Sagen aus dem Rheinland
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St. Oranna

Die hl. Oranna war eine Königstochter aus Schottland. Gleich ihrem Bruder Wendelin verließ sie ohne Wissen der Eltern Vaterhaus und Heimat und zog über das Meer, um in der Stille und Verborgenheit Gott zu dienen. Als sie mit ihrer Gefährtin Cyrilla in die Bergwälder an der Saar gekommen war und eines Tages auf der steilen Höhe von Berus rastete, sah sie im Tale eine Reiterschar, die sie auf Befehl ihres Vaters verfolgte und nach Schottland zurückbringen sollte. Voll Angst flohen die beiden Jungfrauen weiter.

Zur gleichen Stunde war ein Bauersmann auf einem nahen Felde bei der Arbeit. Als er zum letzten Male die braunen Ackerfurchen entlang schritt, um seinen Samen auszustreuen, kamen die Verfolger auf der Höhe an. Sie fragten ihn, ob er keine Flüchtlinge gesehen habe. »Als ich anfing zu säen«, antwortete der Gefragte, »ritten zwei vornehme Jungfrauen in Eile hier vorbei.« Bei diesen Worten blickte er um sich, und siehe, die eben gesäte Gerste stand kniehoch. Auch die Reiter sahen das grüne Getreidefeld und sprachen bei sich: »Es ist umsonst gewesen, wir kommen zu spät.« Und sie gaben die Verfolgung auf und kehrten nach Schottland zurück.

Oranna und Cyrilla blieben als fromme Klausnerinnen im Walde von Berus. Als sie starben, wurden sie im nahen Eßweiler begraben. Über ihrer Gruft wurde eine Kapelle errichtet. In den Bauernkriegen wurde das Dorf dem Erdboden gleichgemacht. Obwohl das Kirchlein der Zerstörung entging, brachte man doch die Gebeine der heiligen Jungfrauen in die Pfarrkirche von Berus. Dort sind sie noch heute der Gegenstand frommer Verehrung. Das in der Regel am dritten Sonntage im September stattfindende Orannafest wird von zahlreichen Wallfahrern aus dem Saarlande und dem benachbarten Lothringen besucht.

 


 


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