Sagen aus dem Rheinland
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Die Johannisopfer zu Schönrath

Zur Zeit des Grafen Gerhard von Berg hauste zu Schönrath an der Agger Ritter Hans von Schönrath. Er hatte drei Söhne und zwei Töchter, die zur Freude der Eltern heranwuchsen. Es war allen Leuten bekannt, daß zur Zeit der Sommersonnenwende Sankt Johannes drei Opfer fordere, eins im Wasser, eins auf dem festen Boden und eins in der Luft. Ängstlich hatten daher der Ritter und seine Gemahlin ihre Kinder vor diesem Tage gewarnt.

Als wieder einmal der Johannistag herangekommen war, verließen die Kinder heiter das Schloß, um im nahen Forst dem gewohnten Spiel nachzugehen. Einer der Söhne gewahrte auf einer hohen Fichte einen Falkenhorst und machte sich sofort daran, das Nest herabzuholen. Die beiden andern schauten ihm nach, bis er sich zur schwankenden Krone in schwindelnder Höhe aufklemmte. In diesem Augenblick brach ein Wolf aus dem Dickicht hervor, ergriff den jüngsten Knaben und lief mit ihm davon. Das gellende Schreien des Geraubten erschreckte den Bruder in seiner luftigen Höhe, die Sinne vergingen ihm, und er stürzte vom Baum hinab.

Als der dritte das schreckliche Unglück sah, rannte er wie besessen nach Hause. In seiner Verwirrung lief er nicht über die Brücke in das Schloß, sondern stürzte in den Graben, wo er ertrank.

Als man die Knaben vermißte, begann man sie zu suchen und brachte am Abend drei Leichen ins Schloß: aus dem Wasser, dem Forst und aus der wilden, zerklüfteten Schlucht.

So leuchten nunmehr zur Sommersonnenwende die Feuer von den Höhen, um niemals mehr St. Johannes zu erzürnen.

 


 


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