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Siebzehntes Kapitel.

Jäcklein Rohrbach und der Aufstand im Heilbronner Neckarthal.

Zu den schönsten, mildesten und fruchtbarsten Gegenden des jetzigen Königreichs Württemberg gehört das untere Neckarthal, zumal die Umgebung von Heilbronn. Da liegt zwischen weichen Berghügeln voll Weines inmitten einer weit gedehnten Ebene voll Korn und Obst lachend die Stadt da, welche einst im heiligen römischen Reiche den Namen und Ruhm der freien Reichsstadt Heilbronn trug. Viele, zum Theil große, Dörfer lagen und liegen noch umher. Die Herren in der Stadt fühlten sich gar wohlhäbig und wohlbehäglich. Aber das Glück der Landbewohner, und selbst des gemeinen Mannes in der Stadt stach sehr ab gegen die Schönheit ihrer Berge und Felder. Außer reichsstädtischem Gebiet fand sich hier viel geistliches. Besonders die Herren vom Deutschorden waren in dieser Landschaft umher sehr begütert. Diese Mitteldinge zwischen Pfaffen und Rittern, tapferer Vorfahren unzeitgemäße Nachzügler, waren nur noch da, um es sich auf Kosten des Landvolks wohl sein zu lassen, und durch die Zeit vom Fechten für Glauben und Ehre abgekommen, hatten sie vollends im letzten Jahrhundert so fröhlich genossen und gewirthschaftet, daß ihre Unterthanen zu den Aermsten und Unzufriedensten gehörten.

Eine halbe Stunde von Heilbronn liegt das schöne Dorf Böckingen. Hier saß Jakob Rohrbach auf seiner Weinwirthschaft, ein junger Mann aus einem sehr alten reichsfreien Geschlecht. Jakob, oder wie ihn niederschwäbisch seine Kameraden nannten, 479Jäcklein, hatte ein gewisses Renommée in seiner Gegend. Er war von früher Jugend an als ein gescheiter Kopf, wie als ein trotziger, gewaltsam verwegener Bursche bekannt. Er wußte beim Wein und bei andern Zusammenkünften das Wort zu führen, wie keiner; hatte er die kecksten Streiche verübt, so wußte er sich zu verantworten und ließ sich von Obrigkeiten und Gerichten Nichts gefallen. Ein leidenschaftlich heftiger, verwildeter Naturmensch, nahm er das Recht der Selbsthülfe, das Faustrecht, von Anfang an für sich in Anspruch. Im Jahre 1519 sendete er an Schultheiß und Gemeinde von Dürrenzimmern auf eigene Hand seinen Fehdebrief, und oft stand er wegen Gewaltsamkeiten vor Gericht. Im Jahre 1524 hatte er eine schwere Untersuchung zu erstehen: der Verdacht lastete auf ihm, mit einigen Genossen den Schultheißen von Böckingen, den Edeln Jakob von Olnhausen, erstochen zu haben. Aber selbst, daß er mit Blut seine Hände befleckt, mußte bei den Bauern das Zutrauen, das er hatte, nur vermehren; war es doch das Blut eines Aristokraten, eines Volksfeindes und Volksverhaßten.

Jäckleins wildes Leben brachte ihn in seinem Vermögen herunter; er hatte viele Schulden.

Unter Anderem schuldete er an Wolf Ferber, den Stiftsvikar im nahen Wimpfen, von einem Hofe seit mehreren Jahren die Gült. Dieser drängte ihn; Jäcklein behauptete, er überfordere ihn; der Stiftsvikar klagte, und der Schultheiß zu Böckingen setzte Jäcklein einen Rechtstag an, auf Montag nach Mitfasten, den 27. März.

Noch lebte Jäckleins Vater, ein ehrbarer Mann. Der Stiftsvikar ging zu ihm nach Böckingen, und bat ihn um Vermittlung. Der alte Rohrbach sagte, sein Sohn sei ein böslicher Mann, und lehnte es ab, zu mitteln. Wie der Vikar aus Böckingen wieder heim ging, lief ihm Jäcklein mit drei Gesellen auf der Straße nach und rief überlaut: »Pfaff, Pfaff, spar dich nit, ich will mich auch nit sparen, und ruf Alle die an, die dir nutz und gut sein; denn ich will mich auch nicht säumen.« Erschrocken kehrte der Vikar um und fragte, wie er das meine. Lachend antwortete Jäcklein, es müsse Alles anstehen bleiben, bis zum angesetzten Rechtstag.

So kam Montag nach Mitfasten. Der Stiftsvikar begab sich 480mit seinem Anwalt auf den Weg nach Böckingen. Als er in Heilbronn in der offenen Herberge abstieg, schien es ihm, als ob eine ungewöhnliche Bewegung auf der Straße wäre. Es war eine Regsamkeit und ein Laufen, das ihm auffiel. Wo willst du hin? fragte Einer den Andern; willst du auch nach Böckingen? Er fragte den Wirth, was denn das für eine Aufregung, für ein Laufen nach Böckingen hinaus sei? Der Wirth, der den Vikar nicht kannte, sagte: »Es hat Herr Jäcklein Rohrbach mit einem Pfaffen heute einen Rechtsstreit draußen, und es ist die Sache die: der Pfaff hat Jäcklein beschnipfelt und mehr gefordert, als Herr Rohrbach ihm schuldig ist, und es wird wohl dem Pfaffen nit gut gehen.«

Was er hörte, was er sah, zeigte ihm ein drohendes Wetter; er erkundigte sich bei seinen Freunden; die warnten ihn, nicht hinauszugehen: es war unverkennbar, Jäcklein hatte sich nicht gespart; er hatte Alle, die ihm nutz und gut sein mochten, aufgerufen; das Volk in Stadt und Dorf war für ihn in Aufregung und hatte Partei genommen. Er trug seine Gefahr den eben im Sitzungssaal versammelten Heilbronner Rathsherren vor; sie beschlossen, dem Vogt zu Böckingen zum Beistand Caspar Berlin, einen Rathsherrn, hinauszusenden.

Jäcklein fanden sie nicht in Böckingen draußen; der war nach Löwenstein gegangen; wohl aber fanden sie eine Menge bewaffneter Bauern und andere Leute, bereit und drohend, ihm gegen das Unrecht, das ihm von dem Pfaffen geschehe, einen Beistand zu thun. Die Obrigkeit wagte nichts vorzunehmen. Der Rathsherr empfahl dem Schultheißen bloß, auf seiner Hut zu sein, und den Ersten, der sich rühren würde, gebunden in die Stadt zu senden. Dann ging er zurück, um dem Rath zu berichten. Dieser ermahnte auf den Bericht hin den Vikar, eine Sache ruhen zu lassen, zu der die Zeit so wenig passe.

Der Vikar beschwerte sich jetzt über Jäcklein bei dem Dechanten seines Stifts, Hans Heilemann. Der Dechant schrieb an letztern die höfliche Mahnung, über seine Schuld sich gütlich vergleichen zu wollen. »Der Dechant,« antwortete Herr Jäcklein Rohrbach, »solle nebst allen Stiftsherren ihn im Hintern lecken und sich die Weile nit lang werden lassen; denn er wolle sie bald suchen, und es solle 481ihm dann kein Vertrag schmecken, denn der, den das Stift mit den Bauern gemacht habe.«

Jäcklein hatte längst an den Fäden des Aufstandes mitgesponnen, er war einer der Eingeweihten. Das Wirthshaus Jäckleins zu Böckingen war wie das Wirthshaus Mezlers zu Ballenberg ein natürlicher Sammelpunkt der Mißvergnügten, und ohne alles Auffallende eine Durchgangspost und ein Absteigequartier für die geheimen Boten der Eingeweihten.

An jenem Ort, wo Wendel Hipler den Fürsten zu Werke schnitt, war gewiß auch Jäcklein. Ein Augenzeuge und Betheiligter sagte später aus: »Die Heilbronner haben Jäcklein Rohrbach mit Haaren zu sich gezogen.« Bundesakten Fasc. 99 a Nro. 31. »Jäcklein hatte von Anfang an etwas Praktik mit Etlichen in der Stadt,« heißt es auch in einem Schreiben des Truchseß aus der Urgicht Jäckleins. Bundesakten Fasc. 96. Nr. 15.

Dem scheint wirklich so zu sein. Das Benehmen des Heilbronner Raths hat der Stadt später manche Verwicklung und Anklage zugezogen, und Heilbronn, diese alte freie Stadt des Reiches, hatte gar Manches in sich, was den Verdacht der weltlichen und geistlichen Fürsten zu bestätigen schien, als hätte die bäurische Bewegung zum Theil ihre Quellen im Mittelpunkt der Städte; als arbeiteten die freien Städte heimlich darauf hin, alle Fürsten im deutschen Reiche zu beseitigen, und ein demokratisches oder aristokratisches Regiment im Reich aufzurichten, eine republikanische Verfassung, nach dem Vorbilde des Freistaats Venedigs und der Schweiz; als hätten dazu die Städte durch ihre reisenden Kaufleute, namentlich auch durch die im Bauernvolk einflußreichen Juden den gemeinen Mann aufgereizt.

Es waren Köpfe in Heilbronn, die revolutionär waren, und in denen die seit einem halben Jahrhundert im Reiche weit verbreitete Sehnsucht lebhaft war, die Vielherrschaft zu beenden, und die Deutschen zur Freiheit und alten Einheit zurückzuführen; Männer, die aus Grundsätzen, und Männer, die aus Verzweiflung an eine Umwälzung dachten. Damit man sehe, wie sehr die große Volksbewegung ihre Schmieden und ihre Feuerherde auch in Städten hatte, müssen wir dem innern Volksleben in Heilbronn näher treten, den Gang der Ereignisse in nächster Nähe und ganz im Einzelnen beschauen.

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Wendel Hipler wohnte um diese Zeit in der Nähe Heilbronns, zu Wimpfen im Thal, wo der Vater seiner zweiten Frau als Kaufmann ansäßig und ihr Bruder Chorherr war. Er wohnte hier seit dem Jahre 1524, seit er die pfälzischen Dienste verlassen hatte, in denen er als Landschreiber zu Neustadt an der Hardt gestanden. Er war viel in Heilbronn, und im Gebiete dieser Stadt ein gesuchter Anwalt für Bürger und Bauern. So mußte sich Wendel mit Heilbronner Gleichgesinnten begegnen; und durch die Letzteren hing Wendel mit Jäcklein zusammen.

Im Hause des Bäckers Wolf Leyphaim, der einen Weinschank führte, hielten die verschworenen Heilbronner ihre Zusammenkünfte. Diese Zusammenkünfte fingen an mit dem Anfang der Erhebung in Oberschwaben. Dazu gehörten als die Vornehmsten: Mathias Gunther, Caspar Heller, Gutmann der Tuchscheerer, der schielende Gleßer, Christian Weyermann, Wilhelm Bräunlin, Simon Herzog, einer der Flammenbäcker genannt, Wolf Meng, Luz Taschenmacher, Kollenmichel, und Leonhard Weldner. Von diesem Club aus zogen sie die Fäden der Verschwörung erst in die benachbarten Dörfer, namentlich nach Flein und Böckingen, von ihm aus kamen die berühmten zwölf Artikel in die Hände der Neckarbauern. Mathias Gunther las vor den Bauern zu Böckingen am Weg, da sie alle bei einander waren, dieselben vor. Nun frisch daran, schloß er, ihr seid frei und nicht schuldig, Rent, Zehent und Gült zu geben; nur frisch daran, die Weingärtner drinnen werden euch nicht verlassen; sind doch allweg unserer Weingärtner wohl fünfzig an einen. Bundesakten Fasc. 99 b. Nro. 17. »Brüder,« rief Leonhard Weldner, ein Kriegsmann, der unter Franciscus von Sickingen mit vor Trier gelegen, »Brüder, es will sich der Bundschuh regen!« Bundesakten Fasc. 99 a. Nro. 31. und die Beilagen dazu. Jäcklein Rohrbach trug die zwölf Artikel im Busen mit sich herum. Die Kunde von den Artikeln, daß sie da seien, ging wie ein Lauffeuer durch die Bürgerschaft. Auf der Straße lief Christ Scheerer, ein Heilbronner Bürger, den von Böckingen kommenden Rohrbach an: Jäcklein, habt Ihr der Bauern Artikel? Ja, sagte Jäcklein, ich hab's im Busen, ich will dich's lesen lassen. Ich kann's nicht lesen, antwortete Christ Scheerer. Willst du auch mit ziehen? fragte Jäcklein.

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Wenn Einer mitzieht, versetzte Christ Scheerer, will ich auch mitziehen. Komm in's Wolf Becken Haus, sagte Jäcklein. Bundesakten Fasc. 99 b. Nro. 53.

In des Wolf Becken Haus waren viele Bauern, darunter namentlich Jörg Martin von Gruppenbach, der Brunnenwirth, der nach Flein herein gezogen war, Endres Remy von Dürrenzimmern, Wendel Hofmann von Flein, Benckerhans, Hans Maier und viele Heilbronner, auch Herrn Jäcklein Rohrbachs Hausfrau und andere Weiber. Sie saßen bei Rothfischen und weißem Wein. Brüder, sagte Jäcklein, der eine Anzahl geheimer Gesellschaften auf zehn Stunden herum organisirt hatte, Brüder, jetzt wollen wir ein christlich Leben anfahen, wir wollen auch einen Bauernhaufen machen. Enderlen Remy von Zimmern hatte einen großen Brief vor sich, und sah je und je darein. Ja, sagte er, wir wollen ein Spiel anfangen, daß man davon singen und sagen muß. Wehe dem Kind in Mutterleib! sagte Jörg Martin. Wehe dem Kind in Mutterleib! hörte man es wie im Chor. Wir wollen die Geistlichen strafen, sagte ein Anderer, und die Herren hierinnen; wir wollen die Schmeerschneider zurichten; es soll sie Gott's Marter schänden; ihre Häuser müssen unser werden. Gott gebe das nicht, sagte Wolf, der Wirth, lachend; ihr möchtet mir meines auch nehmen. Nein, rief es ihm entgegen, du bist ein guter Gesell, du wirst auch auf unserer Seite sein. Wir haben einen Trost von den Weingärtnern hier, die werden zu uns fallen, so bald wir uns haufen. Komm morgen auch zu uns gen Flein, es werden viel gute Brüder kommen. Alle die Bauern, die in diesem Gereis da herum sind, werden alle kommen; welcher nicht kommt, dem wollen wir zur Stund sein Haus abbrennen; so können wir's zwingen. Bundesakten Fasc. 99 a. Nr. 53. Fasc. 99 b. Nr. 13. 14. Nr. 17. Es war dies Samstags vor Judica; Jäcklein war von Löwenstein herüber gekommen. An diesem Tage noch bestellten sie Wolf Leyphaim zu ihrem Schreiber. Nun Christe, sagte Jäcklein, willst du mithelfen? Ich will helfen dazu, antwortete Christ Scheerer, mit unter- und obliegen. Auf Wiedersehen zu Flein also, sagte Jäcklein.

Christ Scheerer war ein aufgeweckter Kopf. Er war von einigen Rathsherren sehr verfolgt und gedrückt worden, so sehr in seinem Rechte gekränkt, daß er ausrief: »Gott erbarm' es, daß Gerechtigkeit 484noth in Heilbronn ist!« Er glaubte, »Ursache zu haben, in den Rathsherren Hinderer und Schreiber Conzlen diebische Bösewichte zu erkennen.« Bundesakten Fasc. 99 a. Nr. 53. Endres Remy aber war sehr wohlhabend, seine Hausfrau die Schwester des Stadtschultheißen von Vaihingen.

Noch in dieser Nacht des 1. April ging Jäcklein nach Flein, wo er am 2ten, dem Sonntag Judika, das Fähnlein des Aufstandes fliegen ließ. Er fing an mit einer Volksversammlung in Waffen.

Zu Flein kamen in die achthundert Bauern zusammen und alle verschworenen Heilbronner Bürger. Mit Trommeln und Pfeifen wurde die Versammlung eröffnet. Hans Weldner, der Trommelschläger von Neckargartach, war eigens dazu bestellt worden. Jäcklein, des Jörghansen Sohn von Gruppenbach und Remy von Zimmern waren die Hauptsprecher. Sie wollen einen Haufen anfahen, und sie sollen Alle helfen, war der Inhalt ihrer Reden. Jörgmartin hatte die Einzelnen schon zuvor bearbeitet. »Ist's nicht ein elend Ding, hatte er gesagt, daß sie uns haben Gäns und Hühner aufgelegt? Wir wollen den kleinen Zehnten abtreiben. Dazu soll uns Gott helfen.« Man sollte die Rathsherren oben herauswerfen, so weit ließen sich schon hier Einige vernehmen. Jäcklein trug auch vor, daß man die Zinse und die Gülten abtreiben müsse; wo man habe zu viel gegeben, müssen die Briefe alle ab sein; welche Briefe aber noch nicht bezahlt seien, sollen vorbezahlt werden. Sie wollen eine brüderliche Treu anfahn. Welcher mehr habe, denn der Andere, solle dem Andern rathen und helfen. Das deutsche Haus wollen sie einnehmen und mit der Bürgerschaft theilen, der Stadt die Zehnten und die Zinse zustellen, damit sonstige Beschwerden zu ringern; die Deutschherren, die gottlosen Leute, sollen sie nicht mehr haben, ihre Häuser seien Hurenhäuser; ihre Wiesen wollen sie nehmen und den Armen geben. Auch das Schottenkloster müsse hinweg, die Mönche und die Nonnen müssen alle vertrieben werden; man müsse ihnen ein Jahrgeld aussetzen. Von Heilbronner Bürgern waren die vornehmsten Sprecher Christ Scheerer und Kollenmichel. Bundesakten Fasc. 99 a. Nr. 31. Nr. 53.

Während die Heilbronner Verschworenen so die Bauern draußen erregten und in die Waffen brachten, arbeiteten sie innen in der Stadt vornämlich an der zahlreichsten Einwohnerklasse, an den 485Weingärtnern; von diesen war außer Gleßer keiner ursprünglich unter den Verschworenen des Bundes. Der erste, der zu Jäcklein zugezogen wurde, war Hans Bissinger. Jäcklein, sagte dieser, als er zum Bund geloben sollte, du hättest sollen auf unsern Stuben umgeboten haben zu deiner Gesellschaft; aber fahr nur jetzt für; ihr habt's uns von Heilbronn nicht verkündet, aber ich will bei meinen Bürgern und Gesellen mich erkunden und von heut über acht Tagen Antwort bringen. Wo du mich hinnimmst, will ich kommen. Gelob' gleich, gib gleich Antwort, sagte Jäcklein. Nun so sei es zu 2 oder 3 Tagen, zauderte Bissinger. Ich muß jetzt Antwort haben, das und nichts Anderes, sagte Jäcklein, oder es soll ein Anderer an deiner Statt in der Bauern Rath sitzen. Auf das sagte Bissinger zu. Bundesakten Fasc. 99 b. Nr. 10.

Dreihundert führte Jäcklein noch selben Tages als »Hauptmann der Bauern im Neckarthal« seinen Genossen in Böckingen zu. Der Schultheiß zu Böckingen wollte gegen ihn die Gemeinde aufbieten und einschreiten. Jäcklein ließ ihn gefangen nehmen und in den Thurm stecken.

Noch an diesem Abend sandte er in das benachbarte deutschherrische Ort Sontheim, und drohte mit Mord und Brand, wenn sie nicht noch in derselben Nacht ihren Zuzug zu ihm stoßen ließen. Der Schultheiß zu Sontheim hielt bei Fackelschein eine Versammlung der Gemeinde und ermahnte sie, treu bei ihrer Herrschaft zu halten. Eilende Boten mußten bei seinem Herrn, dem Commenthur in Heilbronn, Rath und Hülfe suchen. Um Mitternacht pochten sie an das Thor Heilbronns. Es gelte Leib und Gut, riefen sie dem Wächter hinauf, man möge sie eilends einlassen. Es geschah nicht, die Meldung ging erst an den Bürgermeister und den Commenthur. Beide erschienen mit einander auf der Stadtmauer. Die Botschaft erschreckte den Commenthur so, daß er mit zitternder Stimme ihnen antwortete, und nichts Anderes, als »sie sollten sich halten wie fromme Leute; könnten sie sich aber nicht länger enthalten, so möchten sie thun, wie Andere; er wolle sie nicht verderben.« Bis Tagesanbruch harreten die Sontheimer auf einen bessern Trost, auf Hülfe von dem Commenthur; es kam nichts von Heilbronn, wohl aber von Jäcklein eine schärfere Drohung; da ließen sie den geforderten Zuzug abgehen, und schloßen sich an die beginnende Bewegung an.

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Diese breitete sich schnell, theils von selbst, theils mit Gewalt das Neckarthal entlang und in der Nähe aus: auf mehrere Stunden im Umkreis zwang Jäcklein alle Ortschaften, ihm mit einer gewissen Anzahl Mannschaft zuzuziehen. Wie ein Heerfürst schrieb er ihnen Mahnbriefe zu, ohne Verzug zu seinem Haufen zu stoßen: würden sie ungehorsam sein und nicht gleich kommen, ihm zu helfen, das Evangelium zu handhaben, so wolle er kommen und sie holen mit Gewalt, und Alles nehmen und verbrennen, was sie haben.

»Damit, sagt ein Zeitgenosse, Sebastian Frank. ward viel mancher, redlicher Biedermann aufbracht, ja aufgenöthet.«

Sein Hauptquartier behielt Jäcklein zu Flein. Hier war es, wo Jäcklein seine Anhänger zusammen schwören ließ, daß sie Mönche und Pfaffen vertreiben, nicht mehr frohnen, die großen Gülten nimmer reichen, den Edelleuten und Herren ein ziemliches Auskommen geben, und der Mönche und Heiligen Güter unter sich theilen wollen.

Nachdem er, um mit einem Schmaus zu beginnen, die Seinen dem Commenthur zu Heilbronn einen See hatte ausfischen lassen, was die Bauern sehr ergötzlich fanden, machte er Excursionen in die Umgegend, um sich fortwährend zu verstärken. Mit schwerem Gelde mußten die Stiftsherren zu Wimpfen, die er mit ihrem Dechant und Vikar nicht vergessen hatte, seinen Besuch abkaufen.

Wenn er von seinen Streifzügen neugestärkt zurückkehrte, hielt er auf einer großen Wiese zu Flein Versammlungen, wozu er mit Trommeln und Pfeifen zusammenrufen ließ, »um den Leuten etwas Neues zu sagen.« Er hatte auch einen Priester, Veltelin von Massenbach, bei sich, eine Zunge voll Feuerflammen; der predigte oft auf der Wiese von der evangelischen Freiheit.

Indem kam ihm geheime Botschaft von den Verschworenen zu Oehringen, sich zu beeilen mit seinem Zuzug dahin, und in der schwankenden Bürgerschaft durch plötzliche Ankunft den Ausschlag zu geben. Das bestimmte ihn, sich in's Hohenlohesche Gebiet zu wenden: den Grafen hatte er ohnedies längst einen Besuch zugedacht. Er zog mit 1500 Mann nach Oehringen. Als er ankam, vereinigten sich die Aufgestandenen in Oehringen mit ihm, und weil ihnen die Stadt zu enge wurde, eilten sie allesammt, nachdem sie eine starke Besatzung 487darin zurückgelassen hatten, mit dem großen »evangelischen Heere,« das noch in Schönthal lag, sich zu vereinigen.


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