Sagen aus dem Rheinland
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Der Affe zu Dhaun

Nicht weit von der Nahe, hoch über dem Tal des Simmerbaches, stand das im Mittelalter erbaute stolze Schloß Dhaun. Dort wohnten lange Zeit die Wild- und Rheingrafen, ein mächtiges und reiches Geschlecht. In den Ruinen ihrer alten Burg sieht man über dem Torbogen des Palastes ein wunderliches Bild. Es stellt einen Affen dar, der einem Kinde einen Apfel reicht. Über die Entstehung dieses Bildes berichtet die Sage.

An einem schönen Sommertage saß im Garten der Burg eine Wärterin mit dem kleinen Grafenkinde. Die Sonne brannte heiß hernieder, einschläfernd summten die Bienen in den Rosensträuchern; die Wärterin fiel in einen leichten Schlummer. Als sie erwachte, war das Kind verschwunden. Nachdem sie sich von dem ersten lähmenden Schrecken erholt hatte, suchte sie jammernd den weiten Garten und die ganze Gegend ab; doch sie fand nicht einmal eine Spur ihres Schützlings. In ihrer Verzweiflung lief sie in den Wald; denn sie getraute sich nicht mehr, ihrem Herrn vor die Augen zu treten. Da sah sie plötzlich nach langem Umherirren unter einem schattigen Baume das verlorene Kind. Es lag mit roten Bäckchen im weichen Moose und schlief. Neben ihm saß der gleichfalls schlafende Affe, den der Burggraf von einer Fahrt nach dem Morgenlande mitgebracht hatte. Überglücklich schloß die Wärterin das wiedergefundene Kind in ihre Arme und eilte zum Schlosse, wo sich Trauer und Klagen schnell in Freude und Jubel verwandelten.

Der Vater des Kindes ließ die seltsame Begebenheit in jenem Steinbilde am Torbogen festhalten.

 


 


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