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Zweites Kapitel.

Eröffnung der Feindseligkeiten.

Treuherzig hatten die Bauern etwas von den Verhandlungen erwartet. Jetzt, als sie die Waffenbewegungen des Truchseß und seine Reden zu Sindelfingen von zu ihnen geflüchteten Lanzknechten, und die außerordentlichen Kriegsrüstungen des Bundes vernahmen, und ihre Abgeordneten aus der übermüthigen Sprache der Herren, die nur von unbedingter Unterwerfung hören wollten, abnehmen konnten, wo es hinauswolle, da verbitterten sich die Herzen der Landleute, ihre Zutraulichkeit schlug in Wuth um, und so bekamen die Bewegungsmänner leichtes Spiel, welche bisher durch das Uebergewicht derer niedergehalten worden waren, welche, gemäßigt, auf gütlichem oder rechtlichem Wege Erledigung ihrer Beschwerden zu suchen vorzogen.

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Die Ulm zunächst umgebenden Bauerschaften entzündeten sich zuerst, und aus den Gegenden unterhalb Ulms lief das Feuer schnell hinaus bis an die Quellen der Donau; alle Bauern traten in die Waffen, die Fehde zwischen ihnen und ihren dreifachen Tyrannen, den Herren in Schlössern, Klöstern und Städten begann, und rauchende Edelsitze und geplünderte Stifter verkündeten schnell, daß der bisherige Sklave seine Fesseln und seine Geduld abgerissen hatte und aufgerichtet stand, um blutige Rechnung für den tausendjährigen Druck zu holen, sowie für das arglistige Spiel, das man in den letzten Tagen mit seinem Vertrauen gespielt hatte.

Aber auch jetzt noch hatten die Entschiedenen nur die Mehrheit, nicht die Gesammtheit der Bauern für sich; und durch den ganzen Krieg zieht sich allerorten ein Schwanken; die Welle des Augenblicks hebt bald diese bald jene Partei empor; heute haben die Gemäßigten die Oberhand; morgen die Bewegungsmänner; bald darauf die Schreckensmänner, und hinterdrein wieder die Gemäßigten. Im Herzen der Masse wechseln Mißtrauen und Vertrauen schnell; dann beargwohnt sie Alles, selbst ihre eigenen Führer, und dann läßt sie sich wieder kirren und einschläfern von denselben Herren, die ihr zum Mißtrauen so viel Ursache gegeben; sie vertraut ihnen und ihren Zusagen aufs Neue.

Es blieb immer eine Friedens- und Kriegspartei unter den Bauern. Gar Viele waren auch selbst im Lager nicht freiwillig und mit dem Herzen. Anderen, die das zuerst waren, schwand Lust und Muth in die Länge, und Viele suchten nur Wege, wie sie mit Fug wieder aus der Sache möchten kommen. Bericht Weissenfelders vom 20. März. Gar Mancher war aus Furcht zu den Aufgestandenen getreten.

Zu den Kriegslustigsten in den Bauernlagern gehörten natürlich die Landsknechte, von denen manche Einzelne darin sich fanden, und die waren gut bäurisch, das heißt, sie waren für den Aufstand, weil er eine Bewegung war, welche gute Beute versprach. Landsknechte, die aus Grundsatz bäurisch waren, gab es wohl auch, besonders viele pfaffenfeindliche. Zu den am wenigsten Kriegslustigen gehörten, neben den Unfreiwilligen, bald diejenigen, die sehr begütert waren. Der Bau ihrer Güter erforderte ihre Anwesenheit zu Haus. Viele glaubten 338auch die Bauern den Kriegsmitteln der Herren nicht gewachsen, und glaubten darum nicht an einen guten Ausgang durch die Waffen.

Die Wehrhaftigkeit der Bauern in diesem Kriege war eine sehr verschiedene. Die Oberschwaben waren von Jugend an waffengeübt, und trugen Wehr und Harnisch, zumal die Allgäuer. Viele von ihnen hatten im Kriege gedient. Nicht so wohlgerüstet waren dagegen schon die Schwarzwälder, auch nicht so waffengeübt. Das Aufgebot, das schon zu Anfang durchgeführt wurde, rief zwar den vierten Mann ins Lager, durch das Loos. Wer nicht selbst ziehen wollte, stellte seinen Mann, und gab ihm einen Wochensold von fünfzehn Kreuzern. Schon war das zweite Aufgebot ergangen, und der dritte Mann war mit Harnisch und anderer Nothdurft gerüstet im Lager erschienen; der Ersatzmann erhielt seine zwanzig Kreuzer Sold. Aber es fehlte an Pulver. So dem Leipheimer Haufen. Berichte der baierischen Hauptleute nach München. Es fehlte an mauerbrechendem Geschütz. Die Hauptschwäche der Bauern war ihr Mangel an Reiterei, was der Gegner Hauptstärke war. Die großen Haufen konnten zudem schon des Proviants halb nicht in die Länge im Lager beisammen bleiben. Schreiben des Kanzlers Eck vom 12. April. Die unter den Bauern durch sie selbst umgelegte Kriegssteuer reichte nicht zu und ging nicht so ein, um gute geschickte Kriegsknechte genug damit zu bestellen. In den Lagern zum Theil, wie im Leipheimer und im Baltringer, fing schon in den letzten Tagen des März der Mangel an Lebensmitteln an fühlbar zu werden. Grund genug für den gemeinen Mann, daß er zahlreich »des Friedens sehr begehrte.« Schreiben des Herzogs Ludwig von Bayern vom 26. April. Schreiben des schwäbischen Bundes vom 5. und 7. April. Die Schwarzwälder hatten besonders viele Landsknechte geworben, aber die hielten sich nicht gut. Die Bauern litten durch sie, und wurden auch dadurch geneigt, sich mit ihren Herren wieder zu vertragen. »Sie hätten es längst gerne gethan, schrieb der Hauptmann vom Wolfstein, wo sie nicht also hart mit den Knechten wären übersetzt gewesen, die nur ihren Nutzen gesucht haben, gehe es den armen Leuten wie es wolle; wie solche und andere verdorbene Buben thun.« Schreiben des Wolfsteiners vom 13. April.

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Das mit den Bauern gespielte Spiel – das war es, was für den Augenblick auch die Gemäßigten tief erbitterte, und den Aeußersten die Oberhand gab.

Jetzt erst ging es auf das Gewaltsame. Das war der Gang fast überall. Ueberall waren die Begehren der Bauern zuerst nicht radikal, sondern bescheiden, billig nach der Ansicht der Besten auf Seiten der Herren. Ueberall aber gab es von Anfang an auch solche, welche Niemand mehr etwas schuldig sein, alle Lasten abthun, alles Herrenthum ausrotten und frei sein wollten, wie die Schweizer. An den meisten Orten begehrten die Bauern nur eine Art landschaftliche Verfassung und Hebung anerkannter Ungerechtigkeiten; so in Kempten, im Bambergischen, im Salzburgischen. Die Oberschwaben, so scheint es, dachten noch in der Mitte des März, nicht an eine Republik, sondern an die »Wahl eines römischen Königs« in ihrem Sinn; wohl an Friedrich von Sachsen. Sie wüßten einen römischen König zu machen, sagen sie. Sie werden viel vertröstet, ich weiß nicht durch wen. Weißenfelders Schreiben an Herzog Wilhelm vom 12. März. Unter den Bewegungsmännern selbst waren die Ansichten verschieden. Die Einen wollten nur ein einiges deutsches Reich mit Einem Herrn und Beseitigung der geistlichen und weltlichen Fürsten, dazu das freie Evangelium. Die Anderen, gemäßigter als diese, wollten nur den Sturz der geistlichen Fürsten und eine freie Verfassung unter den weltlichen. Wieder Andere wollten alle Herren todtschlagen und theilen.

Jetzt schienen selbst unter den besonnenen Oberschwaben, die zuerst nur ihr altes Recht zu wahren begehrt hatten, in den Augen der Mehrheit die Letzteren die Klügsten zu sein, und die folgten ihnen nach, welche so eben noch nichts gewollt hatten, als keinen Zehnten mehr und das rechte Evangelium. In die Revolution, auf welche anderswo von Anderen seit lange hingearbeitet, und die am Ausbruch war, wurden nun auch die Oberschwaben hineingerissen.

Die, welche nie von den Herren etwas für ihre Sache erwartet hatten, waren auch während der Verhandlungen thätig gewesen, den Volksbund auszubreiten und zu kräftigen, wo und wie viel sie konnten. Jetzt waren diese Männer auch diejenigen, welche zu Führung des Kampfes die Mittel aufzubringen, und diesen selbst zu organisiren suchten.

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Zuerst thaten sie aller Orten, wo sie konnten, diejenigen weg, welche auf die Stimmung des gemeinen Mannes besonderen Einfluß üben konnten, also die Pfarrer, welche nicht in der Richtung der neuen Lehre predigten. Da und dort gingen die Bauern rottenweise zu den Pfarrern, und sagten ihnen nicht nur, ihrer Obern Meinung und Schaffen sei, daß sie das Wort Gottes lauter und klar, im Geiste, ohne alle menschlichen Zusätze, nach dem Texte predigen, sondern sie erklärten ihnen geradezu, wenn sie nicht mit ihnen heben und legen wollen, so sollen sie von den Pfarren und Pfründen abziehen. Niklas Thomanns Bericht, Handschrift in Schmids Sammlung.

Um den großen Geldquellen des schwäbischen Bundes gegenüber auch ihrerseits sich Geldquellen zu eröffnen, beschlossen die Männer, welche die Volksbewegung leiteten, das goldene und silberne Geräthe aus den Kirchen zu nehmen, es zu Geld zu machen und sich damit zu rüsten; auch das baare Geld aus den Heiligen an sich zu ziehen, und wo Dörfer gute Gemeindegüter hatten, diese um baar Geld zu versetzen. Ebendaselbst. Aus dem Säkularisiren, eigentlich Abthun, wie sie es nannten, der Klöster und anderer Stifter hofften sie auch bedeutende Geldquellen zu bekommen. Da die Feindseligkeit des schwäbischen Bundes offen lag, hielten alle drei Haufen eine allgemeine große Versammlung zu Geisbeuren. Bericht des Augenzeugen vom Krieg des schwäbischen Bundes.

Mit den letzten März- und den ersten Apriltagen waren die Bauern allenthalben auf, nicht bloß in Oberschwaben, im Innthal, auf dem Schwarzwald, im Breisgau, im Elsaß; sondern von den Gegenden unterhalb Ulm leitete sich der Aufstand durch die Gegenden zwischen der Wernitz, der Jaxt und dem Kocher mit Blitzesschnelle fort über Neresheim, Bopfingen, Nördlingen, Ellwangen, Oettingen, Dinkelsbühl, Krailsheim einerseits, Gmünd, Aalen, Gaildorf, Hall, das ganze Hohenlohische andererseits; hinein, in den Odenwald, in den Rheingau, hinüber in's Herz von Franken; und am ganzen Thüringer Wald, wo Thomas Münzer am Hauptfeuerherd saß, kam Alles in Aufstand.

Auf wohl zwölf weit von einander entlegenen Punkten des südlichen Deutschlands begann in denselben Tagen, in den ersten 341Tagen des Frühlings, die Waffenbewegung des Volkes. Zu gleicher Zeit stehen die Tyroler auf; eröffnet Hans Müller von Bulgenbach den Kampf auf dem Schwarzwald und im Breisgau; rüsten sich die drei Haufen am See, im Allgau und auf dem Ried, sowie der unterhalb Ulm's sich wieder sammelnde Leipheimer Haufe zum Angriff; treten auf der württembergischen Alb, in den Gebieten der Stadt Heilbronn und des Deutschordens unter Anführern die Bauern in die Waffen; erhebt sich an der Tauber allgemein der Aufstand; bewegt Georg Mezler mit einem Bauernheer aus dem Odenwald sich hervor; zettelt Wendel Hippler im Hohenlohischen die ersten Thätlichkeiten an; und zückt Münzer in Mühlhausen das republikanische Schwert.

Ein anderer Geist wird überall in den Versammlungen herrschend. Die radikale Partei erhält die Oberhand in fast allen Gemeinden; und die Feindseligkeiten beginnen da zuerst, wo die Beleidigungen und die Drohungen von Seiten der Herren am neuesten sind.

Vom See bis zum Saume des Schwarzwaldes und die Donau herab bis Günzburg unterhalb Ulm's erscholl die Sturmglocke oder das Zierholdgeschrei, wodurch die Bauern auf die Sammelplätze zusammengeboten wurden seit dem Anfang der letzten Woche des März. Alle Lager füllten sich, und schon einige Tage vor Mariä Verkündigung war Leipheim an der Donau ein großes Bauernlager voll kriegerischen Lärms. Geängstigt versuchte hie und da noch ein Herr seine noch nicht entschiedenen Unterthanen von dem Abfall durch die besten Zusagen zurückzuhalten. So namentlich der Abt Jodokus von Roggenburg. Er war, gleich als seine Bauern sich zu beschweren anfingen, nach Ulm entritten. Seine Bauern hatten bisher sich ruhig verhalten und auch auf das gewartet, was ihnen die Bundesräthe zu Ulm in Güte oder Recht an Erleichterungen gewähren würden. Der geistliche Herr faßte sich Muth, kehrte in sein Gotteshaus zurück und ritt bei seinen Hintersaßen umher. Sie wollten von ihm aber nichts hören, sondern versammelten sich in Engstetten und ordneten Dreißig aus ihrer Mitte an den Convent des Klosters ab, um mit diesem über die Friedensbedingungen zu verhandeln. Der Convent suchte Ausflüchte, und verwies zur Entscheidung ihrer Beschwerden auf die Rathsherren zu Ulm, den schwäbischen Bund oder eine 342neutrale Stadt. Auf das sagten die Bauern, es sei des Zauderns bereits genug; und begaben sich zum Haufen bei Leipheim. Holzwart, Handschrift.

Als die Abgeordneten der drei Bauerschaften von Ulm hinterbrachten, daß sich die Unterhandlungen zerschlagen und die Herren nur von unbedingter Unterwerfung reden, und solches Ansinnen in ihrem Uebermuth »ein gleichmäßiges, mehr als überflüssiges Erbieten« Publicandum des schwäb. Bundes nennen; als zudem die Kunde kam, wie der Truchseß heranziehe, sie zu überfallen: da brach zuerst der Baltringer Haufen aus seinem Lager auf, und griff am 26. März einige Schlösser der Herren an.

Es waren wohl die Schlösser gerade derer, welche das Zusagen- und Uebermuths-Spiel am kecksten getrieben hatten und mit im Heere des Truchseß waren. Das Schloß des Hans Burkhard von Ellerbach zu Laupheim wurde geplündert, ebenso das Schloß zu Schemmerberg, welches dem Abt von Salmansweil gehörte, und das Herrn Georgens zu Simmetingen. Allen Hausrath, Wein, Korn nahmen die Bauern heraus und brannten dann die festen Häuser bis auf den Grund aus. Zwar löschten die Hintersassen das Feuer des Schlosses, weil sie für ihr Dorf fürchteten, aber sie selbst und die Oepfinger waren die fleißigsten, die Herrschaftsscheuren von Vorräthen, die Weiher von Fischen zu leeren; jedes Haus bekam seinen Theil davon. Aus dem Salmansweiler Archiv. Darauf legten sie sich vor das Schloß Rottershausen, das Herrn Konrad von Rot gehörte; es waren wieder die eigenen Hintersassen die Geschäftigsten dabei. Der Ritter war abwesend beim Bundesheer, nur etliche Knechte lagen im Schloß. Diese, weil sie sich zu schwach sahen, ließen die Bauern hinein und flüchteten sich in ein festes Gewölbe, worin das Pulver lag. Die Bauern liefen ihnen in das Gewölbe nach und Einer ließ ein brennendes Zündstück in das Pulver fallen; ein Theil des Schlosses mit den Knechten und vielen Bauern flog auf.

Solche Vorgänge, die sein eigenes Besitzthum so nahe bedrohten, bestimmten den Truchseß, nicht zunächst nach Leipheim, sondern nach Oberschwaben sich zu wenden, unmittelbar gegen die Bauern im Ried bei Baltringen.

Es zog das ganze bündische Kriegsvolk zu Fuß auf Erbach, wo 343sich die einzelnen Abtheilungen sammelten, am 30. März, und wollte, da die Bauern auf dem rechten Donauufer standen, vom linken Ufer bei Ehingen über den Fluß gehen, etwas über 2000 Pferde stark und 7800 zu Fuß, mit trefflichem Geschütz. Aber das große Geschütz vermochte man nicht über die Donau zu bringen und die Reiterei, die Hauptstärke des Bundes, konnte im Ried nicht gebraucht werden. Der Truchseß mußte sich begnügen, Freiwein von Hutten mit den Schützen über die Donau zu schicken. Dieser traf bei Delmensingen auf ein Fähnlein Bauern, das erst aus dem Mindelthal heranzog, das Winzerer Fähnlein genannt. Sie flohen aber, als sie die Schützen gewahrten, über die Roth, daß die Bündischen nichts verrichteten. Der große Baltringer Haufen zog das Ried herauf gegen Rißdissen, in der Hoffnung, den Truchseß nachzulocken. Dieser aber zog sich mit der Hälfte der Reiterei nach Ulm, mit der andern Hälfte nach Ehingen zurück. Graf Wilhelm von Fürstenberg blieb mit dem Fußvolk an diesem Abend zu Erbach, und das Einzige, was die Knechte thaten, war, daß sie einige Dörfer plünderten und anzündeten. Während am andern Morgen Herr Georg auf war, bei dem Ulmer Hochgericht seine Ordnung zu machen, fielen etliche Rotten Knechte vom baierischen Fähnlein in das Dorf Delmensingen, um zu plündern. Die Bauern sahen es, zogen das Ried hinab, überfielen die Knechte im Dorf, erstachen über hundert derselben, fingen etliche und schickten sie mit weißen Stäben in's Lager der Bündischen zurück. Die Bauern stellten sich sogar, als wollten sie über die Brücke bei Erbach in das Lager des Fürstenbergers fallen. Der Graf stand in gutem Vortheil und ließ das Geschütz unter sie gehen, traf aber wenig. Herr Georg und die von Ehingen eilten auf den Lärm so schnell heran, daß ihre Pferde voll Schweiß waren. Die Bauern aber zogen wieder hinter sich auf Rißdissen.

Die Bündischen rathschlagten hin und her, wie die Bauern anzugreifen wären. Herr Georg und Graf Wilhelm besahen das Ried überall, fanden aber, daß die Reiterei darauf nicht zu gebrauchen sei. Sie zogen auf der andern Seite nach Oepfingen. Da sah Herr Georg die Bauern auf Schlangenschußweite in viele Haufen zertheilt stehen. Er schickte eine Jungfrau mit einem Schreiben im Namen des Bundes an sie, worin er sie zum Abzug mahnte und jedem, der gehorsam 344wäre, sicheres Geleit versprach; auch ließ er sie fragen, ob ein Abgesandter aus seinen Leuten sicheres Geleit von ihnen haben würde. Die Bauern versprachen es und er schickte einen Tambour mit neuen Anträgen an sie. Als aber die Nacht einfiel, brachen die Bauern, die den Zweck der Verkundschaftung wohl begriffen, ihr Lager ab, und zogen hinter sich an ein Holz. Der Tambour fürchtete auf der Rückkehr von der Wacht angefallen zu werden und schlug seine Trommel. »Wie einem Gesandten gebührte,« setzt die Seidler'sche Handschrift hinzu.

Gerade das wurde auf der Wache des bündischen Lagers, die nicht gehörig unterrichtet war, mißverstanden, sie schrie Allarm, im Nu war Alles auf. Das Getümmel war so groß, daß man es selbst im entfernten Bauernlager hörte. Als man nach dem Feinde sah, war Niemand vorhanden, als der Tambour, der berichtete, daß die Bauern ihre bisherige Stellung verlassen haben. Der blinde Lärm kam aber dem Truchseß sehr zu gut. Unter den bündischen Fußknechten hatten die Bauern heimliche Verständnisse. Sie hatten den Bauern entboten, sie wollen die Ritter und ihre Knechte angreifen und sich dann mit den Bauern vereinigen. In dieser Nacht hätte die Meuterei ausbrechen und die Bauerschaft das bündische Lager überfallen sollen. Der Allarm, den sie im bündischen Lager hörten, machte die Bauern stutzig und zag; sie mißtrauten, oder glaubten die Sache verrathen; sie zogen sich noch in derselben Nacht bis Stadion zurück. Der Truchseß aber ließ hinter ihnen drein wieder mehrere Dörfer, ganz schuldlose Dörfer, plündern und verbrennen. »Jedoch in Ordnung,« sagt die Seidler'sche Handschrift. Die Reiter bekamen so viel Vieh, daß sie eine Kuh um einen halben Batzen verkauften: Seidler, Handschrift. in diesen Dörfern waren die meisten Bauern mit ihrer Habe zurückgeblieben, weil sie sich noch nicht für die Verbrüderung erklärt hatten! Dietrich Späth wurde befehligt, den Bauern nachzureiten. Er fand sie zwischen Stadion und Grunzheim, und kam so nah zu ihnen, daß er mit ihnen reden konnte. Die Bauern aber hielten so gute Ordnung, daß er sie nicht anzugreifen wagte, sondern sich zurückzog.

Die Bauern zogen nun vor Munderkingen und forderten das Städtchen auf. Während die in der Stadt mit den Bauern im 345Gespräch waren, ritt Späth auf der entgegengesetzten Seite an die Mauer und rief den Bürgern zu, sich zu halten, der Entsatz sei nahe. So ließen die Bürger die Bauern nicht ein, und diese zogen hinweg in das Kloster Marchthal, plünderten es rein aus und zerschlugen und verdarben, was sie nicht mitnehmen konnten. Es geschah dies gegen Abend. Der Truchseß, von Dietrich Späth benachrichtigt, machte sich sogleich auf, in der Hoffnung, sie zu überfallen. Er zog die ganze Nacht durch, ohne sie zu erreichen, die Bauern waren gewarnt, und hatten sich nach Zwiefalten über die Donau gezogen und auf die Alp, wohin ihnen der Truchseß mit dem Heere nicht zu folgen wagte, da sie in die Schluchten und Wälder sich vertheilten. Handschriften von Seidler, Lutz, Holzwarth.


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