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XLII.

Peregrine führt seinen, gegen Hornbeck entworfenen Plan zu Chantilly aus.

Die ganze Gesellschaft reiste den andern Tag verabredetermaßen zusammen; man frühstückte in Abbeville, wo man hinter die List des Wirthes zu Bernay kam, dessen Vorgeben von der Schließung der Thore dieser Stadt, sich als unwahr erwies, und langte endlich zu Amiens an, wo man zu Mittag speiste und durch Bettelmönche geplagt wurde. Da die Wege nicht besonders waren, so kam man erst um eilf Uhr in der Nacht nach Chantilly, wo man alles schon vorbereitet fand, da Peregrine seinen Kammerdiener zu Pferde voraus gesendet hatte.

Hornbeck hatte durch seine früheren Ausschweifungen seinen Körper so geschwächt, daß er jetzt von der übrigens ziemlich starken Tagereise dermaßen geschwächt und ermüdet war, daß er sich kaum aufrecht zu erhalten vermochte und nach wenigen Augenblicken schon am Tische einschlief. Dies hatte Pickle gehofft und vorausgesehen; er rieth ihm jetzt seine Lebensgeister durch ein Glas starken Wein zu erquicken und gab, als Hornbeck hierauf einging, seinem Kammerdiener einen Wink, der nun einige Tropfen Opium in den Burgunder goß, und dies dem Ehemann zum Verschlucken gab, der auch bald darauf in einen so festen Schlaf versank, daß man sich genöthigt sah ihn in sein Bette zu schaffen.

Auch Jolter, von Natur schon sehr geneigt zum Schlaf, vermochte seiner Müdigkeit nicht zu widerstehen und gab dieselbe durch ein wiederholtes furchtbares Gähnen zu erkennen. Dies bewog Peregrine ihm dieselbe Dosis zukommen zu lassen, die bei dem ehelichen Argus so gut angeschlagen hatte; leider wirkte sie aber auf Jolters zähe Nerven nicht so wohlthätig wie auf die von Hornbeck. Sie offenbarte sich bei ihm durch unwillkührliches Zusammenfahren und durch verschiedene convulsivische Gesichtsverzerrungen ; als aber endlich dennoch die Natur dem Mittel unterlag, da fing er so entsetzlich an zu schnarchen, daß man befürchten mußte dies Geräusch möchte den Andern wieder aufwecken; Pipes erhielt demnach den Befehl den Hofmeister fortzuschaffen, den er nun in das nächste Zimmer schleppte, die Kleider auszog und in das Nest wälzte. Auf diese Art waren jetzt die beiden Verliebten allein und hatten volle Freiheit ihrer Leidenschaft nachzuhängen, und sicher würde Peregrine sogleich das Schicksal des Mannes entschieden haben, wären sie nicht in ihren Entzückungen durch einen unerwarteten Lärm gestört worden.

Das Opium und der Wein hatten Jolters Phantasie dermaßen zerrüttet, daß ihn die angstvollsten Träume quälten; unter manchen andern Jammerscenen, die ihm vorschwebten, däuchte es ihm auch er schwebe in Gefahr in den Flammen umzukommen die sein Zimmer ergriffen hätten, und dieser böse Traum machte einen solchen heftigen Eindruck auf ihn, daß er das ganze Haus durch sein wiederholtes Angstgebrüll: »Feuer! Feuer!« in Schrecken setzte. Er sprang dabei zugleich aus dem Bette und taumelte noch immer schlaftrunken und schreiend, im Zimmer umher.

Auf dies Geschrei hatten sich alle Hausbewohner in den seltsamsten Trachten versammelt; auch Peregrine war herbeigekommen und in Jolters Zimmer geeilt, und da er hier noch immer im Hemde und mit geschlossenen Augen umherwandern sah, so gab er ihm einen so derben Schlag auf die Kehrseite, daß des Hofmeisters Traum den Augenblick zerstob und er seiner Sinne wieder mächtig wurde. Erstaunt und beschämt, sich in einer solchen Lage zu erblicken, verkroch sich der arme Geängstete unter die Decke seines Bettes und bat alle Anwesende und besonders die Dame, um Vergebung, die nächtliche Ruhe unterbrochen zu haben.

Unterdessen war auch Hornbeck durch die wiederholten Bemühungen seines Dieners munter geworden und da er jetzt hörte, daß seine Frau vermißt wurde, so befiel ihn die schrecklichste Eifersucht; wie ein Rasender sprang er aus dem Bette, ergriff seinen Degen und rannte nach Pickles Zimmer, wo er das was er suchte nicht fand. – – – – – –

Er begann seiner eignen argwöhnischen Gemüthsart, die er selbst hinreichend kannte, nicht mehr zu trauen und um sich keinem Gespötte bloßzustellen, entschuldigte er sich jetzt gegen Peregrine und begab sich hierauf in sein Zimmer. Inzwischen war er doch mit dem Betragen seiner Gattin so wenig zufrieden, daß er die sorgfältigsten Erkundigungen einzog, und da diese Untersuchung nicht ganz zu seiner Zufriedenheit ausfiel, so befahl er seinem Bedienten mit Anbruch des Tages alles zur Abreise bereit zu halten, so daß Peregrine zu seinem Erstaunen beim Aufwachen vernahm, seine Reisegesellschafter wären, trotz ihrem Versprechen, den nächsten Vormittag hier zu bleiben, um gemeinschaftlich mit ihm das Schloß des Prinzen Condé zu besehen, schon vor einigen Stunden abgefahren.

Diese Nachricht machte unsern Helden etwas übellaunig, während Jolter hin und hersann, um sich dies schnelle und unhöfliche Verschwinden zu erklären und endlich nach langem Grübeln die Erklärung abgab: Hornbeck müsse ein Glücksritter seyn, der wahrscheinlich eine reiche Erbin entführt hätte und es nun für nöthig hielt, sich den Nachforschungen ihrer Verwandten zu entziehen.

Peregrine, der den wahren Beweggrund besser kannte, gönnte gern dem Hofmeister den Triumph die Sache ergrübelt zu haben und tröstete sich mit der Hoffnung, die Dame schon irgendwo in Paris an einem der öffentlichen Vergnügungsorte, die er sich vornahm fleißig zu besuchen, wiederzufinden, dann aber besah er die schönen Gärten und den Pallast von Chantilly, so wie auch das daselbst befindliche kostbare Naturaliencabinet. Nach dem Essen fuhr man hierauf nach Paris, wo Peregrine eine Wohnung in der Vorstadt St. Germain, in der Nähe des dortigen Schauspielhauses bezog.


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