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Viertes Kapitel.

Der Truchseß überfällt die Leipheimer.

Die Eilboten der Bundesräthe zu Ulm, die den Truchseß nach Leipheim abriefen, fanden ihn im Lager zu Zwiefalten, er wandte 351sich und zog in der Nacht des Sonntags Judica mit einem Theile der Reiterei nach Ehingen, mit dem andern nach Munderkingen. Das Fußvolk blieb im nächsten Dorfe bei Munderkingen, Montags vor Tag kam es hier an. Als nun die mit den Quartiermeistern reitenden Reiter, die nach Ehingen vorausgingen, bei dem Troß vorüberkamen, fing einer an zu schreien: »fliehet, fliehet, der Truchseß und all sein Volk ist erschlagen, die Bauern kommen hinten nach.« Im Schrecken stob der Troß auseinander, die Einen flohen da hinaus, die Andern dort hinaus und warfen Alles von sich, was andere Bedächtigere aufhoben. Ein Theil des Trosses plünderte das Gepäck. Da sich der Lärm als falsch zeigte, erhob sich wieder eine gefährliche Unordnung, die Beraubten wollten das Ihrige wieder haben, es drohte ein Gefecht unter den Knechten. Herr Georg ritt herbei, und, um den Sturm zu stillen, zahlte er aus seinem Säckel Jedem die Hälfte des Werths von Allem, was er verloren hatte. Er zog an selbigem Tage noch nach Wiblingen, das Fußvolk nach Gögglingen, und Dienstags den 4. April in der Frühe über die Iller neben Ulm hin. Im Lager zu Wiblingen hatten sich die Bundesräthe bei ihm eingefunden, und mit ihm den Angriff auf den Leipheimer Haufen beschlossen. Seidler's, Holzwart's, Hans Luz's Handschriften.

Wie die Leipheimer, war auch der Haufen zu Langenau nicht unthätig geblieben. Jakob Finsternauer, der Pfarrherr, und Thomann Paulus, ein Geschlechter und der Bauern Amman, hatten auch hier die Ausschweifungen nicht zu hemmen vermocht. Am Sonntag Judica schrieben die Hauptleute und Räthe des Lagers zu Langenau an die Hauptleute des Lagers zu Leipheim, sie haben angegriffen und plündern noch täglich. Nur noch ein Schloß sei vorhanden; haben sie dieses noch erobert, so seien alle Herrenhäuser bei ihnen aus. Man solle ihnen hier zwei- bis dreitausend Knechte und zwei oder drei Büchsen schicken, wenn die Leipheimer nicht etwa ganz herüber kommen könnten. Sei das Schloß verbrannt, so wollen sie von Stund an alle auf sein und dem Leipheimer Haufen zuziehen. Dann wolle man gemeinschaftlich auf Ulm zuziehen, und, ob Gott wolle, allen den andern Brüdern einen großen Beistand thun. Können die 352Leipheimer ihnen nicht beistehen, so möchten sie wissen, was weiter zu thun sei. Akten des neuen Bau's in Ulm.

Gelang ein gemeinschaftlicher Angriff auf Ulm, und wurde diese feste Stadt von den Bauern eingenommen, so hatte der schwäbische Bund seinen Stützpunkt an der Donau verloren, und die Bauern hatten einen Halt. Die Ulmer Herren waren bei den Bauern so verhaßt, daß keiner ohne Gefahr, von ihnen mißhandelt zu werden, sich über Feld wagen konnte. Schreiben Wolfgang Reichardt's an seinen Sohn Zeno in Heidelberg in Schmid's Sammlung.

Die Leipheimer hatten sich durch List Günzburg's bemächtigt, wo der Rath bisher nicht hatte bewegt werden können, der Volkssache sich anzuschließen. Aus der Stadt waren Viele in's Lager vor Leipheim hinausgegangen. Einige Tage darauf baten sie den Rath schriftlich um Erlaubniß, Weib und Kind besuchen zu dürfen. Der Rath, der sie nach ihrem Weggang als Ausgetretene behandelt hatte, erlaubte ihnen aus Furcht, wieder hereinzukommen. Die Günzburger machten sich auf, in ihre Stadt zurückzukehren, aber sie nahmen auch fremde Bauern in ihre Reihen auf. Der erste Haufen besetzte sogleich die Thore, die Andern drangen mit gezückten Schwertern in die Stadt, vor's Rathhaus, und nöthigten den Rath zum Anschluß. So blieb die Stadt in den Händen der Bauern.

Als Jakob Wehe, der das Bundesheer in Oberschwaben beschäftigt und festgehalten glaubte, den Truchseß sich so nahe sah, suchte er Zeit zu gewinnen, und knüpfte Unterhandlungen an mit den Hauptleuten und Räthen des schwäbischen Bundes zu Ulm. Er schrieb an den Bund, am Dienstag nach Judica, den 4. April, sie, als hochverständige und erfahrene Kriegsleute, werden es leicht einsehen, daß, da die Versammlung der Bauern je länger je größer geworden sei, ein solches Volk nicht allweg zu zwingen sei. Was Ungeschicktes vorgenommen und geschehen sei, sei ihnen, denen von Leipheim und anderer Orten Mitverwandten, die unschuldig dazu bewegt worden seien, mit Treuen leid. Damit noch mehr Aergerniß verhütet werde, so bitten sie, der Bund wolle zu Gottes Lob und zum Frieden ein treuer Förderer sein. Auch sie wollen für sich selbst, 353so viel ihnen möglich sei, mit höchstem Fleiß bei andern Versammlungen dahin wirken, daß durch gottesfürchtige und verständige Männer, welche das Zeitliche hassen, und das gemeine Beste lieben, die Klagen gehört und Alles in Güte oder mit rechtlicher Entscheidung der Beschwerden erledigt werde. Das Schreiben war von Günzburg aus datirt; wahrscheinlich war Meister Jakob mit seinem Freunde, dem dortigen Pfarrherrn, zu Rathe gegangen. Der Bote, der es nach Ulm trug, war zu mündlicher Verhandlung bevollmächtigt. Die Bauernhauptleute hofften inzwischen die verbrüderten Haufen an sich zu ziehen, um dem bündischen Heere gewachsen zu sein.

Aber der Truchseß war schon hart an ihnen. Er ließ an selbem Tage eine Abtheilung seiner Reiterei, die Hessischen und Ulmischen, unter dem Hauptmann Sigmund Berger, über die Donau auf Elchingen gehen, während er selbst auf Leipheim zuzog. Diese Seitenabsendung stieß am Forst bei Göttingen aus einen Bauernschwarm von 1200 Mann, von denen gerade ein Theil mit Beute beladen in Unordnung nach Langenau heimkehrte, ein Theil noch mit Plünderung des Klosters Elchingen beschäftigt war. Die Reiter setzten in sie, sie stoben auseinander. Die Entfernteren retteten sich durch die Flucht; von den andern in und bei dem Kloster Ueberfallenen wurden in die fünfzig erstochen, ein Theil in die Donau gesprengt, worin Viele ertranken. Bei Zweihundertundfünfzig wurden gefangen und gebunden nach Ulm geführt. Ulmer Rathsprotokoll. Bericht des Augenzeugen vom Auszug des schwäbischen Bundes. Niclas Thomanns Handschrift.

Die Hauptleute des Leipheimer Haufens hatten sich in der Schnelle in Vertheidigung gesetzt. Zwischen drei- und viertausend Bauern hatten die Staige über der Biberbrücke an dem Jungholz, einem kleinen Walde, besetzt, sie standen mit gutem Vortheil, links hatten sie das Holz, rechts einen Bach, vor sich einen Sumpf, im Rücken eine Art Wagenburg. Sie hatten unter dem Feld gegen die Donau hin im Fahrweg viel alte Wagen umgestürzt, dazwischen viel Hakenbüchsen und anderes kleines Geschütz auf Böcke gelegt. Sie schoßen auch tapfer und sehr stark nach den Reisigen des Truchseß, als diese sich zeigten. Herr Georg wußte recht gut, daß »die Leipheimer schlecht mit Pulver 354für ihr Handgeschütz versehen wären.« Pfersfelders Bericht nach München, Aussage eines Kundschafters, vom 29. März. Keck hatte er sich darum mit seiner Rennfahne (dem Vortrab) und mit dem verlorenen Haufen vorausgemacht, der Gewalthaufe und die andern Geschwader waren etwas dahinten geblieben. Als aber die Bauern auch das große Bundesheer anrücken und sich aufstellen sahen, es war mehr als das Doppelte stärker als sie, wollten sie sich nach kurzem Kampfe auf Leipheim zurückziehen, und auf ihre Brüder, die sich dort sammelten; denn der größere Theil kam erst von Günzburg her. Es zog auch bereits ein neuer Bauernhaufe hervor. So schwer ein Rückzug im Angesicht des Feindes war, so setzten sie ihn doch so geschickt fort, daß sie ihre Verwundeten und Todten auf Wägen mit sich führten bis zunächst an Leipheim, wo sie in das Feld an der freien Straße eine Grube machten und die Todten begruben. Die bündischen Reiter konnten wegen des Mooses nicht gleich an die Bauern kommen, sie mußten dasselbe umgehen. Jetzt setzte der Truchseß mit der Rennfahne in die Rückziehenden, und es gelang ihm, ihnen den Weg abzujagen. Auf seinen Ruf wandten sich die bündischen Knechte gegen das steinerne Kreuzbild und rannten damit den Bauern den Rückzug nach Leipheim ab. Viele wurden in dem Jungholz, wohin sie zurückliefen, von den bündischen Reitern der Nachhut erstochen oder gefangen, Viele warfen sich in die Donau und schwammen hinüber, fielen aber den Ulmischen und Hessischen Reitern hier in die Hand, die Elchingen gesäubert hatten. Dagegen hatten sich viele der bei Elchingen Ueberfallenen über die Donau nach Leipheim gerettet. Bei Leipheim sind nach der geringsten und glaubwürdigsten Angabe 500 Bauern erstochen worden, bei 400 in der Donau ertrunken, mehr als 2000 aber zogen sich glücklich in die Mauern von Leipheim zurück. Bericht des Eßlinger Hauptmanns Hans von Dorn unterm 7. April im Eßlinger Archiv. Hans Luz gibt über 2000 Erschlagene an, bei 1500 Ertrunkene. Der Verfasser des Auszugs, auch ein Augenzeuge, schätzt den Verlust der Bauern bei Leipheim und Elchingen zusammen auf 5000. An Geschütz erbeuteten die Bündischen nur vier Falkonetlein.


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