark gebauten apulischen Pferden. Die Herren, welche uns, ihre Gäste, geleiteten, jugendliche und stattliche Männer aus Andria und Palese, hatten sich mit Doppelflinten bewaffnet, und selbst in den Halftern der Sättel steckten Pistolen. Die Murgie sind wohl zuzeiten, wie der Silawald in Kalabrien, nicht ganz geheuer gewesen, doch gegenwärtig hört man hier nichts von Räubern. Diese Herren trugen ihre Gewehre nur als Jäger überhaupt, oder weil es von früher her festgehaltene landesübliche Gewohnheit ist. Sie boten zu Roß einen stattlichen Anblick auf den Heiden und Hügeln dar.

Es ist eine rechte Wonne, diese apulische Wildnis zu durchreiten, die balsamischen von Blumenduft gewürzten Mailüfte einzuatmen, das tiefblaue Meer drüben strahlen zu sehen und den ätherreinen Himmel, welcher Land und Meer umschlingt. Es sind wirklich Flammenpfeile, die hier Helios versendet; aber sie beschädigen nicht, wenigstens noch nicht im Mai. Das Licht dieses Himmels berauscht die Seele wie Trank perlenden Weins: man schlürft und atmet es gierig ein; es zehrt die Nebel im Gemüt auf, jene giftigen Dünste, welche in den Nordlandmenschen grundlose Stimmungen erzeugen, Qualen der Einbildung, den Spleen und den Weltschmerz und den verzweifelten Humor. Das Licht ist Freude, es entfesselt die Seele, und es setzt sie unmittelbar in Verbindung mit dem Universum, wie die Musik. Wenn die Sonne dort unten so recht heiß scheint, ist es mir immer, als setzten sich Flammen an Seele und Leib, wie Fittiche, welche beflügeln und heben. Es ist wohl eine menschen- und götterwürdige Religion gewesen, der Sonnendienst der Perser und jener Apollokultus, welchem Hellas seine Kultur verdankt.

Und darf man es den Hohenstaufen verargen, daß sie dieses sonnige Land, ihr apulisches Reich, nicht missen konnten, daß sie immer wieder darum kämpften, bis auch der Letzte ihres großen Geschlechts erschlagen war?

Hinaufreitend über die grünen Hügel, hatte ich das wunderbare Schloß stets vor Augen, dessen gelbe Massen sich immer deutlicher gestalteten. Dies vereinsamte Denkmal einer großen Vergangenheit ruft keine Erinnerungen an Schlachten und Kriege, an höfische und politische Frevel, an Ränke von Päpsten und Pfaffen hervor: vielmehr gilt unser Besuch den friedlichen Räumen, wo der geniale Kaiser sich den Studien in ländlicher Stille und den Freuden der Jagd hingegeben hat. Und doch fallen selbst in dieses schöne Bild finstere Schatten, die es zerstören; denn es sind die letzten Hohenstaufen, die unglücklichsten Enkel Friedrichs II., die Söhne Manfreds, welche uns in diesem Schloß entgegentreten, ihre Ketten zeigen und ihre namenlosen Leiden klagen.

Ich wußte, daß Castel del Monte das am besten erhaltene Schloß Friedrichs II. ist; denn seine Paläste in Foggia, Capua und Lucera und seine schönen Villen zu Castel Fiorentino und am Lago Pesole sind zerfallen. Trotzdem war ich überrascht, dieses herrliche Gebäude in einem viel besseren Zustande zu finden, als ich erwartet hatte. Es ist innen verwüstet, außen stellenweise beschädigt, aber keineswegs eine so verzweifelte Ruine wie das Heidelberger Schloß. Vielmehr steht die ganze Masse mit Mauerflächen und Türmen fast überall bis zu der ursprünglichen Höhe aufrecht, so daß das Ganze noch heute nahezu den Eindruck der Vollendung macht.

Es ist ein Achteck. An jeder Ecke steht ein stumpfer runder Turm von so mäßiger Höhe, daß er nur um ein weniges den Kranz der Wandflächen überragt. Das Material ist der Kalkstein des Hügels selbst, von schöner hellgelber Farbe, zu Quadern geschnitten und auf das sauberste zusammengefügt. Das Ganze sieht vollkommen aus, wie ein Marmorbau. Es hat nichts, was einer Festung ähnlich ist.

Die Formen sind von einer klassisch zu nennenden Einfachheit und Reinheit, welche Erstaunen erregt und einen hohen Begriff von der hohenstaufischen Architektur in diesem Lande gibt. Sie war offenbar vom Ideal des Altertums durchdrungen. Man glaubt, hier ein Bauwerk der Frührenaissance vor sich zu sehen. Das schwere burgartige Wesen ist vollkommen überwunden, die Gotik selbst durch antikes Formgefühl abgeklärt. Denn gotisch oder halbgotisch sind Fenster und Portale, aber deren Spitzbogen sind mit antikisierenden Gesimsen, Fronten, Pilastern und Säulen in Verbindung gebracht.

Es ist nicht leicht möglich, einen architektonischen Gedanken mit mehr mathematischer Regelmäßigkeit durchzuführen, als es hier geschah, wo das einfachste Grundsystem die edelste Durchbildung in reichen Einzelheiten empfangen hat, ohne ins Phantastische überzugehen. Alles ist harmonisch zusammengedacht, streng zusammengehalten, auf ein und dasselbe Prinzip bezogen, luftig und leicht, elegant und zugleich von starker Gediegenheit.

Der Gedanke war: ein Achteck um einen Hof zu stellen, dieses mit Rundtürmen zu stützen und zwei Geschosse zu bilden, wovon jedes acht Säle enthielt.

Zwischen je zwei Türmen ist ein gotisches Fenster angebracht. Der Eingang liegt auf der östlichen dem Meere zugewendeten Seite zwischen zwei Türmen: ein schönes marmornes Portal von klassischen Formen des Gesimses und der Säulen aus rotem Marmor, welche zwei sauber gearbeitete Löwen aus demselben Brecciastein tragen. Zwischen ihnen öffnet sich das gotische Bogentor. Darüber steht das größte der Schloßfenster, welches in der Mitte von zwei kleinen Säulen geteilt wird, während alle übrigen nur je eine Säule haben.

Durch das Portal gelangt man in das Untergeschoß von acht zusammenhängenden Sälen. Diese, je zwanzig Schritte lang und zwölf Schritte breit, werden in den vier Ecken von starken Halbsäulen aus roter Breccia mit korinthisierenden Kapitälen getragen; auf ihnen setzen die Rippen der Spitzbogen an, welche das Kreuzgewölbe bilden. Ein marmorner Sockel zum Sitzen umzog ursprünglich die Wände dieser herrlichen Gemächer, welche alle eine Bekleidung von weißem und rosigem Marmor hatten. Dieser Schmuck, wie der getäfelte Boden von Stein, ist überall abgerissen, und nur noch hie und da sind Spuren davon erhalten. Die Gewölbe waren mosaiziert. Die Türen der Säle sind mit rotem Marmor eingefaßt. Große Fenster nach dem Hof, in antikisierenden Formen, geben den Sälen Licht, während in diesen achteckigen Hof selbst aus dem Untergeschoß drei kleinere Ausgänge führen, alle von ogivaler Form, aber nicht von einer und derselben Bildung. Mitten im Hof liegt eine jetzt verschüttete und vom Pflanzenwuchs überdeckte Zisterne.

Aus diesem Untergeschoß steigt man auf steinernen Wendeltreppen der Türme zu den oberen acht Sälen, und diese bildeten die Wohnung des Kaisers. Ihre räumliche Anlage entspricht den unteren, aber sie zeichnen sich durch größere Pracht der Ausschmückung aus. Statt der roten Halbsäulen stützen hier in den Ecken jedes Saales Bündel von drei weißen Marmorsäulen mit zusammengesetzten Kapitälen das Kreuzgewölbe. Nicht jeder Saal hat ein nach dem Hof führendes Fenster. Ich fand fünf Säle ohne solches. In einem sieht man noch die Reste des Marmorkamins.

Die Fenster nach außen haben eine tiefe, mit roter Breccia ausgelegte Brüstung. Sechs marmorne Stufen führen in dieser zu einem Sitz oder Sockel von Stein, auf welchem man die Aussicht genießen kann. Ich bemerkte schon, daß das größte Fenster über dem östlichen Portal steht. Es gehört dem oberen Saal dieser Richtung an, welcher nicht wie die andern zwei Türen, sondern nur eine hat, demnach die ganze Reihe der Gemächer schließt. Dieser Saal war ohne Frage der Lieblingsaufenthalt des Kaisers. Er wird ihn, wie das ganze Jagdschloß, mit aller Pracht damaliger Zeit ausgerüstet haben. Friedrich II. liebte den Luxus des Morgenlandes. Die kostbarsten Seidenstoffe, Teppiche und Gewänder brachten ihm Gesandte des Orients zum Geschenk, oder lieferten ihm seine Handelsschiffe oder seine Fabriken zu Palermo. Wir wissen nicht, wann und wie oft er sich in Castel del Monte aufgehalten hat und ob er hier auch von seiner Gemahlin begleitet war. Die Menge der Gäste im Schloß selbst konnte niemals sehr groß sein; denn sechzehn Säle würden nicht ausgereicht haben, ein zahlreiches Gefolge zu beherbergen.

Wenn der große Hohenstaufenkaiser sich in der Fensterbrüstung jenes Saales niederließ, um Meer und Landschaft zu seinen Füßen zu betrachten, lag vor ihm sein Lieblingsland Apulien, eine weite, zum Meer gesenkte Terrasse, bedeckt mit blühenden Gärten und Feldern, erfüllt von Herden, übersät mit Schlössern und betürmten Städten. Hier zogen an seinem Blick vorüber Hellenen, Römer, Karthager, Byzantiner, Goten, Langobarden, Sarazenen und jene Normannen, deren Erbe sein Vater Heinrich VI. durch Constanza von Sizilien geworden war. Auch aus seinem eigenen Leben kamen ihm hier zahllose Erinnerungen entgegen; mit tiefem Nachdenken wird er zumal das Meer dort unten betrachtet haben, wo er sich, mit dem Bann der Kirche beladen, nach Jerusalem eingeschifft hatte und von dort heimgekehrt war – der erste Monarch, der sich über die einseitigen Zwecke der Kirche und ihrer Kreuzfahrten erhoben hatte.

Die acht Türme des Schlosses treten weit aus den Ecken desselben vor. Vier von ihnen enthalten kleine sechseckige gewölbte Kammern, die Türme selbst haben nur den Durchmesser von zwanzig Fuß. In der Fensterscharte eines derselben fand ich drei rosenrote Vogeleier, größer als solche einer Taube. Sie lagen frei auf dem nackten Stein nebeneinander, und von einem Nest war nichts zu sehen. Dieser Fund machte mir große Freude: es waren Falkeneier. Der Raubvogel, welcher sie hier niedergelegt hatte, stammte unzweifelhaft in gerader Linie von einem Edelfalken Friedrichs II. Wer das nicht für wahr hält, versuche einmal meinen Irrtum nachzuweisen. Wir nahmen unsern Schatz auf dem Rückwege mit nach Palese, aber nur ein Ei brachten wir unzerbrochen heim.

Zwei Türme haben noch ihre steinerne Wendeltreppe, auf welcher man zum Dach des Schlosses oder zu der Terrasse aufsteigt, die aus Steinplatten gebildet ist. Alle Türme sind stumpf; ich bezweifle überhaupt, daß sie jemals Aufsätze, seien es Kuppeln oder Spitzen, getragen haben. In jedem befindet sich oben eine Regenzisterne.

Von diesem Dach aus stellt sich den Blicken ein ganz unvergleichliches Panorama von Meer und Land dar; hier stehend, begreift man, warum das Schloß das Belvedere Apuliens genannt wird. Der ganze Küstensaum, von dem großartig hingelagerten Vorgebirge des Monte Gargano und von Sipontum oder Manfredonia bis zu den duftumschleierten Gestaden von Bari, Monopoli und Brindisi, liegt vor dem Beschauer da. Am Meeresufer sieht er eine lange Reihe von zum Teil uralten und berühmten Städten, die Hafenorte Apuliens oder die Landstädte des Innern von Lucera bis nach Canosa und Ruvo. Landwärts ragen die Gebirge der Basilicata mit dem prachtvoll geformten ausgebrannten Vulkan Monte Vulture bei Melfi, und zur Rechten zieht sich die wildzerklüftete Kette der Murgi fort.

Vergebens suchte ich im Schlosse nach Inschriften hohenstaufischer Zeit. Nur an den Wänden des Hofes gibt es einige aus der Epoche der Balzo oder der Caraffa, doch sind sie unlesbar geworden. Die Marmorbüste des Pier delle Vigne, welche daselbst früher gezeigt worden sein soll, habe ich nirgends mehr entdecken können. Ebensowenig sah ich die Reste einer kleinen Statue in Relief, welche den Kaiser selbst vorgestellt haben soll, und von Demetrio Salazaro neuerdings als ein vorzügliches Werk beschrieben worden ist. Hoch an einer Mauer im Hofe sieht man ein geschwärztes und verstümmeltes Relief, dessen Figuren zu unterscheiden mir nicht möglich war. Es soll ein Weib vorstellen, welches furchtsam vor einer Gruppe von Kriegern dasteht. Darunter befindet sich eine rätselhafte Inschrift, die nicht zu entziffern ist.

Man behauptet, daß Castel del Monte schon vor der Zeit Friedrichs II. als eine Burg bestanden hat. Erst sollen die Langobarden auf der Spitze des Hügels eine Kriegswarte angelegt und dieselbe Guardia Lombarda genannt haben; dann sollen die normannischen Herzöge hier ein Schloß gebaut und ihm den Namen Bellomonte gegeben haben. Nach dieser durch nichts verbürgten Ansicht hätte der Kaiser Friedrich jenes Normannenschloß nur verschönert. Wie aber Castel del Monte heute vor uns steht, ist es in allem Wesentlichen das Werk eines und desselben Künstlers, einer und derselben Zeit und so aus einem Gusse, daß sich, wenige Äußerlichkeiten abgerechnet, verschiedene Bauepochen daran nicht nachweisen lassen. Als Zeit der Erbauung ergibt sich, wenigstens nach einem am 29. Januar 1240 aus Gubbio datierten Dekret Friedrichs zu schließen, eben dieses Jahr. Der Architekt des schönen Schlosses ist unbekannt geblieben; wüßten wir seinen Namen, so würde ihm dieser klassische Bau die Unsterblichkeit gesichert haben,

Von Nebengebäuden fand ich keine Spur; daß aber solche dort standen, ist unzweifelhaft. Denn wie hätten die den Kaiser begleitende Dienerschaft, wie sein Jagdtroß und seine Pferde anders untergebracht werden können? Im Schlosse selbst gibt es keinen einzigen Raum dafür. Da nun die Spitze des Hügels keine hinreichende Fläche darbietet, um darauf noch andere Gebäude hinzustellen, was auch ohnehin den Zweck und die architektonische Wirkung des Schlosses würde beeinträchtigt haben, so muß man annehmen, daß solche tiefer unten am Berge lagen. In der Hohenstaufenzeit stand zu Füßen des Berges in einem kleinen Ort, Casale di Castro genannt, eine Benediktinerkirche, Santa Maria del Monte. Nach ihrem Namen wurde bisweilen schon zu Friedrichs Zeit, dann aber stets seit Karl von Anjou das Schloß selbst genannt; es hieß nicht mehr Castrum Montis, sondern Castrum Sanctae Mariae, mit und ohne Zusatz Montis.

Nach dem Tode Friedrichs erbte das Schloß als Krondomäne sein Sohn Konrad. Die Überlieferung in Andria behauptete sogar, daß er in demselben geboren und seine Mutter Jolantha hier gestorben sei. Jedenfalls wird Konrad IV. von Barletta und Trani aus, wo er urkundlich im Winter des Jahres 1252 und im Mai des folgenden gewesen ist, sowohl das Grab der Kaiserin in Andria als das Schloß seines Vaters besucht haben. Es ist freilich auffallend, daß sich von keinem der Hohenstaufenfürsten ein aus Andria oder aus Castel del Monte datiertes Schreiben findet; dies zeigt, daß ihr dortiger Aufenthalt entweder nie ein langer oder doch stets ein von Staatsgeschäften unbelästigter gewesen ist. Manfred hat nachher das von seinem Vater erbaute Schloß am Lago Pesole allen anderen Villen vorgezogen, aber deshalb ist an seiner Anwesenheit in Castel del Monte nicht zu zweifeln. Und hier sollten einst seine eigenen Kinder in Ketten schmachten!


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