Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Vierundzwanzigstes Kapitel.

Herzog Ulrichs kriegerische Fastnacht, des Truchseß List im Hegau, und der Schweizer Verrath an Ulrich.

Die Kunde vom Einfall des geächteten Herzogs von Württemberg brachte nicht nur den Münchner Hof, sondern Fürsten und Herren weithin in Schrecken. Steigende Gährung der Bauerschaft in Tyrol 314und im Vorarlbergischen; eine Auflehnung der Erzknappen in Schwatz um die Mitte des Februar, welche mit Mühe der Erzherzog Ferdinand in Person beschwichtigte; die Bauernlager in Schwaben; die geächteten Ritter und ihre Werbungen in Böhmen; das Gerücht, Pfalz und Hessen seien mit dem Württemberger im Bunde – das traf zusammen, als Ulrich auf Württemberg zog.

Der Hauptmann des schwäbischen Bundes, Truchseß Georg von Waldburg, eilte, einzelne Bauerschaften der Hegauer durch gütliche, für sie vortheilhafte, Anerbieten zu beschwichtigen, da er als Bundesoberster Befehl hatte, gegen den Württemberger zu ziehen. Unter Vermittlung der obern Reichsstädte wurde mit den einzelnen Gemeinden im Hegau ein Ausvertrag oder wenigstens ein Stillstand nach dem andern gemacht. Der Truchseß versprach Amnestie für Alles, und seinen Beistand Allen, die sich von ihren Obrigkeiten beschwert fänden. Holzwart, gleichzeitige Handschrift. Seidler, Handschrift. Um seinem Anerbieten noch mehr Gewicht anzuhängen, überfiel er mit 200 auserlesenen Reitern einen versammelten Haufen Hegauer. Die Gefangenen ließ er gefesselt nach Stockach bringen. Die andern Bauerschaften nahmen den Stillstand an, und zeigten sich mit des Truchseß Erbieten »wohlbegnügig,« legten ihre Waffen ab, und hoben die Hand auf zum Zeichen der Annahme des Vertrags. Dem Vertrag nach stellten auch sie sich alle nach Stockach. Da legte man, was sie nicht geahnt hatten, Einen nach dem Andern in den Thurm, ließ sie aber ohne Verzug wieder heraus und heim, als sie neu gehuldigt hatten; auch die zuvor Gefangenen. Am 26. Februar. Hans Lutz, des Augenzeugen, Handschrift. Holzwart.

Von Dotternhausen bei Balingen aus schickte Herzog Ulrich dem schwäbischen Bund einen Absagebrief durch einen Reiterjungen nach Ulm. Die Bündischen gaben ihm 5 Gulden, und zum Zeichen des empfangenen Briefs zerschnitten sie ihm den Rock an einigen Orten, und schickten ihn unter Geleit wieder zu seinem Herrn zurück. Während er selbst zu Dotternhausen lagerte, hatten sich die Schweizer in den benachbarten Dörfern gesetzt, wo sie Fastnacht feierten; denn es war die rechte Fastnacht den 28. Februar.

Sobald der Truchseß die Hegauer hinter sich beschwichtigt hatte, zog er über Tuttlingen mit 300 Reitern und 700 zu Fuß, meist 315Landsknechten, dem Herzog nach. Oberster Hauptmann der Landsknechte war jener Hans Müller mit der einen Hand, der beim ersten Einfall dem Herzog Ulrich so tapfer gedient hatte. Der Truchseß zog ihm den beschwerlicheren, aber viel näheren Weg durch das Bärenthal nach, und kam über die Lochen hervor, einen Bergvorsprung über Balingen, der als ein senkrechter Fels gegen diese Stadt abstürzt. Noch unterwegs war er einem Fähnlein Bauern aus dem Hegau begegnet, das dem Herzoge zuziehen wollte. Es war Fastnachtdienstag um Mittag. Er fiel über sie, erstach ihrer an 60 und gewann ihr Fähnlein, schwarz und roth, mit einem weißen Kreuz darin, das er seinem Vetter Truchseß Wilhelm, dem Statthalter im Herzogthum Württemberg, als Beutpfenning schickte. Hier war es, wo Graf Friederich von Fürstenberg verwundet wurde, und dann seine Bauern sagten: »Stürb unser Herr, das Gott wöllte, so müßten wir vor Leid rothe Kappenzipfel tragen.« Anshelm. Hans Lutz und Holzwart, Handschriften. Als er des Abends auf dem Lochen anlangte und vom Lochenstein aus das Lager des Herzogs übersah, wobei er und die edeln Herren bei ihm sich auf den Bauch legten, um von den Feinden nicht gesehen zu werden, entdeckte er, wie etwa 300 Schweizer und Schwarzwälder Bauern auf einen Acker zogen und eine Gemeinde hielten. Sie beriethen sich, wo sie ihr Nachtquartier nehmen wollten, und man sah sie gleich darauf in das Dörflein Weilheim abziehen, das unten am Lochenstein liegt. Da sprach Herr Georg: »Möchten wir die morgen ertappen, das wär' eine rechte Morgensupp' für uns!« Er hielt darum selbige Nacht gute Sorge und war früh' auf. Aber als er mit dem Vortrab in der Dämmerung des 1. März die Lochensteige hinabkam, gewahrten ihn die Bauern und wollten dem Lager des Herzogs zueilen. Das sah Herr Georg. Er hatte noch kaum fünfzig Pferde herunter, es waren fast lauter Grafen und Herren. Im Nu hatte er diese Handvoll geordnet, und verrannte den fliehenden Schweizern und Schwarzwäldern den Weg, daß sie an einen See hinter einen Graben sich flüchteten, und sich hier mit ihren Wehren in guter Ordnung aufstellten. Doch waren sie so erschrocken, daß sie niederknieten und um Gnade baten. Der Truchseß wollte einen Schrecken in die Schweizer und die Bauern bringen und ein Exempel statuiren, damit sie alle den Herzog verließen und heimzögen: darum gab er 316keine Gnade, sondern ermahnte sie, sich um Leib und Leben zu wehren. Sie thaten es. Des Truchseß Ritter setzten mit ihren Rossen über den Graben und erstachen an 133 Mann. Auch ihre Fähnlein gewannen sie. Vom Adel wurden nur Wenige geschossen und wund, Keiner auf den Tod, nur 15 Pferde fielen. Als der Lärmen in das Lager des Herzogs kam, trat Alles unter die Waffen und rückte aus. Der Truchseß aber, der seinen Zweck erreicht hatte, und, weil er schwächer war, nur, wo er des Vortheils gewiß war, schlagen wollte, hatte sich schon nach Ebingen zurückgezogen. Es zeigte sich, daß Herr Georg der Schweizer und Bauern Art wohl kannte. Noch in selber Nacht zog der größere Theil der Schweizer heim, theils aus Furcht, da sie sahen, daß die Eroberung des Herzogthums nicht so leicht ging, und sie gleich beim Eintritt in's Land eine Schlappe erhielten, theils weil sie sahen, daß beim Herzog nicht viel Gelds zu erholen war, und er sie über ihre Gewaltthätigkeiten zur Rede stellte. Auch Hans Müller von Bulgenbach mit den Bauernfähnlein verschwindet schon hier aus dem Heere des Herzogs, wahrscheinlich, weil sie die Stimmung der württembergischen Bauern nicht so fanden, als Ulrich ihnen vorgespiegelt hatte. Die württembergischen Bauern von Tuttlingen und Balingen zeigten sich gut bäurisch, aber nicht sehr herzogisch. Zu Ende des vorigen Jahres hatte man auch in diesen Gegenden die Rede gehört, es thue kein gut, die Herren werden denn zu Tod geschlagen; und schon bei seiner ersten Recognoscirung im vorigen Jahre hatte Müller von Bulgenbach im Tuttlinger und Rosenfelder Amt nicht wenig Sympathie gefunden, Einzelne hatten sich ganz an ihn angeschlossen und waren mit ihm auf den Wald gezogen. Die Schwenninger waren ganz bäurisch, und am meisten der Vogt und seine zwei Söhne. Nur mit Mühe hatte die östreichische Regierung diese Aemter ruhig zu halten vermocht. Sie hatte ihnen am 9. Januar zugestehen müssen, daß zu Entscheidung ihrer Beschwerden ein Schiedsgericht solle gebildet werden aus einem rittermäßigen Mann als Obmann, drei Regierungsmitgliedern, vier aus dem Bürger- und vier aus dem Bauernstand. Und die Bauern-Abgeordneten, die diesen Vertrag angenommen hatten, wurden von den Bauern darum nicht einmal freundlich angesehen, die Meisten verwarfen ihn.

Diese Stimmung fand nun auch Ulrich, als er sein 317Herzogthum betrat. Er hatte in der Schweiz versprochen, wenn er sein Land wieder erobere, wolle er das Evangelium beschirmen, die armen Leute von der Leibeigenschaft und allen Dienstbarkeiten frei machen, und die Gotteshäuser und Stifter abthun. Die für ihre Freiheit aufgestandenen Bauern, die Ulrich begleiteten, sahen nun aber, daß er nicht Bruder war, sondern ganz den Herzog spielte und nichts weniger als die Aufhebung der Leibeigenschaft und der Dienstbarkeiten verkündete. So verließen sie ihn und seine Sache. Die von Ulrichs Söldnern geplünderten württembergischen Bauern wandten sich an den Hauptmann ihrer Interessen, an Hans Müller von Bulgenbach.

Hätte der Truchseß Georg gewußt, daß sein Vetter Wilhelm 300 Pferde unter Rudolph von Ehingen von Tübingen heraufsandte, um Balingen zu decken, und hätten sie sich mit einander vereinigt, so hätte des Herzogs Zug schon hier ein Ende gefunden. So aber wußten Beide nichts von einander, und es gelang Ulrich, Balingen zu besetzen. Die noch bei ihm gebliebenen Schweizer ließ er nun schwören, die Württemberger fortan wie Freunde zu behandeln. Durch Eile hoffte er zu ersetzen, was ihm an Macht abging, und zog mit den Trümmern seines Heeres rasch vorwärts auf Herrenberg. Die drei großen Karthaunen ließ er in Balingen zurück, weil sie ihm für den Eilmarsch zu schwer waren. Hier, dem Herzen des Landes näher, war die Stimmung der württembergischen Bauern für den Herzog, aus Haß gegen Oesterreich. Herr Georg, der Ulrichs Plan durchschaute, eilte, die Hauptpunkte bis Stuttgart hinab und diese Stadt selbst zu besetzen. Er rückte auf Rottenburg am Neckar, während Rudolf von Ehingen nach Tübingen zurückging. Hier trafen nun die Streitkräfte des schwäbischen Bundes von verschiedenen Seiten zusammen auf dem Burgerlehen zwischen Tübingen und Rottenburg. Von Ulm her eilten bei 1600 Fußknechte und etliche Reisige über die Münsinger Alb, Reutlingen und Tübingen zu; ein starker reisiger Zeug vom Rhein und andern Fürsten des Bundes war schon da, über 400 Pferde. So viel hat Hans Lutz, der Augenzeuge; Seidler 600. Herr Georg übernahm den Oberbefehl für sämmtliches Kriegsvolk des Bundes, im Ganzen in 700 Pferde So viel gibt auch der andere Augenzeuge, der Verfasser des Auszugs und Kriegs des schwäbischen Bundes an, nicht 1600. und 14,000 zu Fuß. Von 318der württembergischen Landschaft waren elf Fähnlein dabei. Diese hatten sich auf dem Oesterberg bei Tübingen gesammelt. Sie zeigten keine Lust, für Oesterreich gegen Herzog Ulrich zu streiten. Auch die Herrenberger ließen 40 Pferde, welche der Truchseß, die Stadt zu besetzen, schickte, nicht ein, weil sie wußten, daß der Herzog nicht mehr weit war.

Ulrich zog am Samstag über den Neckar auf Bondorf, und von da vor Herrenberg. Als die Herrenberger ihn mit seinem Haufen sahen, thaten sie drei Schüsse zu ihm aus Doppelhaken. Drei brennende Häuser, die er in dem Dörflein Nebringen anzündete, für drei Knechte, die ihm hier erstochen wurden, hatte denen in der Stadt seine Ankunft angezeigt. Wie er gegen die Stadt kam, zog auch der Truchseß die Höhe herab. Herr Georg rückte mit den Bündischen in voller Schlachtordnung daher, dreißig Trommeln wirbelten, und zweiunddreißig Fähnlein glänzten in ihren Farben über den Haufen, wie die Harnische des Kriegsvolks. Herzog Ulrich hatte sich längst vor der Stadt gesetzt und sein Geschütz gegen dieselbe gerichtet; er lagerte auf dem Spitalacker. Herr Georg näherte sich dem herzoglichen Lager so sehr, daß man sich gegenseitig mit Schüssen erreichte. Der Herzog ließ sein Geschütz wenden und es dreimal auf die bündische Reiterei abbrennen, aber ohne Schaden für dieselbe; es war zu hoch gerichtet. Der Truchseß bat das württembergische Landaufgebot, sich nach Herrenberg hineinzuwerfen und die Stadt zu vertheidigen; aber sie weigerten sich und wandten sich, ehe der Herzog mit Schießen fortfuhr, rückwärts bis zu dem nächsten Dorfe (Gültstein), hinter welchem die Fähnlein der bündischen Knechte aufgestellt waren. Diese wollten die Rückziehenden mit Worten und Wehr aufhalten; aber sie wollten thun, wie die Herrenberger, ihre Landsleute, von denen sie vermerkt hatten, daß sie wieder zu ihrem altvorigen Herrn übergehen. Sie zogen mit ihren Wagen an den Bündischen vorüber, Tübingen zu, wo sie in ihrem alten Lager auf dem Oesterberg sich setzten. Die Fähnlein von Brackenheim, Vaihingen und Maulbronn zeigten sich am abgeneigtesten. Herr Georg hielt nach ihrem Abzug noch bis Abend um 4 Uhr im Feld; weil er aber nicht wohl in's Feld gerüstet war, zog er sich nach Rottenburg und Tübingen zurück, und um 5 Uhr Abends ergab sich Herrenberg an Ulrich. Dieser lagerte selbige Nacht 319noch in dem nahen Gärtringen, zog am andern Morgen, es war Montag, auf Böblingen und Sindelfingen, und gewann sie, weil sie nicht besetzt waren, ohne Mühe. Hier aber zeigte Ulrich abermals, daß er kein Feldherr war. Seine Leute nahmen Leonberg ein, und er lag dabei vom 6. bis 9. März in Sindelfingen. Die Schweizer und die Seinen tranken den Mönchen im Kloster in der Vorstadt ihren Wein und ihr Bier aus; sie hatten großen Vorrath davon in dem reichen Kloster gefunden. Und über dem Zuströmen des Landvolks, das sich von allen Seiten bei ihm einfand und ihm huldigte, vergaß er, daß er mit der Hauptstadt Stuttgart eigentlich das ganze Land gewonnen hätte.

Das übersah der Truchseß nicht. Während die Bundesräthe im Hauptquartier darauf drangen, Tübingen, Kirchheim, Schorndorf und Göppingen zu besetzen, als die gelegensten Punkte, die Bundeshülfe zu erwarten, da man den württembergischen Fähnlein nicht trauen durfte und sie alle in ihre Heimath entlassen hatte, bestand Herr Georg darauf, daß das Kriegsvolk nicht vertheilt werde, weil sonst Stuttgart mit allen andern Städten verloren gehe; auf Stuttgart müsse man Acht haben; denn, wer dasselbe inne habe, der habe das ganze Land an ihm. Mit seinem geringen Feldgeschütz werde der Herzog, da er die Mauerbrecher zu Balingen gelassen habe, vor Stuttgart nichts ausrichten, sobald es von ihnen gut vertheidigt werde. Müsse er aber lange vor Stuttgart liegen, so werden ihn die letzten Schweizer verlassen; denn die Schweizer bleiben nirgends lange ohne Geld, und der Herzog habe keines. Diese schlagenden Gründe siegten, und auf des Truchseß Befehl hatte sich Graf Ludwig von Helfenstein mit einem guten Geschütz, 1600 Fußknechten und 600 Pferden nach Stuttgart geworfen, ehe der Herzog, der mit seinen Schweizern und Bauern in Sindelfingen trank, an die Möglichkeit dachte. Er scheint im Ernst geglaubt zu haben, der Truchseß sei ein Held wie er, der sich nicht übereile; denn Ulrich dachte an Stuttgart, ließ sich auch im Schloß daselbst ein Bett aufmachen und in die Stadt sagen, er werde die nächste Nacht darin schlafen; aber die Stadt zu besetzen, daran dachte er nicht. Der Helfensteiner war sehr erfreut, im Stuttgarter Schloß Alles so parat zu finden. Seidler, Handschrift in Schmids Sammlung. Die 320Stuttgarter Bürger waren gut württembergisch; nur die große bündische Macht, die sich plötzlich in die Stadt warf, schreckte sie. Jetzt ließ Herzog Ulrich die Stadt auffordern. Graf Ludwig von Helfenstein, da er die Bürger dem Herzoge so geneigt sah, versammelte die Landsknechte, deren Treue zu prüfen. »Liebe fromme Landsknechte, sprach der Graf, des Herzogs Trompeter ist hier, und will die Stadt überantwortet haben. Nun weiß jedermänniglich wohl, daß wir Kaiserlicher Majestät, auch Kaiserlicher Majestät Herrn Bruder Stadt und Land zu schirmen geschworen haben, und so will ich thun, wie ein wohlgeborner Herr, und will bei euch lassen Leib, Ehr' und Gut, und der Erste am Feinde sein, und da sterben und genesen. Wer das mit mir thun will, der hebe die Hand auf.« Alle gemeine Knechte schwuren ihm mit aufgehobenen Händen zu. Da rief der Helfensteiner freudig: »Nun, liebe Landsknecht', nun wollen wir den Schweizern den Kübel binden!« So redete er auch mit den Stuttgarter Bürgern und begehrte auch an sie, ihm mit aufgehobener Hand zu schwören, mit Rath und That zu ihm zu stehen; aber es waren nicht ihrer zwanzig, welche die Hand aufhoben und ihm zuschworen.

Des andern Tages bewegte sich Herzog Ulrich von Sindelfingen über das Gebirg her auf Stuttgart. Wäre er nicht so lang in Sindelfingen gelegen, so wäre er in die Stadt gekommen ohne alle Noth. Jetzt mußte er sie belagern. Sein thätigster Verbündeter in der Stadt war der Henker. Der wohnte auf einem Thurm der Stadtmauer, und während der Herzog vom Donnerstag bis Sonntag nur etwa 70 Mann der Besatzung erschoß, erschoß der Henker dem Herzog zu gut bei 7 Knechte in der Stadt; er that, als käme solches Geschoss von außen her von den Feinden, und entrann dann glücklich. Hans Luz, Handschrift.

Indeß war am 24. Februar sein Gönner und Verbündeter, König Franz von Frankreich, zu Pavia in einer großen Schlacht geschlagen und gefangen worden, und dadurch geschreckt, riefen die Kantone die Schweizer zurück, die bei Herzog Ulrich waren, bei Strafe an Leib und Gut: Oesterreich bestand darauf, und die Kantone widerstanden jetzt seiner Forderung nicht länger. Außer Balingen, Herrenberg und den nächsten Umgebungen Stuttgarts erhoben sich die württembergischen Bauern nirgends für Ulrich. Es blieb ihm 321nichts als der Rückzug, und am 17. März war er schon wieder über den Grenzen seines Landes. Er hatte es mit den Schweizern und Bauern verdorben, und, wie sie es spöttisch hießen, »das kriegerische Fastnachtspiel« war vorüber; nutzlos für die Letztern wie für den Herzog; erstens, weil sein Einfall, wider den ursprünglichen Plan, verfrüht war; zweitens, weil der Erzherzog die Schweizer im Heer Ulrichs bestach, daß sie ihn verriethen und sogar verkauften. Nicht ihre Schuld war es, daß er entkam.

Mit der alten Anhänglichkeit an das angestammte Fürstenhaus hatte sich wenigstens ein Theil des württembergischen Volkes seines Herzogs angenommen. Diese Treue an ihrem unglücklichen Fürsten nannte der bairische Kanzler Eck »ein strafwürdiges Schelmenstück.« Voll Freude, nach Ulrichs Abzug, schrieb er an Herzog Wilhelm von Baiern: »Ich werde sofort aus Ulm verreiten, damit man den württembergischen Schelmen eine Straf' auflege. Ich will auf meinen Theil darin nichts versäumen, und darob, ob Gott will, gesund werden.« Der Baiernfürst glaubte ihn noch zu ernster Strenge gegen sie anfeuern zu müssen, obwohl er hörte, daß der Kanzler »vorhin räß (wild) genug über sie sei.« Und » Meutmacher« nannte der Baiernfürst diejenigen Württemberger, welche ihren angestammten Herzog wieder aufnahmen und ihm zufielen. Schreiben des Kanzlers vom 14. März 1525. Schreiben des Herzogs Wilhelm von Baiern vom 17. März. Jörg, 417. 419.

So dachten, redeten und schrieben ein Fürst und sein erster Rath über diejenige Tugend, welche Volkstreue heißt, in einer Zeit, wo man hätte erwarten sollen, daß sie solche selbst am Feinde ganz besonders hoch ehren würden. Die Verrätherei der schweizerischen Söldner an Herzog Ulrich war von Kanzler Eck unter Rücksprache mit seinen Fürsten und mit dem schwäbischen Bunde angezettelt, und der Erzherzog gab das Geld zur Bestechung der Hauptleute und zur Soldzahlung an die Schweizer.

Vor Stuttgart ließ der Erzherzog den Schweizern, die bei Ulrich waren, die Bezahlung ihres Soldes zusagen; Am 9. März. da er zuvor ihre Abberufung bei den Kantonen durchgesetzt hatte, und sie ohne die Einnahme Stuttgarts von Ulrich keine Bezahlung zu erwarten 322hatten, verriethen sie den württembergischen Herzog. »Ich habe prakticirt,« schrieb der Kanzler Eck seinem Fürsten, »daß mit den Schweizern gehandelt werde, ob sie den Herzog an uns verkaufen. Wiewohl der schwäbische Bund, außer Oesterreich, von dieser Praktik, nichts weiß, so habe ich doch denjenigen, die mit den Schweizern handeln sollen, mich erboten, ich werde bei den Bundesständen dazu rathen, daß sie die Hälfte der Summe an die Schweizer zu zahlen übernehmen. Ich bin der Hoffnung, es sollen etliche Wege uns gerathen, daß man des unsinnigen Mannes, des Ulrich, hinfür entladen bleibe.« Herzog Ludwig und Herzog Wilhelm von Baiern erklärten sich ganz einverstanden damit, daß die Schweizer erkauft werden, den geächteten Herzog, sei's mit List oder Gewalt, dem schwäbischen Bunde zu überliefern. Bei Rottweil, in einem Kloster nahe bei der Stadt, sollte das Verrätherstück der Schweizer an Ulrich vollführt werden. »Durch Hülf Etlicher« entfloh der Herzog durch einen heimlichen Ausgang den Händen der Eidgenossen aus dem Kloster weg in ein Gehölz; so muthlos, »daß er zu sterben begehrte.« Die von Rottweil brachten ihn in ihre freie Stadt. Er schenkte ihnen einen Theil seiner Geschütze, den andern verkaufte er um siebenhundert Gulden. Dann beurlaubte er all sein Gesinde mit den Worten: »Ich kann weder euch noch mir mehr helfen.« Schreiben des Kanzlers vom 9. März 1525. Schreiben Herzog Ludwigs von Baiern vom 17. März. Zwei Schreiben des Kanzlers vom 18. und 21. März aus Bebenhausen und Urach; lauter Denkmale dieser Verrätherei.

Daß der Geächtete entkam, ärgerte den Kanzler und seine Herren sehr. Sie verdächtigten selbst den Truchseß Jörg von Waldburg, er habe den, von dem großen reisigen Zeug des Bundes überall Umgarnten, absichtlich aus dem Land entkommen lassen. Schreiben des Kanzlers vom 30. März. Jörg, 419. Die ihn entkommen ließen, waren wohl solche, welche ehrenhafter dachten als der Kanzler Eck, und in deren Augen und Mund zwar nicht die Treue der Württemberger gegen ihren unglücklichen Fürsten, wohl aber der Schweizer und seine Praktik »ein Schelmenstück« war.


 << zurück weiter >>