Sagen aus dem Rheinland
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Das Haus der Frau Richmut zu Köln

Frau Richmut von Adocht, die Gemahlin eines reichen Bürgermeisters zu Köln, starb und wurde feierlich begraben. Der Totengräber hatte bemerkt, daß die Verstorbene einen wertvollen Ring am Finger trug. Die Goldgier trieb ihn nachts zu dem Grabe, das er heimlich öffnete, um den Ring abzuziehen.

Kaum aber hatte er den Sargdeckel aufgemacht, so sah er, daß der Leichnam die Hand zusammendrückte und aus dem Sarg steigen wollte. Erschrocken floh er davon. Die Frau wand sich aus den Grabtüchern, stieg aus dem Grab heraus und ging geradewegs auf ihr Haus zu, wo sie dem Hausknecht rief, er möge ihr schnell die Tür öffnen; dann erzählte sie ihm mit wenigen Worten, was ihr widerfahren sei.

Der Hausknecht eilte zu seinem Herrn, und atemlos stammelte er: »Unsere Frau steht unten vor der Tür und will eingelassen werden.«

»Ach«, erwiderte der Herr, »das ist unmöglich; eher würden meine Schimmel oben auf dem Heuboden stehen.«

Kaum hatte er die Bemerkung fallen gelassen, so trappelte es auf der Treppe und dem Boden, und siehe, die sechs Schimmel des Bürgermeisters standen alle oben auf dem Boden beisammen.

Die Frau aber hatte nicht augehört zu klopfen; nun glaubte es der Bürgermeister, daß sie wirklich da sei, und ließ sie mit Freuden ins Haus. Wie waren alle glücklich, daß die Frau wieder dem Leben zurückgegeben war.

Am nächsten Tag schauten die Pferde noch aus dem Bodenloch, und man mußte ein großes Gerüst aufstellen, um sie unversehrt wieder herabzubringen .

Zum Gedenken an diesen Vorfall hat man Pferde ausgestopft, die an diesem Haus zum Boden herausschauen. Auch ist Frau Richmut in der Apostelkirche zu Köln dargestellt, wo man überdies einen langen leinenen Vorhang zeigt, den sie nachher mit eigener Hand gesponnen und der Kirche verehrt hat. Denn sie lebte noch sieben Jahre nach den schrecklichen Tagen ihrer Beerdigung.

 


 


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