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Siebenzehntes Kapitel.

Der Fuchssteiner und des Geächteten Plan.

Ulrichs geheimer Unterhändler in diesen Sachen war um diese Zeit ein merkwürdiger Abenteurer, der sich Johann von Fuchsstein nannte, Ritter und Doktor. Dieser Fuchssteiner war aus einem landsäßigen Adelsgeschlechte der Pfalz, nicht der Sohn des bekannten bairischen Schultheißen zu Regensburg, sondern des Landrichters zu Amberg, und bis zum Jahre 1523 Kanzler des Pfalzgrafen Friederich. Er nannte sich nach seinem pfälzischen Lehen zu Ebermannsdorf.

Die Zeitgenossen sprechen mit Auszeichnung von seinen Talenten, selbst seine Feinde; weniger günstig ist das Urtheil von Freund wie Feind über seinen Charakter. »Ein übergeschickter Geselle, der alle böse Griffe gebrauchte,« sagt der eine. Gemeiner, Regensburger Chronik nach Berichten von Zeitgenossen. Fuchssteiners Nachfolger im Amte eines Geheimschreibers des Pfalzgrafen, Hubert Thomas, sagt von ihm: »Der von Fuchsstein war sehr geschickt, aber dabei etwas verkehrten Gemüths; bei ihm war das Recht und die Billigkeit um Geld zu verkaufen, und wo er Gewinn sah, konnt' er's drehen wie er wollte. Die Laster konnte er mit der Zunge so meisterlich verantworten, daß Viele sich betrügen ließen und ihn für einen ehrlichen Mann hielten, was er doch nicht war.«

Am Hofe des Pfalzgrafen bewegte er sich in dem genialen Leichtsinne der Zeit, in einer glänzenden Liederlichkeit, wie seine genußsüchtigen Herren, die Pfalzgrafen, selbst. Im Jahre 1522 machte ihn der Pfalzgraf Friederich zum Beisitzer am Reichsregiment.

Als solcher begünstigte er das Unternehmen Sickingen's; er war einer der Eingeweihten in der fränkischen Ritterverschwörung und suchte die Pfalzgrafen für Sickingen's Plan gegen die geistlichen 270Fürsten zu gewinnen, und als ihm das mißlang, sie in Händel mit ihren Verwandten zu verwickeln. Die Entdeckung seiner Intriguen, namentlich unter Sickingen's Papieren aufgefundene Briefe von des Fuchssteiners eigener Hand, machten seine bisherige Stellung unhaltbar. Er floh aus dem Land, ehe die Pfalzgrafen diesen ihren Kanzler zur Strafe ziehen konnten, der, nach seinen eigenen Worten in einem Schreiben an Sickingen, »es an der Zeit gehalten« und mitgearbeitet hatte, »die Hoffart der Fürsten zu dämpfen und den deutschen Adel von ihrem unerträglichen Joche zu erledigen.« Seine Lehen wurden eingezogen, als verwirkt. Er begab sich in die Schweiz, wohin nach Sickingens Fall auch die andern geächteten Ritter als Flüchtlinge eilten.

Er trat in die Dienste Ulrichs, des geächteten Herzogs von Württemberg. Von da an heißt er bald Ulrichs Rath, bald dessen Kanzler. Als Eingeweihter, und aus gleichem Grunde politischer Flüchtling, wie sie, leitete er leicht eine Verbindung ein zwischen denen, die seine alten Freunde von der Adelsverschwörung Sickingens her waren, und zwischen seinem neuen Herrn, dem fürstlichen Flüchtling Ulrich.

Von den geächteten Freunden Sickingens waren in der Schweiz: Hartmuth von Kronberg; Frowen von Hutten, der kurmainzische Hofmarschall; die Rosenberge von Boxberg; der grausame Thomas von Absberg; Franz Sickingens Sohn, Schweicker von Sickingen; und außer diesen namhaften Hauptleuten des fränkischen Ritterbundes noch manche andere Ritter vom Main, von der Tauber und vom Rhein, welche die Acht getroffen hatte. Auch Florian Geyer von Geyersberg auf Giebelstadt scheint unter den Geächteten gewesen zu sein.

Die meisten dieser Ritter hatten Herzog Ulrich, unter der Fahne des schwäbischen Bundes, und als Bluträcher des von Ulrich erschlagenen Hutten, ihres Verwandten, aus seinem Herzogthume Württemberg verjagen helfen. Vom Unglück in der Schweiz zusammengeführt, verbündeten sich diese alten Feinde, der Herzog und diese Ritter, jetzt gegen ihre gemeinschaftlichen Feinde: sie, wie er, hatten den gleichen Zweck, wieder in's Vaterland und in ihr Eigenthum zu kommen.

Schon früher hatte Ulrich Verbindungen mit böhmischen Rittern angeknüpft. Diese hielten ihm dort gute Kriegsknechte und feste Plätze bereit, an der böhmisch-bairischen Grenze.

271

In Ulrichs überrheinischer Grafschaft Mömpelgard setzten sich die fränkischen Geächteten mit 110 Pferden, und zu Basel hielt der Herzog eine Versammlung aller seiner Freunde und einen Kriegsrath. Beschlüsse desselben waren, vor Allem die Macht des schwäbischen Bundes zu theilen; zu diesem Zwecke mit den aufgestandenen Bauern Oberschwabens sich zu verbünden, und auf der Grenze Böhmens einen Einfall in das Land der Herzoge von Baiern zu organisiren.

Baiern, seine Herzoge und der kluge bairische Kanzler Eck waren besonders starke Stützen des schwäbischen Bundes. Während, um diese zu beschäftigen, von Böhmen aus im Rücken Baierns durch einen Theil der geächteten Edeln aus Franken und durch die böhmischen Ritter ein Einfall in dieses Land geschähe, sollten zu gleicher Zeit die Bauern im Algäu, und mit ihnen Ulrich und ein geworbenes Heer Schweizer und Flüchtlinge, namentlich die alten Bundschuher Württembergs; von vorn in Baiern einfallen, und Ulrich dann sein Herzogthum rasch einnehmen, in das schon jetzt die Verschlagensten vom armen Koonz sich hineinstahlen und unter den Bauern desselben vorarbeiteten.

Hartmuth von Kronberg und ein Theil der fränkischen Geächteten gingen selbst nach Böhmen; der Fuchssteiner war darunter. Der andere Theil der vertriebenen fränkischen Edelleute blieb in den obern Landen, um den Einfall der schwäbischen Bauern in das Bairische zu leiten.

Man sah die fränkischen Geächteten auf der böhmischen Grenze umreiten, anzetteln und werben. Ihre Diener warben sogar in der Oberpfalz Reisige. Der Fuchssteiner ritt selbst mit Reisigen an der Grenze zwischen Baiern, der Oberpfalz und Böhmen um, im Herbste 1524.

Während die Andern zurückblieben und die Zeit abwarteten, mit ihren geworbenen Knechten und aufgewiegelten böhmischen Bauern in Baiern einzufallen, eilte der Fuchssteiner in die Schweiz zu Ulrich zurück, und ging in dessen Namen im Januar 1525 zu König Franz von Frankreich, um neue Geldunterstützung zu holen. In seinem Schreiben sagt Ulrich, es sei ihm eine Gelegenheit an die Hand gestoßen, daß er eine tapfere Anzahl Volks zu Roß und zu Fuß zusammenbringen könnte, darunter die Hintersaßen von seinen und des Königs Feinden, der Oesterreichischen und Anderer eigene Unterthanen, auf dem obern 272und untern Schwarzwald, dem Hegau und Klettgau, etlich tausend, damit sein erblich Fürstenthum wieder einzumehmen, es fehle ihm nur an einer kleinen Summe Geldes, und so bitte er Seine Majestät, ihm 15,000 Kronen vorzustrecken, damit wolle er die oben genannten Schwarzwälder, Hegauer und Klettgauer, auch etliche Eidgenossen und Reisige, bis in 12,000 stark, sammt dem Geschütz und Geschützmeistern unterhalten, die ihm einen Monat oder, wo es vonnöthen, noch länger, einer um einen Gulden dienen sollen, bis er sein Fürstenthum wieder eingenommen habe. Ebendaselbst.

Während der Fuchssteiner in's Lager des Königs Franz vor Pavia ging, setzte der Herzog seine Werbungen und Umtriebe fort. Saß er doch auf seiner Veste Twiel mitten inne zwischen den aufrührigen Bauern, und Hülzingen, wo die Klettgauer und die Schwarzwälder zusammentrafen, lag hart am Fuße des Twielerberges. Er suchte schon jetzt ein Verständniß mit Hans Müller von Bulgenbach, nicht zu verwechseln mit jenem Hans Müller, der im Jahre 1519 als Hauptmann der Landsknechte in seinem Dienste sich auszeichnete; der Letztere, genannt mit der einen Hand, diente um diese Zeit im Heere des schwäbischen Bundes. Hans Lutz von Augsburg, Herold des Georg Truchseß, eines Augenzeugen, handschriftliche Beschreibung des Bauernkriegs. Das Original dieser wichtigen Handschrift befand sich früher im Besitze des Herrn v. Halder in Augsburg, wo es Präl. v. Schmid selbst copirte. Der Einfall des Schwarzwälder Bauernobersten in's Württembergische war übrigens vorerst nur eine Sondirung und Recognoscirung: weder der Bauern noch Ulrichs Rüstungen waren zu Ende von 1524 schon vollendet; auch hoffte der Letztere noch auf einen entscheidenden Sieg Frankreichs über Oesterreich in Oberitalien, wodurch der Sieg der aufgestandenen Bauern wie die Wiedereinnahme Württembergs durch den Herzog ein leichtes Spiel geworden wäre. König Franz schrieb auch unterm 10. Februar 1525 an Ulrich, er hoffe ihm bald gute neue Zeitung zu wissen zu thun. Schreiben des Königs bei Gabelkhofer.

Auf seine überrheinischen Herrschaften nahm Ulrich von Basel und Solothurn neue große Summen auf, ließ aus denselben sein 273Geschütz nach Twiel führen, kaufte neues, und ließ auf seiner Veste Pulver und Kugeln verfertigen. Zu Schaffhausen, auf und unter Hohentwiel, zu Hülzingen, zog er Knechte und Bauern in seinem Sold zusammen. Fröhlichen Muths sprach er an der Tafel in der Herberge mit dem oberelsäßischen Edeln Wolf Dieterich von Phirt darüber, wie man Unrecht thue, ihm aufzurücken, als ob er mit dem Bundschuh in sein Land ziehen wolle. Obgleich er wohl leiden möchte, wer ihm zu seinem Lande helfe, es sei Stiefel oder Schuh (Ritter oder Bauer), verhoffe er doch mit Ehren dazu zu kommen. Er gedenke vorher (im Gebiete des schwäbischen Bundes) Land und Leute zu erobern, und dann mit leichter Mühe sich seines Landes zu bemächtigen, weil er sich einer großen Hülfe getröste.


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