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Achtzehntes Kapitel

Enthält allerlei Anstalten pro und contra

Herr Jobs ward tags drauf zu Rat gezogen,
Und da hat man alles vernünftig erwogen,
Und es folgte zuletzt der Schluß:
Weit davon sei gut für'n Schuß.

Das heißt: Aus Erfahrung hat man oft gelernet,
Daß, wenn man Stroh vom Feuer entfernet,
Nicht so leicht ein Unglück oder ein Brand
In Scheunen und Herzen nimmt überhand.

Das beste sei folglich, die Liebenden zu trennen,
Vielleicht würde es dann wohl aufhören zu brennen;
Weil eine persönliche Abwesenheit
Oft tilget die Freundschaft und Zärtlichkeit.

Der Baron sollte also nicht lange anstehen,
Italien, England und Frankreich zu besehen;
Mittlerweile würde er in seinem Gefühl
Für Mamsell Esther vielleicht kühl.

Eine Signora, Lady oder Marquise,
Die das Ohngefähr ihm irgendwo anwiese,
Würde in Rom, London oder Pareis
Ihn dann vollends bringen ins rechte Geleis.

Er hat deswegen von seinen lieben Alten
Den Befehl zur Reise vorläufig erhalten;
Es ist leicht zu denken, wie delikat
Ihm diese Ankündigung schmecken tat.

Aber um diese Pille zu vergulden,
Riet man ihm, sich wegen Esthers zu gedulden,
Bis etwa zu seiner Zurückkunft Frist
Einst geschehen möchte, was Rechtens ist;

Aller Umgang und ferners Karessieren
Müsse indessen zwischen ihnen zessieren.
Dieses versprach der Baron nun wohl,
Doch eben nicht aus Kavaliersparol'.

Drum hat er vor wie nach vor der Abreise
Auf verschiedene klug ersonnene Art und Weise,
Meist aber abends und bei der Nacht
Bei Esther einige Augenblicke zugebracht.

Das gab dann ein Gewimmer und Lamentieren,
Daß es einen Stein hätte mögen erbarmen und rühren;
Denn die Trennung ist ein sehr bitteres Kraut
Und verwundet der Liebenden Herz und Haut.

Es ward auch zu beiderseitigem Erquicken
Verabredet, sich fleißig Brieflein zu schicken,
Und 'nen ehmaligen Diener des Baron
Wählte man zum Liebespostillon.

Dieser hatte seit sehr geraumen Jahren
Die Kutsche der Herrschaft zu Ohnwitz gefahren
Und nun ohnlängstens als Veteran
Seine eigne kleine Wirtschaft gefangen an.

Schon zu des alten Herren Jugendzeiten
Besaß er in Bestellung der Liebesangelegenheiten
Zu aller Menschen Verwundernus
Eine besondere Fertigkeit und Habitus.

Er hieß Jürgen und war nun in allen Ehren
Auch willig zu des jungen Herrn Liebesbegehren
Und übernahm in diesem Fall der Not
Gegen gute Geschenke den Briefdepot.

Übrigens qualifiziert sich dieser Titel
Der Liebesbriefe zu 'nem neuen Kapitel;
Ich will darum mit möglichstem Fleiß
Alles Nötige sagen, was ich davon weiß.


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