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Fünfzehntes Kapitel.

Hinhaltende Politik der schwäbischen Herren.

Gar zu gerne hätten die oberschwäbischen Herren ebenso schnell ihre Bauern zur Ruhe gebracht. Diese brachten ihre Forderungen in sechszehn Artikel, auf welche die im Klettgau und Hegau, in Stühlingen und in der Baar gleicher Weise sich beriefen. Es waren folgende: Zum Ersten wollen sie ihrem Herrn weder hagen noch jagen, auch alles Gewild, Wasser und Vögel sollten frei sein; zum Zweiten sollen sie den Hunden keine Bengel mehr anhängen müssen; zum Dritten sollen sie Büchsen und Armbrust frei tragen dürfen; zum Vierten von den Jägern und Forstmeistern ungestraft sein; zum Fünften ihren Hauptherrn nicht mehr Mist führen; zum Sechsten nicht mehr mähen, schneiden, hauen, noch das Heu Garben oder Holz einführen müssen; zum Siebenten wollen sie der schweren Märkt und Handwerke wegen unverbunden sein; zum Achten solle man keinen mehr thürmen, oder blocken, der verbürgen kann, daß er sich zu Recht stellen werde; zum Neunten wollen sie fortan weder Steuer, Schatzung noch Umgeld mehr zahlen, es wäre dann mit Recht erkannt; zum Zehnten kein Baukorn mehr geben, auch nicht mehr zur Frohn zu Acker gehn; zum Eilften solle Niemand mehr von »Ungenossene« wegen, d. h. wegen Heirath einer in einen fremden Hof gehörigen Mittel-Person gestraft werden, wenn eines weibe oder manne; zum Zwölften, wenn sich einer erhenke, oder sonst entleibe, der Herr dessen Gut nicht nehmen, überhaupt zum Dreizehnten der Herr keinen beerben, so lange noch mehr Verwandte vorhanden seien; zum Vierzehnten solle Abzug und Vogtrecht abgeschafft sein; zum Fünfzehnten, wer Wein in seinem Hause habe, denselben ungestraft Jedermann ausschenken dürfen. zum Sechszehnten, wenn ein Vogt eines Frevels wegen einen belange, und ihn mit guter Zeugenschaft nicht überweise, solle er ihn nicht strafen dürfen.

In den meisten Bauern war der Wunsch und die Hoffnung, auf dem Wege des Vergleichs mit ihren Herrn einig zu werden, aufrichtig. Nicht so war es bei der Aristokratie. Ihre Erbietungen zu Recht entsprangen einzig aus der augenblicklichen Beklemmung und Verlegenheit. Ihr Bestürzung war schon darum groß, weil das meiste und beste Kriegsvolk entweder schon in Italien war, oder dahin 253geschickt werden mußte, wo die Entscheidung zwischen dem Kaiser und Frankreich schwankte. Urk. des schwäbischen Bundes, in der Sammlg. des Präl. v. Schmid. Zu Ende 1524 zogen vollends die letzten bedeutenderen Streitkräfte dahin. Zudem fehlte es dem Erzherzog im Anfang auch selbst an Geld, um nur werben lassen zu können. Weil die Herren daheim sich zu schwach zu Gewaltmitteln fühlten, wählten sie langsame Unterhandlungen; sie gewannen Zeit, eine hinreichende Kriegsmacht und Kriegsbedürfnisse an sich zu bringen, um über die Bauern mit überraschender Uebermacht zu fallen, gleich nach plötzlichem Abbruch oder mitten im Gange der Unterhandlungen. Diese Politik der Herren zieht sich durch den Verlauf des ganzen Kampfes hin, und es gehörte viel Gutmüthigkeit und Unkenntniß der diplomatischen Aktenstücke aus jener Zeit dazu, um, wie so viele Geschichtschreiber thaten und Andere ihnen nachglaubten, in den Vergleichsvorschlägen der Herren redlich meinenden Ernst zu sehen, und sich zu bereden oder bereden zu lassen, dieselben hätten sich selbst überwunden und von ihren Rechten etwas nachlassen wollen, das in irgend einen Betracht hätte kommen können.

Nein, die Herren erschienen nicht nur nicht auf den Tagfahrten, die sie selbst weit genug hinausgesetzt hatten; sie täuschten nicht nur auch auf andere Weise den treuherzigen Glauben der Bauern; sie sprachen, als sie gerüstet waren, nicht nur ohne Scheu es aus, daß die Bauern zuerst zum Gehorsam gebracht sein müssen, dann erst wollen sie sich gegen jede Klage und Beschwer derselben verantworten: Urk. aus d. Weingarter Archiv in d. Sammlg. des Präl. v. Schmid. sondern es liegen die Originalschreiben vor, worin die Absicht, das Volk durch den Schein von Nachgiebigkeit und rechtlichen Verhandlungen so lange hinzuziehen, bis man es mit Gewalt niederdrücken könnte, unumwunden ausgesprochen ist, wiewohl natürlich dies ein Geheimniß unter den Herren bleiben sollte, die miteinander correspondirten. Aus dem Ulmer Archiv; aus dem Weingarter Archiv; in der Sammlg. des Präl. v. Schmid. Auch bei Seidler, Copie einer Handschrift in d. Sammlg. des Präl. v. Schmid, schreibt der Erzherzog: »der Truchseß solle mit den Bauern gütlich handeln, bis er sein Kriegsvolk beisammen hätte.« Man vergleiche später die Schreiben Ecks an den Herzog von Baiern im 19. Kapitel.

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Als die Bauern zugesagt hatten, bis zu rechtlichem Austrag ihrer Sache sich ruhig verhalten zu wollen, thaten sie es in der Voraussetzung, daß auch die Herren inzwischen ihre Ansprüche an sie beruhen lassen sollen. Sobald sie aber nach Hause kamen, forderten ihre Grundherren Frohnen, Abgaben und alle angefochtenen Lasten ganz wie bisher. Dessen weigerten sich die Bauern. Sie bestanden darauf, die Herrschaften müssen bis zur Entscheidung ihre Forderungen beruhen lassen, soweit sie Leistungen betreffen, deren Recht sie in Abrede ziehen, und wenn sie etwas verlangten, müßten sie gegen die Bauerschaft klagend vor dem Gericht auftreten. Dieses Benehmen der Herren verdroß die Bauern höchlich, und ein Theil derselben glaubte sich nun auch nicht verbunden, das Versprechen, ruhig zu sitzen, ganz wörtlich zu halten. »Die Bauern zogen wieder heim, sie wollten sich baß besinnen;
Da mußten sie Erdbeern und die Morachen gewinnen.
Sie zogen wieder heim und waren nit lang ausgewesen;
Da mußten sie auch Schneckenhäuslen lesen.
Sie möchten sein nit geniesen,
Sondern mußten in die Kriesen.
Die Herren sammleten sich und huben an zu tagen;
Da sprachen die Bauern: Wir wendt die Herrn zwacken.
Die Herrn zogen wieder heim, ihnen fing an zu grausen;
Da sprachen die Baurn: den Herrn welln wir lausen.
Sie kamen zusammen und fingen an zu schießen;
Deß wollt die Herrn sehr übel verdrießen.«
              Volkslied jener Zeit.

In diese Zwischenzeit fiel die Ankunft Münzers und die Rührigkeit der Prädikanten, die Aufregung durch Predigten und Flugschriften.

Es war im November. Auch die Unterthanen der Stadt Villingen, besonders die im Brägthale, fingen an unruhig zu werden. Im Hohenbergischen, im Lande Württemberg, um Tuttlingen herum, regte sich's. Die österreichische Regierung sandte eine Zahl reisiger Knechte unter Rudolph von Ehingen nach Tuttlingen, um die Bewegungen des Landvolkes zu beobachten. Die Bauern in dieser Gegend lagerten nur an die 300 zu Thuningen bei Tuttlingen. »Der Hecht« und Oßwald Meder führten sie. Hier traf Hans Müller von Bulgenbach mit ihnen zusammen, um sie hinab in das Württembergische zu führen. Als die österreichischen und die Bundesvölker ihnen entgegentraten, zog sich Hans Müller mit ihnen und den 255Seinigen aus Bräunlingen zurück, schickte sein Aufgebot in den Schwarzwald, und bald standen auf dem Walde, zur Halde genannt, gegen Sechstausend unter seiner Fahne. Er wollte Villingen und Hüfingen überfallen, aber sein Plan wurde verrathen oder vorausgesehen, und die Gegner, zu denen starke Zuzüge von Freiburg und Waldkirch stießen, besetzten beide Städte, ehe er etwas thun konnte. Die Seinen zerstreuten sich größtentheils wieder zu ihren Hütten, und nur die eigentlichen Landsknechte und eine kleine Zahl Bauern blieben um ihren Hauptmann. Diese griffen das Schloß des Grafen Sigmund von Lupfen an, während die Klettgauer Küssenburg, ein Schloß des Landgrafen Rudolph von Sulz, belagerten, und ein Haufen Hegauer gegen Hüfingen und Donaueschingen zog.

Im Hegau waren nämlich wieder an die tausend Bauern auf. Der Truchseß Georg von Waldburg unterhandelte mit ihnen, beobachtete sie, versuchte endlich ihren Muth, indem er unter ihren Augen das Dorf Mühlhausen wegnahm, den Wohnort ihres obersten Hauptmanns, Hans Maurer, und das Vieh wegtrieb. Er trieb es unter dem Mutberg durch eine Furth, in der Meinung, die Bauern sollen ihm nachsetzen, und dann wollte er mit 300 Pferden sich unter sie werfen. Diese aber zogen sich, ohne sich aus ihrem Vortheile locken zu lassen, in eine feste Stellung zurück, wo sie der Truchseß nicht anzugreifen wagte, und von da weiter gegen Donaueschingen. Rudolph von Ehingen und die starke Besatzung von Villingen drängten sie in das Wutachthal. Hier trennte sich der Haufen, ein Theil zog heim, ein anderer ging über die Wutach, rührte die Hauensteinischen Bauern auf, drang bis an das Kloster St. Trudpert vor, plünderte und verwüstete es, streifte von da nach St. Blasien, verwüstete und raubte im Kloster Alles aus, selbst die heiligen Gefäße und die Bücherei. Es kamen der Schultheiß Frey und andere Glieder des Raths von Baden sowie die von Klingnau, und versuchten zu vermitteln und zu beruhigen. Aber ihre Mühe war vergebens, wie die Tagfahrt zu Rheinfelden um Martini. Täglich mehrten sich die Unzufriedenen in Blumenegg, im Wutachthal, in der St. Blasischen Herrschaft, im Fürstenbergischen. Die österreichische Regierung zu Ensisheim ließ, was sie in der Eile an Kriegsvolk aufbringen konnte, zu den andern Fähnlein stoßen. Sie zogen allesammt in das Thal 256von St. Trudpert, schlugen dort eine Abtheilung Bauern, verbrannten mehrere Bauernhöfe und trieben das Vieh weg.

Inzwischen kam der Tag, auf welchem zu Stockach die gerichtliche Verhandlung beginnen sollte. Es war der Feiertag Johannis des Evangelisten, der 27. Dezember. Als die Bauern-Abgeordnete sahen, daß in dem Gerichte lauter Adelige saßen, protestirten sie: sie wollen kein Adelsgericht, sondern ein unparteiisches. Da ließen die Herren den Landgerichtsbrief Kaiser Maximilians verlesen, und bewiesen daraus, daß die Beisitzer des Landgerichts Adelige sein müssen. Die Herren traten nun vor dem ganz aus Ihresgleichen zusammengesetzten Gerichte als Kläger wider ihre Bauern auf. Die Beklagten aber ließen sich für jetzt auf Nichts ein, sondern verlangten eine Frist, um ihre Erklärung auf das Vorbringen der Herren abgeben zu können. Diese mußte ihnen bewilligt werden; denn der Gerichtsbrauch brachte es so mit sich. Auf den Dreikönigstag den 6. Januar 1525 wurde eine neue Zusammenkunft festgesetzt, auf welcher neben den Ausschüssen der Bauern auch Abgeordnete der Städte Ueberlingen, Säckingen, Laufenburg, Rheinfelden und Villingen, Freiburg, Waldkirch und Triberg, und Gesandte des Bischofs von Constanz als Vermittler erscheinen sollten.

Die Sache wollte den Besonneneren unter den Herren immer weniger gefallen. Das Feuer des Aufstandes lief auf dem Boden fort, und sprang von einer Markung über die andere. Die meisten des Landadels zogen von ihren Burgen, die Glieder der Regierung und des Landgerichts von Stockach nach Radolfzell, dessen feste Werke und gutgesinnte Bürgerschaft ihnen mehr Sicherheit versprachen.

Der Dreikönigstag kam, es kamen die Vermittlungsgesandten, es kamen die Abgeordneten der Bauern, aber die betreffenden Herren kamen nicht. Es erschien weder Graf Sigmund von Lupfen, noch Graf Rudolph von Sulz, noch David von Landeck. Darum ließen sich die Bauern auch jetzt wieder auf Nichts ein. Man sprach davon, in vier Wochen wieder zusammen zu kommen. Handschrift der Villig. Chronik. Mehrere handschriftl. Nachrichten in d. Sammlg. des Präl. v. Schmid. Handschriftliche Chronik von St. Blasien. Urkunden des Stuttg. Staatsarchivs. Vorzüglich benützt wurden Ludwig Seidlers Annalen, eine Handschrift in der Sammlg. des Präl. v. Schmid, die mit der Zeil'schen Handschrift dieselbe ist.

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Mit denen im Brägthal und andern Unterthanen der Stadt Villingen unterhandelte der Truchseß Georg und mehrere Commissäre der österreichischen Regierung am 20. Januar 1525: alle, außer den Brägthalern, nahmen seine Vorschläge, wodurch ihnen manche Zugeständnisse gemacht wurden, an. Am Sonntag vor Lichtmeß kam er noch einmal allein und überredete auch die Brägthaler, daß sie der Stadt neu huldigten und fortan ohne Wanken ruhig blieben. Handschrift der Villing. Chronik. Auch mit den Unterthanen des Abts von St. Georgen gelang es ihm. Urkunde VII. in den Beilagen bei Walchner, Truchseß Georg.

Dagegen mißlang ihm das Gleiche bei den Hegauern. Weder seine Beredsamkeit, noch seine vielen gütlichen Unterhandlungen, noch seine Drohungen vermochten hier die Bauern zu beruhigen. Sie glaubten nicht, daß es mit den Erbietungen Ernst sei, und sie hatten Recht.

Denn kurz zuvor unterhandelte auch für sich und seinen Bruder, für die Grafen von Lupfen und Sulz, Graf Wilhelm von Fürstenberg, unter Seinesgleichen noch der Besten einer, mit den Bauern von Stühlingen, der Baar und dem Klettgau, vor dem Reichs-Kammergericht zu Eßlingen. Die Bauern beharrten auf ihren 16 Artikeln, als der Grundlage der Unterhandlungen; der Graf wollte aber nur einige anerkennen und zugestehen. So zerschlug sich auch diese Verhandlung, während vielfach verlautete, diese Bauern haben sich mit ihren Herrschaften in Eßlingen vertragen. Notizen in der Sammlung d. Präl. v. Schmid, aus Archivalien gezogen.

Der Erzherzog hatte indessen von den Welsern in Augsburg ein Anleihen erhalten und die Rüstungen waren theilweis im Gange. Darum fingen die Herren an gegen die Bauern eine andere Sprache zu führen.

Schon in der Mitte Januars schrieb der Erzherzog an seine Commissäre nach Stockach: »die Reisigen sollen auf die aufrührerischen ungehorsamen Bauern und Unterthanen streifen; wo sie sie betreten, sie fahen, recken und in anderer Weise bürgerlich oder peinlich fragen, wer ihre Hauptleute, Vorgeher und Hauptsächer seien, was ihre Macht und Fürnehmen sei und wider wen sie Anschläge gemacht 258haben; und nach der Frage sollen sie die Betretenen erstechen, erwürgen, oder sonst ernstlich strafen und kein Erbarmen mit ihnen haben. Vor Allem sollen sie die Rädelsführer, nämlich die Hauptleute, Fähndriche, Waibel und andere Vorgeher der Bauern mit allem Fleiß ausspähen, die Orte, wo sie sich am meisten aufhalten, aufspüren, und sie beisammen oder einzeln, unversehens und ungewarnt, bei nächtlicher Weile in ihren Häusern oder Herbergen überfallen und sie, wie es am bequemsten sei, verderben. Denen, welche sich, ehe sie betreten würden, in die Wälder oder an andere Sicherheitsorte flüchten würden, sollen Haus und Hab und Gut ohne alles Erbarmen verödet, verderbt und verbrannt; den flüchtigen Rädelsführern aber nicht bloß ihr Haus und Gut verheert, sondern auch ihre Weiber und Kinder verjagt und aus dem Lande vertrieben werden.« Urkunde VII. in den Beilagen bei Walchner, Truchseß Georg III. Dieses Schreiben ist nicht, wie Walchner angibt, vom 3. Januar, sondern frühestens von der Mitte dieses Monats, wie aus dem Eingange desselben klar erhellt.

Solche Sprache führte jetzt der spanisch-niederländische, jeder Volksfreiheit unholde, von Priestern in den Grundsätzen des Despotismus erzogene Erzherzog Ferdinand. Er fuhr fort, Geld und Kriegsvolk zu werben, »damit er, wenn mehr Gewalt zur Unterdrückung und Bestrafung der Bauern von Nöthen wäre, desto stattlicher dazu gerüstet wäre.« Ebendaselbst. Und solche Befehle gab dieser Fürst, während die Unterhandlungen schwebten!

Die Ausführung hatte er dem Truchsessen Georg von Waldburg übertragen, der unter Zuordnung zweier Kriegsräthe, des von Geroldseck und Rudolphs von Ehingen, die Feldhauptmannschaft führte.

In Furcht, das Städtchen Engen möchte sich zu den Bauern schlagen, hatte der Truchseß es schnell besetzt. Die Bürger darin waren unter sich uneinig, und etliche derselben waren schon im Lager der Bauern. Mit viel Mühe und Arbeit erlangte der Truchseß den Einlaß in die Stadt. Von hier aus suchte er die Landleute zu trennen, Bericht der Commissäre an d. Erzherzog vom letzten Jan. 1525. Beilage X. bei Walchner. und als dies nicht gelang, that er unterm 15. Februar 259»den aufrührigen und abgefallenen Bauern im Hegau« kund, wenn sie sich nicht der eigenen Leute und der Unterthanen, die der fürstlichen Durchlauchtigkeit von Oesterreich angehören, entschlagen, namentlich derer von Mühlhausen, Wiechs und Kirchstetten, welche sie zu sich in Ungehorsam und Abfall gezogen; wenn sie nicht Alle, soviel noch bei ihnen seien, ihm zur Strafe stellen, um mit ihnen nach ihrem Verdienst zu handeln; wenn sie endlich ihm nicht von jedem Hause, das besonders in dieser Aufruhr betheiligt wäre, zehen Gulden Rheinisch bis Morgen Nacht, für ihr Verwirken baar ihm einhändigen, oder, wenn sie es nicht baar hätten, hinlängliche Bürgschaft für die Zahlung in Monatsfrist geben: so werde er gegen sie als Verbrecher wider des Reichs Landfrieden mit Plünderung, Brand und Todtschlag handeln: darnach sollen sie sich zu richten wissen. Urkunde ebendaselbst, Beilage VIII. Das sind »die billigen Vorschläge« des Truchseß und des Erzherzogs, von denen so viele Geschichtschreiber reden.

Auf solche gütliche Vorschläge einzugehen, hatten die Hegauer keine Lust. Sie hatten sich seit vierzehn Tagen bedeutend verstärkt, auch viele von denen, die bisher ruhig gewesen waren, in die Brüderschaft gedrungen und genöthigt. Sie drohten den Dörfern, die nicht zu ihnen halten wollten, mit Ueberfall. In allen den Ortschaften, die bisher die Nähe des Kriegsvolks und des Truchseß im Gehorsam gehalten hatte, standen die Bauern auf, sobald er nach Engen weggeritten war. Bericht der Commissäre etc. Auch die Schwarzwälder versammelten sich in den letzten Tagen des Januars wieder zu Ewatingen und ermahnten einander ihrer Eide, und wollten Alle Einer wie der Andere, in gleichen rechtlichen Anlaß kommen. In der Nacht des 27. des genannten Monats wurde die österreichische Regierung gewarnt, sie wollen sich vor Hüfingen lagern. Am 30., Sonntags, zogen die Bauern aus dem Klettgau mit einem weißen und blauen Fähnlein in die in offenem Aufstand begriffene Stadt Waldshut. Ebendaselbst.

Die Regierungscommissäre wußten sich kaum Rath. Bei der großen Vertheilung des Aufstands auf so viele Orte, vom Breisgau bis zum Bodensee, und vom Allgäu bis in's Ries, war mit ihren wenigen militärischen Kräften nichts auszurichten, es wäre etwas 260ganz Anderes gewesen, wenn der Truchseß gegen einen vereinigten Haufen aller Aufgestandenen hätte zu handeln gehabt. Zudem stellte sich der Erzherzog in Innspruck die Lage der Sache ganz anders vor, als sie war; seine schnell aufeinanderfolgenden Instruktionen widersprachen sich, jetzt ein Befehl, und gleich wieder darauf ein Gegenbefehl. Kaum hatte er geboten, aus verschiedenen Punkten der österreichischen Herrschaft in Schwaben Reisige und Fußknechte am See zusammenzuziehen und die Bauern anzugreifen, so kam schon wieder der Gegenbefehl, mit thätlicher Handlung stille zu stehen, die Reiter, die schon angekommen seien, zurückzuschicken, und die andern bis auf Weiteres in ihren Besatzungen zu lassen. Die Commissäre mußten auf eigene Hand diesem letzteren Befehl zuwider handeln, »weil es Sr. Fürstlichen Durchlaucht zu merklichem Nachtheil, Spott und Schaden gereichen würde.« Bericht der Commissäre.

Auch die Rücksicht auf den schwäbischen Bund genirte. Die Regierungscommissäre mußten dem Truchsessen Rath und Weisung geben, ohne merkliche Ursache gegen die Bauern nichts vorzunehmen, damit der schwäbische Bund nicht die Ausrede haben möge, als hätten sie hinterrücks ohne Wissen desselben einen Krieg angefangen. Ebendaselbst.

Erst, als der Aufstand reißend sich verbreitete, und von einer andern Seite her noch eine neue Gefahr drohte, kam der schwäbische Bund in Eifer und Thätigkeit. Ein alter Feind des Bundes schien der bäurischen Bewegung sich bemächtigen zu wollen. Unterm 11. Februar 1525 schrieb der Kanzler Eck an Herzog Wilhelm von Baiern: »Es ist von etlichen Lutherischen zu zweien Malen aufgekommen, Herzog Ulrich von Württemberg gebe denen von Waldshut und den andern aufgestandenen Bauern Geld.«


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