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XXXIV.

Die beiden Freunde entwickeln ihr Talent in der Galanterie, wodurch sie in ein lächerliches Abentheuer gerathen und sich dafür zu rächen suchen.

Mittlerweile machten Peregrine, Gauntlet und Hatchway fleißig Streifzüge in der Gegend umher, wo sie die benachbarten Gentlemans besuchten und mit ihnen auf die Jagd gingen. Da sie sich vortrefflich in die Launen ihrer Wirthe zu schicken wußten, so waren sie überall willkommen; der Lieutenant war in seiner Art ein aufgeweckter Kumpan, Peregrine besaß eine große Portion von Lebhaftigkeit und guter Laune und Geoffry hatte außer den bereits angeführten Eigenschaften, die Gabe vortrefflich zu singen. Man kann daher denken, daß dieses Kleeblatt überall bei allen Lustbarkeiten sowohl von den Männern als den Frauen gern gesehen wurde, und gewiß, wären die Herzen der jungen Herren nicht bereits gefesselt gewesen, sie würden hier überflüssige Gelegenheit gefunden haben, Fortschritte in der Kunst zu lieben zu machen. Indeß, ohne in der Treue des Herzens gegen ihre Damen zu wanken, gestatteten sie sich doch manches kleine galante Abentheuer und gaben sich mancher kleinen Intrigue hin, die, wie die Freunde des Vergnügens behaupten, der eigentlichen Liebe nichts schaden sollen. Hätten sie die Vortheile benutzt, die ihnen ihre Geschicklichkeit und ihre körperlichen Vorzüge über die Unerfahrenheit der jungen Frauenzimmer verschafften, bei denen sie Zutritt hatten, so dürfte man vielleicht fast in allen Familien Ursache gehabt haben, die Bekanntschaft mit ihnen zu bereuen; allein so wild und ausgelassen sie auch zuweilen waren, so richteten sie sich doch in ihren Handlungen nach gewissen Begriffen von Ehre, und dies verursachte denn, daß sie keinen Anlaß zu häuslichen Trauerscenen gaben.

Unter der niederern Klasse des Volkes handelten sie jedoch nicht immer mit einer solchen tugendhaften Mäßigung, sondern hielten die hübschen Bauermädchen sehr sorgsam belagert. Sie hegten hier den Glauben, daß ihre Tändeleien für Personen dieser Art keine nachtheiligen Folgen haben könnten oder diese auszugleichen wenigstens immer in ihrer Macht stände.

Im Verfolge dieser Liebeshändel konnte sich Gauntlet nun nicht enthalten, einen besonderen Hang für verheirathete Frauen zu zeigen, und obschon Peregrine diese Neigung, die der Volontair bei seiner militairischen Erziehung angenommen hatte, weder vorzüglich theilte noch billigte, so vermochte er es doch nicht zu vermeiden, dessen Secundant und Vertrauter bei einem Liebeshändel zu werden, den Gauntlet mit der Frau eines Pachters in der Nachbarschaft anspann. Geoffry hatte lange vergebens alle Künste versucht, die Tugend des jungen Weibchens zu erschüttern; endlich schien aber ein guter Erfolg seine Bemühungen krönen zu wollen: die Schöne versprach ihm, während ihr Mann, der alle vierzehn Tage nach dem nächsten Marktflecken reiste, abwesend wäre, einmal des Nachts ein Rendezvous zu gewähren.

Entzückt theilte der junge Krieger dem Freunde sein gutes Glück mit und bat ihn zugleich, ihn an den Ort hinzubegleiten, um nicht hülflos zu seyn, wenn ja ein unvorhergesehener Zufall sich ereignen sollte. Bereitwillig übernahm Peregrine das Amt, so lange Schildwache zu stehen, bis der Freund die Früchte seines Sieges genossen haben würde, und so machten sie sich denn zur bestimmten Stunde auf den Weg. Angelangt bei der Wohnung des Pachters gab hier der Liebhaber das verabredete Zeichen und wurde auch sogleich eingelassen. Zuvor versprach er noch seinem Freunde, längstens in zwei Stunden zurückzukehren.

Allein jetzt, seinen Betrachtungen überlassen, suchte sich Peregrine durch allerlei Gedanken die Zeit zu vertreiben und sich im Voraus alle die Vergnügungen auszumalen, die er auf seinen Reisen zu genießen hoffte. Ein plötzlich herabstürzender Regen unterbrach diese Träumereien jedoch auf eine ziemlich unerfreuliche Art, und nöthigte ihn, Zuflucht unter einem offenstehenden Schuppen zu suchen; indem er aber hier im Dunkeln mit den Händen umhertappte, erfaßte er auf einmal einen buschigen Bart. Erstaunt hierüber, blieb ihm jedoch nicht so viel Zeit, Betrachtungen anzustellen, wem dieser Bart gehören möchte, denn eh' er sich's versah, erhielt er einen so heftigen Stoß vor den Kopf, daß er wie betäubt zu Boden sank, worauf sogleich etwas über ihn wegtrampelte und hinaus ins Feld setzte.

Peregrine lag einige Minuten, eh' er den Gebrauch seiner Sinne wieder erhielt, und mit Schrecken bemerkte er nun, daß ihm das Blut in Strömen über das Gesicht rann. Die Ursache seines Unglücks war ihm dabei noch immer ein Räthsel; nur mit Mühe richtete er sich auf und verfluchte sein Schicksal, das ihm bei der Verwaltung eines so lächerlichen Amtes solche sichtbare Zeichen der Schande zutheilte; indem er aber nun doch hin und herlief und das Taschentuch vor die blutende Stirne hielt, ward er neben einem Baume ein paar große feurige Augen gewahr, die ihm entgegenblitzten. In der Meinung, hier seinen Feind gefunden zu haben, zog er nun sogleich von Leder und führte einen wüthenden Hieb nach dem Gegner, der jedoch zur Seite sprang und durch den dabei ausgestoßenen Ton ihm zu erkennen gab, daß niemand Anderes als ein Ziegenbock der Urheber seinen Unfalles gewesen war.

Jetzt konnte sich Peregrine, trotz seines Verdrusses, nicht enthalten, über dies possierliche Abentheuer zu lachen, und eben begann er sein Erfindungskraft anzuspannen, um irgend eine wahrscheinliche Entschuldigung für seinen Unfall zu ersinnen, der ihn, wie er wohl voraussah, nöthigen würde, eine Zeitlang ein Pflaster im Gesichte zu tragen, als er auf einmal ein Fenster im ersten Stockwerke aufreißen und etwas Weißes mit erstaunlicher Geschwindigkeit an der Wand herabfahren sah. Sogleich eilte er nach dem Orte hin und erblickte hier seinen Freund Geoffry im Hemde. Bestürzt über diesen Anblick, bestürmte er ihn mit Fragen über die Ursache dieser Eilfertigkeit, aber der Flüchtling gab nicht eher Antwort, als bis sie an einen Ort gelangt waren, wo sie nicht behorcht werden konnten.

Hier erzählte er ihm nun, daß er in eine Falle gerathen sey, die ihm der Mann seiner Schönen gestellt habe. Auf dessen Anstiften sey er nicht allein in das Haus, sondern sogar in das Bette der Frau aufgenommen worden, nachdem er sich aber beinahe ganz entkleidet gehabt hätte, habe ihn die Spitzbübin unter dem Vorwande verlassen, die Thüren erst fest verschließen zu wollen; statt ihrer wäre nun aber plötzlich der Mann, bewaffnet mit einer Mistgabel und gefolgt von seinem Knechte, in das Zimmer getreten und habe sich hier sogleich seines Degens und seiner Kleider bemächtigt, wodurch ihm denn nichts Anderes übriggeblieben wäre, als sich so schnell als möglich in eine anstoßende Kammer und von da zum Fenster hinaus zu retten, um der Rache des Landmannes und den Verdrüßlichkeiten zu entgehen, die ihm daraus hätten erwachsen können, wenn man ihn in einer solchen Lage ergriffen hätte.

Peregrine hatte jetzt nicht übel Lust über den tragischen Ausgang diesen Abentheuers laut zu lachen, in Rücksicht auf die Gemüthsstimmung und die schlechte Lage seines Freundes, unterdrückte er jedoch diesen Kitzel und zog seinen Rock aus um Gauntlets Blöße damit zu bedecken; dann machten sich aber Beide auf den Weg und beschlossen die Beute in Feindes Händen zu lassen, da sie wohl einsahen, es würde ihnen nicht möglich seyn dieselbe zu retten und sie dadurch nur die Sache ruchbar machen. So zogen sie sich denn in ihrem komischen Aufzuge nach der Garnison zurück, während der Pachter die Kleider, den Degen und die Baarschaft des jungen Kriegers, die sich auf zehn Pfund belief, behielt. Leider hatte damit ihr Unstern jedoch noch nicht sein Ziel erreicht; der aufgebrachte Ehemann verbreitete die Geschichte in der ganzen Nachbarschaft und war so boshaft, ein Plakat an die Kirchthüre schlagen zu lassen, in welchem er die Effecten den Volontairs genau beschrieb, den Ort angab wo sie waren gefunden worden und sich erbot, sie dem rechtmäßigen Eigenthümer auszuliefern, wenn sich dieser deshalb legitimieren wollte.

Dieser Streich beugte Gauntlet ungemein; er schämte sich eine ganze Woche lang öffentlich zu erscheinen und auch auf Peregrine fiel ein Theil dieser Schmach zurück, und er mußte manche Schrauberei wegen seiner Wunde an der Stirne erdulden. Besonders übte der Commodore seinen Witz als er den Hergang vernommen hatte; auch fragte er Peregrine: ob des Hahnrei's Hörner in einer falschen Richtung auf seinen Bug gestoßen wären? Mistriß Trunnion, die sich gerade gegenwärtig befand, verwies ihrem Manne sehr ernstlich seine unziemlichen Scherze; zugleich las sie aber auch den beiden jungen Herren den Text über ihren ruchlosen Lebenswandel und gab ihnen die Versicherung, daß wenn sie sich nicht schnell besserten, ein furchtbares Strafgericht diesseits und jenseits ihrer harre.


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