Leo N.Tolstoi
Krieg und Frieden
Leo N.Tolstoi

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In den ersten Tagen des Oktober kam bei Kutusow noch ein Parlamentär an mit einem Brief von Napoleon, welcher Friedensvorschläge enthielt und trügischerweise aus Moskau datiert war, während Napoleon schon nicht weit von Kutusow auf der alten Kalugaschen Straße war. Kutusow antwortete auf diesen Brief ebenso wie auf den ersten. Er sagte, von Frieden könne keine Rede sein. Bald darauf traf von dem Streifkorps von Dolochow bei Tarutino eine Meldung ein, daß in Fominskoi sich Truppen gezeigt hätten, die aus der Division Broussier bestehen. Diese Division sei vereinzelt und könne leicht vernichtet werden. Die Generale kamen zu Kutusow und sprachen ihre Meinung aus, auf den Vorschlag Dolochows einzugehen, aber Kutusow hielt dies nicht für nötig. Daraus erfolgte ein Mittelding, es wurde nach Fominskoi eine kleine Abteilung unter Dolochow gesandt, welche Broussier angreifen sollte, aber kaum hatte Dolochow die Hälfte des Weges bis Fominskoi zurückgelegt, als die französische Armee sich ganz unerwarteterweise nach links wandte, nach der neuen Kalugaschen Straße und Fominskoi besetzte, wo früher nur Broussier gestanden hatte. Ein gefangener französischer Gardist wurde eingebracht, welcher aussagte, daß die Truppen in Fominskoi die Avantgarde der ganzen großen Armee sei, daß auch Napoleon dort wäre, und daß die Armee schon vor fünf Tagen aus Moskau abmarschiert sei. An demselben Abend berichtete auch ein Bauer, daß er den Einmarsch großer Truppenmassen in die Stadt gesehen habe, und Kosaken von der Abteilung Dolochows meldeten, daß sie die französische Garde im Anmarsch gesehen haben. Aus allen diesen Gerüchten ergab sich klar, daß dort, wo nur eine Division gestanden hatte, jetzt die ganze französische Armee stand, welche in einer ganz unerwarteten Richtung aus Moskau abmarschiert war. Dolochow wollte nichts unternehmen, ohne zuvor Meldung gemacht zu haben, und sandte einen Offizier, Bolchowitinow, um Mitternacht an den Oberkommandierenden ab.


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