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Schon auf der zweihundertjährigen Karte der Jesuiten (D'Anville 1733, Abb. 367) zieht sich im Norden des oberen Brahmaputra eine Reihe von Bergen hin, die von Osten nach Westen folgende Namen tragen: Youc, Larkin, Tchimouran, Coïran, Tchompa, Lop, Tchour, Takra concla, Kentaisse (Kailas), Latatsi usw. Diese Berge und Ketten sind jedoch nie aus den Quellen der Jesuiten auf moderne Karten von Tibet übertragen worden, wahrscheinlich nicht, weil den Geographen das von geschulten Tibetern gesammelte Material als zu unzuverlässig und unbestimmt erschienen ist. Und dennoch ist diese Kette von Bergen nichts anderes als der Transhimalaja, obgleich die Darstellung verwirrt und unrichtig ist.
367. Carte Générale du Thibet ou Bout-tan. (Avril 1733.) Aus: D'Anville, Nouvel Atlas de la Chine etc. Paris 1737.
Als Brian Hodgson auf seiner Karte von Südtibet ( Selections from the Records of the Government of Bengal, No. XXVII), die hier in Faksimile mitgeteilt wird (Abb. 368), eine mächtige, ununterbrochene Kette im Norden des Tsangpo und parallel mit diesem Fluß einzeichnete, tat er einen Schritt, der sich auf nichts anderes stützte und auf nichts anderes stützen konnte als auf die Karte der Jesuiten und die Aufschlüsse, die ihm der Maharadscha von Nepal im Jahre 1843 gegeben hatte. Daß es im Norden des Tsangpo hohe Berge geben mußte, konnte man ja verstehen – das wußten schon die Jesuiten zu Kang-his Zeit! Aber Hodgsons hypothetischem Nyenchhen-thangla (= Transhimalaja), den er als östliche Fortsetzung des Kara-korum und als die natürliche Grenze zwischen dem nördlichen und dem südlichen Tibet betrachtet, fehlt jede Spur von Originalität, und er bedeutet keinen Schritt weiter über das hinaus, was man bereits wußte oder – richtiger gesagt – ahnte. Denn schon im Jahre 1840 hatte Dufour eine ebenso mächtige und ebenso ununterbrochene Bergkette im Norden des Tsangpo und mit ihm parallellaufend auf der Karte angegeben, die der Reisebeschreibung des unsterblichen Lazaristenmissionars Pater Huc (Abb. 370), » Souvenirs d'un voyage dans la Tartarie, le Thibet et la Chine, 1844–46«, beigegeben ist. Dufours Karte ist sogar besser als die Hodgsons, denn er hat aus der Jesuitenkarte einen nördlichen Nebenfluß des Tsangpo aufgenommen, den er die große Bergkette durchbrechen läßt, die er wie die Jesuiten »Mts. Koïran« nennt.
368. Lodgsons Karte von Südtibet. Aus: Selections from the Records of the Government of Bengal, No. XXVII. Papers relative to the Colonization, Commerce, Physical Geography &c. &c. of the Himalaya Mountains and Nepal, by Brian Houghton Hodgson, Esq., M. R. A. S. Calcutta: John Gray, »Calcutta Gazette« Office. 1857. Was Hodgson » The Nyenchhen Thangla Chain, separating southern from northern Tibet« nennt, ist nur hypothetisch und entspricht nicht der Wirklichkeit.
370. Abbé Huc.
Huc und Gabet waren wahrscheinlich die ersten Europäer, die den Transhimalaja überschritten haben, und man fragt sich, wo dies geschehen ist. Wahrscheinlich über den Schang-schung-la auf der Straße der mongolischen Pilger, die vom Kuku-nor und Tsaidam nach Lhasa führt. Vergeblich sucht man aber in Hucs berühmtem Buch nach irgendeinem Aufschluß hierüber. Während der zwei Jahre, die Huc in Macao zubrachte, arbeitete er die kurzgefaßten Aufzeichnungen aus, die er unterwegs niedergeschrieben hatte. In seinem Buch findet man nur eine kleine Anzahl geographischer Namen. Er erwähnt Burchan Bota, Schuga und den Tang-la und nennt das große Dorf Nak-tschu, wo die Karawanen ihre Kamele gegen Yaks vertauschen; aber er sagt kein Wort von dem Paß, auf dem er eines der gewaltigsten Gebirgssysteme der Erde überschritten hat. Er spricht jedoch davon, daß er über eine kolossale Bergkette gegangen sei, und da ihre Lage den »Mts. Koïran« Dufours und der Jesuiten entspricht, adoptiert er diesen Namen, den er auf seiner Reise ganz gewiß nie gehört hat und der sicherlich auf dem Weg von Tibet bis in die Aufzeichnungen der Jesuiten in Peking verballhornt worden ist. Alles, was er von seinem Zug über den Transhimalaja zu sagen hat, beschränkt sich auf folgende Worte (II, S. 241): » La route qui conduit de Na-Ptchu à Lha-Lsa est, en général, rocailleuse et très-fatigante. Quand on arrive à la chaine des monts Koïran, elle est d'une difficulté extrême.« (Die Straße, die von Naptschu nach Lhasa führt, ist im allgemeinen felsig und sehr ermüdend. Wenn man an die Kette der Koïranberge gelangt, bietet sie außerordentliche Schwierigkeiten.)
Ein anderer Versuch, die Lage des Transhimalaja darzustellen, ist von Trelawney Saunders auf seiner Karte von Tibet ausgeführt (Abb. 369), die man sowohl in Markhams » Narratives of the Mission of George Bogle to Tibet and of the Journey of Thomas Manning to Lhasa« (London 1879), als auch in Edwin T. Atkinsons » The Himalayan Districts of the North-Western Provinces of India« (Allahabad 1882) wiederfindet. Wie Dufour und Hodgson zieht Saunders eine mächtige, fortlaufende Kette durch ganz Tibet! Hinsichtlich des westlichen Teils, im Norden des Manasarovar, und des östlichen, im Süden des Tengri-nor, stützt er sich auf die Kartenaufnahme der Punditen; das übrige zwischen 82 und 89½ Grad östlicher Länge ist teils eine Aufwärmung der Jesuitenkarte, teils reine Phantasie und hat auch nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit, was sich beim Vergleich der Karte Saunders' mit der meinigen deutlich zeigt. Ich will nur darauf aufmerksam machen, daß der Transhimalaja nicht aus einer Kette, sondern aus vielen besteht, und daß die Quelle des Tschak-tak-tsangpo im Süden, nicht im Norden der bedeutendsten dieser Ketten liegt. Der ganze mittelste und größte Teil des Systems, den ich später untersuchte, ist daher bei Saunders wertlos.
369. Saunders' Karte von Südtibet. Aus: Narratives of the Mission of George Bogle to Tibet and of the Journey of Thomas Manning to Lhasa. By Clements Markham, London, Trübner & Co., 1879. Hypothetische Form des Transhimalaja (»Gangri Mountains«), von 81 bis 89½° ö. L., völlig unrichtig.
Im Jahre 1867 beauftragte Oberst Montgomerie (Abb. 371) drei Punditen mit der Aufnahme einer Karte des im Norden des Manasarovar liegenden Landes. Einer von ihnen war der unübertreffliche und bewunderungswürdige Nain Sing, ein zweiter derjenige, der bei Jiachan durch Räuber an der Entdeckung der Indusquelle verhindert wurde. Auf ihrem Weg nach Tok-dschalung überschritten sie den Transhimalaja im Dschukti-la, den sie Gugti-la nennen und dem sie die Höhe von 19 500 englische Fuß geben; ich fand, daß seine Höhe 19 070 Fuß beträgt. Denselben Paß überschritt Mr. Calvert ein Jahr vor mir. Auf dem Rückweg überschritten sie den Transhimalaja so, daß sie am östlichen Indusarm entlang nach seinem Durchbruchstal bis zur Vereinigung mit dem Gartokarm hinabzogen.
371. Oberst T. G. Montgomerie. Das vermutlich unveröffentlichte Bild des Paters Huc verdankt der Verfasser Herrn E. Schwartz, Paris, das Porträt Montgomeries der Witwe des Obersten.
Ein Pundit hat auch die Reise zwischen dem Manasarovar und Tok-dschalung über den » Ruldap-tso« gemacht, ein Name und ein See, den ich sowohl von Osten wie von Westen her vergeblich wiederzufinden versucht habe, aber ich will darum keineswegs seine Existenz leugnen. Über die Route dieses Punditen fehlen mir überdies nähere Einzelheiten. Er scheint jedoch auf einem Paß namens Sar-lung über den Transhimalaja gegangen zu sein.
Am 8. Januar 1872 ging einer der »Explorers« Montgomeries, ein dazu ausgebildeter junger Tibeter, auf dem 17 200 Fuß hohen Paß Chalamba-la über den Transhimalaja. In Markhams Bericht über diese Reise heißt es, daß er auf dem Rückweg das Gebirge auf dem Dhok-la überschritten habe, obgleich der wirkliche wasserscheidende Paß, den er zum Übergang benutzte, wohl eher der Dam-largen-la gewesen ist. Diesen Paß überschritt Nain Sing im Jahre darauf, also 1873, auf seinem berühmten Zug von Leh nach Lhasa, den Oberst Sir Henry Trotter so gewissenhaft genau beschrieben hat. Nain Sing gibt dem Dam-largen-la eine Höhe von 16 900 Fuß.
Der große Pundit A. K. oder Krishna, der mit Nain Sing um die Ehre wetteifert, der erste zu sein, überschritt auf seiner Reise 1881 den östlichsten Teil des Transhimalaja, und zwar wohl eher auf dem Schiar-gang-la als auf dem Nub-kong-la, wie ich zuerst angenommen hatte; es ist jedoch nach seiner Karte sehr schwer zu entscheiden, ob der Schiar-gang-la ein wasserscheidender Paß erster Ordnung im Transhimalaja ist oder nicht. Er liegt aber jedenfalls in der Kette, die die Wasserscheide zwischen dem Salwen und dem Brahmaputra bildet und die unzweifelhaft die unmittelbare Fortsetzung des Nien-tschen-tang-la, also des Transhimalaja, ist. Dies nimmt auch Oberst S. G. Burrard in seinem und Haydens bewunderungswürdigen Werk » A sketch of the Geography and Geology of the Himalaya Mountains and Tibet« (Kalkutta 1907) an. Auf der Karte XVII dieses Werkes hat Burrard die Fortsetzung der Kette, meiner Überzeugung nach, vollkommen richtig angegeben, wenn uns auch alle sichern Angaben über ihren Verlauf fehlen.
Wir finden also, daß nach Pater Huc mehrere der Punditen Montgomeries und Trotters, sowie im Jahre 1905 Mr. Calvert den Transhimalaja in Tibet überschritten haben. Soviel ich weiß, sind diesen noch zwei Namen hinzuzufügen, nämlich der Littledales, der auf seinem kühnen Zug 1894-95 auf dem Paß Guring-la (19 587 Fuß) über das Bergsystem ging, und der des Grafen de Lesdain, der es 1905 auf dem Chalamba-la überschritt. Beide schildern den wunderbar schönen Anblick, den der Nien-tschen-tang-la vom Tengri-nor aus gewährt. Aber der zuletzt erwähnte Reisende erweitert unsere Kenntnis des Transhimalaja nicht, denn er hat den Chalamba-la benutzt, den schon Montgomeries Pundit überschritten hatte. In seiner Reisebeschreibung: » Voyage au Thibet, par la Mongolie de Pékin aux Indes« redet er überhaupt nicht von einem Paß und noch weniger nennt er dessen Namen. Aber er sagt, als er am Westufer des Tengri-nor entlang zieht (Seite 340): » Des massifs de montagnes très-durs et absolument enchevêtrés formaient un obstacle insurmontable. En conséquence, je résolus de suivre le premier cours d'eau dont la direction ferait présumer qu'il se dirigeait vers le Brahmapoutra. C'est ainsi que nous cheminâmes plusieurs jours en suivant les bords d'une rivière sans cesse grossissante, appelée Chang-Chu.« (»Sehr schwierige und vollkommen wirre Bergmassive bildeten ein unübersteigliches Hindernis. Infolgedessen beschloß ich dem ersten Wasserlauf zu folgen, dessen Richtung voraussetzen ließ, daß er sich dem Brahmaputra zuwandte. Auf diese Weise wanderten wir mehrere Tage an den Ufern eines unausgesetzt breiter werdenden Flusses entlang, der Chang-chu heißt.«) – Dieser Fluß ist der Schang-tschu, der vom Chalamba-la herabkommt.
Zwei Franzosen und zwei Engländer haben also, außer einem halben Dutzend Punditen, vor mir den Transhimalaja überschritten. Fern im Westen, auf britischem Territorium, sind unzählige Europäer über das System gegangen, besonders über den Tschang-la, den auch ich dreimal benutzt habe. Am 22. November 1907 überschritt ich das System zwischen dem Indus und dem Panggong-tso auf dem bequemen Paß Tsake-la.
Einen außerordentlich wertvollen Beitrag zur Kenntnis des Transhimalaja liefern uns Ryder und Wood durch ihre epochemachende Reise am Brahmaputra aufwärts im Jahre 1904. Sie hatten keine Veranlassung, das System zu überschreiten oder auch nur eine Tagereise weit in seine südlichen Quertäler einzudringen, aber sie maßen alle Gipfel, die sie von ihrem Wege aus erblickten. Einige der so gemessenen Berge, besonders der Lunpo-gangri, gehören zu den allerhöchsten, die sich unter einer Haube von ewigem Schnee über den Transhimalaja erheben. Der allerhöchste ist, nach Ryder, 23 255 Fuß oder 7090 Meter hoch, gibt also dem Nien-tschen-tang-la mit seinen 7300 Metern nicht viel nach. Ryder und Burrard nahmen als selbstverständlich an, daß diese Gipfel in einer einzigen fortlaufenden Kette ständen, die auf ihren Karten als die Wasserscheide des Brahmaputra im Norden dargestellt ist. Im Text (S. 95) betont Burrard jedoch mit Recht, daß diese Kette, die er » The Kailas range« nennt, nicht die Wasserscheide sei, weil sie stellenweise durch Nebenflüsse von Norden her durchbrochen werde. Aber Burrard begeht denselben Fehler wie Dufour, Hodgson, Saunders und Atkinson, indem er an das Vorhandensein einer einzigen fortlaufenden Kette im Norden des Tsangpo glaubt. Ich selbst habe viel über dieses Problem nachgedacht und habe auf einer Übersichtskarte der Bergketten von Tibet (1905) zwei Ketten im Norden des Tsangpo eingetragen, eine Auffassung, die mit der F. Grenards auf seiner » Carte de L'Asie Centrale« aus dem Jahre 1899 übereinstimmt. – – –
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Eine Geschichte der geographischen Forschung in einem sowenig bekannten Gebiet wie dem Transhimalaja muß aus ganz natürlichen Gründen außerordentlich kurz und dürftig ausfallen. Aber ich habe mit dem besten Willen keine anderen Vorgänger als die schon erwähnten ausfindig machen können – in den Teilen des Systems nämlich, die innerhalb der Grenzen Tibets liegen – und keinen einzigen Vorgänger in den zentralen Regionen des Transhimalaja. Da es manchen mit Recht wunderte, daß ein so kolossales Gebiet wie Südtibet noch bis in unsere neueste Zeit völlig unbekannt geblieben war, obgleich es ganz dicht an der englisch-indischen Grenze liegt, gab man sich in gewissen englischen Kreisen große Mühe, Argumente und Quellen hervorzusuchen, die sich auf mehr oder weniger apokryphe Urkunden und unklare Hypothesen stützten, aber benutzt werden konnten, um zu beweisen, daß es meinen Entdeckungen an der Priorität fehle, auf die sie Anspruch machten! Die Karten, die ich in Faksimile mitgeteilt habe und die mit meinen eigenen Karten sorgfältig zu vergleichen sind, machen aber alle Polemik von meiner Seite vollständig überflüssig.
Dennoch will ich eine Einwendung nicht mit Stillschweigen übergehen, die sich auf die berühmten Wandkarten im Dogenpalast zu Venedig berief und die behauptete, daß die von mir gemachten Entdeckungen schon auf diesen alten Karten zu finden seien. Aber der Oberbibliothekar der Kgl. Bibliothek in Stockholm Dr. E. W. Dahlgren sagt in einem Brief an mich:
»Nur die größte Unwissenheit und Naivität kann auf diesen Karten Spuren irgendeines Vorgängers von Dir finden.« Schon vor meiner Heimkehr hatte Professor Mittag-Leffler, der Direktor des mathematischen Seminars an der Universität Stockholm, Photographien und die sehr detaillierten Legenden der betreffenden Karten aus Venedig kommen lassen und stellte mir dieses Material freundlich zur Verfügung. Die Veröffentlichung dieses Materials gehört nicht in den Rahmen dieses Buches.« Überdies macht folgende Erklärung, die der Oberbibliothekar Dr. Dahlgren auf meine Bitte freundlicherweise niedergeschrieben hat, alle weiteren Kommentare unnötig.
Die Wandkarten in der Sala dello Scudo im Dogenpalast zu Venedig.
Diese Karten, vier an der Zahl, wurden statt einiger älterer, im Jahre 1483 durch Feuersbrunst zerstörter von dem bekannten Kartenzeichner Giacomo Gastaldi in der Mitte des 16. Jahrhunderts angefertigt; wenigstens dürfte es sicher sein, daß zwei von ihnen, die über Ostasien und Afrika, Gastaldi als Urheber haben.
Die Karten stellen dar:
1. Asien von der Indusmündung ostwärts bis China und Japan, nebst dem Stillen Ozean und einem Teil von Amerika.
2. Asien von Kleinasien bis Indien (Kaschmir).
3. Afrika.
4. Italien.
Nur die Karten Nr. 1 und 2 können also für Sven Hedin Interesse haben. Sie entsprechen auch vollständig den von Professor Mittag-Leffler besorgten und hiermit zurückfolgenden Photographien.
Sämtliche Karten wurden um die Mitte des 18. Jahrhunderts von Francisco Grisellini restauriert. Dabei scheinen mit der Karte Nr. 2 sowohl in geographischer Hinsicht wie in Beziehung auf die Schrift und die dekorative Ausstattung große Veränderungen vorgegangen zu sein. Da die Karte nach Osten hin nicht weiter geht als Kaschmir, ist es klar, daß sie keinen Berührungspunkt mit Sven Hedins Entdeckungen in Tibet hat.
Die Karte Nr. 1 hingegen hat in mehreren wesentlichen Beziehungen ihren ursprünglichen Charakter behalten. Wir können uns ohne Zweifel dadurch eine gute Vorstellung von ihrem ursprünglichen Aussehen machen, daß wir sie mit den Karten in Ramusios Werk: » Delle navigationi et viaggi« (2. Auflage, Venedig 1554) und mit Gastaldis » Tercia Parte dell' Asia« (Venedig 1561) vergleichen. Besonders mit ersterer sind die Ähnlichkeiten greifbar. Diese Karte ist wie die Wandkarten mit dem Süden nach oben orientiert.
Die Flußsysteme des Ganges und des Brahmaputra haben auf allen diesen Karten eine sehr verwirrte Darstellung erhalten. In den aufs Geratewohl eingetragenen Gebirgsbezeichnungen kann man nicht einmal den Himalaja mit völliger Sicherheit identifizieren, noch weniger die Bergketten Zentralasiens. Da die Karte vorzugsweise Marco Polos Reisen illustrieren soll, so sagt sie natürlich über Gegenden, die dieser nicht besucht hat, nicht das geringste aus.
E. W. Dahlgren.
Pater Huc schließt seine Reisebeschreibung mit folgenden denkwürdigen Worten: » Mais il ne suffit pas toujours de zèle de l'écrivain pour faire connaître des contrées, ou il n'a jamais mis le pied. Écrire un voyage en Chine, après quelques promenades aux factories de Canton et aux environs de Macao, c'est peut-étre s'exposer beaucoup à parler de choses qu'on ne connait pas suffisamment … il est en général assez difficile de faire des découvertes dans un pays sans y avoir pénétré.« (»Aber der Eifer des Schriftstellers ist nicht immer ausreichend, um ein Bild der Gegenden zu geben, die sein Fuß nie betreten hat. Nach einigen Spaziergängen bei den Faktoreien Kantons und in der Umgegend von Macao eine Chinareise zu schreiben, heißt wohl, von Dingen sprechen, die man nicht genügend kennt … es ist im allgemeinen ziemlich schwierig, Entdeckungen in einem Lande zu machen, ohne dort eingedrungen zu sein.«)
Mit dem Gedanken an diesen beherzigenswerten Satz habe ich die Reise angetreten, die in diesem Buche geschildert ist und deren Hauptzweck schon von Sir Clements Markham angegeben wurde, als er, bei Littledales letzter Reise, sich folgendermaßen äußerte (»Geographical Journal«, vol. 7, p. 482): »In the whole length from Tengri-nor to the Mariam-la pass no one has crossed them (Transhimalaya) so far as we know, … and I believe nothing in Asia is of greater geographical importance than the exploration of this range of mountains.« (»In ihrer ganzen Länge vom Tengri-nor bis an den Mariam-la-Paß hat ihn [den Transhimalaja], soweit wir wissen, keiner überschritten, … und ich glaube, daß in Asien nichts von größerer geographischer Wichtigkeit ist als die Erforschung dieser Bergkette.«)
Es kommt mir nicht zu, darüber zu entscheiden, ob ich mein Ziel erreicht habe oder nicht; aber als ich auf dem Surnge-la den Transhimalaja zum achtenmal überschritt, hatte ich wenigstens die Befriedigung, alle die alten Hypothesen wie Kartenhäuser einfallen und gerade da einen neuen wichtigen Zug in die Karte Asiens eingetragen zu sehen, wo bisher der weiße Fleck mit seinem verlockenden » Unexplored« gegähnt hatte!
Es fehlt mir hier zu einer ausführlichen Monographie des Transhimalaja an Raum, und sie ist auch erst dann möglich, wenn alle Messungen der Gipfel ausgerechnet, die gesammelten Gesteinproben bestimmt und die gezeichneten Kartenblätter im Detail konstruiert sein werden. Zur Ausarbeitung des Materials sind ein paar Jahre erforderlich. In dem nun Folgenden will ich nur einige aufklärende Tatsachen mitteilen und mit den bisher bekannten Pässen des Transhimalaja beginnen, die Wasserscheiden ersten Ranges sind, nebst den Namen der Reisenden, die einige von ihnen überschritten haben:
Es ist mir also vergönnt gewesen, acht Transhimalajapässe zu überschreiten, während sieben von andern Reisenden überschritten wurden. Sieben meiner Pässe waren vorher unbekannt. Von den übrigen habe ich den Ditscha-la und den Men-la gesehen; von allen übrigen habe ich wenigstens mündliche Nachrichten gesammelt. Der Dschukti-la ist eine Wasserscheide zwischen den beiden Indusarmen; der Tseti-latschen-la zwischen dem Satledsch und dem Indus, der Surnge-la zwischen dem Satledsch und dem Nganglaring-tso. Der Schiar-gang-la und der Schang-schung-la liegen auf der Wasserscheide zwischen dem Salwen und dem Brahmaputra. Alle die übrigen liegen auf der großen kontinentalen Wasserscheide zwischen dem Ozean und dem abflußlosen Plateau. Aus dem Verzeichnis geht hervor, daß alle Pässe, die bisher von Europäern und Punditen überschritten worden waren, dem östlichen und westlichen Teil des Systems angehören. Zwischen dem Chalamba-la und dem Surnge-la war der Transhimalaja auch nicht auf einer einzigen Linie überschritten worden, und gerade zwischen diesen beiden Pässen lag der große weiße Fleck. Das einzige, was man davon kannte, waren die Gipfel, die Ryder und Wood gemessen, und einige Spitzen, die Nain Sing von Norden aus gesehen hatte. Wenn ich die Reise des Punditen zwischen dem Manasarovar und dem Ruldap-tso ausnehme, deren Einzelheiten ich nicht kenne, so beträgt die Lücke zwischen dem Chalamba-la und dem Dschukti-la 950 Kilometer, umfaßt also ungefähr dieselbe Entfernung wie zwischen Stockholm und Luossavara oder zwischen Berlin und London. Und zwischen diesen beiden Grenzmarken liegen alle die Pässe, durch deren Überschreitung es mir möglich geworden ist, den Verlauf des Transhimalaja zu verfolgen und zu beweisen, daß seine östlichen und westlichen, bereits bekannten Flügel zusammenhängen und ein und demselben Gebirgssystem angehören, und daß dieses Gebirgssystem eines der höchsten, gewaltigsten der Erde und nur mit dem Himalaja, dem Kara-korum, dem Arka-tag und dem Kven-lun zu vergleichen ist. Zwischen dem Schiar-gang-la und Yasin, unweit der scharfen Indusbiegung, beträgt seine Länge 2300 Kilometer; läßt es sich aber noch beweisen, daß der Transhimalaja in den Hindukusch übergeht und sich längs des Salwen weiterzieht, so ist er gegen 4000 Kilometer lang! Im Norden und im Süden sind seine Grenzen scharf und deutlich: die nördliche bilden die von Nain Sing und mir entdeckten zentralen Seen, die südliche das ungeheuere Indus-Tsangpo-Tal. Seine Breite ist geringer als die des Himalaja, und seine Gipfel sind niedriger. Aber die Paßhöhe ist im Transhimalaja bedeutender als im Himalaja. Die Durchschnittshöhe folgender fünf Himalajapässe, nämlich des Schar-chalep-la, des Man-da-la, des Sche-ru-la, des No-la und des Kore- oder Photu-la, ist 5101 Meter, während die Durchschnittshöhe meiner fünf ersten Transhimalajapässe 5600 Meter beträgt. Im allgemeinen kann man sagen, daß die wasserscheidenden Pässe ersten Ranges im Transhimalaja 500 Meter höher sind als die des Himalaja. Aber der höchste Gipfel des Himalaja, der Mount Everest, ist mit seinen 8840 Metern um 1540 Meter höher als der Nien-tschen-tang-la, der, soviel man weiß, der Kulminationspunkt des Transhimalaja ist. Hiermit hängen auch die verschiedenen Reliefverhältnisse der beiden Systeme zusammen: die Kämme des Transhimalaja sind flacher, seine Täler nicht so tief und breiter; die Kämme des Himalaja sind scharf und spitz, seine Täler tief und energisch eingeschnitten. Jenes System ist kompakter und massiver als dieses, ein Verhältnis, das sehr natürlich ist, wenn man bedenkt, daß der Himalaja den Löwenanteil der Niederschläge des Westmonsuns erhält, dessen Regenfluten seit unzähligen Jahrtausenden auf die Tiefe der Himalajatäler erodierend gewirkt haben, während der Transhimalaja auf dem trocknen Plateau nur einen relativ unbedeutenden Teil der Monsunregen auffängt. Wäre es möglich, das Volumen beider Systeme an Gesteinmasse zu vergleichen, so würde man sicherlich finden, daß das nördliche mächtiger ist als das südliche. Denn eine solche Vergleichung müßte vom Meeresspiegel ausgehen, und wenn auch der Transhimalaja der schmälere von beiden ist, beginnt seine Steigung doch von der Höhe zwischen 3000 und 5000 Meter, nämlich vom Tsangpotal, während die Steigung des Himalaja, genau genommen, vom Niveau des Meeresspiegels oder einige 100 Meter darüber beginnt. Als Wasserscheide nimmt der Transhimalaja einen höheren, bedeutenderen Rang ein als der Himalaja. Der westliche Himalaja scheidet das Wasser zwischen dem Indus und einigen seiner Nebenflüsse; im Osten ist das System eine Wasserscheide zwischen dem Brahmaputra und dem Ganges. Doch jeder Wassertropfen, der im Himalaja vom Himmel fällt, geht nach dem Indischen Ozean. Dagegen ist der ganze mittelste Transhimalaja eine Wasserscheide zwischen dem Indischen Ozean im Süden und den abflußlosen Plateaudepressionen im Norden. Nur auf seinem westlichen Flügel ist auch der Transhimalaja eine Wasserscheide zwischen dem Indus und einigen seiner rechten Nebenflüsse, und auf seinem östlichen zwischen dem Salwen und dem Brahmaputra. Innerhalb der Grenzen Tibets gibt es nur einen Fluß, der auf dem Nordabhang des Transhimalaja entspringt und das System in einem Quertal durchbricht, aber dieser Fluß ist ein Löwe und heißt auch bei den Tibetern der Löwenfluß, Singi-kamba, der Indus. Der Salwen entspringt ebenfalls auf dem Nordabhang des Systems, erreicht aber den Ozean, ohne durch das Gebirge zu gehen. Alle übrigen Flüsse, die auf dem Nordabhang entspringen und unter denen der Buptsang-tsangpo und der Soma-tsangpo die größten sind, strömen den abflußlosen Salzseen im Norden zu. – Nur im mittelsten Teil des Transhimalaja, aber doch auf einer Strecke, die gegen 1000 Kilometer lang ist, fällt die kontinentale Wasserscheide mit der Hauptachse des Systems zusammen; denn im Westen geht die Wasserscheide von der Indusquelle nordwärts und dann nach Westen, um den Panggong-tso in das abflußlose Tibet einzuschließen, und im Osten geht sie von der zwischen dem Tengri-nor und den Quellen des Salwen liegenden Gegend an nordwärts.
Im Norden des Transhimalaja bildet Innertibet das höchste und gewaltigste Plateauland der Erde, und je weiter man nach Osten geht, um so größer wird der Höhenunterschied zwischen der Oberfläche des Plateaus und dem entsprechenden Teile des Tales des Brahmaputra. So liegt z. B. der Tengri-nor volle 1000 Meter höher als der große Fluß direkt im Süden von ihm, während der Tschunit-tso nur 156 Meter höher als Tradum liegt. Und betrachten wir das Verhältnis zwischen dem Tarok-tso (4627 Meter) und dem entsprechenden Punkt am Brahmaputra im Südsüdwesten davon, der eine absolute Höhe von 4644 Meter hat, so finden wir, daß der Tarok-Iso sogar fast 20 Meter tiefer liegt als der Fluß auf demselben Radius in dem gigantischen vom Himalaja und Transhimalaja gebildeten Doppelbogen. Eine Wanderung in dieser Linie würde also einen steilen Aufstieg zum Kamm des Transhimalaja bedingen und dann einen noch beträchtlicheren Abstieg zum See auf dem Plateauland hinab. Man kann daher als sicher annehmen, daß der Tabie-tsaka noch niedriger liegt und in der Tat die tiefste Depression in ganz Bongba ist. –
Ich habe dieses Buch »Transhimalaja« genannt, weil der Schauplatz der geschilderten Schicksale und Abenteuer das gewaltige Gebirgssystem ist, das im Norden des Tsangpo liegt, nebst den Gegenden im Norden und Süden des Gebirges. Als ich seinen wasserscheidenden Kamm im Sela-la zum erstenmal überschritt, beabsichtigte ich, den Namen beizubehalten, dessen sich schon Hodgson bediente, nämlich Nien-tschen-tang-la. Auch nach dem Übergang über den Tschang-la-Pod-la und den Angden-la wurde ich noch nicht anderer Ansicht, denn diese drei Pässe liegen in ein und derselben Bergkette, die am Südufer des Tengri-nor »Nien-tschen-tang-la« genannt wird. Und nachdem ich dann den Tseti-latschen-la und den Dschukti-la überschritten hatte, glaubte ich, daß auch diese Pässe in der westlichen Fortsetzung des Nien-tschen-tang-la lägen und daß Hodgsons, Saunders', Atkinsons, Burrards und Ryders Ansicht richtig sei. Doch nach der zweiten diagonalen Reise durch Tibet und nachdem ich Bongba auf mehreren Linien durchzogen hatte und dahintergekommen war, daß von einer einzigen Bergkette keineswegs die Rede sein konnte, sondern daß es sich um eine ganze Familie völlig voneinander getrennter Bergketten handelte, sah ich ein, daß der Name Nientschen-tang-la, der nur eine einzige von allen diesen Ketten bezeichnet, nicht gut dem ganzen System gegeben werden könne. Man hätte es dann auch ebenso unberechtigterweise Lunpo-gangri, Kamtschung-gangri, Targo-gangri oder nach irgendeinem anderen Lokalnamen benennen können. Saunders' » Gangri Mountains« erschienen mir noch weniger passend, da alle mit ewigem Schnee bedeckten Berge in Tibet » Gangri« heißen und der Name in diesem Zusammenhang nur eine leere Schale sein würde. Ebensowenig konnte ich die » Kailas Range« Burrards akzeptieren. Es galt vielmehr einen Namen zu finden, der für diese ganze, eng verbundene Bergkettenfamilie paßte – einen geographischen Begriff, der kein Mißverständnis zuläßt, und ich beschloß, dieses ganze System, dessen Zusammengehörigkeit und Kontinuität zu beweisen mir vergönnt gewesen ist, » Transhimalaja« zu nennen.
Unter den englischen Geographen haben viele diesen Namen gemißbilligt und ebenso viele ihn gebilligt. Zu den ersteren gehört Oberst Burrard, der betont, daß alle Gegenden, die jenseits des Himalaja liegen, seit fünfzig Jahren Transhimalaja-Länder genannt werden. Noch vor kurzem schrieb er mir: » Pupils of Montgomerie naturally ask, why an old word should be given a new meaning, when it is possible to invent any number of new names for newly discovered mountains. I do not see that it is necessary to give an important name to newly discovered mountains. A new name will become important, because of the mountains to which it is attached, and your mountains would have rendered any new name important.«
(»Schüler Montgomeries fragen naturgemäß, weshalb einem alten Wort ein neuer Sinn gegeben werden solle, da man ja für neu entdeckte Gebirge jede beliebige Zahl neuer Namen erfinden könne. Ich sehe nicht ein, daß es notwendig ist, neu entdeckten Gebirgen einen schon gewichtigen Namen zu geben. Ein neuer Name wird durch die Gebirge, denen er beigelegt wird, berühmt werden, und Ihre Gebirge würden jeden neuen Namen berühmt gemacht haben.«)
Ich kann Oberst Burrards Ansicht nicht in jeder Beziehung teilen, denn ich finde, gerade der Umstand, daß Montgomeries Schüler, die Offiziere des » Survey of India« und die Punditen, die Gegenden auf der Nordseite des Himalaja seit 50 Jahren und länger » The Transhimalayan Regions« genannt haben, macht es für mich zu einer Pietätssache, diesen Namen nicht für das Gebirgssystem zu verwerfen, das vor allen trans Himalaja , jenseits des Himalaja, ist und nie etwas anderes werden kann.
Um auch die andere Seite zu zitieren, will ich hier den Ausspruch eines der bedeutendsten Asienkenner unserer Zeit, Lord Curzons, des früheren Vizekönigs von Indien, wiedergeben. Im » Geographical Journal« vom April 1909 sagte er:
» Alongside of this great discovery I would place the tracing for hundreds of miles and the assurance of a definite ortographical existence to the mighty mountain palisade or series of palisades to which he has, in my opinion very appropriately, given the title of the Transhimalaya. This range has been surmised to exist in its entire length for many years; it has been crossed at its extremities by Littledale and by native surveyors. But it was reserved for Dr. Hedin to trace it on the spot and to place it upon the map in its long, unbroken and massive significance … … It is no mean addition to human knowledge that we should realize the assured existence of one of the greatest mountain masses in the world. As regards the name which Dr. Hedin has given to it, I will only say, that the desiderata for the title of a new and momentous geographical discovery appear to be these: 1) that the name should if possible be given by the principal discoverer; 2) that it should not be unpronounceable, unwriteable, over-recondite or obscure; 3) that it should if possible posses some descriptive value; and 4) that the name should not violate any acknowledged canons of geographical nomenclature. The name Transhimalaya combines all these advantages, and it has a direct Central-Asian analogy in the Transalai which is a range of mountains, standing in the same relation to the Alai, that Transhimalaya will do to Himalaya. I am not in the least impressed by the fact that the name was once given to another range, where its unsuitability secured its early extinction. Any attempts to substitute another title on the present occasion will, in my opinion, be foredoomed to failure.«
(»Neben diese große Entdeckung [Bongba und Tschoktschu] würde ich stellen: die Festlegung der Hunderte von Meilen langen mächtigen Bergpalisaden oder Serie von Palisaden und die Sicherung ihrer definitiven geographischen Existenz, der er [Hedin] meiner Meinung nach sehr passender Weise den Namen Transhimalaja gegeben hat. Seit vielen Jahren hat man vermutet, daß diese Kette in ihrer ganzen Länge existiere; sie ist an ihren Enden von Littledale und von eingeborenen Topographen überschritten worden. Aber Dr. Hedin war es vorbehalten, sie an Ort und Stelle zu verfolgen und sie in ihrer langen, ungebrochenen und massiven Zeichnung auf die Landkarte zu setzen … Es ist kein geringer Beitrag zum menschlichen Wissen, daß das Vorhandensein einer der größten Gebirgsmassen der Welt nun bestimmt feststeht. Was den Namen betrifft, den Dr. Hedin gegeben hat, so will ich nur sagen, daß mir hinsichtlich des Namens einer neuen, wichtigen geographischen Entdeckung folgendes wünschenswert erscheint: 1) daß der Name, wenn möglich, von dem Hauptentdecker gegeben werde; 2) daß er nicht unaussprechbar, unschreibbar, allzu dunkel oder unklar sei; 3) daß er, wenn möglich, beschreibenden Wert besitze und 4) daß er keine anerkannten Vorschriften der geographischen Namengebung verletze. Der Name Transhimalaja vereinigt alle diese Vorzüge und hat in Zentralasien eine direkte Analogie im Transalai, einer Bergkette, die in demselben Verhältnis zum Alai steht wie der Transhimalaja zum Himalaja. Die Tatsache, daß der Name einst einer anderen Kette gegeben worden ist, macht auf mich nicht den geringsten Eindruck, da der Umstand, daß er gar nicht für sie paßte, ihn bald in Vergessenheit geraten ließ. Irgendwelche Versuche, bei der jetzigen Gelegenheit einen anderen Namen einzuführen, werden, meiner Ansicht nach, im voraus zum Mißlingen verurteilt sein.«)
Meine lange Reise kreuz und quer über den Transhimalaja darf nur als eine flüchtige und mangelhafte Rekognoszierung eines vorher gänzlich unbekannten Landes betrachtet werden. Es ist schließlich leichter mit einer bis an die Zähne bewaffneten Armee nach Lhasa zu gehen und die Tibeter, wenn sie im Wege stehen, wie Fasanen niederzuschießen – als mit vier Regierungen und allen Behörden des Landes als Gegnern, zwölf armen Ladakis als Begleitern und keinem einzigen Soldaten als Eskorte zwei Jahre lang Tibet in allen Richtungen zu durchkreuzen! Aber es ist nicht mein Verdienst, daß ich eine Position, die schon von Anfang an unhaltbar schien, solange habe verteidigen können. Derselbe Glücksstern wie früher hat auch diesmal über meinen einsamen Wegen im weiten Asien gestanden. Und heute sind es gerade 24 Jahre, seit ich zum erstenmal den Pilgerstab ergriff! Nur die großen geographischen Hauptlinien habe ich verfolgen und aufzeichnen können; zwischen meinen verschiedenen Routen liegen noch weiße Flecke, und an Detailarbeit ist noch genug übrig geblieben für Generationen von Forschern und Reisenden, die gründlicher vorbereitet und besser ausgerüstet sind, als ich es war!
So geh' denn in die Welt hinaus, du klangvoller Name eines der gewaltigsten Gebirgssysteme der Erde, und finde deinen Weg in die geographischen Lehrbücher und erinnere die Kinder in den Schulen an die schneegekrönten Gipfel auf dem Dach der Welt, zwischen denen die Monsunstürme von Anbeginn her ihre tosenden Lieder gesungen haben! –
Solange ich lebe, werden meine stolzesten Erinnerungen wie Königsadler auf den öden, kahlen Felsen des Transhimalaja horsten. –