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Fünftes Kapitel

Dieses Kapitel handelt von des Herrn Pfarrers Jobs häuslichem Leben

Nun will ich auch von Herrn Jobs häuslichem Leben
Noch eine vollständige Nachricht geben,
Und wir sehen dann auch zugleich dabei,
Ob auch aufm Schlosse noch alles richtig sei;

Denn beider Schicksal verwebt sich enger
Miteinander desto mehr, je länger
Die Erzählung der Geschichte währt
Und man geduldig zu lesen fortfährt.

Herr Jobs tat, wie gesagt, mit aller Treue
Alles, was gehörte zu seiner Pfarreie;
Auch in seiner Ökonomie befand sich
Alles fein sauber und ordentlich.

Er konnte sich zwar selbst damit nicht befassen,
Mußte sie also seiner Schwester überlassen;
Denn sie war, nachdem die Mutter storb,
Das Faktotum und allein Henne im Korb.

Er befand sich dabei auch gar nicht übel,
Und seine Bücher, besonders das Studium der Bibel,
Vertrieben ihm angenehm die Zeit
In seines Musäi Einsamkeit.

.

Er ging auch, um sich zu divertieren,
Bei guter Witterung zuweilen spazieren;
Wobei er denn fein gesund blieb
Und verhütet wurde das malum Hyp.

Auch pflegte er sich oft persönlich zu erkünden
Nach der herrschaftlichen Familie Wohlbefinden,
Und sowohl die gnädige Frau als beide Herrn
Sahen ihn jedesmal herzlich gern.

Er war auf dem freiherrlichen Ohnwitzer Schlosse
Gleichsam Spiritus familiaris und Hausgenosse
Und wenigstens jeden Sonntag fast
Nach geendigtem Gottesdienst Gast.

Auch hat sich der junge Baron oft zu ganzen Stunden
Zum Besuche im Pfarrhause eingefunden,
Und es verginge kein einziger Tag,
Daß er nicht wenigstens en passant einsprach.

Doch was diese Besuche betrifft, so scheinet,
Daß er eben nicht immer damit den Bruder gemeinet;
Denn es kümmerte ihn nicht, wenn er vor der Hand
Nur bloß die Schwester zu Hause fand.

Er ging am liebsten in der Pfarrgegend jagen,
Auch der hübsche Garten da tat ihm behagen,
So daß er beständig einen Vorwand
Zu seinen frequenten Visiten erfand.

Zum Exempel: Abends fand er in diesem Reviere
Das sanfte Wehen der kühlen Zephire
In den Bäumen daselbst sehr angenehm
Und das Wäldchen da zum Spazieren bequem.

Oder er hatte über gewisse gelehrte Sachen
Mit Herrn Doktor Hieronimus etwas zu sprachen;
Oder er brachte ein Häschen oder Rebhühnlein,
Das er geschossen, in die Küche hinein;

Oder er pflegte ins Pfarrhaus zu eilen,
Angenehme Neuigkeiten dort zu erteilen;
Oder er kam, und es war noch zu früh,
Zum sonntäglichen Gottesdienst hie;

Oder er hatte Aufträge und Freundschaftspflichten
Von seinen Eltern an Herrn Jobs zu entrichten;
Oder er erkundigte sich auch wohl bloß,
Ob nichts zu bestellen sei fürs Schloß.

Die Ohnwitzer haben mit Verwunderung gesehen
Ihn so ofte ins Pfarrhaus hineingehen;
Denn es begab sich, daß er Gelegenheit nahm
Und täglich wohl zwei- bis dreimal kam.

Kurzum, auch im häuslichen Geschicke
Lächelte dem Herren Pfarrer Jobs das Glücke,
Besser als manchem Prinzen und Rex
Oder in neuerer Zeit einem Pontifex.


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