Sagen aus dem Rheinland
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Die Hexe von Nattenheim

Zu der Zeit, als im Trierischen Lande die Hexen noch ihr Unwesen trieben, diente in Nattenheim ein armes Knechtlein bei einem Bauern, dessen Weib auch mit dem Teufel im Bunde stand. Allabendlich trat die Hexe an den Jungen heran, warf ihm einen Pferdezaum um den Hals und ritt auf seinem Rücken über Berg und Tal, durch Feld und Wald bis in den Morgen hinein. Kaum war nach dem wilden Ritt der Todmüde in seiner Kammer eingeschlafen, dann trommelte ihn seines Herrn harte Faust schon wieder heraus.

Wie der Arme nun von Tag zu Tag blasser und schmaler wurde, schickte ihn der Bauer zum Arzt. Das Knechtlein aber sprach: »Der Doktor kann mich nicht heilen, nur Ihr könnt mir helfen«; und er erzählte dem Bauern sein ganzes Elend. Vor Staunen fiel der Mann beinahe auf den Rücken, und er nahm sich vor, sein Weib zu kurieren.

Noch am gleichen Abend versteckte er sich hinter der Tür der Knechtekammer. Wie dann die Bäuerin eintrat, riß er ihr den Zaum aus der Hand und warf ihn ihr um den Hals. Da stand ein Schimmel vor ihm mit Pferdehuf und Schweif. Er schwang sich auf seinen Rücken, und fort ging's über Stock und Stein, bis der Schaum dem Pferde von den Flanken flog. Doch dem Bauer ging es noch immer zu langsam. Er bearbeitete sein Reittier mit Peitsche und Sporn, daß es dahinfegte wie der Wind, bis endlich ihm selber der Atem stockte. Dann hielt der Reiter vor eines Hufschmieds Haus und ließ seinem Gaul vier neue Eisen anschlagen. Und weiter ging der rasende Galopp bis zum Frührot. Als die Sonne eben aufging, löste vor seines Hauses Tür der Bauer den Zaun vom lahmenden Schimmel. Eine Stunde später fand man die Hexe im Bette liegend, zerkratzt und zerschunden, mit Hufbeschlag an Hand und Fuß.

 


 


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