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Ein ausgehungerter Beduine ging an einem Araber vorüber, der soeben seine Mahlzeit hielt, von der er einen guten Bissen zu erhaschen hoffte. »Woher, o Beduine?« fragte der Araber. »Von den Zelten deines Stammes.« »Hast du meinen Sohn Osman nicht gesehen?« »Er springt herum wie ein junger Löwe.« »Was macht seine Mutter?« »Sie brüstet sich in ihren neuen Gewändern und wird von Tag zu Tag sichtbar fetter.« »Und mein rothaariges Kamel?« »O, es befindet sich vollkommen wohl und läuft wie der Blitz.« »Und mein treuer Hund?« »Der läßt keinen Wanderer ruhig vorbeiziehen und bellt, daß es eine wahre Freude ist.« »Und mein Haus ?« »Das steht fester und prangt herrlicher denn je!«

Als der Beduine sah, daß der Frager unterdessen fast mit der Mahlzeit fertig geworden war, ohne ihm einen Bissen anzubieten, änderte er seinen Plan, um auf eine andere Weise zu dem so sehnlich erwünschten Mittagsmahle zu gelangen. Ein Hund lief vorbei. »Welch ein Unterschied,« rief der Araber voll Wohlbehagen aus, »welcher Unterschied zwischen diesem und meinem Hunde!« »Ja freilich, wenn er noch lebte«, rief der hungrige Beduine aus. »Wie! ist er nicht mehr?« fuhr der Araber auf, »und hast du mich zuvor hintergangen?« »Ich wollte«, erwiderte der Beduine, »dir nicht die Eßlust verderben. Er ist freilich nicht mehr; und das, weil er sich am Fleische deines Kamels überfressen hatte.« »O, der Himmel! auch mein Kamel tot? und wie starb es denn?« »Es wurde am Grabe deiner Gemahlin, der Mutter Osmans, geschlachtet.« »Großer Gott! auch mein Weib verloren! welch ungeheures Unglück! An was starb sie denn?« »Aus Verzweiflung über den Tod deines Sohnes.« »O Unglücklicher! was sagst du, mein Sohn?« »Ja, dein Sohn wurde vom Hause erschlagen, das über ihm zusammenstürzte.«

Der Araber warf sich verzweiflungsvoll zur Erde nieder und wälzte sich im Sande, während der Beduine ruhig den Überrest der Mahlzeit verzehrte.


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