Sagen aus dem Rheinland
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Die Nikolauskerze

Zwischen Sennheim und Mesenich an der Mosel stand früher ein schroffer Schieferfelsen. Die Schiffer kannten ihn alle und nannten ihn schlechtweg die »Lei«. Es war eine gefährliche Stelle für sie, und in einer Nische des Felsens stand ein Bild des heiligen Nikolaus, ihres Schutzpatrons, und keiner vergaß, ihn um Hilfe anzurufen. Einmal bei Hochwasser fuhr ein Schiffer mit kostbarer Ladung zu Tal. Da trieb ihn die reißende Strömung dem Riff zu, und es half auch nichts, daß er mit dem Schorbaum das Schiff vom Felsen abzuhalten suchte. Da warf er sich in seiner Angst auf die Knie und rief: »Heiliger Nikolaus, hilf mir! Ich opfere dir auch eine Kerze so dick wie der Schorbaum.« Kaum hatte er das Gelöbnis getan, da dreht sich das Schiff dicht vor der Lei herum und treibt ganz ruhig im schönsten Fahrwasser. Da wurde der Schiffer gleich wieder übermütig, und wie er an dem Kapellchen vorbeifuhr, rief er: »Niklösche, no kriegst de nit esu lang! «, und dabei legte er den einen Zeigefinger über das erste Glied des andern. Aber er hatte zu früh triumphiert. Gleich unterhalb Mesenich, wo er so oft gefahrlos vorübergefahren war, wurde das Schiff auf einmal so gegen den Riverberg geschleudert, daß es in wenigen Augenblicken unterging. Nur der Schiffsknecht konnte mit Mühe und Not an Land schwimmen.

 


 


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