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Neunzehntes Kapitel.

Der schwäbische Bund und der Kanzler Eck.

Der Bundestagsausschuß zu Ulm hatte noch zu Anfang des Jahres 1525 die eilende Hülfe nicht aufgeboten, weil die oberschwäbischen Bauern wegen des Winters in keiner großen Versammlung bei einander seien, und die Versammelten schon des Wetters halb in die Länge sich nicht im Lager beisammen zu halten vermögen. Die Allgäuer und Seebauern seien zudem wohlgerüstet und waffengeübt, und nur mit gutem Kriegsvolk angreifbar; dieses sei aber zum größten Theile bei dem Kaiser in Italien. Würden die Bundesstände schon jetzt rüsten und werben, so sei Gefahr, daß viel Kriegsvolk aus Italien 277nach Deutschland in den Sold des Bundes eilen, der Kaiser dadurch entblöst würde und in die größte Verlegenheit käme.

Der außerordentliche Bundestag, der am 5. Februar 1525 zu Ulm zusammentrat, fand die »Empörungen des gemeinen Mannes bereits höchst beschwerlich. Sie mehren sich so sehr, daß ein Bauernhaufe von zwei bis dreihundert in wenigen Tagen drei bis viertausend stark werde. Sie wollen sich aller Obrigkeit und Ehrbarkeit entziehen, und Selbstherren sein.« Den 11. Februar erging darum das Aufgebot an die Bundesstände; das erste Drittel der eilenden Hülfe auf den 27. Februar an den bezeichneten Sammelplätzen eintreffen zu lassen, wo möglich noch früher, und das andere Drittel marschfertig zu halten. Das erste Drittel betrug im Ganzen 1035 zu Pferd und 2407 zu Fuß. Die Sammelplätze waren Stuttgart und Ulm. Der Bundeshauptmann Ulrich Arzt schrieb am 15. Februar an die Reichsstadt Eßlingen: »Bereitet man nicht eiligst Gegenwehr, so wird des Dings kein Aufhören mehr sein. Eine Stunde Verzug ist schon zu lange.« Aus dem Eßlinger Archiv. Sammlung des Prälaten v. Schmid.

Im Schooße des Bundestags war Uneinigkeit und Verzagtheit. Die Gründe davon waren theils das Wachsen der Gefahr und der Mangel an bündischer Kriegsmacht, theils aber auch die verschiedenartige Zusammensetzung des Bundestags mit den sehr verschiedenen politischen und religiösen Interessen. Die Städte, und Alle mit ihnen, die dem neuen Glauben zugethan waren, wollten mit den Bauern gütlich, nicht feindlich handeln, wenigstens aus Klugheit vorerst den Schein davon sich geben, und Fürsten und Grafen, so sehr sie auch sonst gegen die Städte und gut altgläubig waren, stimmten den ersteren bei, aus Verlegenheit und Furcht. Der bairische Kanzler Eck meinte, »das erste Zusehen sei nicht gut, ein Unrath bringe den andern; mit fünf oder sechshundert Pferden möchte man die Bauern schlagen, zertrennen und strafen.« – Er hatte die Bauern um Ulm gesehen, aber nicht die Allgäuer, nicht die Seebauern: die kannte der Truchseß besser. Ueber die Kleinmüthigkeit des Adels schrieb Eck am 12. Februar an seinen Herzog: Diejenigen vom Adel, um welche her die Bauern im Aufstande sind, sind alte Weiber und schier todt; sie fürchten für ihre Häuser, und es will Niemand etwas Thätliches handeln, als bis das Kriegsvolk des Bundes beisammen ist. 278Ich fürchte, wenn die Bauern die große Kleinmüthigkeit der Herren sehen, werden sie uns angreifen.

Der Kanzler gab den Rath, den Hauptmann des nächsten Bauernhaufens oberhalb Ulm ohne Weiteres, ohne um die Unterhandlung, in der man von Seiten des Bundes mit diesem Haufen stand, im Geringsten sich zu kümmern, in der Nacht zu überfallen und ihn gefangen wegzuführen. Die Mehrheit des Bundestags war für jetzt noch zu redlich zu so etwas. Zornig und spöttisch schrieb der Kanzler an seinen Herrn am 12. Februar: »Mit zehen Pferden hätte man den Bauernhauptmann erobern können; aber die guten frommen Leute auf dem Bundestag weinten schier ob meinem Rathschlag und Gutbedünken.« Mehrere Schreiben Ecks, Jörg 405.

Der rechtgläubige Staatsmann ritt aber auch nicht mit seinen bairischen Rittern, deren er wohl zehn hätte mögen zusammenbringen, hinaus zu den Bauern auf ein kriegerisches Abenteuer und auf Lorbeere, sondern er schrieb, abgekühlt, am 15. Februar an seinen Herrn: »Auf morgen kommen die Bauern wieder zusammen. Dann wollen wir zu ihnen hinausschicken, und ihnen sicheres Geleit geben, daß sie einen Ausschuß zu uns herein abordnen, und mit uns in weitere Unterhandlung treten. Werden sie sich darauf einlassen, so werden wir die Bösewichter hinhalten, bis unser Kriegsvolk ankommt. Dann wollen wir in sie fallen, und mit Ernst gegen sie handelnSchreiben des Kanzlers vom 15. Februar 1525 aus dem bairischen geheimen Staatsarchive, Jörg 407. Man vergleiche das 15te Kapitel.


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