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Einundzwanzigstes Kapitel.

Bauernlager an der Iller, dem Bodensee und der Donau.

Nicht bloß zu Memmingen und Kempten, im ganzen Allgäu erregten jetzt Prädikanten durch die neue Lehre das Volk. Noch zu Ende des vorigen Jahres schrieb der Abt Gerwik zu Weingarten beruhigt und vergnüglich: »Luther ist noch bei uns Allgäuern, Gott hab Lob, in kleinem Ansehen.« Aus dem Weingarter Archiv, bei Schmid. Jetzt aber, zu Anfang dieses Jahres, schweiften allenthalben münzerische und andere Wiedertäufer in diesen Gegenden umher, und fanden bei dem gemeinen Manne williges Gehör. Haggenmüller I. 512. So wenig diese Prädikanten auch in ihrer Lehre von Luther hatten, so wenig sie von Luther wissen wollten, die dem Alten Anhängigen achteten und nannten Alles, was von dem Alten abwich oder dagegen auftrat, Lutherisch. Alle gleichzeitigen, von Klostergeistlichen geschriebenen Zeitbücher dieser Gegenden kommen darin überein, »die Aufruhr in ihrer Nähe sei durch Anreizung und Unterricht lutherischer Prediger entstanden, welche die Bauerschaften verführlich unterrichtet haben, wie sie von Obrigkeiten gröblich beschwert wären, mit Leibeigenschaft, unfreiem Zug, Todfall und solcherlei Beschwerden: darum haben sich auch die Landleute zusammengethan und geschworen, sie wollen dem heiligen Evangelio und Gottes Wort einen Beistand thun und es helfen aufrichten.« Kurzer Bericht, was sich in der Bauernempörung gegen die Stadt Füssen zugetragen. Aus dem Archiv zu Füssen, in der Sammlung des Prälaten von Schmid. Beschr. des Bauernkriegs aus dem Salmannsweiler Archiv. Ebendaselbst.

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Es saßen hier in der kurzen Strecke von Kempten bis in die nächsten Umgebungen Ulms auf engem Raume zu viele geistliche Herren mit ihren Gotteshäusern beisammen, neben dem Abt von Kempten der von Ottenbeuren, der von Irsee, der von Schussenried, der von Weissenau, der Landcommenthur von Altschhausen, der Abt von Roth, der von Ochsenhausen, der von Weingarten, der von Marchthal, der von Roggenburg, der von Weissenhorn, der von Wiblingen, der von Elchingen, der von Wettenhausen, der von Zwiefalten und noch andere kleinere; über einen ziemlichen Theil herrschte der Bischof von Augsburg. Zwischen innen saßen und drückten aus ihren Burgen viele Edelleute. Die Herren der Städte, welche hier Unterthanen hatten, ließen ihre Hand auch fühlen.

Im Ried oberhalb Ulm, zu Sulmingen, saß Ulrich Schmid, der eben so gut Volksreden und Plane, als gutes Eisen zu schmieden verstand. Er machte, wo die Bauern in seiner Umgebung zusammenkamen, beim Wein und ernsten Gelegenheiten den Sprecher. Auszüge aus den handschriftlichen Annalen des Joh. Ernst von Pflummern, in der Sammlung des Präl. von Schmid. Er wurde das Haupt des Aufstandes aller Bauern, die zwischen Biberach und Ulm saßen. Im Wirthshaus zu Baltringen, einem dem Spital zu Biberach gehörigen Flecken, faßte er am 29. Januar mit zwanzig Bauern den ersten Anschlag. Er verabredete mit ihnen tägliche Zusammenkünfte. Am 2. Februar kamen ebendaselbst schon achtzig Bauern zusammen. Sie sagten, sie wollten gute Gesellschaft mit einander haben. Von Tag zu Tag mehrte sich der Zusammenlauf zu Baltringen. Gleiche Versammlungen von Bauern beim Wein in den Wirthshäusern, »als ob sie mit einander trinken wollten,« bildeten sich da und dort im Allgäu, weiter abwärts zu Illertissen, zu Krumbach, zu Jettingen, zu Weissenhorn. Am achten Tage, den 9. Februar, sah man schon in die 2000 Bauern versammelt, auf dem Ried bei Laupheim, in der Mitte zwischen Biberach und Ulm, nicht zu verwechseln mit dem unterhalb Ulm gelegenen Leipheim. Sie schlugen ein Lager und errichteten eine Brüderschaft. Wer darein treten wollte, gab zwei Kreuzer Einschreibgeld. Ihre Verbrüderung ging dahin, »von Diensten, Gült und Leibeigenschaft, womit sie beschwert seien, sich frei zu machen, und das Evangelium und Gottes Wort, das lange 285verhallt gewesen sei, wieder aufzurichten.« Die Verbrüderung wuchs in Kurzem bis auf 12,000 und darüber. Man hoffte und rechnete auch auf den Beitritt der Stadt Biberach. Es waren viele Bürger darin bäurisch gesinnt, theils im Haufen selbst. Veit Trögelin und Alexander Steffan, zwei Becker aus der Stadt, sagten im Lager, eh' drei Tage vergehen, werde man in Biberach die Herren über die Mauer werfen. Ebendaselbst. Die Bauern gingen ab und zu im Lager, über welchem eine rothe Fahne wehte. Hauptmann war Hans Wanner von Warthhausen, sein Tochtermann Fähndrich; Ulrich Schmid von Sulmingen aber war die Seele des ganzen Haufens, Kanzler und Redner desselben. Der Haufe machte sich unter dem Namen: »der Baltringer Haufen« bekannt: auch »das rothe Fähnlein« hieß man ihn. Alle Bauern in dem Ried und um dasselbe, alle Unterthanen der Klöster und der weltlichen Herren bis Memmingen hinauf und allenthalben an der unteren Iller sammelten sich zu diesem Haufen. Thomans Weissenhorner Chronik. Seidlers Annalen. Salmansweiler Beschreibung. Pflummerns Annalen – alle vier Handschriften in der Sammlung des Präl. v. Schmid. Der erste Blick aber ließ erkennen, daß diese Bauern weder durch ihren Muth noch durch kriegerische Verfassung furchtbar waren. »Ihrer Herrschaften Ungerechtigkeit habe sie dazu gedrungenSchreiben des Kanzlers Eck. Jörg 405. sagten sie.

Während dem sammelte sich oberhalb dieses Haufens im Ober- Allgäu ein Haufen und setzte sich im Lager.

Die Natur hat das Allgäu in zwei verschiedene Landschaften getheilt, in das Ober- und Unterland: eine von Leutkirch über Dietmansried nach Oberdorf gezogene Linie dürfte als die Grenzlinie beider Landschaften gelten. Dem Oberlande fallen demnach die Gebiete von Tettnang, Wangen, Ißny, Leutkirch, Kempten, Nesselwang, Immenstadt, Sonthofen, und Alles bis an den Lech zu, bis dahin, wo die ewig beschneiten Alpen im Hintergrund aufsteigen. Dieses südliche Hochland, ein Flötzgebirge, dessen bis zum Gipfel waldbewachsne Berge weite Ebenen, zum Ackerbau fast zu winterlich, aber von trefflicher Alpenweide, umschließen, nährt schöne und starke Leute, die sich mit der Viehzucht beschäftigen, die Bergabhänge und 286Höhen mit Weilern übersäet haben, und nur um die Pfarrkirchen in Flecken zusammenwohnen. Das Unterland, das sich nordwärts zieht, ein aufgeschwemmtes Bergland, ist ackerbauend, und zu demselben gehören die Gebiete von Aulendorf, Waldsee, Wurzach, Ochsenhausen, Weingarten, Ravensburg, Obergünzburg, Ottenbeuren, Kaufbeuren, Memmingen und Mindelheim.

Das Landvolk im Oberallgäu sammelte sich am 25. Februar in ein Lager. Die ersten, die sich zusammenthaten, waren die Landleute in der Gegend von Tettnang, Raithenau und Langenargen, und alle Unterthanen des Grafen von Montfort. Sie zählten in Kurzem in die 7000, da auch die andern Bauerschaften des obern Allgäu jetzt in die Waffen traten. Die kemptische Landschaft nahm jetzt eine ernstlichere Stellung an.

Da diese Landschaft sah, wie aller guten Worte, die man ihr gab, ungeachtet, der schwäbische Bund sich kriegerisch rüstete, that auch sie das Ihre, um so mehr, da ihr Warnungen zukamen, daß ein feindlicher Ueberfall zuerst ihr gelten solle. Ein Gerücht, daß ein reisiger Zug gegen sie im Anzug sei, wahrscheinlich dasselbe, das auch die Tettnanger unter die Waffen brachte, hatte sich verbreitet; und gemäß dem, was zu Luibas beschlossen worden war, stürmten am Sonntag, dem 26. Februar, in allen Kirchen der kemptischen Landschaft die Sturmglocken, und das Sturmgeläute setzte sich durch den ganzen obern Allgau fort. Die Kemptischen sammelten sich zu Dietmansried zur Gegenwehr gegen einen Ueberfall, zogen aber am Abende, da sich nichts zeigte, wieder von einander.

Die Tettnanger hatten sich zu Raithenau versammelt.

Tags darauf hielten die Kemptischen zu Luibas eine allgemeine Landesversammlung. Es war Fastnachtmontag. Auf diesen Tag war zuvor geboten worden. Der Zweck war, sich zur rechtlichen Wahrung ihrer alten Freiheiten eine noch engere, festere und allgemeinere Verbrüderung zu machen. Auch die Hintersassen des Bisthums Augsburg und die anderer Herren weit und breit besuchten diesmal die Versammlung, und wurden in die Brüderschaft aufgenommen.

Die Landesversammlung dauerte etliche Tage ohne irgend eine Ausschweifung: sie waren zu Besprechung und Berathung beisammen, nach althergebrachtem gesetzlichem Fug und Recht Auch jetzt eilten 287wieder etliche Räthe von der Stadt Kempten zu ihnen hinaus. Sie versprachen den Landleuten, sie werden sie als Nachbarn und Verwandte in gebührenden Sachen nicht verlassen, und ihnen über ihre Beschwerden Zeugniß geben; auch andere Bürger von Kempten waren da, namentlich die Zunftmeister, und verhießen ihnen viel.

Der Fürst-Abt schickte auch zu den Bauern und ließ ihnen sagen: er wolle sich gütlich, rechtlich oder fechtlich mit ihnen vertragen, wie ihnen beliebe. Die Bauern ließen ihm zurücksagen, ihr Gemüth stehe nicht dahin, mit seiner Gnaden die Sache mit Fechten, sondern allein in Güte oder in Recht auszutragen. Der Fürst und seine Umgebungen sahen in dieser Mäßigung der Landleute einen Beweis von Mangel an Muth. Sie glaubten, dieselben durch Drohungen vollends einschüchtern zu können. Marquardt von Schellenberg, Hans von Freundsberg und Ott Zwicker, des Fürsten Räthe, ritten zu ihnen heraus. »Ihr habt das Recht vorgeschlagen, fuhr Hans von Freundsberg Nicht zu verwechseln mit dem berühmten Georg gleichen Namens. sie an. Darum bin ich nicht gekommen. Wir wollen euch auch keines gestatten, sondern das Schwert über euch brauchen; eure Weiber zu Wittwen, eure Kinder zu Waisen machen; unsere Spieße müssen euer Friedhof werden.« Die Landleute fragten ihn, was er an ihrer Stelle thun würde. Er rathe ihnen, sagte er, die Steuer zu geben, wie sie jetzt angelegt sei, die Reisesteuer aber in Jahresfrist; dafür sollte Niemand genöthigt, wer aber dem Abt und Gotteshaus sich verschrieben habe, künftig weder leichter noch geringer gehalten werden. Wer dem nachkommen wolle, solle sich bis zum andern Tage wohl bedenken, er werde ihnen dann einen Boten schicken; wer nicht gehorchen wolle, den werde er zum Gehorsam bringen. Er schickte ihnen einen Geleitsbrief, um unter dessen Schutz Abgeordnete auf des Fürsten Schloß Liebenthann zu senden. Als sie dahin kamen, eröffnete ihnen Hans von Freundsberg: »Was er mit ihnen gehandelt, habe der Fürst für nichtig erklärt.«

Es mußte dem Blindesten klar werden, wie der Fürst seinen Muthwillen mit ihnen trieb; die Bauern mußten erbittert werden; sie sahen sich zum großen Haufen geworden, und sie fühlten sich. »Es ward ein großes Männchen; sie meinten des schwäbischen Bundes 288Meister zu werden.« Nachdem sie Hauptleute und Sprecher gewählt und unter Anderem auf den weißen Sonntag, den 5. März, einen von allen Gemeinden zu beschickenden Bundestag der allgäuischen Landleute in der Stadt Kempten beschlossen hatten, ging die Landesversammlung wieder auseinander. Triumphirend zogen die Bauern wieder durch die Stadt. Sie waren auch in den letzten Tagen, wann sie wollten, hereingekommen, und hatten, trotz des Verbots der Bundesräthe zu Ulm, um ihr Geld erhalten, was sie wollten. Städtische Chronik, Handschrift im Archiv zu Kempten, excerpirt von dem Prälaten von Schmid. Haggenmüller I. 513-14.

Der Knopf von Luibas war, während dieses geschah, nicht im Allgäu, sondern als Abgeordneter der Landschaft nach Tübingen gegangen, mit den zwei andern Gewählten, um bei dem berühmten Rechtsgelehrten Dr. Johann Fenninger sich Raths zu erholen. Der rieth ihnen den Rechtsweg an, nicht den Vergleich. Da kam Bartholomä Frei von Lutpolz mit der Nachricht von der Landschaft: »Was sie so lange in Tübingen liegen? Man sei im Oberland so stark, daß sie jetzt keines Rechtsstreites mehr bedürfen.« So kehrten sie heim ins Allgäu.

In der Stadt Kempten selbst gährte und wogte es unter der Bürgerschaft. Am Aschermittwoch Abend, dem 1. März, fing es auf dem Zunfthause der Weber an; Einer entzündete den Andern; sie beschwerten sich sowohl über den Abt als den Rath. Am Donnerstag wurde in etlichen Zünften für sich selbst zu einer Gemeinde geboten, um dasjenige anzubringen, was Jeder wider den Rath wisse; dann auch, was sie gegen den Abt zu klagen hätten. So kamen viele Dinge in der Gemeinde zum Vorschlag und zur Klage; der Eine wollte dies, der Andere jenes haben. Es wurde geklagt, alle Handwerke seien beschwert, und alle Gewerbe seien auf dem Lande im Betrieb, daß sich der gemeine Mann in der Stadt nicht wohl ernähren könne. Dem Abt wollten sie die Zinsen und Gülten, die man dem Gotteshaus zu geben schuldig war, nicht mehr geben. Auch wollten sie nach Luthers Lehre Prediger haben. Eine Zunft schickte zu der andern, wie man sich halten wolle, und man kam dahin überein, daß jede Zunft Einige aus ihrer Mitte wählte, welche zu gemeinschaftlicher Berathung zusammentraten; in den Zünften selbst 289war aber keine Einigkeit, indem es Einige mit dem Rath, Andere mit der Gemeinde, Einige mit dem Abt, Andere mit den Bauern halten wollten. Den folgenden Tag beriethen sich die Erwählten der Zünfte, und sie wurden einig, das beste Verhalten in diesen Unruhen wäre, sie zu benützen, um von dem Fürsten ganz los zu werden. Am Samstag beriefen sie die Gemeinde, der gefiel es, und dem Rathe wurde der Vorschlag der Erwählten übergeben, zu sehen, wie man von den Stiftsherren und dem Abt kommen könnte. Der Rath, dem dies nur willkommen sein konnte, versprach, dahin zu arbeiten, und so blieben Rath und Gemeinde in gutem Verständniß. Städtische Chronik, Handschrift. Hier weichen die wortgenauen Auszüge des Prälaten von Schmid ziemlich ab von Haggenmüller, ungeachtet dieser dieselbe Quelle benützte. I. 515.

Alle Bauerschaften des obern Allgäus, unter was für Herrschaft sie sitzen mochten, bildeten jetzt Einen Haufen, den oberallgäuischen. Hauptleute der einzelnen Züge des Haufens waren Walther Bach von Au, Peter Miller von Sonthofen, Beuchling aus Au, Thomas Bertlin von Nesselwang, Michael Kempf ebendaher, Hans Werz von Wertach, und der Knopf von Luibas.

Auf den weißen Sonntag, 5. März, ritten diese Hauptleute in der Stadt Kempten ein, mit ihnen der Ausschuß aller Pfarreien des Oberallgäus: sie hielten den ersten Bundestag Es wurde unter ihnen beschlossen, alle umliegende Landschaft in ihr Bündniß mit Gewalt zu bringen.

Jetzt erst gingen, von ihren eigenen Herren so weit getrieben, die bisher so gemäßigten Allgäuer einen Schritt weiter: jetzt erst nahm ihre gesetzliche Opposition das Ansehen des bewaffneten Aufstandes an, aber auch jetzt verließ sie ihre Besonnenheit und Mäßigung noch nicht.

In ihrem Rücken am Lech lag die Stadt Füssen, dem Hochstift Augsburg gehörig. Es mußte ihnen darum sein, einen so festen Punkt nicht hinter sich liegen zu lassen, ohne ihn in ihrer Verbindung oder Gewalt zu haben. Die zur Stadt gehörigen Bauerschaften waren schon um Lichtmeß zu der kemptischen Landschaft gefallen.

Den 24. Februar waren zu Oberndorf, zwischen Kaufbeuren und Füssen, bei achttausend Bauern beisammen; darunter ein großer Theil aus dem Bisthum Augsburg. Sie traten in die 290Verbindung der Hegauer. Ebenso alle unter der hohen Gerichtsbarkeit Baierns stehende Dörfer auf der schwäbischen Seite des Lechs.

Der Bischof von Augsburg, Christoph von Stadion, ritt selbst nach Oberndorf, um mit seinen Bauern persönlich zu unterhandeln. Freundlich bat er sie, »nicht aufrührig zu sein, und bis auf weiteren Bescheid stille zu halten.« Sie legten ihm zehen bis fünfzehn Forderungen vor. Ehe er, sagten sie, ihnen diese bewilligt habe, werden sie seinem Verlangen keine Folge geben. Der Bischof fand bei ihnen mehrere Priester. Sie waren in Wehr und Harnisch, als Führer, im Ring der Bauern; darunter namentlich der Vikar von Oberndorf, Andreas Stromayer aus Kempten.

Es waren bei dem oberallgäuischen Haufen überhaupt viele Priester, theils bloß als Gleichgesinnte, oder als Feldprediger, theils als Kanzler und Räthe, theils sogar als Hauptleute; genannt werden Matthias Röt, der Vikar zu Memhölz; Christian Wanner, der Pfarrer zu Haldenwang; Walther Schwarz, der Vikar zu Martinszell; Mang Batzer, der Vikar zu Buchenberg; Hans Höring, der Vikar zu Legau; Hans Hafenmayr, der erste Helfer zu Obergünzburg; Hans Unsynn, der Vikar zu Oberthingau; Veit Riedle, der zweite Helfer zu Obergünzburg.

Der Bischof sah, daß »nahezu alle seine Unterthanen« von ihm abschweiften, den Hegauern zu, und daß er ihr Vertrauen verloren. Ohne eine Zusage eilte er am 25. Februar in seine Stadt Füssen; aber schon des andern Tages ritt er wieder weg, nachdem er sie zur Treue ermahnt und sie seiner Hülfe und seines Schutzes vertröstet hatte.

Thatkräftiger waren die Fürsten von Baiern auf die Botschaft, daß der Aufstand sich bereits weit ins Bairische herein bis an den Lechrain ausbreite, und das Lager zu Oberndorf die von Epfach, Leder, Asch, Denklingen und Schwabschsoien in seine Vereinigung aufgenommen habe, und mit Drohungen andere dazu nöthige. Sie legten Mannschaft zu Roß und zu Fuß mit dem nöthigen Feldgeschütz an den Lechrain, schon unter dem 25. Februar. Dem Bischofe von Augsburg aber ließen sie keine Hülfe zugehen. Dessen Vogt und Bote kehrte von München mit dem schlechten Troste für die in Füssen zurück: »es sei Niemand willig, für dieses Mal dem Pfaffen zu dienen.«

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An die Stadt Füssen erging nun von dem »Ausschuß und Gesandten gemeiner Landschaft im Allgäu, zu Kempten versammelt,« eine Aufforderung: »Unsern guten Freunden, Ehrsamen und Weisen, besonders lieben und guten Freunden und Nachbarn unsere freundlichen und willigen Dienste zuvor. Ohne Zweifel traget ihr gutes Wissen, wie wir uns in eine christliche Ordnung und Vereinigung, dem heiligen Gotteswort und Gottes Rechten zum Beistand, zusammenverbunden haben, und deßhalb etliche Beschwerden zwischen unsern Obrigkeiten und der Landschaft schweben. Nun langt uns an, ihr habet euch mit unserem gnädigen Herrn von Augsburg vereinigt und vertragen. Darum ist unser Begehren, uns zu erkennen zu geben, ob ihr den göttlichen Rechten beiständig sein wollet oder nicht, und was wir uns zu euch versehen sollen, damit wir uns darnach richten mögen. Wir begehren an euch, uns darüber eine schriftliche Antwort nach Nesselwang zugehen zu lassen.«

Die in der Stadt Füssen antworteten, sie seien bis jetzt nie wider das Wort Gottes gewesen; sie haben keinen neuen Vertrag mit ihrem gnädigen Herrn gemacht; sie haben bisher noch nie verstanden, wer doch ihnen wider Recht gethan habe oder thun wolle; und sie seien der Zuversicht, die Landschaft werde ihnen auch nicht wider Recht thun; denn sie werden ihnen nachbarlichen Willen, so viel es sich gebühre, erweisen. Bericht wegen der Empörung bei der Stadt Füssen, in Schmids Sammlung.

Freundlicher kamen ihnen die Städte Memmingen und Kaufbeuren entgegen.

Memmingen wußte seine eigenen Bauern durch kluge Nachgiebigkeit in Ruhe zu halten, und es befolgte gegen die andern Bauerschaften dieselbe Politik, durch welche es sich die eigenen Bauern gewonnen hatte. Es war in der Stadt eine starke Partei, die es mit den Bauern hielt; alle, denen es mit dem Evangelium ernst war, hielten die Landleute als evangelische Brüder, und ihre Beschwerden für gerecht; hatte doch der gemeine Mann in der Stadt sich selbst über so Vieles zu beschweren. Schappeler, ihrem Prediger, war der Aufstand der Landleute, so lang er, wie bis jetzt, in den Schranken der Mäßigung blieb, wenigstens nicht zuwider. Die Stadt war in zwei Lager parteit. Die Aristokraten, die überhaupt, wie an vielen Orten, von dem neuen Evangelium »nicht gerne singen noch 292sagen hörten,« Silbereisens Chronik, Handschrift im Archiv der Abtei Wettingen. sahen Schappeler nicht gerne. Er mußte sich von seinem großen Anhang, wie von einer Wache, begleiten lassen, wenn er predigte. Aber auch der Rath ließ sich, so oft er sich versammelte, von hundert ihm anhängigen Bürgern bewachen. Holzwart, Chronik des Bauernkriegs, Handschrift, Copie in Schmids Sammlung.

Auf die Beschwerden ihrer Unterthanen hatte darum die Stadt Memmingen ungewöhnliche Zugeständnisse gemacht. Der Rath hatte zugesagt, da, wo er den Kirchensatz habe, wolle er ihnen christliche Seelsorger, wenn er sie bekommen könne, verschaffen; an andern Orten wolle er mit dem Pfarrer und dem Lehensherrn in gleicher Absicht handeln. Wegen des Zehnten sollen sie stille stehen, bis die Bauerschaften mit den Bundesständen vertragen seien. Die Leibeigenschaft wolle der Rath, ob sie gleich um eine merkliche Summe erkauft sei, fahren lassen; doch sollen sie dagegen jährlich ein geziemendes Schirmgeld zahlen, keinen andern Schirm suchen, solange sie in Memmingens Zwang und Bann leben, und keinen, der nicht frei sei, zu ihnen ziehen lassen, sich nicht mit Leibeigenen verheirathen, auch sonst einer Obrigkeit in allen geziemenden Dingen gehorsam sein. Sie sollen Wild und Geflügel zur Nothdurft, besonders wenn sie es aus dem Ihren beträten, fahen, fällen und schießen dürfen, jedoch kein rechtes Waidwerk-Gezeug, keinen Strick gebrauchen, und Niemand beschädigen. Nur in fließendem oder stillstehendem Wasser, das von Niemand erkauft sei, sollen sie fischen dürfen; im freien Wasser soll man nur mit dem Garn und Jeder auf einmal nur so viel fischen dürfen, als einer in seinem Hause selbst essen und gebrauchen möge, nicht verschenken, nicht verkaufen; die Wasser sollen nicht erschöpft, die Mäder am Gestade nicht abgegraben, nicht verderbt werden. Die Dienste habe ihnen ein Rath nicht auferlegt, sondern sie so erkauft; sie können sich daher nicht beschweren. Doch wolle er, wenn sich Einige über Härte zu beschweren Ursache hätten, sich gütlich gegen sie erzeigen. Den Ehrschatz wolle er erlassen, dagegen sollen die Höfe nur auf ein Jahr verliehen werden, so daß, wenn ein Bauer die Gült nicht geben, oder den Hof nicht baulich halten wolle, er beurlaubt werden könne. Die Strafe der Holzfrevel solle für jeden Stock 293auf einen Gulden, in den Gemeindehölzern wie in den Herrschafthölzern, gesetzt werden; der Rath wolle sie jeder Zeit nach Nothdurft mit Brenn-, Zäun- und Zimmerholz versehen. Die andern Frevel sollen bleiben, wie sie gesetzt seien, da sie zum Theil auf Begehren der Unterthanen also bestimmt seien. Finden sich die Gemeinden an Holz, Mädern, Aeckern oder sonst beschwert, so wolle der Rath nach geschehener Anzeige und Untersuchung abhelfen. Der Rath habe seine Unterthanen, wofern sie die Gült bezahlt haben, nie gesperrt, das Ihrige zu verkaufen; sie sollen es anzeigen, wenn es geschehen sei. Auf Hagelschlag habe er jederzeit an der Gült nachgelassen. Vermeinen sie, daß etliche Güter beschwert seien, so wolle der Rath solche, sobald sie angezeigt werden, untersuchen lassen, und ein billiges Einsehen haben. In Allem aber behalte er sich seine Obrigkeit bevor. Urkunde aus dem Memminger Archiv, in der Samml. des Präl. v. Schmid.

So war es natürlich, daß man im schwäbischen Bunde sagte: »Memmingen ist bäurisch.« Schreiben Wolfg. Reychardts an seinen Sohn Zeno, ebendaselbst. In der Stadt selbst hofften die allgäuischen Bauern eine engere Verbindung zwischen ihr und sich zu Stande zu bringen; der Rath wußte diesem auszuweichen. Einzelne Bauern gingen ungehindert in der Stadt aus und ein. Niklas Schweikert, ein Priester, der unter den Bauern sich befand, kam so auch als Bauer, im Bauern-Hut und Rock, in die Stadt, und führte laute Reden, den gemeinen Mann zu erregen. »Es wird erst recht gelten mit den Aufläufen, sagte er; es ist noch nicht recht angefangen; den Pfaffen ist man den Zehnten zu geben nicht schuldig; sie haben uns sonst genug betrogen, man sollt' ihnen eher St. Velten geben.« Am 21. März ritten die Hauptleute und der Ausschuß der christlichen Vereinigung im Allgäu selbst in Memmingen ein, und hielten hier ihren zweiten Bundestag. Memminger Archiv. Holzwart. Bericht u. s. w. aus dem Füssener Archiv.

Im Gebiet der Stadt Kaufbeuren, wo der Fuchssteiner einsaß, thaten sich die Bauern schon um Lichtmeß zusammen. Sie verlangten in elf Artikeln, die sie stellten, von ihren Herrschaften: daß Vögel, Fische, Gewild und Holz frei sein; daß sie in die Städte und sonst einen freien Zug haben; keine als die rechten Lehen zu empfangen schuldig sein; keinen Todfall noch Hauptrecht bezahlen; keine Steuer 294und Reisegeld geben sollen; fordere es aber die Nothdurft, so wollen sie mit Leib und Gut dienen; wenn die Herrschaft einen armen Mann im Recht beklage, aber den Handel verliere, so soll man ihm geziemenden Schaden abthun; Keiner, der zu dem Recht gesessen, soll eingefangen werden; alle Hofdienste und Fastnachthühner sollen abgethan; sie beim alten Herkommen gelassen werden, und ihre Gülten im Kaufbeurer Meß geben dürfen; endlich, wer Recht anrufe, dem soll man auch zum Rechten Beistand thun. Aus dem Kaufbeurer Archiv, in Schmids Sammlung.

Der Rath zu Kaufbeuren, dem die Stimmung der eigenen Bürgerschaft nicht entging, wußte, wollte er anders in der Stadt Aufruhr und weitere Folgen verhüten, diesmal die Strenge nicht zu gebrauchen, sondern beschloß, Geduld zu tragen, bis seine Sachen sich zur Besserung wenden würden. Einzelne Bürger thaten sich zu den Bauern hinaus, und, handelte auch der Rath mit den Bauerschaften weder heimlich noch öffentlich im Einverständniß, so mußte er doch gestatten, daß die Bauern aus- und eingingen, in der Stadt aßen und tranken, und die Bürger ihnen Brod und andere Lieferung hinausführten. Sie haben sich gedulden müssen, entschuldigten sich die Rathsherren bei dem schwäbischen Bunde, damit Fried' und Einigkeit erhalten würden, und sie nicht bei und mit einander verdärben, weil ihre kleine unvermögliche, von der Straße abgelegene Gemeinde leicht aufrührerisch geworden wäre, wenn sie ihren Markt, ihre einzige Nutzung, den Bauern gesperrt hätten, und weil die Bauern alles Wasser in- und außerhalb der Stadt hätten mit geringer Arbeit abgraben können, da sie alle Gelegenheit desselben wußten. Zwei Schreiben des Raths aus dem Kaufbeurer Archiv, bei Schmid. Bei dem schwäbischen Bund und sonst wurde darum geredet, die Kaufbeurer seien halb außen, halb innen; mit dem doppelten Sinn: sie seien hälftig im Haufen der Landschaft, hälftig in ihrer Stadt; halb bäurisch, halb bündisch. Ebendaselbst.

Indessen hatte sich gegen Ende Februars ein dritter großer Haufen gebildet: die am Bodensee zogen in ein Lager zusammen. Die allgäuische Abtheilung, die zu Raithenau ihren Sammelplatz hatte, und deren Hauptmann Dietrich Hurlewagen von Lindau war, mahnte durch Botschaften ihre Nachbarn am Seeufer zum 295Zusammentritt in die Waffen. Aus dem Salmansweiler Archiv, bei Schmid. Es sammelten sich vom See und aus der Landvogtei Schwaben die Landleute zuerst zu Ailingen und schickten ihre Botschaften gen Immenstad, Hagenau, in's Gebiet des Grafen v. Werdenberg, zu den Hintersassen des Stifts Salmansweiler, und um den ganzen Bodensee bis Sernatingen und Süpplingen, und über die Berge in die Grafschaft Pfullendorf. Dieser Haufe nannte sich: der Seehaufen, und sein oberster Hauptmann war anfangs Eitel Hans Ziegelmüller von Unter-Theuringen, einem Flecken in dieser Landschaft. Bald darauf nahm Eitel Hans sein Hauptqartier zu Bermatingen. Er umgab sich mit einer Leibwache aus zwölf »Trabanten«; in dem Dorfe Bermatingen neben dem Pfarrhof nahm er seinen Sitz. Wie bei andern Haufen hatte auch hier der Hauptmann einen Ausschuß von Bauernräthen zur Seite. Jeder einzelne Bauer mußte einen besondern Eid in den Bund schwören. Wo eine Gemeinde in den Bund gehuldigt hatte, legte der Hauptmann mit seinen Räthen eine Schatzung auf: je einhundert Köpfe hatten auf einmal 5 fl. zu geben, zum Unterhalt des Hauptmanns, der Räthe und der Trabanten. Außer diesen Kosten für das Hauptquartier hatte sonst Niemand einen Schaden.

Zu gleicher Zeit traten im untern Allgäu die Landleute in die Waffen. Besonders beweglich waren die Unterthanen des Ritters von Schellenberg und die Hintersassen von Zeil. Diese waren schon Anfangs der zweiten Hälfte des Februars auf und suchten auch die Unterthanen des Truchsessen Georg von Waldburg aufzurühren, unter Bedrohung, wenn sie ihnen nicht zufallen und anhängig sein wollen, werden sie sie überziehen und verderben. Truchseß Georg, derzeit in Diensten des Erzherzogs im Hegau, war bisher seinen Unterthanen ein gnädiger Herr gewesen; er hatte nie Reisegeld oder Schatzung auf sie gelegt, und sie waren friedlich und wohl hinter ihm gesessen. Auf das Entbieten der andern aufgestandenen Unterallgäuer sandten sie darum an ihren Herrn und luden ihn dringend ein, bis Freitag den 3. März zu ihnen heimzukommen. Das war der Tag, den die Unterallgäuer als letzten Termin den Unterthanen des Truchseß gesetzt hatten, an welchem sie sich anschließen oder feindlich behandelt werden sollten. Sie wollten 296ihren Herrn zum Schutz bei sich haben. Käme er bis dorthin nicht, schrieben sie, so müßten sie auch zu den Andern fallen und ziehen.

Die Aufgestandenen um sie her neckten die Truchsessischen, sie sollen sich der Ankunft ihres Herrn nicht getrösten, er komme nicht heim, und sei froh, daß er derzeit nicht daheim sei. Die Amtleute des Truchsessen aber suchten ihre Untergebenen dadurch zu beruhigen, daß sie im Namen ihres Herrn ihnen zusagten: »was anderer Herren Leute gütlich oder rechtlich erhalten, das sollen sie auch haben.« Schreiben des Truchseß, dat. Tuttlingen d. 28. Februar 1525.

Auf ihre Botschaft schrieb ihnen der Truchseß zurück, er habe sich oft und viel gegen andere Herren hoch vernehmen lassen, er wisse, wenn auch allen Herren ihre Leute abfielen, würden die seinen solches nicht thun, sondern als getreue, fromme Leute bei ihm bleiben; das versehe er sich noch zu ihnen, und sei auch Willens, wenn sie getreu bleiben, sich mit Gnaden gegen sie zu erzeigen, daß sie ein Bezeugen und Wohlgefallen darob haben werden. In diesen sorglichen Läufen wäre ihm nichts lieber, als bei seinem Weib, seinen Kindern und seiner getreuen, frommen Landschaft zu sein. Weil er aber im Dienste seines gnädigsten Herrn von Oesterreich stehe, und weil ihm dieser auf sein unterthänigstes Bitten, ihn zu Weib und Kind und seiner Landschaft in diesen schweren Läufen heimziehen zu lassen, bei seiner Pflicht geboten habe, zu bleiben, so könne er Ehren und Pflicht halber nicht abreiten, so gerne er sich auch zu ihnen verfügen möchte. Er bitte sie, durch die Drohung der Andern sich nicht zum Abfall bewegen zu lassen; darum, daß sie als fromme, gehorsame Unterthanen thun, werde man ihnen die Häuser weder anbrennen noch verderben. Sie möchten gedenken, wie er immer ihnen ein gnädiger Herr gewesen sei; und weil er leider in diesen Läufen nicht heimkommen könne, so sei seine letzte Bitte an sie, vier oder fünf von ihnen auf seine Kosten zu ihm zu schicken, damit diese ihm die Beschwerden der Landschaft anzeigen, und die Andern inzwischen ruhig daheim bleiben; er wolle sie gnädiglich hören und sich auf seiner Amtleute voriges Erbieten so erzeigen, daß sie und er in gutem Frieden, in Ruh' und Einigkeit hinfür wie bisher bleiben. Schreiben des Truchseß, Beilage XI. bei Walchner.

Auf den bestimmten Tag zogen die aufgestandenen Bauern auf 297 Wurzach zusammen, des Truchseß Städtchen, die Unterthanen des Letztern gütlich oder mit Gewalt in die christliche Vereinigung zu bringen. Diese schlossen sich, da ihr Herr sie im Stiche ließ, an die Aufgestandenen an. Es waren ihrer jetzt an die 5000, sie nannten sich den unterallgäuischen Haufen, und wählten zu ihrem obersten Hauptmann den vom Truchseß belehnten Pfarrer zu Aichstetten, Florian Greisel, gewöhnlich nur der » Pfaff Florian« genannt. Seidler, Handschrift bei Schmid.

Umschwärmt von dem Baltringer- und Unterallgäuer Haufen, blieben die Hintersaßen des Klosters Ochsenhausen ganz ruhig, und doch lag das Hauptquartier des rothen Fähnleins, Baltringen, nur eine Meile unterhalb, das des Unterallgäuer Haufens kaum zwei Meilen oberhalb Ochsenhausens. Dem Andringen derselben, welche sie in den Bund nöthigen wollten, auszuweichen, suchte die Ochsenhäuser Bauernschaft die Vermittlung der Stadt Ulm nach, für eine gütliche Verhandlung zwischen ihr und ihrem Abt.

Im ersten Schrecken vor dem Aufstande rechts und links von seinem Gebiete, hatte sich nämlich der Abt, wie viele anderen Herren, nach Ulm geflüchtet. Da kamen seine Hintersaßen, baten ihn, vertrauensvoll zu ihnen zurückzukehren, und geleiteten ihn bewaffnet zurück.

»Das war,« sagt ein Mitglied dieses Reichsstifts, »der für unser Gotteshaus wie für dessen ganzes Gebiet gleich wichtige Vortheil des Vertrags von 1502.«

Der alte Abt Andreas Kindscher, der seit 17 Jahren als Nachfolger jenes Abtes Hieronymus regierte, hatte den Vertrag zur Wahrheit werden lassen, und die Hintersaßen liebten ihn darum wie einen Vater. Sie schützten gegen die Fremden, so weit sie konnten, das Gotteshaus. Kurze Geschichte des Reichsstifts Ochsenhausen von einem Mitgliede desselben S. 72. 76. Ochsenhäuser Akten im Stuttgarter Staatsarchiv. Dieser Abt war so leutselig, daß man von ihm sagte, er habe die Gabe, eine Bitte mit mehr Anstand abzuschlagen, als sie etwa ein Anderer zu gewähren vermöchte; und unter ihm wurde sein Stift als Musterschule eines ächtreligiösen Sinnes und Wandels betrachtet: sehr gelehrte, zum Theil mit Wort und Feder ausgezeichnete Priester waren dazumal darin.

Wie im unteren Allgäu der Pfarrer von Aichstetten, so 298standen unterhalb Ulm der Prediger von Leipheim, Meister Hans Jakob Wehe; der Pfarrer zu Langenau, Jakob Finsternauer, und der Pfarrer von Günzburg, an der Spitze des in die Waffen getretenen gemeinen Mannes.

Hans Jakob Wehe, ein naher Anverwandter des bekannten Reformators Hans Eberlen von Günzburg, war in seiner Gegend einer der Ersten, welche die neu-evangelische Lehre predigten, und er wurde, weil seine Predigten weit umher von dem Volk aus Dörfern und Städten, namentlich der nur dreiviertel Stunden von Leipheim entfernten burgauischen Stadt Günzburg, besucht wurden, von den an der alten Kirche festhängenden Priestern der Nachbarschaft ein Ketzer und Volksverführer genannt. Wehe fühlte sich getrieben und berufen, Allen das Evangelium zu predigen, und die christliche Freiheit auch in's bürgerliche Leben einzuführen. Vielfach verfolgt und selbst seines Lebens nicht mehr recht sicher, ließ er sich nicht irren in dem, was er für seinen Beruf hielt. Ja, eine fast wilde Begeisterung ergriff ihn. Als er am Frohnleichnamstage 1524 von der Kanzel verkündete, daß er von nun an sein Leben lang keine Messe mehr halten wolle, soll, nach der Nachrede seiner Feinde, er hinzugesetzt haben, »wenn es nicht wider die brüderliche Liebe wäre, wollte er lieber, er hätte so viel Menschen umgebracht, als er Messen gehalten habe, und wie er von der Kanzel gegangen sei, habe seine Gemeinde ein Tedeum angestimmt.« Dies erzählt Niklas Thoman, Kaplan zu Weissenhorn, Wehe's persönlicher Feind, in der Weissenhorner Chronik, Handschrift in Schmids Sammlung.

Der Rath zu Ulm, wohin Leipheim gehörte, sah sich durch den Bischof von Augsburg veranlaßt, zu erklären, daß er Wehe von seiner Gemeinde zu Leipheim wegverwiesen habe. Der Bischof hatte ihn in den Bann gethan, aber Ulm drang nicht auf den Vollzug seines Wegweisungsbefehls; Wehe blieb, und Eberlen schrieb in einer gedruckten Schrift, die er ihm dedicirte, an ihn: »Ihr stehet noch in großer Gefahr eures Lebens alle Stund'; dennoch gibt euch Gott Gnade, sein Wort beständig ohne alle Scheu zu predigen, mit großer Lust und Begierde der Zuhörer, so daß auch die umliegenden Völker dem Worte ferne nachzureisen bewegt werden.« Wie sich ein Diener Gottes Worts in all seinem Thun halten soll. Von Johann Eberlen von Günzburg, Wittenberg 1524. 4.

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Indem brachen die Bewegungen des gemeinen Mannes in Oberschwaben aus, und setzten sich an der Donau herab fort. Wehe, Finsternauer und der Pfarrer zu Günzburg, zuvor Wehes bitterer Feind, treten im Jahre 1525 offen als Führer der Bewegung hervor. Wehe wurde beschuldigt, er habe den gemeinen Mann in den Nachbarschaft überall umher zum Aufstand gereizt. Holzwart, gleichzeitige Chronik des Bauernkriegs, Handschrift bei Schmid. Da Holzwart Pädagog des nahe bei Leipheim gelegenen Klosters Roggenburg war, konnte er das wissen. Um diese Zeit wurde im Ulmer Gebiet eine »Schrift an die Bauern« verbreitet, welche den Herren gefährlich schien. Von Leipheim aus wurde diese Schrift in die Stadt Günzburg geschickt. Am Freitag nach Estomihi (3. März) wurde im Ulmer Rath beschlossen, auf diese Schrift zu fahnden und sie wegzunehmen, die Sprecher und Leiter der Bauern, namentlich den vorigen Pfarrer zu Leipheim, Meister Wehe, wenn er noch daselbst wäre, zu verhaften. Am 6. März ließ der Ulmer Rath denen zu Leipheim jeden Einkauf von Haber und andern Bedürfnissen auf dem Ulmer Markt verbieten, und am 15. März berieth sich derselbe mit den Bundesräthen, ob man Leipheim mit Kriegsvolk besetzen solle oder nicht. Aus den Akten des Ulmer Archivs. Es zogen sich zu Anfang des März gegen 5000 aus dem Iller-, Roth- und Biberthal und aus dem Burgauischen in der Gegend von Leipheim zusammen, aus allen Orten und Enden zwischen Augsburg und Ulm und zwischen Ulm und Donauwörth; Der Auszug und Krieg des schwäbischen Bundes u. s. w. von einem Augenzeugen 1532, ohne Namen des Verfassers und Druckort. 4. 5 Bogen, in meinem Besitz. zuerst nicht auf einem Punkte, sondern an verschiedenen Orten in einzelnen Rotten, zu Leipheim selbst, zu Langenau, zu Alpek, zu Günzburg, zu Lauingen, zu Elchingen, zu Nerenstetten. Es werden fünfzehn ganze Gemeinden genannt, welche in die Waffen traten, dazu hundertsiebzehn Ortschaften und Höfe an der Donau, Roth, Iller, Riß auf und ab, aus denen bald mehr, bald weniger, manchmal nur eine Person, einmal eine Wittwe, einmal auch der Anwalt in die evangelische oder christliche Verbrüderung traten. Im Ganzen werden 4300 Namen aus dem Ulmer 300Gebiet und seiner nächsten Nachbarschaft genannt, sieben Hauptleute, fünf Fähndriche, neun Räthe und zweiunddreißig Rödelsführer. Urkunden auf dem neuen Bau in Ulm, in Schmids Sammlung. Rödelsführer, nicht Rädelsführer. Rödel, Rodel, Rudel noch heute in der schwäbischen Volkssprache = Schaar, kleiner Haufen, Rotte. Daher übersetzen die Zeitgenossen Rödelsführer stets mit tribunus cohortis.

Unter den Hauptleuten sind Ulrich Schön und Melchior Haroth, sein Tochtermann, von Leipheim; Hans Ziegler, Martin Hering und Martin Neuffer von Langenau; Jörg Ebner von Ingstetten, der Bayer genannt; Hans Gebhard von Langenau und Hans Ruden von Bernstatt. Als Räthe werden unter Andern genannt: Thoman Paul zu Langenau, ein Geschlechter, und Kaspar Braun von Leipheim; als Fähndrich der Knopf von Langenau. Aus den Akten des Ulmer Archivs bei Schmid. Der ganze Haufe hieß der Leipheimer Haufen, weil in Leipheim später das Hauptquartier und von Anfang eigentlich daselbst der Mittelpunkt war, von wo die Aufregung ausging.

Die Verstocktheit der Herrschaften war es, was die einzelnen Gemeinden, die zuerst nichts suchten, als gütlichen oder rechtlichen Vergleich mit den sie bedrückenden Herren, auch hier dahin trieb, daß sie sich in einen Haufen zusammenschlossen. Eine Reihe urkundlicher Thatsachen spricht dafür.

Am 19. Februar ließen die Bauern zu Balzheim dem Rathe zu Ulm anzeigen, daß sie ihre Späne auf eines Raths Entscheidung kommen lassen wollen, wenn er sich damit belade; der Rath bewilligte es. Zu gleicher Zeit suchten die Hintersassen des Gotteshauses Roggenburg und die der Probstei Herwartingen die Entscheidung Ulms zwischen sich und ihrem Herrn nach. Der Rath trat mit dem Abt von Roggenburg sogleich in Unterhandlung wegen der Beschwerden seiner Unterthanen und ließ sich von ihm eine schriftliche Antwort geben. Die Bauern nahmen eine Abschrift dieser Antwort, und der Rath setzte ihnen einen Tag zum Entscheid bis auf Aschermittwoch (1. März) mit dem Anhang, mittlerweile ruhig zu sein: die Bauern versprachen auch, indeß jedes eigenen Fürnehmens gegen den Abt sich zu enthalten. Auch die Unterthanen Eitel Besserers trugen ihre Klagen zuerst vor den Rath zu Ulm: auch ihm setzte er eine Frist von acht Tagen, und übergab ihm die Beschwerden in Abschrift. 301Ebenso zeigten vor Mathias (24. Februar) die Bauern des Gotteshauses Wettenhausen dem Ulmer Rathe an, sie haben sich gegen ihren Herrn auf gemeinen Bund erboten; und der Rath, der bisher schon mit dem Probst die Beschwerden der Bauern verhandelt hatte, brachte dieses ihr Anbringen abermals vor den Probst. Ebenso wandten sich die eigenen Unterthanen der Stadt Ulm mit ihren Klagen zuerst gütlich an den Rath. Er wies seine Amtleute an, allenthalben seinen Unterthanen zu sagen, sie haben sich bisher rechtschaffen und wohl gehalten, deß sei ihnen der Rath dankbar, und wolle das in Gunst gegen sie erkennen; darum sei des Raths Bitte, sie möchten also bleiben, wie frommen Leuten gebühre: sie sollen ruhig sein; was andere gemeinlich erlangen, das solle ihnen, mit Ausnahme des Bürgerrechts, auch werden, nicht minder, als wenn sie zum Haufen liefen. Den Bauern von Bermaringen, welche sich beklagten, daß ihr Amtmann sie mit unbilligen Diensten beschwere, versprach der Rath, ihre Briefe und Siegel »seiner Zeit gegen einander zu verhören,« und ließ sie auf dieses hin schwören, in diesen Händeln bei dem Rathe zu bleiben und nirgends hinzulaufen. Ebenso hatten sich die von Pful, von Langenau, von Göklingen an den Rath gewandt und schön klingende Zusagen erhalten. Auch allen den Herrschaften, die dem Rathe verwandt waren, ließ er die Mahnung zugehen, sich gegen ihre armen Leute über ihre Ansprüche und Forderungen vor dem Rathe zu vergleichen; was der Rath bescheide, dabei sollen die Herrschaften ohne Weigerung bleiben; wollten die armen Leute das nicht annehmen, so sollen sie sich vor die Bundesversammlung erbieten. Alles urkundlich aus den Akten des Ulmer Archivs. Prälat Schmid, der diese Akten auszog, setzt hinzu: Der Rath hat, was er zusagte, treulich gehalten, d. h. er hat ihnen nichts gewährt, weil andern nichts gewährt wurde.

Es waren aber alle diese schönen Worte von dem Rathe nur gewählt, um Zeit zu gewinnen: er erfüllte gegen seine Unterthanen nichts. Der Rath der Stadt Biberach war wenigstens ehrlicher. Gegen Ende Februars begehrten die Biberachischen Unterthanen auch gütlich, sie der Leibeigenschaft zu entlassen; aber die Mehrheit des kleinen und großen Rathes schlug es geradezu ab. Biberacher Archiv.

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Die Herren in den Klöstern und Edelsitzen dachten wie die ehrsamen Herren auf dem Ulmer Rathhaus, aber sie verstanden nicht alle mit so diplomatischem Takt ihre armen Leute hinzuhalten und zu täuschen, wie die Letztern, und das allein war es, was man ihnen zu Ulm übel nahm. Eitel Besserer, Herr zu Schnirpflingen und Bürger zu Ulm, zwar fügte sich seinen Leuten gegenüber ganz in die Taktik des Ulmer Raths. Der Rath beschied Beide vor sich, und sagte dem Edelmann, er solle die Briefe bedenken, und die Armen nicht zu hart übertreiben: den armen Leuten sagte er, er wolle für jetzt beide Parteien vertagen, und sie dereinst genugsam gegen einander verhören; mittlerweile sollen sie zwar dem Pfarrer zu Schnirpflingen keine, wohl aber ihrem Edelherrn alle bisherigen Dienste leisten. Aus den Akten des Ulmer Archivs. Nicht so fügig waren die Prälaten. Besonders der Abt von Roggenburg wollte seinen Bauern auch nicht mit Worten ein Zugeständniß in Aussicht stellen, und die Rathsherren zu Ulm erklärten ihm zuletzt, da er seinen Bauern sich zu nichts erbiete, dessen sie begnügig sein könnten, da er vor den Rath nicht kommen und die Bauern gütlich nicht weiter handeln wollen, so wissen sie dem Abte nicht zu rathen. »Der Mönch von Roggenburg,« wie die Rathsherren ihn jetzt unter sich hießen, spielte ganz den Trotzigen, wie der Herr Fürstabt zu Kempten. Der Abt von Wettenhausen verlangte bewaffnete Hülfe von Ulm; der Rath schlug es aber ab, ihm wider seine armen Leute einen Beistand zu leihen. Und doch waren die Rathsherren bei Weitem auf Seite der Herren; denn den Bauern des Probsts zu Herwartingen sagten sie geradezu, sie werden die Stiftsbriefe und der Bauern Kundschaft gegen einander verhören, und alsdann das Billige zwischen ihnen sprechen; die Bauern müssen aber bei dem Probste bleiben; wenn sie das nicht thun wollen, so werde man die Gesandten der Bauern in den Thurm legen. Aus den Ulmer Rathsprotokollen vom 25. Februar, vom 6. März, vom 10. März u. s. w.

So sehen wir eine Gemeinde um die andere sich gütlich oder zu Recht an ihre Herrschaft wenden, und erst, als sie wahrnehmen, daß man ihnen einzeln auch das Billigste nicht zugestehen will, schließen sie sich zusammen: sie wollen versuchen, ob man ihnen zu Hauf nicht 303gewähren werde, was man den Einzelnen weigerte; ja, sie sammeln sich in Haufen, um gemeinsam Widerstand thun zu können, wenn man sie, während sie ihre Sache auf dem Rechtsweg verfolgen, vielleicht gewaltsam angreifen möchte, um sie niederzudrücken. Sie selbst erklärten noch um diese Zeit und später, »das Volk habe sich in Versammlungen zusammengethan, weil es sich gegen seine Herrschaften in vielen Artikeln wider menschliche Vernunft und gute Sitten merklich beschwert zu sein glaube, Einer mehr denn der Andere, und weil eine merkliche Irrung und Zwietracht in dem heiligen Glauben erwachsen sei. Das habe sie gedrängt und verursacht, in die Versammlung zu kommen, und es sei von Anfang und noch in allweg ihre Meinung und ihr Wille gewesen, wider das, was Gott zu Lob, seinem göttlichen Wort und dem heiligen Glauben zur Förderung geschehen möge, keinen Widerstand noch Abbruch, sondern vielmehr als fromme Christen demselben Mehrung und Zulage zu thun, und wer dawider etwas vornehmen oder auf Irrungen absichtlich ausgehen wollte, strafen zu helfen. Auch haben sie nie gedacht, noch den Willen gehabt, von kaiserlicher Majestät und ihren gnädigen und günstigen Herrschaften ungehorsam oder freventlich abzuweichen, für sich selbst Herren zu sein oder Obrigkeiten zu erheben, sondern sie seien in Versammlung, weil sie zu Gott, zu ihren Herren und dem hochlöblichen Bunde zu Schwaben, auch allen Ehrbaren und Verständigen des demüthigen und unterthänigsten guten Trosts und Vertrauens gewesen und noch seien, daß das Lob Gottes dadurch gefördert, sie in ihren Beschwerden, Ob- und Anliegen gnädig gehört, durch leidliche, ihren Herrschaften und ihnen geziemende Mittel dieselben gemildert und abgestellt werden sollten.« Schreiben der Versammelten unterhalb Ulm an den schwäbischen Bund: es ist darin auch ausdrücklich herausgehoben, daß die im Hegau und im Allgäu die ganz gleiche Gesinnung und Absicht von Anfang an gehabt haben und noch haben.

Die Kunde von dem Zusammentritt so vieler Bauerschaften in die christliche Vereinigung machte, wohin sie kam, großen Eindruck auf das Volk; vor den Hütten, auf dem Felde, in den Wirthshäusern wurde dieses Ereigniß der einzige Gegenstand, um den sich das Gespräch drehte, und es kam zu hitzigen Erörterungen, da Alles Partei 304nahm, die Meisten für, Wenige gegen die Bauern. Am 18. März Samstags vor dem Sonntag Oculi, saß eine Gesellschaft im untern Bade zu Geißlingen, der ulmischen Stadt. Da war auch der Blaser von dem herrlichen Schloß Helfenstein, das über der Stadt lag, und das von dem berühmten Geschlechte, das seinen Namen daher schrieb, mit der Stadt schuldenhalber längst an die Ulmer Bürger verkauft worden war. Kerler, Geschichte von Helfenstein. »Lieben Leute, sagte der Blaser zu den Bürgern und Bauern, die umher saßen, die Bauern, die jetzt in Masse bei einander sind, haben eine gute, gerechte Sache, denn sie sind ihrer Beschwerden wegen beisammen.« Gerecht? rief Hieronymus Geiger, der Amtmann zu Aufhausen, der auch im Bade war. »Wohl, fuhr der Blaser fort, ist es ein gerechter Handel; denn sie begehren nichts, als was das Evangelium enthält und ausweist.« Michael Färber von Geißlingen fiel ein: »Lieber, der Bauern Sache wird keinen Bestand haben; sie haben in ihren Lagern nichts zu leben; ich möchte gerne wissen, wer ihnen zu essen gebe.« »Lieben Gesellen, versetzte der Blaser von Helfenstein, es soll euch nicht wundern, wer den Bauern zu essen gebe: Gott der Herr wird ihnen das Himmelsbrod geben; hat er doch vormals mit fünf Gerstenbroden viel tausend Menschen gespeist.« – »So wäre der Herr Gott, fiel der Amtmann ein, ein schlechter Mann, wenn er Hurenbuben Aristokraten beliebten schon im 10. Jahrhunderte die Bauern nur »Hurensöhne« zu titulieren; in ruchloser Anspielung auf das »Recht der ersten Nacht.« und treulosen Leuten sein Himmelsbrod geben wollte.« – »Du schiltst die Bauern treulos? rief der Blaser von Helfenstein; ich wollte dich nicht heißen tausend Gulden nehmen, daß du solches unter den Bauern redetest, und wenn es nicht im Bade wäre, ich wollte dir's anders sagen; und es sei dir zugesagt, wenn wir aus dem Bade kommen, sollst du mir darum Rede stehen.« – »Lieber, sagte der Amtmann, es gefällt mir wohl; ich will dir darum Antwort geben, und eines Stand thun, wenn du willst.« – Darauf schied der Blaser von Helfenstein aus dem Bad; der Amtmann aber zeigte ihn den Gerichten an als einen, der's mit den Bauern halte, und die Ulmer Herren ließen diese geringe Sache untersuchen Untersuchungsakten in Schmids Sammlung., wie sie um jede 305ungebührliche Rede jeden Bauern ihres Gebiets in's Stadtgefängniß hereinführen ließen, von welchem ein verdächtiges Wort angezeigt wurde. Ulmer Rathsprotokoll vom 21. Februar.


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