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Sechszehntes Kapitel

Wie die alte Herrschaft zu Ohnwitz ihre silberne Hochzeit feiert mit allen Solennitäten

Wir wollen nun in den närrischen Liebessachen
Auf ein Weilchen eine Pause machen
Und einmal hinüber aufs Schloß gehn,
Denn da gibt's was Neues zu besehn.

Dort war ein Gewühl, Treiben und Rennen,
Als säh' man irgendwo ein Gebäude brennen,
Und vom Kammerdiener bis zum Küchenjung'
War alles gestimmt zu Laufen und Sprung.

Von der Kammerzofe bis zur Viehmagd befande
Sich alles geputzt im festlichen Gewande,
Und vom Schweinhirten bis zum Leiblakai
Prangte jeder in Sonntagslivrei.

Alle Schornsteine des Schlosses schmauchten,
Mehr als hundert Kochtöpfe dampften und rauchten,
Und dreißig Braten, teils zahm, teils wild,
Wurden am Feuer gar und mild.

Auch viel Flaschen stunden mit allerlei Weine
Aus Ungarn, Frankreich, Spanien und vom Rheine,
Teils leicht bestöpselt, teils verpitschiert,
In zierlicher Ordnung aufrangiert.

Ein Chor früh versammelter Violinisten,
Flötisten, Hauboisten, Waldhornisten
Saß bei Schnaps und Notenmusik
Und machte im Vorhaus zur Probe ein Stück.

Kurz, alle Anstalt schien zu prophezeien
Ein großes Triumphieren und Jubeleien;
Denn die gnädige Herrschaft feierte heut
Ihre sogenannte silberne Hochzeit.

Es erschienen zu diesem herrlichen Feste
Frühzeitig viele eingeladene Gäste
Vom benachbarten Adel zu Kutsch' und zu Roß
Auf dem freiherrlichen Ohnwitzer Schloß.

Der ganze Vormittag ging schier zu Ende
Mit Scharrfüßmachen und Küssen der Hände
Und Komplimenten und Gratulation
Nach dem gewöhnlichen vornehmen Ton.

Mittlerweile ward auf dem gepflasterten Saale
Alles bereitet zum hohen Mittagsmahle,
Und der Hörner und Trompeten Schall
Gab zum Sitzen das frohe Signal.

Es wurde da alles recht fürstlich gehalten,
Man aß herrlich und trank bloß alten;
Herr Doktor Jobs, der vor allen mit aß,
Sprach's Benedicite und Gratias.

Auch konnten an einigen Nebentischen
Sich noch andere eingeladene Gäste erfrischen,
Sie waren alle nur von Bürgerart,
Saßen folglich, wie billig war, apart.

Zum Exempel der Hausadvokate,
Welcher sein Glas fleißig leeren tate
Und nebst dem dicken Justitiar
Am ersten von allen berauschet war.

Auch einige geistliche Freunde des Hauses,
Gleichfalls keine Verächter eines guten Schmauses,
Item der herrschaftliche Sekretär
Und der gnädigen Frauen Leibakkoucheur.

Alle leerten als bekannte brave Zecher
Fleißig ihre gefüllten großen Becher
Und tranken im hochedlen Rebensaft
Aufs hohe Wohl der gnädigen Herrschaft.

Da hatten nun der gnädige Herr und gnädige Frau beide
Ihren Tausendspaß und übergroße Freude,
Denn ein jeder Betrunkner war
Auf seine eigne besondre Art ein Narr.

Auch ein in der Nachbarschaft wohnender Poete
Hatte von dieser bevorstehenden Fête
Durch die Posaune der Fama Wind
Und verfertigte drauf ein Carmen geschwind;

Kam also kurz vor der Mahlzeit herbeischleichen,
Tat das Carmen mit tiefster Reverenz überreichen
Und empfing höchst graziös davor
Ein Almosen von zwei blanken Louisd'or;

Wurde dabei aus überschwenglichen Gnaden
Mit an die Nebentafel eingeladen,
Saß aber, wie man leicht denken kann,
Wegen seines kahlen Rockes untenan.

Man schenkt' ihm oft ein, und er ward trunken;
Dies erregte nun sehr seine poetischen Funken,
Und man transportierte mit guter Manier,
Weil er zu laut wurde, ihn vor die Tür.

Der Rest des Tages verstrich unter Tanz und Springen
Und derlei zeitvertreiblichen schönen Dingen;
Abends war schöne Illumination,
Wobei man eine Tonne Öl verbronn.


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