Hermann Fürst von Pückler-Muskau
Briefe eines Verstorbenen
Hermann Fürst von Pückler-Muskau

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Sechzehnter Brief

London, den 5. Juni 1827

Bei Gelegenheit einer Visite, die ich Mistress Hope machte, besah ich ihres Mannes Kunstsammlung heute etwas mehr en détail. Eine sehr schöne Venus von Canova war für mich besonders deswegen sehr anziehend, weil ich sie, noch nicht völlig vollendet, im Atelier des liebenswürdigen Künstlers in Rom vor ziemlich vielen Jahren gesehen, wo sie schon damals von allen seinen Werken den angenehmsten Eindruck bei mir zurückließ.

Unter den Gemälden frappierte mich das des berüchtigten Cäsar Borgia, von Correggio. Ein erhabener Sünder! In der kühnsten, männlichen Schönheit steht er da, Geist und Größe blitzt aus allen Zügen, nur in den Augen lauert ein häßlicher Tiger.

Ganz besonders reich ist die Sammlung an Bildern der niederländischen Schule. Viele sind von der unübertreffbarsten Wahrheit, welche, ich gestehe es gern, für mich oft einen größern Reiz hat, als selbst das erreichte Ideal, wo dieses keinen verwandten Punkt in meiner Seele anspricht.

So war eine alte sehr anständige holländische Bürgersfrau, die mit großer délice ein Glas Wein in sich sog, während ihr in einem Mantel danebenstehender Mann, die bouteille, aus der er ihr eingeschenkt, noch in der Hand, mit gutmütigem Vergnügen auf sie herabsieht, ein höchst anziehender Gegenstand. Ebenso einige Offiziere aus dem 16ten Jahrhundert in ihrer schönen und zweckmäßigen Tracht, die sich's nach harter und blutiger Arbeit beim frohen Mahle wohl sein lassen, und andre mehr. Unter den Landschaftsmalern machte ich die neue Bekanntschaft eines Hobbema, der die größte Ähnlichkeit mit der Manier Ruysdaels hat. Täuschende Früchte von van Huysum und van Os, Häuser von van der Meer, auf denen bekanntlich jeder Ziegel ausgeführt ist, mehrere Wouwermans, Paul Potters etc. etc., nichts fehlte in dieser reichen Sammlung. Nur die neueren englischen Gemälde waren schlecht.

Später ging ich nicht mehr aus, um im Stillen den Geburtstag meiner guten Mutter zu feiern.


Den 7ten

Als ein Beispiel, was ein dandy hier alles bedarf, teile ich Dir folgende Auskunft meiner fashionablen Wäscherin mit, die von einigen der ausgezeichnetsten elegants employiert wird und allein Halstüchern die rechte Steife, und Busenstreifen die rechten Falten zu geben weiß. Also in der Regel braucht ein solcher elegant wöchentlich 20 Hemden, 24 Schnupftücher, 9-10 Sommer- trousers, 30 Halstücher, wenn er nicht schwarze trägt, ein Dutzend Westen, und Strümpfe à discrétion. Ich sehe Deine hausfrauliche Seele von hier versteinert. Da aber ein dandy ohne drei bis vier Toiletten täglich nicht füglich auskommen kann, so ist die Sache sehr natürlich, denn

  1. erscheint er in der Frühstücks-Toilette im chinesischen Schlafrock und indischen Pantoffeln.
  2. Morgentoilette zum Reiten im frock-coat, Stiefeln und Sporen.
  3. Toilette zum dinner, in Frack und Schuhen.
  4. Balltoilette in pumps, ein Wort, das Schuhe, so leicht wie Papier, bedeutet, welche täglich frisch lackiert werden.

*

Der Park war um 6 Uhr so voll, daß er einem rout zu Pferde glich, jedoch weit anmutiger, da die Stelle der Bretter eine grüne Wiese einnahm, statt der Dampfhitze frische Kühle herrschte, und statt die eignen Beine zu ermüden, die der Pferde die Arbeit tun mußten.

Als ich vorher die Fürstin E... besuchte, fand ich dort drei junge und schöne ambassadrices en conférence, toutes les trois profondément occupées d'une queue, nämlich ob eine solche bei der Königin von Württemberg getragen werden müsse oder nicht.

Auf dem Ball, dem ich abends beiwohnte, bei der neulich erwähnten Marquise L... sah ich zum erstenmal hier Polonaisen und auch Masurka tanzen, aber sehr schlecht. Man aß im Saal der Statuen, denen verschiedene Damen ihre Hüte aufgesetzt und ihre shawls umgehangen hatten, was dem Kunstsinne sehr wohltat. Um 6 Uhr kam ich zu Hause und schreibe Dir noch, während man schon meine Laden schließt, um mir eine künstliche Nacht zu bereiten. Die Kammerdiener haben es hier schlimm, und können nur, sozusagen: aus der Hand schlafen, oder, wie die Nachtwächter, am Tage.


Den 13ten

Ich habe Dir schon erzählt, daß man hier auf die königlichen Prinzen eingeladen wird, wie an andern Orten im vertrauten Zirkel auf irgendeine Delikatesse. So war ich gestern auf die Herzogin von Gloucester, und heute auch auf den Herzog von Sussex zu Tisch eingeladen. Dieser Prinz, der mit dem König ganz brouilliert istMan vergesse nicht, daß hier vom vorigen die Rede ist. A. d. H. , sich aber durch sehr liberale Gesinnungen bei der Nation beliebt gemacht hat und dies in jeder Hinsicht verdient, war viel auf dem Kontinent und liebt die deutsche Lebensart. Unsere Sprache ist ihm, wie den meisten seiner Brüder, völlig geläufig. Seinetwegen wurden nach Tisch, sobald die Damen uns verlassen hatten, Zigarren gebracht und mehr als eine geraucht, was ich in England bisher noch nicht gesehen habe. M. de Montron erzählte mit französischer Kunst sehr lustige Anekdoten; am unterhaltendsten war aber Major Keppel, der Reisende in Persien, der heute manche skabröse, aber höchst pikante Geschichte aus jenen Ländern zum besten gab, die er dem Druck nicht übergeben konnte, und die ich daher auch Dir nicht mitteilen darf, was mir jedoch sehr leid tut.

Morgen werde ich mit dem jungen Capt. R... nach Ascot fahren und Windsor besehen, um wieder einige Varietät in mein einförmiges Leben zu bringen. Man vermutet, daß die Wettrennen ungewöhnlich brillant sein werden, da sie der König diesmal besucht, und Pferde von ihm teil daran nehmen.


Windsor, den 14ten

Nach einer raschen Fahrt von 25 englischen Meilen, zum Teil durch den Park von Windsor, hinter dem sich das Schloß, die alte Residenz so vieler Könige, erhebt – erreichten wir die weite und dürre Heide von Ascot, wo die Wettrennen stattfinden. Der Platz bot ganz das Bild eines Lustlagers dar. Unabsehbare Reihen von Zelten für Pferde und Menschen, Wagenburgen längs der Rennbahn, größtenteils mit schönen Damen besetzt, häuserhohe Gerüste in drei, vier Etagen übereinander, mit der Loge des Königs am Ziele – alles dies durch 20 bis 30 000 Menschen belebt, von denen viele schon seit sechs Tagen hier stationieren. – Dies sind ungefähr die Hauptzüge des Gemäldes. Das eine Quartier bildet den Markt, wo sich unter den übrigen Buden und Zelten, gemäß einer alten Freiheit, auch vielfache Arten von Hazardspielen befinden, welche sonst streng verboten sind. Doch mehr als Pluto wird noch der holden Venus geopfert, und nirgend sind Intrigen unbemerkter anzuspinnen. Die Damen in den Wägen sind dabei täglich mit Champagner und vortrefflichem Frühstück reichlich versehen, was sie sehr gastfreundlich austeilen. Ich fand viele alte Freunde, und machte auch einige neue Bekanntschaften, unter andern die einer höchst liebenswürdigen Frau, Lady G..., die mich nach ihrer cottage mit R... zum Essen einlud. Als daher um 6 Uhr die races für heute beendigt waren, fuhren wir durch eine wunderschöne Gegend, deren Baum-Reichtum ihr, ohngeachtet der bebauten Fluren, das Ansehen eines kultivierten Waldes gibt, nach T... Park. Wir kamen früher an, als die Familie selbst, und fanden das Haus zwar offen, doch ohne einen Diener oder ein anderes lebendiges Wesen darin. Es war wie die bezauberte Wohnung einer Fee, denn einen reizenderen Aufenthalt kann es nicht geben! Hättest Du es nur sehen können. Auf einem Hügel, unter den prachtvollsten uralten Bäumen halb verborgen, lag ein Haus, dessen vielfache Vorsprünge, zu verschiedenen Zeiten gebaut, und da und dort durch Gebüsch versteckt, nirgends erlaubten, seine ganze Form auf einmal ins Auge zu fassen. Eine galerieartige Rosenlaube, von hundert Blumen strotzend, führte direkt in das Vorzimmer, und durch einige andere pièces und einen Korridor gelangten wir dann in den Eßsaal, wo schon eine reiche Tafel gedeckt stand, aber immer noch kein Mensch zu erblicken war. Hier lag die Gartenseite vor uns, ein wahres Paradies, von der Abendsonne reich beleuchtet. Am ganzen Hause entlang, bald vorspringend, bald zurücktretend, wechselten Verandas von verschiedenen Formen und mit verschiedenen blühenden Gewächsen berankt, miteinander ab und dienten dem buntesten Blumengarten zur bordure, der den Abhang des Hügels durchaus bedeckte. An ihn schloß sich ein tiefes und schmales Wiesental, hinter dem sich das Terrain wieder zu einem höheren Bergrücken erhob, dessen Abhang mit uralten Buchen besetzt war. Am Ende des Tales links, schloß Wasser die nächste Aussicht. In der Ferne sahen wir über den Baumkronen den round tower (runden Turm) von Windsor Castle mit der darauf gepflanzten kolossalen königlichen Fahne, in die blaue Luft emporsteigen. Er allein erinnerte in dieser Einsamkeit daran, daß hier nicht bloß die Natur und eine wohltätige Fee walte, sondern auch Menschen mit ihrer Freude, ihrer Not und ihrem Glanz sich hier angesiedelt! Wie ein Leuchtturm des Ehrgeizes schaute er auf die friedliche cottage herab, verlockend zu einem höheren trügerischen Genuß – doch wer diesen erreicht, erkauft ihn nur mit schwerem Verlust! Friede und Ruhe bleiben zurück in des Tales trauter Stille. –

Ich wurde bald in meiner poetischen Ekstase durch die schöne Wirtin unterbrochen, die sich an unserer Schilderung des verzauberten Schlosses sehr ergötzte, und nun sogleich selbst dafür sorgte, daß uns Stuben angewiesen wurden, um unserer Toilette obzuliegen, die der Staub und die Hitze des Tages sehr nötig machten. Ein exzellentes dinner mit geeistem champagne und vortrefflichen Früchten wurde mit Vergnügen angenommen, und hielt uns bis um Mitternacht bei Tisch. Kaffee und Tee mit Musik nahmen noch ein paar andere Stunden hinweg, und, aufrichtig gesagt, die letzte, ich meine die Musik, hätten wir der Familie gern erlassen. Meine Verdauung wurde wesentlich durch die ungeheure Anstrengung gestört, mit der ich das Lachen, in einer wahren Agonie, unterdrücken mußte, als die alte Mutter der Hausfrau sich zuletzt ans Klavier setzte und uns eine Arie aus ihrer Jugend, von Rousseaus Komposition, zum besten gab, an deren Refrain: ›Je t'aimerai toujours‹ ich ebenfalls Zeit meines Lebens denken werde. Sie benutzte nämlich das ›ai‹ jedesmal zu einem Trillo, der im Anfang dem Meckern eines Lammes glich, dann eine Zeitlang der Lachtaube nachahmte, und mit der cadence eines balzenden Auerhahns endete. Das Lied schien unendlich, der junge R..., der leider ebenso leicht als ich zum Lachen zu bringen ist, hörte bereits in der Stellung eines Fiedelbogens, mit gewaltsam zusammengedrücktem Leibe, zu und schnitt hinter seinem großen Schnurrbarte die seltsamsten Grimassen. Was mich betrifft, so suchte ich meiner moralischen Kraft hauptsächlich dadurch zu Hilfe zu kommen, daß ich unaufhörlich an Dich, gute Julie, und Deine so musterhafte contenance bei ähnlichen Gelegenheiten dachte. Die Leute waren dabei so außerordentlich gütig und freundschaftlich gewesen, daß ich wahrhaftig lieber hätte Blut weinen, als über sie lachen mögen; aber was soll man anfangen, wenn der Sinnenreiz unwiderstehlich wird! Die Annäherung der ominösen Stelle war immer eine furchtbare Epoche für mich. Ich betete förmlich zu Gott, er möge die gute Alte doch regieren, nur diesmal ›Je t'aimerai toujours‹ ohne Verzierung abzukrähen. Aber vergeblich; kaum war das verhängnisvolle ›ai‹ angeschlagen, so folgte auch immanquablement der unbarmherzige Trillo. Beim 7ten Verse konnte ich es nicht mehr aushalten, Rousseau schien mir zum erstenmal wahrhaft unsterblich – ich fuhr der Alten, wie die Studenten sagen, in die Parade, ergriff ihre Hand, ehe sie die Tasten von neuem anschlagen konnte, schüttelte sie herzlich, dankte für ihre Güte, versicherte, ich fühle die Indiskretion, sie so lange zu belästigen, drückte gleichfalls die Hand der schönen Tochter, (car c'est l'usage ici) wie der übrigen Familienmitglieder, und fand mich in einem clin d'œil mit R... im Wagen, der schon seit einer Stunde angespannt auf uns gewartet hatte. Du kannst Dir denken, daß wir unsere Lachmuskeln mit Bequemlichkeit entschädigten. Bis Windsor ergötzte uns noch der Nachhall des unnachahmlichen Trillos – mich aber erwartete hier, nach ausgelassener Lustigkeit, ein ziemlich unangenehmes Abkühlungsmittel. Wie ich mich nämlich zu Bett legen wollte, fing B... zu jammern an, daß ihn doch das Unglück überall verfolgen müsse!

»Nun, was ist Dir denn geschehen?«

»Ach Gott, wenn ich könnte, ich sagte es gar nicht, aber es muß nun doch heraus.«

»Nun zum T...l, mach' ein Ende, was ist es?«

Was kam nun zum Vorschein? Der konfuse Alte hatte mein Geld, 25 L. St., ihm in einem Beutel von mir übergeben, um es in das Wagenkästchen zu tun, anstatt dessen in die Tasche gesteckt, und wie der dumme Landjunker von Kotzebue um ein Glas Bier zu bezahlen, im Gedränge der Buden den Beutel herausgenommen, einen Souverain gewechselt, wie er sagte, weil er kein kleines Geld mehr hatte, wahrscheinlich aber um mit der Geldbörse groß zu tun, und dann den Beutel sorgfältig wieder eingesteckt. Es war sehr natürlich hier in England, daß er ihn, als er zum Wagen zurückkam, nicht mehr fand. Ein wahres Glück im Unglück ist es, daß ich noch einiges Geld selbst bei mir trug, und also wenigstens in keine augenblickliche Verlegenheit gesetzt wurde.


Richmond, den 15ten

Wir besahen heute früh das Schloß, welches jetzt erst nach den alten Plänen völlig ausgebaut wird, und bereits die größte und prachtvollste Residenz ist, die irgend ein europäischer Fürst besitzt. Die Zeit war zu kurz, das Innere zu besehen, was ich daher auf ein anderesmal aufschob. Ich besuchte bloß die Herzogin von C..., die hier im großen Turme wohnt, und eine himmlische Aussicht von ihrem hohen Söller genießt. Unter ihrer Dienerschaft war ein schöner griechischer Knabe in seiner Nationaltracht, Scharlach, Blau und Gold mit bloßen Schenkeln und Füßen. Er war bei dem massacre von Scio in einen Backofen versteckt und so gerettet worden. Er ist jetzt bereits ein vollkommner Engländer geworden, hat aber in der tournure etwas ungemein Nobles und Ausländisches beibehalten. Um 1 Uhr begaben wir uns wieder auf den race-ground, und ich erhielt diesmal mein Frühstück von einer andern Schönheit. Nach dem beendigten Rennfeste fuhren wir nach Richmond, wo R...s Regiment garnisoniert, und verlebten dort mit dem Offizier-Corps einen sehr lustigen und geräuschvollen Abend. Die allgemeine Wohlhabenheit erlaubt hier ein weit luxurieuseres Leben, denn die Herren versagen sich nichts, und ihre mess ist überall serviert, wie bei uns gar oft nicht eine fürstliche Tafel.

Morgen wird das Husaren-Regiment nebst einem Regiment Ulanen vom General-Inspekteur gemustert werden, was ich noch abwarten will, bevor ich nach London zurückkehre.


Den 16ten

Das Regiment machte seine Sachen sehr gut, mit weniger Affektation, und auch Präzision vielleicht, als unsere wunderbar dressierten dreijährigen Reiter, aber mit mehr echt militärischer Ruhe und langgewohnter Sicherheit, auch alle Evolutionen schneller, wegen der vortrefflichen Pferde, mit denen die des Kontinents doch nicht zu vergleichen sind. Dabei hat die englische Kavallerie an Zäumung und militärischem Reiten seit dem letzten Kriege durch die darauf gewandte Sorgfalt des Herzogs von Wellington ganz ungemein gewonnen. Die Leute hatten ihre Pferde so gut in der Gewalt als die besten der unsrigen. Merkwürdig nach unsern Begriffen war es, die Ungeniertheit zu sehen, mit der wohl 50-60 Offiziere in Zivil-Kleidern, darunter mehrere Generäle, einige in Stulpenstiefeln und Morgenjacken, die andern im frock-coat und bunten Halstüchern die Revue mitmachten und den inspizierenden General umschwärmten, der, außer dem Regiment selbst, welches inspiziert wurde, allein mit seinen beiden Adjutanten in Uniform erschienen war. Ja, sogar einige überkomplette Offiziere desselben Regiments, die gerade nicht im aktiven Dienst waren, ritten in Zivilkleidern und Schuhen mit herum, ein Anblick, der einem ...schen General vor Erstaunen den Verstand kosten könnte. Mit einem Wort, man sieht hier mehr auf das Reelle, anderwärts mehr auf die Form. Hier machen in der Tat die Kleider den Mann nicht, und diese Simplizität ist zuweilen sehr imposant.

R... sagte mir, daß dieses Regiment ursprünglich, als die Franzosen mit Invasion drohten, von der Londner Schneidergilde errichtet wurde und im Anfang aus lauter Schneidern bestand, die sich jetzt in sehr tüchtige und martialische Husaren verwandelt und mit großer Auszeichnung, namentlich bei Belle-Alliance, gefochten haben.


Den 18ten

Seit vorgestern bin ich denn wieder im alten Geleise und debütierte mit vier Bällen und einem dinner bei Lord Caernarvon, wo ich den berühmten Griechenprotektor, Herrn Eynard, fand, dessen hübsche Frau einen gleichen Enthusiasmus für die Hellenen an den Tag legte. Gestern aß ich bei Esterházy, und fand einen jungen Spanier dort, von dem ich gewünscht hätte, er sei ein Schauspieler, um den Don Juan darstellen zu können, denn er schien mir das Ideal dafür zu sein. Mit den Tönen der dramatischen Pasta im Ohr, die man jetzt alle Abende irgendwo hört, ging ich zu Bett.

*

Heute war concert beim großen Herzog, in dem der alte Velluti wie ein Capaun krähte, worüber dennoch alles in Entzücken geriet, weil er einst gut sang, hier aber noch immer den alten Ruhm usurpiert. Dann ging ich auf einen der hübschesten Bälle, den ich noch in London gesehen, bei einer vornehmen schottischen Dame. Der große Saal war unter andern ganz mit Papierlampen dekoriert, die sämtlich Formen der verschiedensten Blumen nachahmten, und sehr geschmackvoll gruppiert waren.

Als wir um 6 Uhr bei Sonnenschein in die Wagen stiegen, nahmen sich die Damen höchst sonderbar aus. Keine fraîcheur konnte diese Probe bestehen. Sie changierten Farben wie das Chamäleon. Einige sahen ganz blau, andere scheckig, die meisten leichenartig aus; die Locken herabhängend, die Augen gläsern. Es war ganz abscheulich anzusehen, wie die beim Lampenschein blühenden Knospen vor den Strahlen der Sonne plötzlich zu entblätterten Rosen verblichen. Das Los des Schönen auf der Erde!


Den 23sten

Was sagst Du, gute Julie, zu einem Frühstück, zu dem 2000 Menschen eingeladen sind? Ein solches fand heute statt in den Horticultural Gardens, die groß genug sind, um so viel Menschen bequem zu fassen. Indes ging es doch nicht ohne fürchterliches Gedränge bei den Eßzelten ab, besonders da, wo die Ausstellung der Früchte stattfand, die zu einer bestimmten Stunde preisgegeben und dann auch im Nu höchst unanständig verschlungen wurden. Man sah dort eine Providence-Ananas, die 11 Pfund wog, hochrote und grüne, von nicht viel geringern Dimensionen, Erdbeeren von der Größe kleiner Äpfel, überhaupt die seltenste Auswahl der kostbarsten Früchte. Auch war im ganzen das Fest heiter und in angenehmem ländlichem Charakter.

Der glatte Rasen und die Menge geputzter Menschen darauf, die Zelte und Gruppen in den Büschen, eine ungeheure Masse von Rosen und Blumen aller Art, gaben den freundlichsten Anblick. Ich war mit unserm Gesandten hingefahren, mit dem ich auch um 7 Uhr abends wieder zurückkehrte. Wir mußten über die industry eines Irländers lachen, der sich das air gab, uns mit einer Laterne, in der natürlich kein Licht brannte, da es heller Tag war, zum Wagen zu leuchten, und sich durch diesen Spaß bei den Frohgesinnten und Gutmütigen einige Schillinge erwarb. Unterwegs rief ihm einer seiner englischen Kameraden zu: »Du führst wahrlich großmütige Leute!« – »O«, sagte er, »wenn ich sie dafür nicht kennte, ginge ich auch nicht mit ihnen.« Originell waren auch die Tiroler Sänger, die hier sehr Mode geworden sind, alle, selbst den König, der mit ihnen deutsch spricht, ›Du‹ nennen, und keine falsche Menschenfurcht kennen. Es sieht komisch genug aus, wenn einer von ihnen auf den Fürsten Esterházy losgeht, dessen patriotischer Protektion sie ihre große vogue hauptsächlich verdanken, ihm die Hand reicht, und ihm zuruft: »Nun, was machst Du Esterházy?« Das Weibchen, welches sich unter diesen Tiroler Wundertieren befindet, kam heute auch auf mich zu und sagte: »Dich habe ich mir schon lange angesehen, denn Du siehst meinem lieben John so ähnlich, daß ich Dir einen Kuß geben will.« Die Offerte war eben nicht sehr einladend, denn das Mädchen ist häßlich; da sie aber auch Se. Majestät geküßt hat, auf welche Szene eine gute Karikatur in den Handel gekommen ist, so findet man jetzt die Zumutung schmeichelhaft.


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