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Elftes Kapitel.

Der arme Konrad in der Ortenau. Nach den Akten neu bearbeitet.

Dem armen Konrad im Württembergischen ging der Gugel-Bastian zu Bühl in der Ortenau, der sich auch den armen Konrad nannte, zur Seite.

Es war zu Anfang des Sommers 1514, zur selben Zeit, als die Waffenbewegung des armen Konrad im Remsthal ihren Anfang genommen hatte, als zu Bühl und in dem benachbarten Altschweier zwei arme Kuentze sich aufthun wollten.

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Der Bundschuh zu Lehen hatte auch in diesen Gegenden Anknüpfungen gehabt; Jakob, ein Gesell aus der Ortenau, hatte den geheimen Berathungen auf der Hartmatte mit angewohnt. Und die badische Landherrschaft, so sehr sie sich nachher ihres überaus milden Regierens rühmte, hatte die Unzufriedenheit des gemeinen Mannes durch neue Zölle für Frucht und Wein, durch eine neue Erbordnung, nach welcher ein Ehegemahl das andre nicht erben sollte, durch übermäßiges Frohnen und Hegen des Wilds und manche andere, das alte Herkommen angreifenden Ordnungen gereizt.

Unter den Frohnpflichtigen war einer, der hieß Gugel-Bastian und war seßhaft zu Bühl. Der sammelte eine Zahl Gesellen und zog im Thal zu Altschweier und Cappel hin und wieder. Im ersten Ort that sich ein zweiter armer Kuentz auf in der Person eines gewissen Konrad, und Eisen-Bernhard daselbst machte auch einen Ring mit der Kreide und rief, wer den Blewelbach wolle mit fischen helfen und die neuen Rechte abthun und die alten wieder helfen handhaben, der möchte in den Ring stupfen. »Und ihrer haben viel gestupft,« und alle diese schloßen sich an Bastian in Bühl an.

So kamen Mittwochs (14. Juni) in der Frühe viele Bauern aus diesen Thälern in Bühl zusammen, theils aus Furcht, meist weil sie ihrer Beschwerden ledig werden wollten, und an die Theilnahme anderer Ortschaften glaubten. Ohne Grund war dies auch nicht. Der Amtmann von Stollhofen hatte zugesagt zu kommen, unter der Bedingung, daß man ihm auch zuziehe und helfe, daß den Stollhofern das Holz wieder würde, welches ihnen der Abt von Schwarzen genommen, und die von Achern hatten gleichfalls zugesagt, damit man ihnen die Mehlwage auch helfe zerbrechen und abthun.

Wie Bastian die Bauern beisammen sah, ließ er sie ihre Beschwerden vorbringen. Sie waren höchst bescheiden. Wenn einem in seinem Weingarten vom Wildpret Schaden entstünde, sollte er das scheuchen, schießen, fahen oder sonst umbringen, solches selbst behalten und nach Belieben dem Vogt davon verehren dürfen, ohne damit zu freveln. Die neue Erbordnung, nach welcher ein Ehegatte das andre nicht erben sollte, wollten sie abgethan, den Zoll zu Steinbach und Bühl, der von fünf Pfennigen auf sechs Plappert vom Fuder gesteigert worden war, auf das Frühere wieder gesetzt wissen, 113ebenso sollte der Futterhaber ermäßigt, beim Ruggericht keiner zur Angeberei wider den Nachbar genöthigt, für das Frohnen im Graben ihnen gegen den Zins, der jetzt davon falle, die Weide darin überlassen werden und die Gültbriefe, welche so lang gestanden, daß die Zinse dem Hauptgut gleich kommen, ab und todt sein. Auch wünschten sie, daß einer von etwas Wein, das er in seinem Haus trinken wollte, keinen Zoll zu geben hätte, und wenn seine Hausfrau guter Hoffnung wäre, ungefrevelt ein Essen Fisch aus dem Bach fahen dürfte.

Sie wurden einig, wer bei der Handhabung ihrer alten Rechte wider sie wäre, gegen den Gewalt zu brauchen. Bastian dehnte seine Kreise weiter aus. Schon war eine Versammlung von mehr als achthundert Bauern aus markgräflichen und fremden Herrschaften, auf einen bestimmten Tag angesagt, welche an dem Wald bei dem Dorfe Oehnsbach oberhalb Achern statt haben sollte, als ein plötzlicher Ueberfall des Markgrafen Philipp, der von den Umtrieben Kunde erhalten hatte und das Bühler Thal mit seinen Reisigen überzog, die Versammlung vereitelte, einen Theil der Bauern gefangen nahm, die andern schreckte.

Gugel-Bastian selbst rettete sich durch die Flucht, wurde aber nach mehrwöchentlichem Umirren im Gebiete der Stadt Freiburg im Breisgau gefangen, und, »weil er Auflauf und Conspiration gemacht,« am 5. Oktober von der Stadt zur Enthauptung verurtheilt, das Urtheil aber erst vollzogen, als seine Hausfrau Kindes genesen war.

Sein Haupt fiel, die Beschwerden der Bauern blieben.


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